Protocol of the Session on October 20, 2006

Im internationalen Vergleich sehe ich keineswegs, dass die Länder, die Studiengebühren, zum Teil sogar sehr hohe Studiengebühren erheben, niedrigere Absolventenzahlen und niedrigere Studentenzahlen haben.

Es scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein, wenn man sich die angloamerikanische Welt ansieht, wo es von Neuseeland über Australien, Kanada bis zu den USA und Großbritannien Studiengebühren in sehr unterschiedlicher Höhe gibt. Dort sind die Zahlen höher als in Deutschland. Da muss man über Strukturreformen nachdenken. Die Studiengebühren sind, wenn sie mit entsprechenden Stipendienmöglichkeiten und Darlehensmöglichkeiten gekoppelt sind, aus meiner Sicht überhaupt kein Hindernis für die Aufnahme eines Studiums.

Aber natürlich werden wir die Zahlen und die Verifikation oder Falsifikation von Meldungen, die Sie zitieren, sehr genau beobachten. Man muss das alles beobachten. Aber aus meiner Sicht gibt es da bisher aus der langjährigen Erfahrung anderer Länder überhaupt keine Evidenz.

Sind Sie bereit, noch eine Frage von Herrn Gallert zu beantworten?

Selbstverständlich.

Herr Paqué, da Sie gerade das Beispiel Großbritannien angeführt haben, frage ich Sie: Wissen Sie eigentlich, dass die politisch überaus erfolgreichen Liberalen in Großbritannien die entschiedensten Gegner von Studiengebühren sind?

Lieber Herr Gallert, ich müsste dafür in das Parteiprogramm der Liberalen in England schauen. Das habe ich in der letzten Zeit nicht getan. Aber es mag tatsächlich so sein, dass es auch im internationalen liberalen Lager gewisse Unterschiede gibt.

(Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

- Lieber Herr Gallert, es ist auch bei den Sozialisten ein denkbarer Vorgang,

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Das ist wohl wahr!)

dass in verschiedenen Ländern unterschiedliche Positionen vertreten werden.

Aber ich möchte hinzufügen, dass die überwältigende Mehrheit der Liberalen in dieser Hinsicht für Studienbeiträge ist, und zwar erstens aus Gründen der Qualität der Lehre und der Forschung und zweitens auch aus dem wichtigen Aspekt der sozialen Gerechtigkeit heraus; denn es kann nicht sein, dass diejenigen, die nicht studiert haben, die als Arbeiter ihr Geld verdienen, diejenigen durchfinanzieren, die im Laufe ihres Lebens mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein deutlich höheres Einkommen haben werden, und zwar gerade wegen ihrer Bildung.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Paqué. - Nun spricht für die CDUFraktion Herr Tullner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute vor 200 Jahren verfügte Napoleon, nachdem er einen Tag vorher in die Stadt Halle einmarschiert war, die Schließung der Universität Halle. Wenn wir schon in der historischen Perspektive verweilen, möchte ich am Rande erwähnen, dass heute vor 60 Jahren bei den ersten Landtagswahlen nach dem Krieg die SED mit 45,8 % der Stimmen in Sachsen-Anhalt als damaligem Land die absolute Mehrheit - dank den Ergebnissen der LDP mit 29,9 % und der CDU mit 21,1 % - verfehlte.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: Wir waren vor Ihnen!)

Was will ich damit sagen?

(Unruhe)

Die Rahmenbedingungen von Hochschulpolitik sollten wir mit zwei Prämissen versehen:

Erstens. Wir sollten unsere Entscheidungen selbst fällen und nicht darauf warten, dass uns jemand von außen Entscheidungen aufdrückt.

Zweitens. Wir alle sollten gemeinsam verhindern, dass solche politischen Kräfte wieder das Sagen in diesem Lande bekommen; denn dann würde die Hochschulpolitik den Weg gehen, den sie in den damaligen 40 Jahren gegangen ist, nämlich bergab, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

Doch zurück zum Thema. Wir haben heute über einen Gesetzentwurf zu beraten, der - das ist mehrfach gesagt worden - mit dem identisch ist, über den im Februar 2005 respektive im März 2005 im Plenum beraten worden ist. Dies, meine Damen und Herren, ist formal nicht zu beanstanden. Aber das - das will ich schon sagen - offenbart eine Form der politischen Ideenlosigkeit, die in diesem Hause ihresgleichen sucht.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist aus meiner Sicht ein Verfall der politischen Sitten und - das will ich hinzufügen, Herr Gallert - das hätte es unter Petra Sitte nicht gegeben.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Ach ja! - Weitere Zurufe von der Linkspartei.PDS)

Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung über die Überweisung der Stimme enthalten.

Meine Damen und Herren! Der Worte zu diesem Thema sind wahrlich genug gewechselt. Wir müssen uns unserer Standpunkte nicht immer vergewissern. Die Koalitionsfraktionen haben sich auf einen Modus verständigt. Dabei bleibt es und darüber müssen wir nicht diskutieren. Im Übrigen kann ich auf die Plenarprotokolle über die Sitzungen im März und Mai 2005 verweisen.

Die Entwicklung und die Diskussionen über die Hochschulpolitik sind aber längst weiter gegangen. Das betrifft die Umsetzung der Föderalismusreform, die Diskussion über die Eliteuniversitäten, die Frage der Forschungsförderung usw. usf.

Das sind die Themen der Zeit, das sind die Problemlagen, mit denen wir uns beschäftigen müssen. Hierzu werden wir in den nächsten Wochen auch parlamentarisch aktiv werden; denn es kann nicht sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir eine Föderalismusreform in Deutschland beschlossen haben, so schwierig sie auch manchmal zu bewerten ist, dann aber als Gesetzgeber, als klar benannter Träger der Kompetenz auf diesem Politikfeld, dieses völlig ausblenden und stattdessen Debatten über Themen führen, die bei uns nicht auf der Tagesordnung stehen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie nun um den flüchtigen Erfolg buhlen, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, dann können Sie konsequenterweise auch dem Edellinken Lafontaine den roten Teppich ausrollen und ihn in Magdeburg freundlich begrüßen; denn er ist in dieser Beziehung völlig Ihrer Meinung.

Dann müssen wir uns nicht wundern, dass bei der Verabschiedung des 260. Rektors der Martin-Luther-Universität in der letzten Woche zwar dem Senat, dem Minister und all seinen Mitarbeitern, der DGB-Hochschulgruppe, seinen Sekretären und seinem Fahrer für die gute Zusammenarbeit etc. gedankt, das Parlament jedoch mit

keinem Wort erwähnt wurde. Das sollten wir nicht unter dem Aspekt der gekränkten Eitelkeiten thematisieren; wir sollten uns aber doch fragen, warum im Fokus eines Rektors das Parlament keine Rolle mehr spielt und keiner Erwähnung wert ist.

Zu den beschriebenen Problemlagen gehört leider auch, dass wir zwar alle die Eliteförderung, die Forschungsförderung und die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Hochschulsystems im Blick haben,

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

aber die Kernkompetenz, die Ausbildung von Studenten etwas aus dem Blick verlieren. Nur so ist es zu erklären, dass bei der beschriebenen Veranstaltung zum Beispiel nach vielen Dankesworten an Honoratioren dann auch irgendwann der Statusgruppe der Studierenden ein Dank zuteil wurde. Ich denke, darüber sollten wir auch einmal diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das sind aus der Sicht der CDU-Fraktion die Themen der Zeit, mit denen wir uns als verantwortliche Parlamentarier auseinander setzen müssen. Dazu gehören die wiedergekäuten ideologiegeleiteten Verbotsdebatten, wie Sie sie heute anzetteln, nicht.

Thomas Mann hat in seinen Tagebüchern davon geschrieben - ich zitiere -:

„Sein Eigenes immer wieder zu lesen, strapaziert nicht bloß, sondern verdummt auch.“

Ich füge hinzu: Das gilt auch für wiederholte Gesetzentwürfe.

Daher lassen Sie uns gemeinsam darauf hinwirken, dass unsere Hochschullandschaft sich weiterentwickeln kann und im nationalen und internationalen Wettbewerb in der ersten Liga mitspielen kann. Nur so können wir verhindern, dass externe Faktoren unsere Hochschulpolitik dauerhaft beeinflussen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kos- mehl, FDP)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Zum Abschluss spricht noch einmal Herr Lange. Bitte.

Dass die Debatte notwendig ist, sieht man von Zeit zu Zeit. Auch ein Gesetzentwurf, der in nur ähnlicher Form schon einmal eingebracht wurde, kann dem dienen. Ich möchte zu dem Wiederholungsargument einen Satz sagen. Frau Mittendorf hat das wirklich schön ausgeführt. Lesen Sie ihn noch einmal durch, Herr Tullner. Es ist nicht wirklich der gleiche.

(Herr Tullner, CDU: Ein kleines bisschen anders!)

Ich gehe davon aus, dass in einer neuen Legislaturperiode neuen Abgeordneten durchaus zugestanden werden sollte, noch einmal ähnliche Argumente vorzubringen.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Es gibt auch woanders neue Abgeordnete.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielleicht gibt es auch neue Mehrheiten. - So viel zum Wiederholungsargument.