Protocol of the Session on October 20, 2006

geltendes Recht. Das brauchen wir nicht zu wiederholen. Das steht auch in der Koalitionsvereinbarung.

Das heißt jedoch nicht, dass ich mich - ich muss an dieser Stelle für mich sprechen - der grundsätzlichen Debatte über Sinn oder Unsinn der Einführung von Studiengebühren entziehen werde. Ich könnte mir wahrlich andere Regelungen gerade im Zusammenhang mit Langzeitstudiengebühren vorstellen, die so geregelt sind, wie es der Minister vorgetragen hat. Man fällt also nicht automatisch und ganz schnell in diese Gebühren; vielmehr könnte man diese Probleme unter anderem mit einem Studienkontenmodell anders abfangen.

Meine Damen und Herren! Ohne Frage stellt die Finanzierung von Lernmitteln und Studienmaterialien vor allem in kostenintensiven Studiengängen eine hohe Belastung für die Studierenden dar.

(Beifall bei der SPD und bei der Linkspartei.PDS)

So ehrlich muss man sein. Das ist so. Die Frage ist nur, ob die Lösung darin bestehen kann, dass die Hochschulen gar keine Entgelte mehr verlangen können. Das wäre wohl doch ein wenig weltfremd, weil sich die Welt eben geändert hat. Es kann auch nicht im Sinne der Hochschulen sein, dass sie keine zusätzlichen Einnahmen erzielen können. Ich weiß auch nicht - bei allem Respekt, lieber Kollege Lange -, ob man dabei gleich die Menschenrechte bemühen muss. Das Hochschulgesetz schreibt diesbezüglich nämlich vor, dass soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Das gilt eben auch für mögliche Gebühren von Gasthörern.

Als ich den Titel „Gesetzentwurf zur Änderung des Hochschulgesetzes“ gehört habe, habe ich eigentlich etwas anderes erwartet; denn wenn man eine solche Gesetzesmaterie aufmacht, kann man etwas mehr ansprechen, was durchaus notwendig und möglich wäre.

Ich will einmal daran erinnern, dass wir im Jahr 2003 - damals waren wir auch noch in der Opposition - den Entschluss gefasst haben, einen eigenen Hochschulgesetzentwurf einzubringen. Wir haben damit das Ziel verfolgt, die Rahmenbedingungen der Hochschulen insgesamt zu verbessern, damit sich diese im nationalen und internationalen Wettbewerb besser behaupten können. Damals haben wir uns auch die Mühe gemacht, das gesamte Gesetz von unnötigen Genehmigungsvorbehalten zu befreien und geeignete Instrumente zur Qualitätssicherung vorzuschlagen. Wir wollten zudem Möglichkeiten eröffnen, dass sich die Hochschulen wirtschaftlich betätigen können. - Das wären Dinge gewesen, die man möglicherweise hätte auch aufgreifen können, vielleicht sogar aufgreifen müssen.

Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der PDS, zum Ausgleich der Einnahmenverluste in den Hochschulen fordern Sie in der Begründung zu dem Gesetzentwurf die Erhöhung der Landeszuschüsse für die Hochschulen um 30 Millionen €. Das klingt wunderbar. Das ist aber, so denke ich, nur - bitte nicht schimpfen - eine Worthülse; denn ich sehe gegenwärtig für die von Ihnen geforderte Wiedereinstellung von Mitteln in Höhe von 30 Millionen € für die Hochschulen, die diese sicherlich Gewinn bringend anlegen könnten und mit denen sie sicherlich auch manches Problem lösen könnten, keine realistische Gegenfinanzierung,

(Zuruf von der Linkspartei.PDS)

- der Satz war noch nicht zu Ende - ohne anderen Politikfeldern über Gebühr Finanzmittel zu entziehen.

Meine Damen und Herren! Etwas mehr Realismus und auch etwas mehr Ehrlichkeit und nicht das Wecken falscher und vor allen Dingen überhöhter Erwartungen sollten aus meiner Sicht die Grundlage für die Politik bilden.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über den Antrag auf Ausschussüberweisung der Stimme enthalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Mittendorf. - Nun spricht für die FDPFraktion Herr Professor Dr. Paqué. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat eine Wiederholung, die wir hier machen. Meine Vorrednerin Frau Mittendorf hat es schon angesprochen.

Aber, lieber Herr Lange, ich war doch erstaunt darüber, dass Sie in Bezug auf den abenteuerlichsten Teil Ihrer Argumentation fast noch ein Stück weiter gegangen sind als damals, sofern ich mich an die damalige Debatte noch recht erinnere.

Ich will am Anfang kurz bemerken, dass es mit sozialer Gerechtigkeit wirklich überhaupt nichts zu tun hat, wenn ein Seniorenstudium, das meist von Leuten absolviert wird, die bereits einen akademischen Abschluss haben und in der Regel in ihrer aktiven Zeit auch ein ordentliches Einkommen hatten, nicht einmal ein Stück weit selbst finanziert werden soll.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Tat so. Sprechen Sie mit Menschen, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, mit Senioren. Das sind Gott sei Dank eine ganze Menge. Das sind sehr stark steigende Zahlen. Sie wollen gar nicht, dass sie als massive Subventionsempfänger in den Hörsälen sitzen.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Das wollen die gar nicht. Die wollen ihren Beitrag für den Service leisten, den sie in Anspruch nehmen. Daran sollten wir sie auch nicht hindern.

Meine Damen und Herren! Bezüglich der Position der FDP-Fraktion kann ich hier im Grunde nur das wiederholen, was in der damaligen Debatte schon deutlich ausgesprochen wurde. Wir als FDP-Fraktion sind grundsätzlich für die Möglichkeit der Einführung von Hochschulgebühren oder -entgelten oder -beiträgen, wie immer man sie auch nennen mag, und zwar im Rahmen der Autonomie der Hochschulen. Die Autonomie der Hochschulen ist ein unglaublich wichtiges Gut, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Wenn wir derzeit in der Diskussion über so genannte Eliteuniversitäten erleben müssen, dass Mittel- und Ostdeutschland, auch Sachsen-Anhalt, leer ausgegangen sind, dann hängt das letztlich damit zusammen, dass wir keine hinreichenden Möglichkeiten haben, auf der Ebene der Hochschulen wirklich entsprechende Freiräume zu schaffen, um in der Lehre und schließlich auch in der

Forschung das Niveau und die Vernetzung zu erreichen, die bereits in anderen Regionen erreicht sind. Dafür müssen wir noch ein Stück Weges gehen. Dafür müssen wir auch die entsprechenden finanziellen Spielräume schaffen.

Meine Damen und Herren! Das wird nur gehen, wenn Studiengebühren zur Verbesserung der Lehre für eine qualitativ hochwertige Lehre erhoben werden können, die dann auch die entsprechende Forschung auf höchstem Niveau ermöglicht.

Wir alle, die sich ein bisschen mit den Fragen beschäftigen, wissen, wo die Unterschiede zwischen den amerikanischen Spitzenuniversitäten und den deutschen Universitäten liegen. Diese liegen vor allem in der qualitativ hochwertigen Lehre, die zur Forschungsarbeit hinführt.

Meine Damen und Herren! Das kostet Geld. Dabei ist der Beitrag durch Studiengebühren ein ganz wesentlicher Aspekt. Der darf dann natürlich nicht in irgendeiner Form von den Finanzministern weggekürzt werden. Das sage ich ganz klar. Das habe ich damals auch gesagt.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Hier müssen auf der einen Seite Globalhaushalte stehen. Auf der anderen Seite muss es die zusätzliche Möglichkeit geben, durch Studiengebühren die Lehre zu verbessern.

Meine Damen und Herren! Es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, dass wir in diese Richtung gehen müssen. Andere Länder tun es auch. Große Länder mit großer universitärer Tradition,

(Zurufe von der Linkspartei.PDS)

wie Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen, gehen diesen Weg. Die schaffen auch über eine Kredit- und Darlehensfinanzierung Möglichkeiten zur Finanzierung der Studiengebühren. Dafür gibt es entsprechende Modelle. Die sind längst entwickelt.

Das könnten auch wir in diesem Land machen. Dann hätten wir die entsprechenden Möglichkeiten, um eine qualitativ hochwertige Bildung und ein qualitativ hochwertiges Wissenschaftsniveau in unserem Land sozial verträglich zu erreichen.

Ich glaube, die Regierung - die große Koalition ist diesbezüglich leider noch zögerlich - wird irgendwann, möglicherweise dann zu spät, weil der qualitative Standortwettbewerb, auf den der Kultusminister zu Recht hingewiesen hat, längst in aller Schärfe entbrannt ist, erkennen, dass das, was wir Liberalen gesagt haben und sagen, richtig ist.

Aber wir werden auch in der Diskussion im Ausschuss dafür argumentieren und dafür kämpfen, dass dieser Weg gegangen wird. - Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank, Herr Professor Paqué. Möchten Sie eine Frage von Frau Klein beantworten?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Klein.

(Herr Tullner, CDU: Aber nicht mehr Vermögen- steuer!)

Herr Professor Paqué, ich kenne die Haltung und die Position der FDP zu Studiengebühren. Jetzt haben Sie hervorragend beschworen, dass wir sie einführen müssten. Nun erreichen uns durch die Presse Mitteilungen, dass in den Ländern, in denen es Studiengebühren gibt bzw. in denen sie eingeführt werden sollen, ein Effekt eintritt, dass viele sagen: Dann studiere ich nicht, sondern mache eine Lehre;

(Herr Tullner, CDU: Das ist eine Behauptung!)

denn ich habe Angst, die Studiengebühr zahlen zu müssen. - Das scheint inzwischen in erheblichen Größenordnungen der Fall zu sein.

Wie kann man dieses Problem lösen? Denn sonst passiert genau das, dass diejenigen, die eigentlich studieren wollten, andere von Lehrstellen verdrängen, und wir damit wieder auf die kommen, die das Studium eigentlich bezahlen, die Hauptschüler.

(Minister Herr Dr. Daehre: Ich musste vorher eine Lehre machen; ich habe keinen Studienplatz ge- kriegt zu DDR-Zeiten! - Unruhe)

- Es geht jetzt um die Studiengebühren, um das Verhältnis von Studiengebühren und Lehre und nicht darum, ob Sie eine Lehre machen konnten oder mussten.

(Minister Herr Dr. Daehre: Ein Stipendium habe ich auch nicht bekommen! - Unruhe)

Und es hat ihm nicht geschadet. Das kann ich bestätigen.

Aber, liebe Frau Dr. Klein, um auf Ihre Frage einzugehen. Erstens. Meldungen über irgendetwas sind noch kein Beleg für irgendeine tatsächlich stattfindende Entwicklung. Daher halte ich mich viel lieber an das, was ich vor allem im internationalen Vergleich sehen kann.

Im internationalen Vergleich sehe ich keineswegs, dass die Länder, die Studiengebühren, zum Teil sogar sehr hohe Studiengebühren erheben, niedrigere Absolventenzahlen und niedrigere Studentenzahlen haben.