Protocol of the Session on December 10, 2015

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Der medialen Aufregung über den langen Bahnstreik wollte die Bayerische Staatsregierung mit einem doch eher populistischen Antrag Rechnung tragen. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass ein Zwei-Klassen-Streikrecht - denn das wäre es tatsächlich - durch die Anordnung von Zwangsschlichtungen schlicht verfassungswidrig ist.

Bei allem Verständnis dafür, dass ein Streik vor allem in bestimmten Branchen für die Bevölkerung und natürlich auch die Wirtschaft unangenehm ist: Die Bundesrepublik ist gerade mit ihrem jetzigen Rechtssystem eines der Länder Europas mit der niedrigsten Streikquote. Das liegt am verantwortungsbewussten Umgang der Tarifparteien mit ihren Rechten und Pflichten in Tarifkonflikten. Das liegt auch am bestehenden Rechtsrahmen, dessen Einhaltung vor den Gerichten durchgesetzt werden kann. Die Politik sollte sich davor hüten, in diese Tarifkonflikte, in die Tarifautonomie einzugreifen

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE, und bei der LINKEN)

und langjährig Bewährtes für kurzfristige mediale Effekte aufzugeben. Dass Bayern mit diesem Vorstoß eine klare Außenseiterposition bezieht, überrascht nicht wirklich. Die Signale aus dem Bundesrat gehen auch in diese Richtung; Herr Rotter sagte es. Sachsen-Anhalt, meine ich, sollte dazu aber eine klare Stellung beziehen, und das war bisher nicht der Fall.

Leider sah sich die Landesregierung im OktoberPlenum nicht in der Lage, eine solche Position zu beziehen. Frau Kolb hat damals sinngemäß auf die dringende Nachfrage des Abgeordneten Scharf gesagt, in den Ausschüssen des Bundesrates habe sich Minister Bischoff schon gegen den Antrag engagiert; aber wie dann im Bundesrat abgestimmt werde, entscheide erst das Kabinett. Ich hätte angenommen, dass die Positionierung im vorbereitenden Ausschuss und dann im Bundesrat eine Einheit bilden sollte, denn sonst machen die Ausschussberatungen wenig Sinn.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE, und bei der LINKEN)

Leider war man sich offensichtlich in der Regierungskoalition nicht einig. Wenn ich die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses sehe, die sogar eine Ablehnung des Antrags fordert, befürchte ich - das war so mein Eindruck -, dass man jetzt sogar bereit wäre, auf den Kurs der CSU einzuschwenken. Insofern habe ich mit Interesse vernommen, dass das von Ihnen anders gesehen wird und Sie nur formal argumentieren. Herr Bischoff hat ja nicht dazu gesprochen, und in dem Punkt kann ich verstehen, dass Sie gesagt haben, dass Sie es nicht machen wollen.

(Zuruf von Herrn Rotter, CDU)

Aber es wäre doch einmal ganz interessant, wenn Sie sagen, wie würde denn die Landesregierung entscheiden, wenn es so weit kommt.

Der Antrag der LINKEN ist tatsächlich noch aktuell, obwohl das Scheitern des CSU-Antrages zu erwarten ist. Es geht jetzt um die klare Positionierung des Landtages und seiner einzelnen Fraktionen zu

dieser Frage und um das Abstimmungsverhalten der Landesregierung im Bundesrat. Die Frage lautet ja letztlich: Wie haltet ihr es mit der Tarifautonomie? - Das ist die Frage, die uns beschäftigt. - Danke schön.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE, und bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Meister, für Ihren Beitrag. - Für die SPD erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Steppuhn das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kollegin Dirlich, Sie haben in Ihrer vorherigen Rede angedeutet, wir brauchen uns heute noch nicht zu verabschieden, sondern werden noch das Vergnügen haben, im Januar gemeinsam über das Thema Rente zu sprechen. Darauf freue ich mich jetzt schon, dass wir das dann tun werden.

(Frau Dirlich, DIE LINKE: Wir auch!)

Ich will Ihnen aber in einem Recht geben, das mich auch gewundert hat. Dass wir diesen Antrag sehr bewusst an den Wirtschaftsausschuss weitergeleitet haben und dieser uns dann antwortet, er wäre beim Thema Streikrecht fachlich nicht zuständig, habe ich zur Kenntnis genommen. Ich hätte zumindest erwartet, dass man dort über das Thema ernsthafter diskutiert.

Aber in der Sache selbst hat sich, glaube ich, dieser Antrag wirklich erledigt, denn diese bayerische Initiative ist seinerzeit von der Diskussion um das Tarifeinheitsgesetz ausgegangen. Wir haben jetzt ein zukunftsträchtiges Tarifeinheitsgesetz, auch wenn der eine oder andere das anders interpretieren und bewerten würde.

Ich meine, dieser Antrag - das ist auch unser Kenntnisstand - liegt nach wie vor in den Ausschüssen des Bundesrates und wird nicht mehr aufgerufen. Von daher hat er sich in der Sache erledigt, und er wird auch keine Mehrheit mehr finden, da er in allen sozialdemokratisch geführten Ländern und in Ländern, die einen sozialdemokratischen Arbeitsminister haben, abgelehnt wurde. Auch unser Minister Norbert Bischoff hat sich in den Ausschüssen des Bundesrates gegen die bayerische Initiative ausgesprochen.

Daher haben wir den Sachstand, dass das Streikrecht auch von Bayern nicht mehr infrage gestellt werden kann. Hintergrund ist, dass das Tarifeinheitsgesetz jetzt da ist. Deshalb kann ich es heute kurz machen. Wir schlagen Ihnen vor - bzw. der Ausschuss hat es vorgeschlagen -, dass wir den Antrag heute ablehnen, da er im Prinzip keine

Bedeutung mehr hat. Dennoch muss man sagen, dass das Streikrecht natürlich immer ein hohes Gut ist und daran die Tarifautonomie hängt. Es ist gut, dass dieser Landtag und die Opposition aufpassen, dass solche Initiativen keinen Erfolg haben.

Dennoch können wir heute sagen: Der Antrag ist erledigt. Deshalb können wir, denke ich, der Ausschussempfehlung mit ruhigem Gewissen folgen, den Antrag heute endgültig ad acta zu legen und den Ursprungsantrag der LINKEN abzulehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Steppuhn. - Für DIE LINKE hat der Abgeordnete Herr Dr. Thiel das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist doch mal eine Gelegenheit, zum Thema „Klare Verhältnisse und keine Experimente“ hier im Parlament zu sprechen!

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Herr Schröder, CDU: Gut ge- merkt!)

Bei der Behandlung unseres Antrages war nämlich die Frage entscheidend: Wie gehen wir mit dieser Bundesratsinitiative um, die offenbar in den Kellern des Bundesrates ruhte und die niemand gerne mit spitzen Fingern anfassen möchte?

Aber „erledigt“ heißt noch nicht „zurückgezogen“, meine Damen und Herren. Deshalb wurde schon bei der Behandlung im Oktober deutlich, dass zwar die Vertreter der Landesregierung im zuständigen Fachausschuss eine klare Position gezeigt haben - Herr Minister Bischoff. Allerdings erklärte Ministerin Kolb auf Nachfrage des Kollegen Scharf, dass das konkrete Abstimmungsverhalten erst dann festgelegt wird, wenn es im Bundesrat zur Sprache kommt. Deshalb wollte unsere Fraktion, dass mit dieser Beschlussfassung des Landtages der Regierung ein klarer Auftrag erteilt wird, denn eine Regierung arbeitet im Auftrag des Parlamentes und nicht umgekehrt.

Unsere Fraktion, die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch die SPD haben ihre Meinung klar artikuliert: Ein solcher Vorstoß ist abzulehnen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Nun, die Bedenkenträger der CDU wollten ihre Meinung nicht kundtun. Kollege Rotter sprach bei der Einbringung davon, dass die Sache doch

schon längst erledigt sei; Sie haben es heute wiederholt. Aber das ist sie eben nicht.

Ich ziehe daraus die Schlussfolgerung: Die CDUFraktion wollte nicht, dass ein klarer Beschluss gegen die Einschränkung gewerkschaftlicher Rechte gefasst wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, sind Sie auch den Ansprüchen Ihres berühmten Wirtschaftspapieres gerecht geworden, in dem ein Schreckensszenario von Mitbestimmungsrechten für Arbeitnehmer, der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen oder der Prüfung von Kinderarbeit bei der Beschaffung an die Wand gemalt wird. Dabei gehe ich noch nicht mal auf die Bedrohung der Unternehmen durch linke Politik mit ständigen Sichtverbindungen in Toiletten nach außen ein.

(Herr Höhn, DIE LINKE, und Herr Striegel, GRÜNE, lachen)

Nein, meine Damen und Herren, ich bin auch hierbei für eine klare Sprache. Es geht um das Einlullen durch das Eigenlob, wie wichtig der CDU die Arbeitnehmerrechte seien, um dann einiges zu unternehmen, um diese auszuhöhlen. Das ist der eigentliche Grund.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Umso unverständlicher ist mir, dass das mancher Gewerkschaftskollege noch nicht mitbekommen hat.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Man sollte den lieben Reiner nicht ermuntern, Gas zu geben, sondern es gehört sich, beim lieben Reiner ordentlich auf die Bremse zu treten.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN - Ministerpräsident Herr Dr. Haseloff: Sie brauchen hier keinen ver- rückt zu machen! Wir sind auch eine Arbei- terpartei!)

In diesem Sinne bitte ich um Ablehnung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Das ist eine klare Ansage. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Thiel, für Ihren Beitrag. - Jetzt hat der Herr Minister doch noch um das Wort gebeten. Danach können wir noch einmal von vorn anfangen.

(Zuruf von der CDU: Keine klare Haltung!)

Herr Minister, bitte, jetzt sind Sie dran.

Wenn das Parlament fordert,

(Herr Miesterfeldt, SPD: Muss der Minister erscheinen! - Zuruf von Herrn Steppuhn, SPD)

hat man zu erscheinen. - Herr Steppuhn hat es richtiggestellt.

Herr Meister hat gefragt, wie wir uns verhalten haben. Es ist generell in einer Koalition so, die Regierungsvertreter können in den Bundesratsausschüssen so abstimmen, wie ihre Gesinnung, ihre Einstellung ist. Das gilt für die CDU und das gilt auch für andere Koalitionen.