der muss zwangsläufig die unterdrücken, die einen eigenen Lebensentwurf haben, die nicht angepasst sein wollen. Denn für die ist im Kommunismus kein Platz.
Meine Damen und Herren! Ich darf Sie als Gäste darauf aufmerksam machen, dass das Rederecht nur hier unten im Saal besteht und die Damen und Herren Gäste hier im Hause dort oben nur zuhören. Ich mache Sie darauf aufmerksam.
Für Ausbeuter darf übrigens auch in der Demokratie kein Platz sein. Nur versuchen wir das mit anderen Mitteln zu bekämpfen.
Viele von uns, nicht alle, aber viele von uns kennen ja noch die Vorstellung vom neuen Menschen. Das war eine zentrale Idee der DDR, die Erziehung eines neuen Menschen. Die Vorstellung dahinter ist, dass eine kommunistische Gesellschaft nicht mit den Menschen möglich war, die eben da waren. Das waren die falschen Menschen für den Kommunismus. Neue Menschen brauchte man.
Das ist - ich habe es schon einmal gesagt - der große Konstruktionsfehler an sich. Der Kommunismus verneint Pluralität, er verneint Toleranz, und vor allem verneint er den Menschen in seiner Unterschiedlichkeit.
Wer das nicht wahrhaben will und es trotzdem versucht, der wird am Ende oder auch am Anfang um Gewalt und Unterdrückung nicht herumkommen. Die Grundformel lautet - für mich jedenfalls -: Kommunismus ist immer gleich Diktatur. Das heißt, wer Kommunismus will, wird Terror nutzen müssen.
Wir wollen das nicht. Für uns Sozialdemokraten kommen Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit vor Ideologie, und das seit 150 Jahren.
Meine Damen und Herren! Kommunisten haben uns das als Sozialdemokraten übrigens auch immer spüren lassen. Es ist noch gar nicht so lange her, da galt sozialdemokratisch als Schimpfwort. Da hat der Satz „Sie hat eine sozialdemokratische Gesinnung“ in der DDR zu Nachteilen im Berufsleben geführt, wenn nicht gar zu Schlimmerem. Deshalb ist unsere Erfahrung als Sozialdemokratie mit dem, was sich als Vorstufe des Kommunismus begreift, eine sehr eigene.
Andere Parteien wurden gleichgeschaltet und hießen Blockparteien. Die Sozialdemokraten wurden abgeschafft.
Im Londoner Statut von 1945, das die Alliierten gemeinsam unterschrieben hatten und das die juristische Grundlage für die Anklagen in Nürnberg bildete, wird das Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie folgt definiert:
Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Akte gegen die Zivilbevölkerung oder Verfolgung aufgrund von rassistischen, politischen und religiösen Motiven.
Diese Definition hat auch heute noch Bestand. Danach hat sich der real existierende Kommunismus schuldig gemacht, millionenfach, in jedem Punkt. Die Bilanz spricht für sich. Es ist schon eine besondere Ironie der Geschichte, dass Stalin selbst Pate stand für eine internationale Gerichtsbarkeit über Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Was die Bilanz betrifft, will ich nur einige kurze Schlaglichter nennen. Entwurzelung, Zwangsarbeit und Hunger waren fester Bestandteil der kommunistischen Unterdrückungsdoktrin. Wer das Buch „Wie der Stahl gehärtet wurde“ mal richtig liest, der wird das auch herauslesen können.
Die Erschießung zehntausender Geiseln und Massaker an hunderttausenden revoltierenden Arbeitern und Bauern zwischen 1918 und 1922, die Liquidierung und Deportation der Donkosaken 1920, die Ermordung Zehntausender in den sowjetischen Konzentrationslagern zwischen 1918 und 1930, die Liquidierung von annähernd 690 000 Menschen während der großen Säuberung 1937/1938, die Deportation von zwei Millionen Kulaken von 1930 bis 1932, die Deportation hunderttausender Polen, Ukrainer, Balten, Moldawier, Bessarabier zwischen 1939 und 1945, die Deportation der Wolgadeutschen 1941, die Verbannung der Krimtataren 1943, die Verbannung der Tschetschenen 1944 und die Verbannung der Inguschen ebenfalls 1944.
Die Aufzählung ist natürlich lange nicht vollständig. Denn insgesamt - so muss man sagen - hat das als Archipel Gulag beschriebene System mehr als 20 Millionen Tote gefordert. Der Tod politischer Opponenten wurde nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern er wurde systematisch betrieben. Es gab nur zwei Alternativen: Tod im Gulag oder Heimkehr als gebrochener Mensch.
Die Beispiele aus Kambodscha und die Beispiele aus China will ich hier gar nicht aufzählen. Sie füllen zwei Seiten.
Aber ich will noch auf einen Punkt zu sprechen kommen. Das kommunistische Regime hat nicht nur Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, obwohl das die schlimmsten waren, sondern auch gegen Kultur und Identität.
Stalin ließ in Moskau zahlreiche Kirchen niederreißen. Ceausescu hat den historischen Stadtkern von Bukarest eingeebnet, um Platz für seine Brachialbauten zu haben.
Wenn wir nicht ganz so weit schauen wollen, wenn wir in Magdeburg bleiben, dann können wir feststellen, dass Walter Ulbricht nach 1945 acht Kirchen sprengen ließ, in der ganzen DDR waren es ca. 60. Auch das war ein Teil der kommunistischen Doktrin. Den Menschen sollte das Alte genommen werden, um sie auf das vermeintlich bessere Neue vorzubereiten.
nimmt ihnen die Würde, und wer ihr kulturelles Erbe mit Füßen tritt, nimmt ihnen den Mut. Aus einer Masse entwürdigter und mutloser Menschen wird eines mit Sicherheit nicht entstehen, nämlich eine bessere Gesellschaft. - Ich danke Ihnen.
(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und von der Regie- rungsbank)
Vielen Dank, Frau Budde, für den Beitrag der SPD-Fraktion. Es gibt zwei Fragen, zum einen vom Abgeordneten Herrn Höhn und zum anderen vom Abgeordneten Herrn Harms. Möchten Sie sie beantworten? - Ja. Herr Höhn, Sie haben das Wort. Bitte.
Frau Kollegin Budde, Sie haben am Anfang Ihrer Rede betont, dass es seit Jahrzehnten Konsens unter den demokratischen Parteien in der Bundesrepublik sei, das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft zu praktizieren. Ich würde Sie gern fragen, ob Sie wissen, wann der positive Bezug zur sozialen Marktwirtschaft in das SPD-Grundsatzprogramm Einzug gehalten hat.
Nein, Herr Höhn, ich habe nicht alle Grundsatzprogramme im Kopf. Da sind Sie vielleicht sogar sattelfester als ich.
Das mag sein. Aber ich glaube, dass gerade die Sozialdemokratie in der Bundesrepublik Deutschland die soziale Marktwirtschaft schon vorher über viele Jahrzehnte mit gestaltet hat, und zwar in Regierungs- und auch in Bundesregierungsverantwortung.
Frau Budde, der 65. Geburtstag des Vereinigungsparteitages steht ja bevor. Geht zu diesem Zeitpunkt dieses Wahrzeichen des Vereinigungsparteitages, die beiden Hände, in Rente oder wird es wiederbelebt werden?
Dieses Wahrzeichen ist im Osten Deutschlands - im Westen gab es das nie - mit der Neugründung der SDP zu Ende gegangen, Herr Harms.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Wolpert erhält jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Goethe lässt in seinem „Faust“ Gretchen den in seinem Wertegerüst taumelnden Heinrich Faust fragen: Wie hältst du es mit der Religion? - Das ist die berühmte Gretchenfrage.
In die heutige Zeit übersetzt wäre es eigentlich die Frage nach dem Wertekanon. Für welche Werte stehst du? Worauf lasse ich mich ein? - Meine Damen und Herren von der LINKEN, Sie taumeln in Ihren Werten.
Die Frage nach dem Kommunismus ist heute zu Ihrer Gretchenfrage geworden, ohne unser Zutun. Wir hatten ursprünglich vor, mit den beiden heutigen Anträgen vor der Landtagswahl ein Zeichen für Offenheit, für Toleranz und für die Werte der Demokratie zu setzen.
Für die FDP war es in diesem Zusammenhang nie ein Problem, in einem Antrag auf extremistische Bewegungen hinzuweisen. Wir haben uns aus Rücksicht auf Teile dieses Hauses damit einverstanden erklärt, dass wir in einem Teil dieses Antrages die Rechtsradikalen und in dem anderen Teil den Kommunismus benennen, damit zumindest ein Signal nach außen geht.
Schon durch die Zweiteilung dieses Antrags ist das Signal nicht mehr so stark, als wenn diese beiden extremistischen Formen in einem Antrag genannt worden wären.
Aber es geht uns eben immer darum zu sagen, die Demokratie ist das, worüber wir streiten wollen. Es geht uns nicht darum, über die Differenzierung unterschiedlicher Extremisten zu streiten. Die Demokratie und nicht die Differenzierung der Extremisten steht für uns im Mittelpunkt.