Protocol of the Session on December 9, 2015

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren und zur Verbesserung der Verteidigung im Hochwasserschutz

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/4324

Beschlussempfehlung Ausschuss für Umwelt - Drs. 6/4614

Die erste Beratung fand in der 95. Sitzung des Landtages am 17. September 2015 statt. Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Professor Dr. Dalbert. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 95. Sitzung des Landtages am 17. September 2015 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Umwelt und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Inneres und Sport, für Recht, Verfassung und Gleichstellung, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen worden.

Mit dem Gesetzentwurf sollen das Gesetz über die Errichtung einer Landesanstalt für Altlastenfreistellung, das Talsperrenbetriebsgesetz, das Wasser

verbandsgesetz, das Wassergesetz und das Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt geändert werden. Mit den Gesetzesänderungen soll der Verwaltungsaufwand in den für wasserwirtschaftliche Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren zuständigen Stellen verringert werden. Ziel der Regelungen ist es, mit den vorhandenen personellen Ressourcen kürzere Verfahrenszeiten zu erreichen.

Die erste Beratung im Umweltausschuss fand in der Sitzung am 4. November 2015 statt. Der Ausschuss führte eine Anhörung in öffentlicher Sitzung durch. An die Anhörung schlossen sich die Beratung des Gesetzentwurfes und die Erarbeitung einer vorläufigen Beschlussempfehlung an. Dazu lagen die mit dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt einvernehmlich abgestimmten Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor.

Bei den Empfehlungen handelte es sich vorwiegend um sprachliche und redaktionelle Änderungen. Darüber hinaus wurde empfohlen, die in § 94 Abs. 1 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt und in § 6 Abs. 2 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt enthaltene Voraussetzung der „unwesentlichen Veränderungen“ näher zu beschreiben. Vorbild hierfür bildete § 37 Abs. 2 Satz 2 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt. Schließlich wurde wegen der besseren Lesbarkeit der Vorschriften empfohlen, § 94 Abs. 1 und 3 des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt neu zu strukturieren.

Auf Antrag der Fraktion der CDU wurden die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlenen Änderungen vom Ausschuss übernommen. Die so formulierte vorläufige Beschlussempfehlung wurde vom Umweltausschuss mit 8 : 5 : 0 Stimmen angenommen und an die mitberatenden Ausschüsse weitergeleitet.

Weiterhin bat der Ausschuss für Umwelt den Ausschuss für Inneres und Sport, bei der Beratung des Gesetzentwurfes ein besonderes Augenmerk auf Artikel 4 Nr. 2 zu legen, und zwar wegen der diesem Regelungsvorschlag widersprechenden Unvereinbarkeit der Tätigkeit von Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren in anderen Organisationen oder Einrichtungen, die neben der Feuerwehr eingesetzt werden können.

Die Beratungen der mitberatenden Ausschüsse fanden am 25., 26. bzw. 27. November 2015 statt.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten folgte der vorläufigen Beschlussempfehlung unter der Maßgabe der Änderung von § 97a Abs. 2 Satz 2 mit 7 : 0 : 3 Stimmen.

Der Ausschuss für Inneres und Sport empfahl, Artikel 4 Nr. 2 in der Fassung des Gesetzentwur

fes der Landesregierung anzunehmen. Der so geänderten vorläufigen Beschlussempfehlung stimmte der Innenausschuss mit 5 : 4 : 0 Stimmen zu.

Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung empfahl ebenfalls, Artikel 4 Nr. 2 in der Fassung des Gesetzentwurfes der Landesregierung anzunehmen, und stimmte der so geänderten Beschlussempfehlung mit 6 : 5 : 0 Stimmen zu.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr gab das gleiche Votum ab und empfahl, Artikel 4 Nr. 2 in der Fassung des Gesetzentwurfs der Landesregierung anzunehmen. Der so geänderten Beschlussempfehlung stimmte der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr mit 7 : 0 : 5 Stimmen zu.

Die abschließende Beratung im Ausschuss für Umwelt fand in der 57. Sitzung am 2. Dezember 2015 statt. Dazu lagen neben den Beschlussempfehlungen der mitberatenden Ausschüsse ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE und eine weitere Änderungsempfehlung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, der sich auf § 101 - Besondere Schutzvorschriften für festgesetzte Überschwemmungsgebiete - bezog, fand keine Mehrheit. Er wurde bei 4 : 8 : 1 Stimmen abgelehnt. Die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst empfohlenen Folgeänderungen zu Artikel 5/1 wurden vom Ausschuss übernommen.

Im Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss dem Landtag im Einvernehmen mit den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Inneres und Sport, für Recht, Verfassung und Gleichstellung sowie für Landesentwicklung und Verkehr mit 7 : 1 : 4 Stimmen, den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung anzunehmen. Namens des Ausschusses für Umwelt bitte ich das Hohe Haus, dieser Beschlussempfehlung zu folgen. - Vielen Dank.

Danke sehr für die Berichterstattung. - Für die für die Landesregierung spricht Minister Dr. Aeikens.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wiederholte extreme Hochwasserereignisse in den zurückliegenden Jahren haben zu erheblichen Schäden bei privaten Haushalten, bei Landwirten, Kommunen und Unternehmen geführt. Die Bilanz des letzten Hochwasserereignisses im Sommer 2013 weist einen Gesamtschaden von etwa 2,4 Milliarden € aus.

Eine notwendige Konsequenz aus diesen extremen Naturereignissen muss neben der Schadensbeseitigung die Verbesserung von präventiven

Hochwasserschutzmaßnahmen sein. Hierzu zählt zunächst die Verkürzung von Verfahrensdauern bei Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren.

Meine Damen und Herren! Den Bürgerinnen und Bürgern, den Landwirten, den Unternehmen, die von Hochwassergefahren bedroht sind, können wir unnötig lange Verfahren nicht weiter zumuten. Der Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers ist zwar wegen bundes- und europarechtlicher Vorgaben begrenzt, der sich bietende Spielraum wird aber mit dem vorliegenden Gesetzentwurf genutzt.

Dazu zählt erstens die Bereitstellung von Flächen zur Schaffung von Rückhalteflächen. Hierzu sieht der Gesetzentwurf mit der vorzeitigen Besitzeinweisung oder der Veränderungssperre eine Anpassung der Rechtslage vor, beispielsweise an das Straßenbaurecht. Oberstes Ziel bleibt aber stets die grundsätzlich einvernehmliche Lösung mit bisherigen Flächeneigentümern. Das sage ich hier mit aller Deutlichkeit.

Zweitens. Eine weitere Verfahrensbeschleunigung wird dadurch erreicht, dass DIN-gerechte Sanierungsmaßnahmen an Deichen auf der vorhandenen Trasse keiner Planfeststellung oder Plangenehmigung bedürfen.

Drittens. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen künftig bereits im Planfeststellungsverfahren für Flutungspolder Regelungen für den Ausgleich der Flächeninanspruchnahme anhand konkreter Kriterien getroffen werden. Natürlich werden wir diese Kriterien auch mit den berufsständischen Vertretern erörtern. Flankiert werden diese Regelungen unter anderem dadurch, dass wir die Zusammenarbeit der Wasser- und Feuerwehren weiter verbessern, dass das Oberflächen- und Drainagewasser in den Kommunen leichter abgeleitet werden kann und dass die Veränderungssperre im Planfeststellungsverfahren bei Bedarf verlängert werden kann.

Zudem wird mit dem Gesetzentwurf eine Vorgabe des Landesverfassungsgerichts zur Anpassung der Umlage von Gewässerunterhaltungskosten umgesetzt; danach müssen entstehende Verwaltungskosten umlagefähig sein. Die Frist hierfür ist der 1. Januar 2016.

Neben den vorgenannten Änderungen im Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt tritt eine korrespondierende Regelung im Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt ein. Weiterhin erfährt das Talsperrenbetriebsgesetz eine Anpassung. Änderungen im LAF-Errichtungsgesetz sowie im Ausführungsgesetz zum Wasserverbandsgesetz ergeben sich aufgrund der Rechtsprechung und aufgrund anderweitig erfolgter Gesetzesänderungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, dass wir mit diesem Gesetz einen

weiteren wichtigen Schritt erreichen auf dem Weg hin zur Gewährleistung eines zukunftssicheren Hochwasserschutzes in unserem Land.

Zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfes in das Hohe Haus am 17. September 2015 und der heutigen zweiten Lesung liegen nicht einmal drei Monate. Die intensive und zügige Beratung in den Ausschüssen zeigt, wie wichtig dem Parlament ein wirksamer Hochwasserschutz ist. Für die außerordentlich lösungsorientierte Arbeit an diesem wichtigen Gesetzespaket möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Minister. - Es wurde eine Fünfminutendebatte zu diesem Tagesordnungspunkt vereinbart. Als erster Debattenredner wird der Abgeordnete Herr Bergmann sprechen. - Sie haben mich eben so erstaunt angesehen. Sie wollen aber reden? - Ja, gut.

Frau Präsidentin! Manchmal bin ich wirklich erstaunt. Das lag aber an mir. Ich bin davon ausgegangen, dass die Opposition zuerst an der Reihe ist.

Im Nachgang zu dem, was der Minister bereits vorgetragen hat, bleibt nicht viel Substanzielles hinzufügen. Natürlich freuen wir uns, dass wir nach kurzer, aber intensiver Beratung dieses Gesetz heute verabschieden können. Wir wollten dieses Gesetz. Wir haben gesagt, dass die Beschleunigung der Planfeststellungsverfahren eine sinnvolle Sache ist, um in vielen Dingen schneller Rechtssicherheit zu bekommen und dadurch früher einen besseren Hochwasserschutz zu erreichen.

Die Angst, die einige hatten, dass hierdurch Mitbestimmungsrechte verloren gehen, kann ich keiner Weise teilen. Denn keines dieser Rechte kann außer Kraft gesetzt werden. Der Minister hat darauf hingewiesen, dass diese Rechte meistens durch Europarecht festgeschrieben sind; sie können also nicht durch dieses Haus negiert werden.

Ich hatte darum gebeten, einen Bürgermeister einer kleinen Gemeinde zur Anhörung einzuladen, um Rechtsunsicherheiten in diesem Bereich zu erfragen, wenn es beispielsweise um die Frage des Einsatzes der Feuerwehren und der Wasserwehren bei Hochwasserereignissen geht. Inwieweit können wir sie loslassen? Haben wir rechtliche Dinge zu beachten, die uns später auf die Füße fallen?

Ich glaube, an dieser Stelle haben wir einen großen Schritt in Richtung Rechtssicherheit gemacht. Die Ortsbürgermeister haben nun weniger Sorgen,

wenn sie das Hochwasser vor der Tür haben; sie müssen dann nicht auch noch bestimmte rechtliche Dinge berücksichtigen. All diese Unsicherheiten sind nun ausgeräumt.

Ich freue mich, dass wir zum Ende dieser Legislaturperiode, in der das schreckliche Hochwasser aufgetreten ist, noch in einer der letzten Landtagssitzungen etwas auf den Weg bringen können, das dem Land substanziell helfen wird. Dafür bedanke ich mich bei allen, die daran mitgearbeitet haben. Dies sollte für heute reichen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Kollege Bergmann. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Lüderitz.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun etwas schneller agiert - das hat der Minister festgestellt - als die Landesregierung, die mehr als zwei Jahre gebraucht hat, um das Gesetzespaket vorzulegen. Wir haben das in einem knappen Vierteljahr geschafft.

Ich kann dem Kollegen Bergmann darin Recht geben, dass es durchaus wichtig ist, dass dieses Gesetzespaket nunmehr vorliegt, und dass wir alle es uns gewünscht haben. Ich hätte es mir an einigen Stellen etwas anders gewünscht, aber das ist das gute Recht der Opposition; das gehört dazu. In dem Gesetzentwurf sind viele positive Ansätze für Probleme enthalten, mit denen wir in den letzten Jahren leider schmerzvolle Erfahrungen machen mussten. Bei einigen Dingen sind wir jedoch auf halbem Wege stehen geblieben.

Als positiv möchte ich die Regelungen des § 97 hervorheben. Darin geht es um die Entschädigungen für Polder und Retentionsräume. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen hierzu ist auf eine Uraltforderung unsererseits eingegangen. Ich kann mich sehr gut daran erinnern: Als ich in diesem Parlament zum Havel-Vertrag reden konnte, habe ich für unsere Fraktion bereits eingefordert, dass wir eine verbindliche Regelung zur Entschädigungspflicht benötigen. Eine entsprechende Verfahrensregelung für die Landesregierung ist in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten. Ich hoffe, dass die Landesregierung gemeinsam mit den berufsständischen Verbänden sehr verantwortungsvoll damit umgeht und eine belastbare Regelung findet und dass diese Regelung dem Parlament zumindest vorgelegt wird.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Eines der Dinge, bei denen wir nach wie vor der Meinung sind, dass sie nicht so gut gelaufen sind, ist der von der Ausschussvorsitzenden angeführte Wegfall des § 101. Ich bin nach wie vor der Auf

fassung, es hätte nicht geschadet, wenn diese Bestimmung im Gesetz erhalten geblieben wäre, vor allem bezüglich der Meldung an die nächsthöhere Wasserbehörde. Denn wir haben mit der Bebauung in Überschwemmungsgebieten sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn hierfür noch nicht einmal eine Meldepflicht verankert wird, finde ich das negativ.