Protocol of the Session on October 20, 2006

Liest man die Punkte und die Begründung im Kontext, kommt man zu dem Schluss, dass die Qualität der Schülerbeförderung erhöht werden soll, indem den Verkehrsunternehmen die Gelder zur Verfügung gestellt werden, die eine direkte Streckenführung ermöglichen. So habe ich nun auch die Einführung verstanden.

Nach einigem Nachdenken bin ich zu der Auffassung gekommen, dass das wahre Ziel dieses Antrags eigentlich ist, die Kassen der Kommunen als Träger des ÖPNV zu entlasten. Das mag zwar angesichts der Pläne der Landesregierung bezüglich der Mittelverteilung zuungunsten der Kommunen ein richtiges Unterfangen sein; das bedarf aber nicht des Deckmantels der Qualitätsverbesserung bei der Schülerbeförderung.

Ich will Ihnen auch erklären, wie ich zu diesem Schluss gekommen bin. Richtig ist, dass die Kosten der Schülerbeförderung gemäß § 45a des Personenbeförderungsgesetzes und nach Maßgabe der dazu erlassenen Ausgleichsverordnung über die so genannten Sollkosten ausgeglichen werden.

Richtig ist übrigens auch, wie der Minister angemerkt hat, dass das ein bürokratisches Monster ist, das da entstanden ist.

Die Sollkosten errechnen sich aus einer Kombination von beförderten Personen und gefahrenen Kilometern. Die tatsächlichen Kosten werden in regelmäßigen Abständen geprüft. Das hat die PDS vorgetragen. Richtig ist auch, dass es seit dem Jahr 1993 keine wirkliche Erhöhung mehr gab.

Würde man gemäß Punkt 1 des Antrages die gestiegenen Kosten in die Sollkosten einfließen lassen, wäre es allerdings nicht zwingend, dass die Verkehrsunternehmen damit mehr Geld zur Verfügung hätten. Bisher sind nämlich die nicht auskömmlichen Erstattungen dadurch ausgeglichen worden, dass die Träger des öffentlichen Personennahverkehrs diese Ausgleichszahlungen vorgenommen haben.

(Herr Steinecke, CDU: Richtig!)

Die Mischfinanzierung ist zwar ursprünglich nicht vorgesehen gewesen, ist aber das, was tatsächlich stattfindet.

Was würde denn nun passieren, wenn aus der Landeskasse mehr Geld in die Unternehmen fließen würde? Der Zuschussbedarf des Trägers würde sich verringern und die Kassen des Trägers - sprich: meistens die der Kreise - würden letztlich entlastet werden. Geld für eine bessere Streckenführung würde nicht übrig bleiben. Für die Unternehmen wäre es ein Nullsummenspiel, die Kommunen würden sich bedanken.

Aber selbst wenn das Szenario nicht so verlaufen würde: Das Geld aus der Landeskasse würde mehr werden und würde direkt den Unternehmen zur Verfügung stehen.

Der Punkt 2 macht diesen Vorteil wieder zunichte. Denn dass für Samstage dann nicht mehr bezahlt wird, was Teil einer - vielleicht nicht gewollten - Mischkalkulation war, aber tatsächlich so stattgefunden hat, würde diesen Vorteil wieder zunichte machen. Auch so wäre nicht mehr Geld da, und so würde dann auch die Forderung unter Nr. 3 nicht zur Erfüllung kommen, weil nicht genügend Geld da wäre, um kürzere Streckenführungen realisiseren zu können. Ein Überschuss, der zu einer Qualitätsverbesserung führen könnte, ist damit nicht zu erreichen.

Aber selbst wenn das nicht stimmen würde, was ich hier vorgetragen habe, ist festzustellen, dass die Ausgestaltung des ÖPNV, insbesondere die Streckenführung, eine unternehmerische Entscheidung des Verkehrsunternehmens bleibt und die Einflussmöglichkeiten des Landes beschränkt sind. Es ist also nicht gewährleistet, dass das Land in der Lage ist, mit einer Änderung der Sollkosten eine Änderung der Takte, Strecken oder gar Fahrzeiten im Schülerverkehr zu bestimmen, zumal der direkte Partner der Unternehmen nicht das Land ist.

Es bleibt also zu vermerken, dass mit der Erhöhung allenfalls eine Entlastung der Kommunen verbunden ist. Das Anliegen der PDS ist aber dennoch richtig und deshalb müssen andere Wege der Finanzierung gefunden werden.

Das jetzige System der Bezahlung der Leistungen setzt lediglich Anreize für die Unternehmen, mehr Geld zu generieren. Das hat den Effekt, dass man über die Reiseweite den Verlust an Schülern auszugleichen versucht, wie der Minister das auch schon dargestellt hat. So mag sich mancher wundern, dass trotz Schulschließungen und weniger Schülern die Kosten der Schülerbeförderung nicht weniger geworden sind.

Meine Damen und Herren! Es gilt, ein System zu installieren, das den Blick wieder hin zum Fahrgast wendet. In Brandenburg und in Niedersachsen, aber auch in Nordrhein-Westfalen arbeitet man mit Pauschalen, die den Kommunen oder den Unternehmen direkt zur Verfügung gestellt werden. In Brandenburg ist es so, dass die Rabattierung direkt zur Verfügung gestellt wird und der Rest des Ausgleiches, der mit Auflagen verbunden wird, den Kommunen zugute kommt,.

Ich schlage vor, dass wir den Antrag der PDS oder meinetwegen auch den Alternativantrag in den Ausschuss nehmen und uns dort einen Erfahrungsbericht auch dieser anderen Länder einmal anhören, wie sie denn mit den Pauschalen fahren, um zu ermitteln, wie wir zu einem Systemwechsel kommen können. Denn in einem stimmen wir überein: Mittelpunkt des ÖPNV und der Schülerbeförderung muss der Fahrgast sein und nicht das Generieren von Geld für Unternehmen. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung von Herrn Dr. Thiel, Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Herrn Doege das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da mir der Minister viele Dinge vorweggenommen hat, möchte ich an dieser Stelle bitten, meine Rede zu Protokoll geben zu dürfen.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Das gestatte ich gern. Vielen Dank.

(Zu Protokoll:)

Die Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen, aber auch effizienten Schülerbeförderung ist ein wichtiges Anliegen der Koalitionsfraktionen.

Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS greift dieses Thema auf. Wie so oft macht die Linkspartei.PDS aber den zweiten vor dem ersten Schritt. Sie beabsichtigen mit Ihrem Antrag eine gravierende Änderung der Finanzierungsmechanismen für den Schülerverkehr. Damit unterstellen Sie, dass sich das bisherige Ausgleichssystem nicht bewährt hat. Woher nehmen Sie diese Erkenntnis?

Um es vorwegzunehmen: Die Koalitionsfraktionen teilen Ihre Sichtweise nicht. Nach unserer Auffassung hat sich das System grundsätzlich bewährt. Wir haben deshalb einen Alternativantrag eingebracht, der zunächst eine

Berichterstattung über den derzeitigen Stand der Schülerbeförderung und die geplanten Aktivitäten zur Verbesserung der Schülerbeförderung zum Inhalt hat. Im Rahmen der Berichterstattung gilt es herauszuarbeiten, ob es tatsächlich einen Veränderungsbedarf gibt.

Sollte hier ein Handlungsbedarf festgestellt werden, dann werden sich die Koalitionsfraktionen für eine Änderung einsetzen. Der Nachweis für die Notwendigkeit der von Ihnen vorgeschlagenen Änderung im Finanzierungsmechanismus steht jedoch noch aus.

Im § 8 Abs. 8 ÖPNVG ist geregelt, dass die Finanzierungsmechanismen und Strukturen spätestens drei Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes durch die Landesregierung zu überprüfen und dem Landtag bis spätestens zum 30. Juni 2008 schriftlich Bericht zu erstatten ist. Das bedeutet, dass die Landesregierung im Jahr 2007 diese Evaluierung vornehmen muss.

Der ÖPNV-Plan des Landes Sachsen-Anhalt gibt den Landkreisen und kreisfreien Städten als Schulträger und ÖPNV-Aufgabenträger Gestaltungsmöglichkeiten in die Hand, einen wirtschaftlichen und qualitativ hochwertigen Schüler- und Ausbildungsverkehr zu organisieren. Das Land sieht Möglichkeiten, unter anderem durch die Staffelung der Schulanfangszeiten eine Verbesserung des Schülerverkehrs zu erreichen.

Mit der in § 9 ÖPNVG getroffenen Regelung soll der bisherige Anreiz für hohe durchschnittliche Reichweiten im Schülerverkehr aufgehoben werden. Die Aufgabenträger haben damit die Chance, ihre Angebote zu optimieren. Die nicht mehr an dem Ausgleichsmechanismus des § 45a des Personenbeförderungsgesetzes orientierte Verkehrsplanung soll eine Verkürzung der Schulwege ermöglichen.

Der ÖPNV-Plan empfiehlt den Landkreisen, in einer Schülerverkehrssatzung qualitative Standards für die Schülerbeförderung festzulegen und deren Anforderungen und finanzielle Untersetzung in die Nahverkehrspläne zu integrieren. Ein weiterer Aspekt ist die verstärkte Nutzung der Bahn, wenn es infolge der Umsetzung der Schulentwicklungsplanung zu Schulschließungen kommt.

Ich wollte mit meinen Ausführungen darstellen, dass sich die Koalitionsfraktionen sehr ernsthaft mit dieser Thematik beschäftigen, die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung aufmerksam begleiten und, wenn nötig, steuernd eingreifen.

Nach Vorlage des Berichts der Landesregierung freue ich mich auf die vertiefte Diskussion in den Fachausschüssen. - Ich bitte um Zustimmung zu dem Alternativantrag von CDU und SPD.

Dann kommen wir jetzt zum Beitrag der CDU-Fraktion. Es spricht Herr Schröder.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nichts zum Abgeben. Deswegen möchte ich doch die Gelegenheit nutzen, einige wenige Worte zu sagen.

Vielleicht ganz deutlich vorweg: Die jetzige Regelung im § 45a des Personenbeförderungsgesetzes wird zu Recht

kritisiert. Sie weist gravierende Mängel auf und ist in der Umsetzung viel zu kompliziert, was insbesondere die kleinen Verkehrsunternehmen in Sachsen-Anhalt mittlerweile schmerzlich spüren.

Auch die wachsende Kritik der Schüler und Eltern ist berechtigt. Schulstandorte schließen, Schuleinzugsbereiche werden vergrößert, oftmals sind Busse überfüllt und zu all dem Übel kommen nun noch die langen Schulwege durch die so genannten Schleifenfahrten.

Wir meinen deshalb - und ich spüre hierzu Konsens in diesem Haus -, dass der finanzielle Anreiz für hohe durchschnittliche Reiseweiten aufzuheben ist. Die tatsächlichen Rabattierungsverluste sind nicht nur leicht zu ermitteln, sie können auch, was verbilligte Fahrscheine betrifft, quantifiziert und ausgeglichen werden. Die darüber hinaus gezahlten Beträge, die jetzt anlaufen, können zur Aufstockung der Zuweisungen an die Aufgabenträger im Rahmen des jetzigen ÖPNV-Gesetzes genutzt werden.

Im aktuellen ÖPNV-Plan des Landes wird als Ersatz für die jetzige Regelung eine entsprechende Vereinbarung unter Einbeziehung der ÖPNV-Aufgabenträger vorgeschlagen.

Neben dieser Neuorganisation des Ausbildungsverkehrs im Rahmen von Pilotprojekten wurden auch im ÖPNVPlan des Landes eine Verlagerung von Schülerverkehr auf Bahnverbindungen - wohlgemerkt dort, wo es sinnvoll ist - sowie eine verbesserte Staffelung von Schulanfangs- und -endzeiten als weitere Handlungsansätze für eine bessere Qualität des Schülerverkehrs vorgeschlagen.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS legt den Finger in eine Wunde. Es ist jedoch eine Wunde, die bereits in Behandlung ist. Verwundert hat uns nicht, dass die Linkspartei.PDS ein berechtigtes Thema aufgreift, verwundert hat uns, dass sie das quasi in einem luftleeren Raum und bei völliger Ignorierung der Vorgaben des bereits existierenden ÖPNV-Planes macht.

Deshalb begründet sich für uns unser Alternativantrag, für den ich um Zustimmung bitte und der eine umfassende Diskussion in den Ausschüssen ermöglicht. Mit unserem Alternativantrag verhalten wir uns völlig geschäftsordnungskonform. Dieser, sehr geehrter Herr Heft, ist wahrlich nicht mit Perwoll gewaschen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schröder. - Nun hat zum Schluss noch einmal Herr Heft das Wort, wenn Sie es denn möchten. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sehr gern nehme ich die Gelegenheit zur Erwiderung wahr. Lassen Sie mich zuerst auf einen Punkt eingehen.

Meine Damen und Herren, Herr Minister Daehre, selbstverständlich kann es passieren, dass wir ein fiskalisches Problem bekommen. Dieses Problem bekommen wir aber losgelöst von unserem Antrag auch dann, wenn die Verkehrsunternehmen in diesem Land das von Ihnen im Jahr 2004 geänderte und im Jahr 2005 in Kraft getretene

ÖPNV-Gesetz in § 8, die Finanzierung betreffend, ernst nehmen.

Dort geht es um die leistungsgerechte Bezahlung von Nahverkehrsleistungen. Diese tragen wir mit. Sie müssen aber, wenn die Verkehrsunternehmen das tatsächlich umsetzen, damit rechnen, dass wir mehr Geld bereitstellen müssen. Das ergibt sich aus der Logik dieses § 8.

Natürlich ist die jetzige Regelung viel zu kompliziert. Dazu bieten wir Ihnen die Zusammenarbeit an, Herr Minister Daehre. Nicht umsonst hat der Bundesgesetzgeber § 45a im Sommer dieses Jahres novelliert.

Dabei geht es uns, Herr Wolpert, im Kern nicht darum, die Kassen der Kommunen zu entlasten.