Um es als ehrenamtlicher Präsident eines Kreissportbundes mit den Worten eines Sportsmanns zu beschreiben: In den zurückliegenden 20 Jahren war ich für meine Fraktion hier im Hause weniger in der Rolle eines phlegmatischen Torwarts, der abwartet, was auf ihn zukommt. Meine Rolle war in unterschiedlichen Funktionen, als Sprecher oder als Parlamentarischer Geschäftsführer, eher der Sturm, der Angriff. Insofern ist mein Rollenwechsel - ich bin mir dessen sehr deutlich bewusst - wohl der Gravierendste heute hier im Hohen Hause. Deshalb habe ich mit Respekt ein ehrliches und für mich sogar unerwartet gutes Ergebnis entgegengenommen. Ob mir der Wechsel gelingt, wird später zu beurteilen sein. Dass ich mir der Herausforderung bewusst bin, können Sie als gesichert annehmen.
Mein Respekt gilt auch all den ausgeschiedenen Abgeordneten des sachsen-anhaltischen Landtags. Darunter sind viele Persönlichkeiten, welche sich in den zurückliegenden Jahren große Verdienste erworben haben. Sie alle haben an unterschiedlichen Stellen ihren Beitrag für den Aufbau des Landes geleistet.
Ich möchte stellvertretend für alle diese Abgeordneten, welche ihre Arbeit im Landtag nach eigenem Willen oder aufgrund des Wählerwillens nicht fortsetzen, einen ehemaligen Kollegen nennen, der in besonderem Maße als Abgeordneter in unterschiedlichen Ämtern Verantwortung übernommen und Großes geleistet hat.
Als Abgeordneter gehörte er dem Parlament von 1990 bis 2011 an, unter anderem als Fraktionsvorsitzender und zuletzt als Vizepräsident des Landtags. Durch anspruchsvolle Debattenbeiträge, durch Initiativen und insbesondere durch eine sehr hohe Kultur der parlamentarischen Auseinandersetzung hier im Hause hat er sich einen Namen gemacht und der Würde des Hauses besonderen Raum gegeben.
Sehr geehrter Herr Dr. Fikentscher, ich glaube, ich darf im Namen des ganzen Hauses sprechen, wenn ich Ihnen von Herzen für Ihre Arbeit danke und für die Zeit danach alles Gute wünsche.
Der Landtag ist immer ein Zusammenwirken von Legislative und Exekutive. Die Regierung muss sich den Argumenten und Fragen der Opposition stellen und nicht selten auch den kritischen Fragen und Anmerkungen der sie tragenden Regierungsfraktionen. Eine besondere Rolle kommt den Abgeordneten zu, welche gleichzeitig auch Regierungsmitglied sind.
Zu diesen ehemaligen Abgeordneten, die auch nicht wieder im neuen Parlament vertreten sein werden, gehören Herr Dr. Püchel, Frau Dr. Kuppe und Frau Wernicke. Sie waren ohne Unterbrechung von der ersten bis zur fünften Wahlperiode Abgeordnete und zeitweise zugleich Regierungsmitglieder. Sie haben nicht wieder kandidiert, aber Spuren im Parlament hinterlassen und sich große Anerkennung erarbeitet.
Ich danke Ihnen für Ihren Einsatz und das Geleistete. Ich wünsche Ihnen Freude bei den neuen Herausforderungen; denn diese werden auch außerhalb des Parlaments auf Sie warten. Bleiben Sie uns gewogen!
Ich möchte noch an einen letzten Abgeordneten erinnern, der meiner Meinung nach heute erwähnt werden muss. Er ist nicht mehr auf der Tribüne, aber vielleicht noch im Hause.
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Böhmer, nach 20 Jahren Parlamentzugehörigkeit und nach 13 Jahren als Mitglied der Landesregierung, davon neun Jahre als Ministerpräsident, gehören Sie zu den herausragenden Persönlichkeiten des Landes Sachsen-Anhalt. Wohl niemand hat so wie Sie in den 20 Jahren Parlamentsgeschichte SachsenAnhalts seit 1990 so überzeugend Individualität und Unabhängigkeit praktiziert. Dies brachte oft überraschende Momente für das Parlament - von den Überraschungen für die eigene Fraktion möchte ich hier nicht sprechen. Es hat wohl noch nie einen Ministerpräsidenten gegeben, der zu Beginn seiner Arbeit erklärte - ich darf zitieren -:
Dieses Understatement, Ihre Unabhängigkeit im Denken, Ihr überparteiliches Agieren waren insbesondere für die eigene Fraktion eine besondere Herausforderung und für das Haus oft auch. Am Ende Ihrer Regierungszeit steht wohl das Wichtigste, was ein Mensch im Rückblick registrieren kann: Sie übergeben das Land in einem besseren Zustand, als Sie es übernommen haben.
Das Wertvollste ist nicht die größte Summe im Landeshaushalt, sondern der Ruf, das Image des Landes. Sie haben es zusammen mit vielen Mitstreitern und mit der Unterstützung des Hauses geschafft, dem Land mehr Selbstbewusstsein und in der Betrachtung von außen das Image eines fleißigen, aufstrebenden Landes zu geben. Dafür
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegen nun fünf Jahre Pflichterfüllung und große Verantwortung. Die Bedeutung des Landtages im Verfassungsgefüge und für die Lebens- und Arbeitsbedingungen vieler Menschen ist höher als das öffentliche Ansehen. Im Europa der Regionen haben wir sogar eine vergleichsweise sehr hohe Kompetenz und Entscheidungsgewalt. Das Parlament hat entscheidenden Einfluss auf die Bildung, die Arbeitsweise und die Kontrolle der Regierung. Das Parlament entscheidet über den Landeshaushalt, ohne den keine Regierung arbeiten kann.
Die Abgeordneten dieses Hauses entscheiden jährlich über ein Haushaltsvolumen von ca. 10 Milliarden €. Das muss noch einmal in das Bewusstsein gerückt werden. Dass die Abgeordneten des Landtags und der Landtag von Sachsen-Anhalt dennoch in der öffentlichen Wahrnehmung eine andere, unbedeutendere Rolle einnehmen, ist eine Erfahrung, welche die neuen Abgeordneten nun mit den altgedienten teilen werden. Dies ist bedauerlich, hat aber Ursachen, über die es sich in der vor uns liegenden Wahlperiode nachzudenken lohnt.
Es wäre vielleicht auch lohnenswert, die parlamentarischen Abläufe nochmals einer kritischen Bewertung zu unterziehen. Hierzu möchte ich die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Fraktionen ermuntern sowie den Fraktionen Mut und Selbstbewusstsein wünschen. Der Versuch, mehr Transparenz, mehr Effizienz und mehr Lebendigkeit bei gleichzeitiger Wahrung der Würde des Hauses zu erreichen, ist den Schweiß der Edlen wert.
Für die Würde des Hauses sind wir jedoch selbst zuständig. Sie wird nicht verliehen. Sie muss immer wieder aufs Neue erarbeitet werden. Das Ansehen des Parlaments und seiner Abgeordneten wird maßgeblich durch die Abgeordneten selbst geprägt. Respekt vor der Person und vor der Meinung des Kollegen und der Kollegin aus der jeweils anderen Fraktion ist hierbei unerlässlich. Die Würde des Umgangs untereinander und mit den Menschen, für welche wir Verantwortung übernehmen, korrespondiert mit der Würde des Hauses.
Eine zum Teil sehr bemerkenswerte Streitkultur mit sehr guten Debatten kann man in diesem Hause zum Beispiel bei „Jugend debattiert“ erleben. Ich möchte die Tradition des Herrn Präsidenten Steinecke fortführen und diesen Staffelstab übernehmen. Ich finde, das ist ein wirklich geeignetes Instrument, um die Jugend an Politik und Interessenvertretung heranzuführen. Ich würde mich freuen, wenn der Ältestenrat dies weiter unterstützt. Ich kann alle Abgeordneten nur einladen, einmal Zaungast bei „Jugend debattiert“ zu sein. Für mich
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Parlament ist der Ort, an welchem Rede und Gegenrede, Meinungen und Argumente zwischen Koalition und Opposition, zwischen Regierung und Parlament ausgetauscht werden. Hierbei kann es auch einmal heftig zugehen und kann auch einmal zugespitzt vorgetragen werden. Leidenschaft und der Streit in der Sache gehören zur politischen Debatte und erst recht in das Parlament.
Demgegenüber steht die Erwartung und Haltung nicht weniger Bürger. Ich möchte den Präsidenten des Deutschen Bundestages Herrn Professor Dr. Norbert Lammert zitieren:
„Was viele Bürgerinnen und Bürger an der Politik ganz offenkundig stört, sind politischer Streit und zähe Entscheidungsprozesse. Beides müssen die Wähler wie die Gewählten allerdings aushalten. Streit muss sein. Demokratie ist kein Verfahren zur Vermeidung von Streit, sondern zur Herbeiführung mehrheitlich getragener Lösungen, und demokratische Lösungen sind weder durch autoritäre Kommandos noch im Hauruckverfahren zu haben, schon gar nicht angesichts der komplexen und komplizierten Probleme, um die es geht.“
Von manchen wird öffentlich immer wieder die Verkleinerung des Parlaments - um nur ein Beispiel zu nennen - gefordert. Nicht unerhebliche Arbeit der Abgeordneten in den Ausschüssen, Arbeitsgruppen, Fraktionen, bei Anhörungen oder in den Wahlkreisen wird mit unglaublichem Fleiß ohne öffentliche Begleitung erledigt. Niemand sieht es. Sie werden hierfür nur selten Anerkennung bekommen. Dennoch ist diese Arbeit unerlässlich.
Mit großem Staunen lese ich im Zusammenhang mit der Debatte über die Parlamentskultur und über die Frage, wie effizient ein Parlament sein kann, von Kostenersparnissen. Man kann über die Größe von Parlamenten diskutieren. Der Glaube, dass mit weniger Parlamentariern eine Regierung kontrolliert, sogar besser kontrolliert werden kann, dass die Qualität der Gesetzesarbeit erhöht werden kann und dass den Bürgern in den Wahlkreisen besser erklärt werden kann, was warum geschieht, ist ein Irrglaube - in jedem Fall im Zusammenhang mit Kostenersparnisargumenten, weil dann ehrlicherweise über eine ganz andere Amtsausstattung geredet werden müsste.
Eine Reform, die in jedem Fall ansteht, ist die der Geschäftsordnung. Wenn es gelänge, mehr Raum für große Debatten zu bekommen und dafür etwas weniger Zeit im Parlament mit Beiträgen zu verbringen, welche oft zu späten Abendstunden vom
Zur Konstituierung des Landtags ist zum Schluss auch etwas zur Zusammenarbeit von Regierung und Parlament zu sagen. Nur wenn wir uns nicht gegenseitig so begegnen, als ob der jeweils andere keine Ahnung hat und keine guten Absichten hegt, während man sich selbst für unfehlbar hält, wird uns ein respektvoller Umgang und ein konstruktives Klima für die Behandlung wichtiger Themen gelingen. Dies brauchen wir in einem hohen Maß bei den Aufgaben, die vor uns liegen.
Mit besonders gutem Beispiel sollten die Regierungsmitglieder im Hause vorangehen, welche selbst Abgeordnete sind oder waren. Dabei können die neuen Minister zeigen, dass sie sich in der Regierung so verhalten, wie sie es als Abgeordnete von der Regierung erwartet haben.
Dazu gehört ausdrücklich auch das Auskunftsrecht der Mitglieder des Landtages. Die Beantwortung der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Herrn Kosmehl vom 6. April 2011 in der Drs. 5/3163 ist alles andere als ein respektabler Umgang der Regierung mit dem Parlament.
Ich darf es erläutern: Ein Abgeordneter hat eine Anfrage zu einem Sachverhalt gestellt. Darin wurde ein Name genannt, in dem ein Buchstabe falsch geschrieben wurde. Dann wurde korrekt durch die Regierung geantwortet, dass der Name mit dem falschen Buchstaben nicht bekannt sei. - Man kann es so machen, muss es aber nicht.
Zumindest steht diese Art der Beantwortung von Kleinen Anfragen gegen den Geist der Landesverfassung, welche in Artikel 53 das Frage- und Auskunftsrecht der Mitglieder des Landtags regelt. Ich denke, der Ältestenrat ist der Platz, wo man sich noch einmal darüber unterhalten sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss: Respekt ist in einem ganz besonderen Maße geboten vor den Wählerinnen und Wählern, welche uns befristet die große Verantwortung übertragen haben, sie zu vertreten - auf Zeit. Für die Dauer von fünf Jahren vertreten wir nun die Interessen von Bürgerinnen und Bürgern des Landes, auch derjenigen, die nicht gewählt haben.
Dabei müssen wir steigenden Erwartungen der Bürger gerecht werden und zugleich mit einem schrumpfenden Landeshaushalt umgehen. Das Wohlwollen der Öffentlichkeit und der Medien ist hierbei niemandem garantiert. Wir alle wussten dies. Dennoch haben wir kandidiert und stehen nun am Anfang der sechsten Wahlperiode.
Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt: Es gibt keine Stunde null; mit keinem demokratischen Machtwechsel droht der Untergang; mit keiner neuen Regierung fängt die Sache erst richtig an. - Insofern knüpfen wir an die The
Die Bürgerinnen und Bürger werden ihre Ansprüche an uns Abgeordnete nicht reduzieren. Ich wünsche Ihnen, den Landtagsabgeordneten, uns allen, den Mitgliedern des Landtages der sechsten Wahlperiode und der Regierung, Kraft und Beharrlichkeit sowie die Fähigkeit zum Kompromiss und zur Integration. Ich wünsche der neuen Regierung eine glückliche Hand und den richtigen Ton im Umgang mit den Bürgern sowie den Verfassungsorganen.
Wenn es uns gemeinsam gelingt, am Ende dieser Wahlperiode unser Sachsen-Anhalt, unser Land erfolgreicher und selbstbewusster, mit deutlich weniger Arbeitslosen und mit einem höheren Wohlstand an die Mitglieder des nächsten Landtages zur Verantwortung zu übergeben, dann hätten wir Großes geleistet. Es wäre in jedem Fall das Verdienst von Regierung, Koalition und Opposition.
Mit einem solchen Ergebnis unserer gemeinsamen Arbeit könnten wir selbstbewusst in den Wettstreit eines dann vor uns liegenden demokratischen Wahlkampfes mit geringen Sorgen um die Chancen extremer politischer Kräfte eintreten.
Ich wünsche uns allen, dass uns dies gelingen möge. Gehen wir an die Arbeit mit innovativen Ideen, mit einem frischen Geist und mit einem respektvollen Umgang.
Meine geehrten Damen und Herren! Nach Artikel 49 Abs. 1 der Landesverfassung wählt der Landtag zwei Vizepräsidenten. § 4 Abs. 2 Satz 2 der wieder in Kraft gesetzten Geschäftsordnung bestimmt, dass jenen Fraktionen, auf die die zweite und die dritte Höchstzahl entfallen, das Vorschlagsrecht für die Wahl der beiden Vizepräsidenten zusteht. Das sind die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der SPD.