Wir dürfen die Augen nicht vor den Konflikten und Problemen verschließen, die in den Familien existieren, sondern müssen sie benennen und Lösungen dafür suchen, auch auf die Gefahr hin, dass damit finanzielle Folgen für das Land verbunden sind.
Mir geht es an dieser Stelle nicht um einen Generalverdacht gegenüber allen Eltern, aber Eltern und Staat haben die Pflicht, jedes Kind zu schützen.
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen von CDU und SPD! Die Kinder und Familien in Sachsen-Anhalt brauchen zunächst kein kostenfreies Vorschuljahr, sondern sie brauchen die Chance der Teilhabe.
Da stimme ich voll und ganz mit dem Europäischen Rat überein, der die Mitgliedstaaten erst im März 2006 aufforderte, allen Kindern unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Chancen zu bieten.
Ich hätte mir gewünscht, dass nicht nur drei Kollegen der CDU bei der Anhörung am vergangenen Freitag im Sozialausschuss zum Thema Kinderarmut anwesend ge
wesen wären, sondern mehr gehört hätten, was die zu sagen haben, die evaluiert haben, wie es Kindern in Sachsen-Anhalt geht.
Wir müssen uns den Problemen also ehrlich stellen, und die Probleme in manchen Familien sind groß. Nicht von ungefähr fordern Familienverbände, dass möglichst niedrigschwellige Angebote für Familien gefördert werden. Es geht dabei oft einfach nur darum, dass Familien wieder beigebracht wird, eine Familie zu sein - aus unserer Sicht vielleicht simple Dinge wie ein gemeinsames Abendessen oder ein gemeinsamer Spaziergang.
Vor diesem Hintergrund halte ich es für äußerst gefährlich, wenn gerade die Mittel für Ehe-, Lebens-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen im Jahr 2007, wie im Haushaltsplanentwurf zu lesen, um 38 % gekürzt werden. Den entsprechenden Trägern wird in einem einseitigen Brief lediglich mitgeteilt, sie mögen den verringerten Ansatz bei ihrer Antragstellung für das Jahr 2007 berücksichtigen. Das Problem oder, besser gesagt, die fehlende Hilfe für die Menschen, die dahinter steckt, bleibt unbenannt.
Ich habe sehr wohl und positiv aufgenommen, dass sowohl CDU als auch SPD dies rückgängig machen wollen; denn die Ehe-, Lebens-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen sind ein wichtiger Bestandteil des momentan oft geforderten Netzwerkes vor Ort. Das Netzwerk ist bereits existent und arbeitet gut. Dies kann sich jedoch ändern, wenn wir den Rotstift ansetzen.
Wenn wir in die Praxis hineinhören, wird gesagt, dass bei Netzwerken vor allem das persönliche Miteinander wichtig ist. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit kann aber ein Gesetz nicht bewirken. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die momentane Diskussion nicht allein auf den Staat oder die Behörden gerichtet ist. Die gesellschaftliche Sensibilität ist hierbei gefragt. Jeder und jede muss hinschauen und sich gegebenenfalls einmischen. Wir brauchen ein gesellschaftliches Klima, in dem Kinder einen besonderen Schutz genießen und nicht als Erstes nach ihren Kosten gefragt wird - sowohl politisch als auch gesellschaftlich. Das kann ein Gesetz allein nicht leisten.
Wie schaut es konkret auf kommunaler Ebene aus? - Beim Konsolidierungskurs stehen Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen als so genannte freiwillige Aufgabe ganz oben an. Außerdem ist man fast froh, wenn der Mitarbeiter des Jugendamtes nach dem Kontakt mit einer so genannten Problemfamilie nicht die Empfehlung für eine erzieherische Hilfe ausspricht; denn ambulante Hilfen oder gar ein Heimaufenthalt kosten eben Geld. Aus der Sicht des Kämmerers ist das verständlich, aus der Sicht des Kindes kann dies eine Katastrophe sein.
Insgesamt kommt es also nicht allein auf Netzwerke der Behörden an, sondern auch auf das für die erforderliche Hilfe bereitstehende Geld. - Dies zum Problemaufriss; denn mehr kann in einer Aktuellen Debatte nicht geleistet werden.
Es ist dringend erforderlich, dass wir uns mit den Ursachen von Kindesmisshandlung auseinander setzen. Die heutige Debatte kann nur ein erster Schritt sein. Ich werbe dafür, dass wir uns im Ausschuss für Soziales im Rahmen der Selbstbefassung mit diesem Thema und mit den entsprechenden Fachleuten auseinander setzen und dem Parlament daraus resultierend einen Handlungsvorschlag unterbreiten. Der Ruf nach mehr Geset
Grundsätzlich ist die Familie der schönste Raum, in dem ein Kind aufwachsen kann. Genau deshalb müssen wir etwas dafür tun, dass die Familie tatsächlich auch der schönste Raum ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke sehr, Frau von Angern. - Mit diesem Debattenbeitrag ist das zweite Thema abgehandelt. Wir schließen Tagesordnungspunkt 21, die Aktuelle Debatte, da keine Beschlüsse gefasst werden.
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Ladenöffnung im Land Sachsen-Anhalt (Ladenöffnungsgesetz Sachsen-Anhalt - LÖffG-LSA)
Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Auf der Grundlage der Vorarbeiten der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung wurde auf Vorschlag der Fraktionen von CDU/CSU und SPD ein Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes von Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen. Dieses ist inzwischen in Kraft getreten.
Danach steht den Ländern die Gesetzgebungskompetenz auch für den Bereich des Ladenschlusses zu. Es ist allerdings keine zwingende Verpflichtung für die Länder geschaffen worden, von der Befugnis Gebrauch zu machen. In dem Gesetz heißt es: Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.
Nur zur Information: Macht ein Land von der ihm eingeräumten Befugnis keinen Gebrauch, so gilt für dessen Gebiet das bestehende Recht weiter. Es bliebe also beim alten, oft kritisierten und oft auch gebrochenen Gesetz über den Ladenschluss des Bundes.
Für das Land Sachsen-Anhalt schlägt die Landesregierung vor, die sich aus der Änderung des Grundgesetzes ergebenden Chancen zu nutzen und eine landesrechtliche Regelung zu schaffen. Warum? - Es ist aufgrund meiner mehrjährigen Erfahrung mit diesem Gesetz nach meinem Dafürhalten ein Gebot der Redlichkeit und der Ehrlichkeit. Es ist aber auch ein Gebot der Entbürokratisierung, die an dieser Stelle notwendig ist. Wer den Vollzug dieses Gesetzes kennt oder die vielen Sonderparagrafen und Sonderregelungen, der weiß, wovon ich rede. Und es entspricht der neuen Lebenswirklichkeit, die
Die Steigerung des Umsatzes und der Zuwachs an Beschäftigung im Einzelhandel wird mit dem Gesetzentwurf nicht verfolgt. Dies wäre durch ein Ladenschluss- bzw. Ladenöffnungsgesetz auch nicht möglich. Inwieweit es partiell gegebenenfalls Zuwachseffekte gibt, kann man jetzt noch nicht einschätzen. Aber es ist ausdrücklich kein Wirtschaftsförderungsgesetz im originären Sinne. Es geht lediglich darum, den Handeltreibenden mehr Gestaltungsfreiraum zu geben, die Wünsche der Kundschaft besser zu erfüllen und den Schutz der Beschäftigten trotzdem und selbstverständlich zu sichern.
Hier sage ich ganz eindeutig, dass der Schutz der Beschäftigten - in diesem Bereich sind es immerhin über 50 000 - durchaus auch im Blick aller Überlegungen der Landesregierung gestanden hat. Bei den Begleitaktivitäten, die notwendig sind, um so ein Landesgesetz zu implementieren, werden wir darauf weiterhin ein starkes Augenmerk richten und alle zur Verfügung stehenden ordnungspolitischen und rechtlichen Möglichkeiten auch unter Nutzung des Tarifrechtes einsetzen, damit die Interessenlagen und die Bedingungen für die Beschäftigten nicht verschlechtert werden.
Des Weiteren geht es darum, die Verwaltungsbehörden von unnötigen Verwaltungs- und Kontrollpflichten zu entlasten sowie den Schutz der Sonn- und Feiertage wie bisher im Sinne der Verpflichtung des Grundgesetzes und unserer Landesverfassung zu garantieren.
Bezüglich der Kontrollpflichten ist Folgendes zu bemerken: Die Entbürokratisierung und die Flexibilisierung soll vor allen Dingen - was ich schon am Anfang sagte - zu mehr Wahrheit, Redlichkeit und Ehrlichkeit beim Administrieren derartiger Gesetze führen, sodass es nicht mehr notwendig ist, Anlässe zu konstruieren bzw. durch alle möglichen Winkelzüge etwas an der Gesetzeslage vorbei zu realisieren, was anschließend auf dem Klageweg überprüft und kontrolliert werden kann und in den meisten Fällen auch wieder eingefangen wird. Aber schlicht und einfach ist dann der Anlass schon verstrichen.
Sofern es infolge der Neuordnung der Ladenöffnung zu Umsatzsteigerungen und zu einem Beschäftigungseffekt kommen sollte, würde dies angesichts der Entwicklung der Zahlen in den vergangenen Jahren ein erfreulicher Nebeneffekt sein; denn wir wissen, dass gerade der Einzelhandel sehr stark von Beschäftigungsreduzierungen betroffen war. Das korreliert sicherlich auch in Teilen mit der Entwicklung der Bevölkerung und der generellen Kaufkraftentwicklung. Aber die Kaufkraftentwicklung ist nicht der ausreichende Begründungsfakt dafür; denn es geht vor allen Dingen darum, dass wir die Möglichkeiten, die der Bürger heute aktuell für sich in Anspruch nehmen möchte, mit entsprechenden Angeboten korrespondieren lassen.
Das Kabinett hat am 29. August und am 5. September 2006 über den Entwurf des Gesetzes zur Neuordnung des Ladenschlusses intensiv und zum Teil kontrovers diskutiert und ihn zur Anhörung freigegeben. Angehört wurden die evangelische und die katholische Kirche, der DGB, ver.di, der Verband der Kaufleute, die beiden Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammer, die kommunalen Spitzenverbände und noch verschiedene andere Sozialpartner, die in diesem Zusammenhang von uns mit kontaktiert wurden.
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf ist das Ergebnis des Anhörungsverfahrens dargestellt worden. Es ist eine seltsame Tendenz spürbar. Wenn wir die Fakten, die wir im Gesetzestext abschließend niedergelegt haben, wirklich wortwörtlich auf ein Blatt Papier schreiben würden, dann wäre das Ergebnis, dass fast alle Fakten, über die strittig diskutiert wurde und die auch in der Anhörung ziemlich bipolar abgebildet wurden, einen Mittelwert darstellen und sich natürlich die üblichen Argumente der Kammerseite, der Gewerkschaftsseite und der Kirchenseite widerspiegelten. Das geschah aber in einer Sachlichkeit und Nüchternheit, die wir als Landesregierung als wohltuend empfunden haben, weil es allen beteiligten Partnern, die angehört wurden, ebenso wie der Landesregierung um den Fakt an sich geht, um die schützenswerten Dinge, aber auch um das Akzeptieren von Notwendigkeiten innerhalb unseres Gemeinwesens.
Es soll also eine Reform stattfinden, die möglichst viel beibehält. Dafür gibt es an verschiedenen Stellen einen Grundgesetzauftrag. Auf der anderen Seite sollen Änderungen akzeptiert werden, die möglichst im Gleichklang mit den benachbarten Bundesländern erfolgen. In verschiedenen Anhörungsschreiben ist zum Ausdruck gebracht worden, dass beides möglichst gleichermaßen erfolgt.
Das ist an dieser Stelle ein nicht auflösbarer Gordischer Knoten; denn es würde bedeuten, dass wir den Änderungsbedarf, den eigentlich alle Seiten sehen, mit einer Einheitlichkeit in einem größeren Wirtschaftsraum kombinieren und das mit einer Synchronisation zwischen den einzelnen Bundesländern verbinden, die Versuche gar nicht möglich macht, einen Entwurf oder ein Konzept auf den Tisch zu legen.
Ich sehe das deswegen als nicht erfüllbar an, weil wir uns als Land Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren sehr intensiv mit dem Vollzug des alten Gesetzes beschäftigt haben und auch dort schon mit den Sozialpartnern und den Betroffenen, die ich schon nannte, sehr intensiv im Gespräch waren. Das geschah jedes Mal, wenn es darum ging, Gesetzesbrüche einzufangen, kommunales Ausbrechen aus der gesetzgeberischen Linie zu bewerten und für die Zukunft einen Handlungskatalog für den Umgang mit der kommunalen Seite zu entwickeln, in der das stattfindet.
Aufgrund dieser in Sachsen-Anhalt gemachten Erfahrungen hatten wir - dazu stehe ich nach wie vor - das Selbstbewusstsein, einen eigenen Gesetzentwurf zu erstellen. Es sind die Erfahrungen Sachsen-Anhalts, die wir abbilden wollen. Es ist auch ein konkretes Ergebnis der Föderalismusdiskussion, dass das auf Länderebene behandelt und zum Abschluss gebracht werden soll, sodass wir an dieser Stelle kein Minderwertigkeitsgefühl haben sollten, sondern schlicht und einfach offensiv mit
Diese Arbeit für Sachsen-Anhalt ist durchaus auch in anderen Bundesländern mit Respekt aufgenommen worden. Wir wissen seit gestern, dass unser Gesetzentwurf faktisch der Entwurf der thüringischen Landesregierung ist. Ich habe mit dem Ministerpräsidenten Herrn Althaus persönlich gesprochen und habe ihm unseren Entwurf vor vier Wochen zur Kenntnis gegeben. Ich konnte gestern mit einem gewissen Wohlgefallen feststellen, dass man sich unserer Argumentationslinie komplett angeschlossen hat.
Sachsen befindet sich in einem ähnlichen Korridor wie Sachsen-Anhalt. Wenn wir den mitteldeutschen Raum in gewisser Weise in einem Korridor halten wollen, dann heißt das durchaus, Konkurrenzen, die sich aufbauen könnten, zu vermeiden. Der sächsische Entwurf unterscheidet sich an den Stellen, an denen wir im Sinne der Entbürokratisierung bewusst keine Regelung gesetzt haben, wohl wissend, dass sich durch den freien Bürger die Angebots- und Nachfrageseite optimal aufstellen wird und wir durchaus schon Erfahrungen an den Stellen haben, an denen die Sonntagsöffnungszeiten zum Beispiel bestimmte flexible Möglichkeiten eingeräumt haben, dass wir aber in bestimmten Fällen, wenn wir uns dem sächsischen Modell anschließen würden, Verschärfungen gegenüber unserem moderaten, mit Augenmaß formulierten Gesetzentwurf bekämen.
Ich stehe also nach wie vor dafür, dass dieser Gesetzentwurf eine gute Diskussionsgrundlage sein kann und dem parlamentarischen Raum eine Möglichkeit einräumt, sich doch relativ zügig mit diesen Dingen zu befassen und sich mit den Anzuhörenden darüber auseinander zu setzen.
Die Landesregierung wünscht ausdrücklich keine allgemeine Öffnungszeit der Läden von Montag 0 Uhr bis Sonnabend 24 Uhr. Das ist ganz klar. Jede von sich aus reklamierte Freigabe im Ladenschlussbereich am Bundesgesetz vorbei hat selbst in diesen faktisch gesetzesfreien Bereichen, in denen wir erst im Nachhinein tätig werden konnten, nur Folgendes zutage gefördert: dass es aus wirtschaftlichem Interesse heraus im Einvernehmen mit den Beschäftigten - zumindest wenn es ging, mit den Beschäftigen - Versuche gegeben hat, die dazu geführt haben zu sagen, dass hierbei auch die Tarifpartner gefordert sind, entsprechende Möglichkeiten für sich zu vereinbaren.
Ich sage es an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich: Auch das Land Sachsen-Anhalt wird mit allen ordnungspolitischen Möglichkeiten einschließlich des Begriffs „Allgemeinverbindlichkeit“, wenn es sich anbietet und auch rechtlich belegen lässt - Sie wissen, was für Prozeduren dazu bis zum Tarifausschuss notwendig sind -, zum Schutz der Arbeitnehmer operieren. Aber wir sind der Meinung: Das soll erst einmal am Markt unter Einbeziehung der Tarifhoheit und der Tarifpartner passieren, die aus diesem Konstrukt gestärkt hervorgehen könnten.