Protocol of the Session on December 10, 2015

(Beifall bei der LINKEN)

Quintessenz: Zeit war genug, Geld war vorhanden und vielleicht - das kann ich nicht bestätigen, aber möglicherweise war es so - ist auch das Konzept schon früher bekannt gewesen. Ich gehe davon aus, dass man schon vorher wusste, dass sich das Problem so abspielen wird.

Die Konsequenz ist jetzt: Es sollen 21 Winterdienstrouten ausgeschrieben werden. Das entspricht einem Anteil von 59 % des Winterdienstes. Das vorgelegte Winterdienstkonzept zielt aus meiner Sicht nicht auf die Lösung des Personalproblems, sondern geradewegs auf eine umfassende Privatisierung des Winterdienstes.

Das entspricht nicht der Intention des Landtags, als er im vergangenen Jahr das MLV beauftragte, den Winterdienst ohne Leiharbeitskräfte zu bestreiten. Vielmehr ist zu befürchten, dass beauftragte Fremdfirmen ihrerseits Leiharbeitskräfte für den Winterdienst einsetzen.

Sachsen-Anhalt wäre nach Thüringen das zweite Bundesland, welches den Winterdienst umfassend privatisiert. In Thüringen haben sich die Kosten für den Winterdienst seit der Privatisierung im Jahr 2002 mehr als verdoppelt. Die Abrechnungen durch einen privaten Dienstleister - so auch hier vorgesehen - sind aber weder nachvollziehbar noch nachprüfbar.

(Herr Borgwardt, CDU: Wer macht das jetzt?)

Die Landesregierung in Thüringen versucht daher, die Privatisierung rückgängig zu machen.

(Herr Borgwardt, CDU: Da bin ich ge- spannt!)

Zu den aus verkehrspolitischer Sicht kritischen Punkten. Als maßgebliche Grundlage für das Winterdienstkonzept nennt das MLV den Maßnahmenkatalog „Straßenbetriebsdienst“, Ausgabe 2004. Darin heißt es auf Seite 11, dass Fremdunternehmen für solche Kapazitäten einzuplanen sind, die über die Grundlast des Straßenbetriebsdienstes hinausgehen. An dieser Stelle ist zu fragen: Wie viele sind für die Grundlast eigentlich nötig, um diese über den Straßenbetrieb abzusichern? - Das Winterdienstkonzept des MLV zielt jedoch gerade auf eine Privatisierung im Bereich der Grundlast ab. Dies hat bisher nur Thüringen so praktiziert.

Bei dem Einsatz von Fremdunternehmen fordert der Maßnahmenkatalog „Straßenbetriebsdienst“ außerdem die organisatorische Sicherstellung a) von zeitlicher und qualitativer Vorgabe des Winterdienstes sowie b) die Einsatzbereitschaft innerhalb einer halben Stunde nach Alarmierung. Das

vorgelegte Konzept enthält keine Aussagen zur Umsetzung dieser beiden Anforderungen.

Ein Beispiel zeigt auf, was passieren kann, wenn man sich nicht stringent daran hält: ein Schulbusunfall in Herzberg, Niedersachsen, im Jahr 2006 mit 29 teilweise schwerverletzten Kindern aufgrund eisglatter, nicht gestreuter Straße. Der private Winterdienst traf erst 75 Minuten nach der Alarmierung ein. Der dort zuständige SPD-Landrat in Osterode hält den privatisierten Winterdienst für die Ursache des Unglücks. Das ist nachlesbar im „Hamburger Abendblatt“ vom 7. November 2006.

Langfristige Folgen einer Komplettvergabe des Winterdienstes sind die Schließung von Meistereien, ein weiterer Abbau von Arbeitsplätzen, der Verkauf bzw. die ausbleibende Ersatzbeschaffung von Technik, ein unwirtschaftlicherer Meistereibetrieb und eine Verlängerung der Arbeitswege für Betreuungsleistungen.

Ein späteres Rückgängigmachen der Privatisierung wäre nur mit hohen Investitionskosten möglich. Es besteht die Gefahr, dass bis dahin Monopole aufseiten privater Auftragnehmer geschaffen wurden und die LSBB weder personell noch technisch in der Lage wäre, den Winterdienst wieder vollständig zu übernehmen.

Zu den aus finanzpolitischer Sicht kritischen Punkten. Das MLV kalkulierte die Kosten ausschließlich auf der Basis von Stundensätzen, die schon heute deutlich übertroffen werden. Die tatsächliche Abrechnung mit Fremdfirmen soll hingegen nicht auf Stundensätzen, sondern auf Pauschalen und Kilometerpreisen basieren. Die Kostenkalkulation des MLV ist insgesamt unzureichend, grob lückenhaft und in weiten Teilen nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wollen wir? - Das Land hat eine Verkehrssicherungspflicht. Wir als Fraktion wollen, dass die Straßen im Winter fachgerecht, mit guten Arbeitsbedingungen und für die Steuerzahler so kostengünstig wie möglich geräumt werden. Ich nehme an, dazu gibt es gar keinen Dissens. Diese Ziele sind vorrangig. Wir wollen gute Arbeit unter dem Dach der Landesverwaltung und wir wollen jungen Menschen eine Perspektive zum Hierbleiben bieten. Der Landtag hat deshalb vor einem Jahr beschlossen, dass wir den Winterdienst ohne Leiharbeit erledigen wollen.

Warum halten wir die jetzt vorgelegte Privatisierung des Winterdienstes für den falschen Weg? - Es ist ein unverantwortlicher Umgang mit Steuergeldern.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei einer Komplettvergabe des Winterdienstes befürchten wir eine Verdopplung der Kosten. Das ist so in Thüringen passiert. Der Freistaat Thüringen

hat den Winterdienst im Jahr 2002 als bisher einziges Land in einer vergleichbaren Größenordnung privatisiert. Unsere Landesregierung peitscht aber die Privatisierung derzeit ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung durch den Landtag. Angesichts dessen stehen selbst dem Rechnungshof die Haare zu Berge.

Zum Thema Leiharbeit. Statt Leiharbeit zu verhindern, haben wir bei einer Komplettvergabe noch weniger Kontrolle über die Arbeitsbedingungen. Wir befürchten eher eine Ausweitung der Leiharbeit, da die Winterdienstsaison im Regelfall nur vier Monate pro Jahr dauert. Wir halten das für eine Missachtung des im Jahr 2014 gefassten Landtagsbeschlusses, mit dem sich der Landtag gegen die Leiharbeit ausgesprochen hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Thema „gute Arbeit“. Das Land ist technisch hervorragend ausgestattet für den Winterdienst. Ich habe mich in einzelnen Straßenmeistereien dazu erkundigt und war vor Ort. Aber: Es fehlt an Personal, weil wir zu wenige Leute einstellen. Wir hatten bis vor Kurzem die bundesweit beste Ausbildungsstätte für Straßenwärter - mittlerweile ist auch diese dem Sparzwang zu Opfer gefallen. Hierbei fordern wir eine Umkehr.

Unsere jungen, gut ausgebildeten Leute, die gern hier geblieben wären, sind jetzt in andere Länder abgewandert. Wir halten diese Entwicklung für falsch. Mit mehr Personal würden wir nicht nur Kosten und Arbeitsverhältnisse im Griff behalten, wir würden obendrein einen Grund zum Hierbleiben für junge Menschen schaffen.

Eine Privatisierung, wie sie jetzt gerade erfolgen soll, wäre überstürzt und stümperhaft.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber die Wurzel allen Übels ist die Rotstiftpolitik des Finanzministeriums beim Personal, Stichwort: PEK.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Falle des Winterdienstes droht sie uns teuer zu stehen zu kommen. Aus diesem Grund lehnen wir diese Privatisierung ab und fordern, unsere Stärken zu stärken:

Jetzt komme ich auf die Veranstaltung, die zu Beginn dieser Landtagssitzung auf der Straße mit der Vereinigung der Straßenwärter stattgefunden hat. Dort habe ich aus den Statements meiner Kollegen aus dem Verkehrsausschuss durchaus herausgehört, dass wir einen Konsens haben. Wir wollen zurück zur eigenen Ausbildung und wir brauchen mehr eigenes Personal.

Zu dem Antrag der Koalition würde ich sagen: ja. Wir haben mit unserem Antrag und der Art und Weise, wie wir das öffentlich gemacht haben,

offensichtlich einen Nerv getroffen; denn die Printmedien und auch diejenigen mit Kameras haben sich bei uns die Klinke in die Hand gegeben. Wir scheinen doch Wirkung erzielt zu haben. Insofern hat sich hier die Opposition gelohnt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann mit einer gewissen Genugtuung feststellen, dass sich die Koalitionsfraktionen auf uns zubewegt haben.

(Herr Schröder, CDU: Oho!)

- Doch, das sage ich so.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wessen Minister hat es denn vorgelegt?)

Ich darf durchaus diese Meinung haben.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist nicht schlimm!)

Wenn Sie eine andere haben, dann ist das Ihre Sache. Jedenfalls steht in Ihrem Alternativantrag, dass Sie sich durchaus mit der Art und Weise der Privatisierung, wie sie im Moment geplant ist, nicht ganz einverstanden erklären.

(Herr Schröder, CDU: Eigenregie stand doch nie infrage!)

- Ja, aber das, was da im Konzept steht, muss man doch glauben, Herr Schröder.

(Herr Schröder, CDU: Dienstleistungen Drit- ter wird es in Zukunft immer geben, weil es nicht anders geht!)

Ich muss ehrlich sagen: Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

Ich sage Ihnen ganz klar - -

(Zurufe von der CDU)

Führen Sie bitte keine Zwiegespräche. Lassen Sie Herrn Hoffmann seinen Beitrag zu Ende bringen. - Bitte, Herr Hoffmann.

Vielen Dank, Herr Präsident.

(Herr Schröder, CDU: Das kann gar nicht anders gehen!)