Protocol of the Session on November 12, 2015

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man merkt an der Art der Debatte, insbesondere an den von der Opposition eingebrachten Anträgen, deutlich, dass wir uns im Vorwahlkampf befinden. Einen kleinen Moment, lieber Herr Striegel, dachte ich noch, der Antrag der GRÜNEN sei ein versteckter, vielleicht auch unbeholfener Versuch, die Landesregierung zu loben. Nach so vielen Fragen, die Sie in Ihrer Großen Anfrage gestellt haben: keine substanzielle Kritik, keine Verbesserungsvorschläge, keine inhaltliche Auseinandersetzung, keine Mühe, die sie sich mit dem Entschließungsantrag gemacht haben. - Aber nein. Es wurde leider sehr schnell klar: Die GRÜNEN mäkeln, nörgeln und kritisieren, ohne inhaltlich irgendetwas zu sagen.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Beispiel: In Ihrem Entschließungsantrag rufen Sie nach konkreten Zielen und Maßnahmen. Die Landesregierung müsse konkretisieren, Zwischenziele und Fristen festlegen. Das war doch nur die Blaupause ihres Biodiversitätsantrages aus der letzten Sitzung.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Das war wieder nur Struktur, kein Inhalt, wieder nur Form statt Aussage, wieder nur ein Verstecken hinter formaler Kritik statt Mut zu einem Bekenntnis, das den Menschen auch eine Wahlentscheidung im März 2016 ermöglichen würde. Immerhin haben Sie damals noch Beispiele gefunden, die Sie in die dazugehörige Pressemitteilung integriert haben. Dieses Mal ist selbst das bei konkreten Beispielen - um einen Ihrer Lieblingsbegriffe zu benutzen, jedenfalls heute - Fehlanzeige.

Sie versuchen - wie soll man das nennen? -, taktische Finessen oder operative Entschlossenheit zu dokumentieren, und begnügen sich doch mit Aktivitäten, die inhaltslos sind und damit nicht einmal mehr für die politische Diskussion oder den fachlichen Diskurs geeignet sind.

(Frau Bull, DIE LINKE, lacht)

Sie von den GRÜNEN haben im Antrag keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, den Sie für

die Verbesserung des Klimaschutzes in SachsenAnhalt unterbreiten würden. Es bleibt bei fleischlosen, fast sprachlich veganen Phrasen

(Heiterkeit bei der CDU - Frau von Angern, DIE LINKE: Zum Thema!)

von Zwischenschritten: Fristen festlegen, überarbeiten, priorisieren, Ziele verankern und - auch sehr hübsch - Arbeitsprogramm festlegen. Das ist heiße Luft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist Planerprosa. Das ist neudeutsch eine Wichtigtuerei aus dem Vokabular des Projektmanagements.

(Beifall bei der CDU - Herr Lange, DIE LIN- KE: Jetzt sagen Sie mal, was Sie wollen! - Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die GRÜNEN haben sich nicht getraut anzuerkennen, dass Sachsen-Anhalt das erste Bundesland mit Klimacheck ist. Sie haben sich nicht dazu bekennen wollen und bekennen können, dass unser kleines Bundesland 2010 als eines der ersten eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel erstellt und überarbeitet hat. Sie vermeiden die Anerkennung der strategischen Qualität des Landes, Klimaschutz einerseits als Vermeidungs- und Verminderungsaufgabe bezüglich klimaschädlicher

Gase zu verstehen und andererseits eine Strategie zur Anpassung an die Folgen zu entwerfen. Diese Doppelstrategie wird von Ihnen elegant ignoriert nach dem Motto: Bloß nicht versehentlich loben, was diese Landesregierung gut macht.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Sie unterschätzen natürlich auch den Erfolg, alle Stakeholder, alle Beteiligten, in diesen Prozess aktiv einzubinden; denn neben unzähligen Verbänden und Vereinen wurden selbst die Fraktionen des Landtages um Stellungnahmen zur Klimaanpassungsstrategie gebeten. Ich empfehle jedem, einen Blick in dieses gut 150 Seiten umfassende Papier zu werfen.

Natürlich missachten Sie auch - Sie ignorieren es faktisch - den Ansatz, eine interministerielle Arbeitsgruppe mit der Lösung dieser Aufgabe zu beauftragen. Denn wir halten gerade den ressortübergreifenden Ansatz für wichtig, um Klimaschutz erfolgreich werden zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende bleibt nur eine fahle, blasse Kritik am Umweltministerium. Das ist aber in Anbetracht des Themas und in Anbetracht dessen, dass wir uns kurz vor der Weltklimakonferenz in Paris befinden, sehr dünn.

Aber die besten Strategien brauchen zur Umsetzung immer noch den überzeugten Menschen. Wir brauchen also niemanden, der uns in der Gesellschaft vorschreibt, was wir zu essen haben oder

wie wir uns fortzubewegen haben. Wir brauchen niemanden, der uns vorschreibt, wie wir klimaadäquat zu leben haben. Wir wollen vielmehr, dass der Einzelne mitmacht. Wir wollen das öffentliche Bewusstsein und die Verantwortung des Einzelnen fördern.

Verantwortung ist für uns sozusagen der Zentrumsbegriff für die Bewältigung der vor uns stehenden Aufgaben. Wir wollen die Menschen gerade nicht obrigkeitlich gefügig machen. Wir wollen bei diesem Thema auch nicht ausgrenzen und niemanden als Lügner oder Leugner beschimpfen, nur weil er nicht unsere Auffassungen teilt.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wollen beim Klimaschutz aktiv sein, aber auch sensibel und selbstkritisch. Dazu gehört auch, wie Sie richtig festgestellt haben, Frau Professor Dr. Dalbert, die Ehrlichkeit zu sich selbst. Es wäre doch, ja, fast ein krankes System, wenn alles, was auch nur ansatzweise mit dem Etikett Klimaschutz versehen wird, automatisch gut und richtig ist, ohne auch nur einen scheuen Blick auf KostenNutzen-Relationen zu wagen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Nicht alles, was machbar ist, ist auch effizient. Nicht alles, was machbar ist, ist deswegen auch nachhaltig.

Wir sind uns mit der SPD weitgehend einig. Unsere Umweltmaßnahmen müssen schutzgutbezogen sein. Sie müssen konkret sein und sie müssen immer den Menschen im Mittelpunkt unseres Handelns behalten.

Ihr Entschließungsantrag unternimmt im Gegensatz übrigens zu Ihrer dazugehörigen Pressemitteilung immerhin den Versuch, sachlich zu argumentieren. Ich verstehe Sie aber trotzdem nicht. Kurz vor dem Ende der Wahlperiode dieses Thema zu ziehen, mag auf den ersten Blick mit Rücksicht auf die eigene Wählerklientel sinnvoll erscheinen, aber gut gemeint ist nicht gut gemacht.

Sie gehen in der Begründung zu Ihrer Entschließung zwar auf den Klimawandel ein, der sich dann aber in dem Antragstext gar nicht wiederfindet. Sie fordern eine Befassung in verschiedenen Ausschüssen, wohl wissend, dass wir bis März noch maximal zwei Sitzungen in den Fachausschüssen des Landtags haben. Sie reden von Verankerung im Landeshaushalt, wohl wissend dass wir gerade einen Nachtragshaushalt 2015/2016 verabschiedet haben, ohne dass von Ihnen entsprechende Anträge gekommen wären.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank)

Sie hätten in diesem Land etwas früher aufstehen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der CDU)

Oh, ich vergaß, Paris dient dann als gut geeignete Transformationsfläche für einen gut gemeinten, aber schlecht gemachten Entschließungsantrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hätte vielleicht etwas mehr Mut und Sorgfalt zum Bekenntnis gebraucht. Das hätte den zahlenden Bürgern dieses Landes gut getan. Sie hätten nämlich verstehen können, was Sie wollen.

Außerdem habe ich mich wirklich darüber gewundert - vielleicht war das auch nur ein Versehen -, dass Sie an einem Entscheidungshorizont 2020 festhalten. Wir meinen, dass wir uns gerade um die Ziele danach kümmern müssen; denn die Ziele 2020 werden wir relativ leicht erreichen.

Wir meinen, dass wir über die nächste Periode hinaus denken müssen, und wir sind uns darin einig, dass wir diese Halbzeitbilanz, die uns vorgelegt werden wird, sorgfältig daraufhin untersuchen und auswerten müssen, welche Ziele wir tatsächlich über diesen Zeitraum bis 2020 hinaus ins Auge zu fassen haben.

Uns allen, jedenfalls den allermeisten hier im Haus ist doch klar, dass es operative Handlungsfelder gibt, in denen wir agieren müssen, um diese große Aufgabe tatsächlich zu meistern. Wir müssen natürlich eine Anpassungsstrategie in unser aller gemeinsamen Politik präzisieren. Es ist aber klug, Energie erst gar nicht zu benötigen.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Wir müssen daher viel stärker, als Sie es in Ihren Anfragen getan haben, Energieeinsparung als den schlafenden Riesen zur Bewältigung der Klimaveränderungen begreifen.

Wir müssen auf den unterschiedlichsten Ebenen und nicht nur bei Landesliegenschaften, meine Damen und Herren, versuchen, dieses Potenzial zu heben, und Anreize schaffen, damit uns das gelingt.

Ich gebe gern zu, gerade im Bereich der Gebäude in diesem Land sind die Energieeffizienzpotenziale noch sehr hoch. Das bringt mich zu einer interessanten Analyse Ihrer Großen Anfrage: Drei Fragen zu Einsparung und Effizienz, zehn Fragen zur Energiepolitik und 35 Fragen zur Mobilitätsentwicklung.

(Herr Borgwardt, CDU, lacht)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon fast Realitätsverweigerung, wenn sich fast 70 % Ihrer Fragen auf 10 % des Reduzierungspotenzials beziehen.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die großen Brummer, die großen Fakten, wie Klimaschutz stattfinden kann, haben Sie kaum abgefragt. Das ist schon, ja, fast unverständlich.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Wissen Sie warum?)

Dann beschweren Sie sich auch noch darüber, dass die Antworten der Landesregierung die ganz großen Fragen nur streifen, obwohl sie nur drei davon stellen. Ich meine, es ist schon vermessen, der Landesregierung drei läppische Fragen zu stellen und dann zu sagen, es seien unzureichende Antworten.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Wir wissen, wie gesagt, dass wir die Ziele für das Jahr 2020 relativ leicht erfüllen werden. Mit den gleichen Maßnahmen würden wir ohne weitere Anstrengungen sogar eine Reduzierung um 30 % bis zum Jahr 2030 erreichen. Unser nationales Ziel ist aber eine Einsparung um 40 % bis zum Jahr 2030. Das setzt voraus, dass wir Maßnahmen nachlegen und tatsächlich noch Potenziale heben, die wir im Moment noch nicht gehoben haben.

Ich finde es gut, Frau Professor Dalbert, dass Sie anerkennen, dass wir in Sachsen-Anhalt relativ wenige Schwierigkeiten haben, unseren Beitrag auch in Paris zu dokumentieren. Wir stehen schon vor der Marke, für die andere Länder quasi noch gar nicht begonnen haben zu arbeiten.

Wir können uns - jedenfalls theoretisch - auf die Schulter klopfen und sagen, wir machen alles richtig. Das stimmt aber nicht. Insoweit gebe ich Ihnen Recht, aber nur insoweit gebe ich Ihnen Recht. Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen. Es gibt aber sehr wohl einen Grund dafür, das, was wir in Sachsen-Anhalt können, und das, was wir in Sachsen-Anhalt politisch gemacht haben, anzuerkennen, ohne gleich dogmatisch zu werden.

Wir wollen jedenfalls nach wie vor Braunkohle als einen der wichtigen Übergangsenergieträger in den nächsten Jahren behalten. Sie haben übrigens keinerlei Antworten auf die Frage, was es denn für einen Nutzen hätte, wenn wir der Abwanderung der energieintensiven Industrie in Sachsen-Anhalt in Nachbarländer zuschauten,