Sie kommen immer mit den gleichen Argumenten, die auch bei Wiederholung nicht richtiger werden. Im Bund, wie man gerade gehört hat, ist man da vielleicht schon etwas weiter. Ich wiederhole die Aussage von Herrn Röttgen: Gerade durch die erneuerbaren Energien entstehen Gewinnmargen. - Ich wiederhole: Gewinnmargen.
Aber Sie verfahren bei diesem Thema wie bei allen anderen Themen: Wirtschaftlich ist nur das, was sich für das Unternehmen lohnt - das ist richtig -, und zwar egal auf wessen Kosten:
beim Thema Arbeit zulasten der Arbeitnehmer, beim Thema Energie zulasten des Klimas, des Umweltschutzes und der Gesundheit.
Ökonomie und Ökologie sind in der Vergangenheit zu lange als Gegensätze gedacht worden. Dabei ist es gerade umgekehrt. Ökologie und Ökonomie gehören zusammen; auch das bestätigte der Bundesumweltminister in Cancun aufs Neue. Gerade hier in Sachsen-Anhalt ist das eine Einheit.
Welche Energiepolitik wollen wir? Energiepolitik für die Zukunft muss für uns heißen - das ist, denke ich, bei allen so -: Energiepolitik muss erstens Versorgungssicherheit bieten, Energiepolitik muss zweitens umweltverträglich sein, Energiepolitik muss drittens natürlich auch wirtschaftlich und sozial verträglich sein.
Zu der Versorgungssicherheit: Die Endlichkeit von Vorkommen fossiler Rohstoffe und auch von Uran ist bekannt, und die weltweiten Konflikte um diese Rohstoffe leugnet niemand, ich glaube, auch hier im Saal nicht. Versorgungssicherheit beginnt also beim Rohstoff. Daher setzen wir auf einheimische Rohstoffe und vor allem auf jene, die immer wieder verfügbar sind, bekannt unter dem Namen „erneuerbar“, wobei das wissenschaftlich nicht ganz korrekt ist.
Deutschland ist zurzeit zu 70 % abhängig von Rohstoffimporten, teilweise aus instabilen Regionen. Die globale Energienachfrage und der Energiepreis steigen kontinuierlich. Diese Faktoren sind ein beträchtliches wirtschaftliches Risiko. Die Umstellung auf 100 % erneuerbare Energien ist möglich. Sie war bis vor Kurzem ein Traum so mancher visionärer Vorstellungen, wird aber
mittlerweile von vielen Experten anerkannt und als ein realistisches Ziel eingeschätzt, unter anderem in der Studie des Sachverständigenrates beim Bundesumweltministerium vom Mai 2010.
Ein zukunftstaugliches Energiemodell muss also entschlossen auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen. Nur so ist es möglich, sich langfristig von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu lösen. Welcher wirtschaftliche Nutzen durch die Ansiedlung von Betrieben, Entwicklungen der Wissenschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen auch gerade auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts erzielt wurde, muss ich an dieser Stelle nicht wiederholen; das ist bestimmt überall bekannt.
Zu der Umweltverträglichkeit: Die Energieerzeugung und -nutzung ist gegenwärtig nicht umweltverträglich. Wir verbrauchen heutzutage immer noch viel zu viel Strom, Brennstoffe und Kraftstoffe. Für die Energieversorgung werden Energieträger eingesetzt, die unsere Umwelt und das Klima viel zu stark belasten.
Der weitaus größte Teil aller Treibhausemissionen entsteht bei der Nutzung und Umwandlung von Energie. Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz haben nicht nur einen Nutzen für das Klima und die Umwelt, sie haben auch Auswirkungen auf die Beschäftigung. Investitionsmaßnahmen in die Verminderung von Emissionen stärken langfristig den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt.
Zu dem Thema Wirtschaftlichkeit und soziale Verträglichkeit: Es ist unzweifelhaft, dass dem Verbraucherpreis für Energie eine wichtige ökonomische Rolle zukommt. Jeder Stromverbraucher, egal ob im Privathaushalt oder in einem Wirtschaftsunternehmen, zahlt über seine Stromrechnung die Aufwendungen, die bei der Produktion von Strom entstehen. In Industrie, Gewerbe und Dienstleistungen beeinflussen sie die Höhe der Produktionskosten; das ist unstrittig.
Doch man muss sich auch einmal genau anschauen, wie sich der Strompreis zusammensetzt. Der Endverbraucher, also der Privathaushalt oder das Unternehmen, bezieht seinen Strom nach Tarifkunden- und Großkundenpreisen vom Stromversorger seiner Wahl. Schon dabei gibt es erhebliche Unterschiede.
Zirka 29 % des Strompreises entstehen durch die Erzeugung. Die so genannten Beschaffungskosten haben sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Dort entstehen große Schwankungen, Belastungen, aber auch Entlastungen. Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal an die Aussage des Bundesumweltministers.
Nur ca. 6 % entfallen auf die Förderung erneuerbarer Energien. Die Umlage für die Kraft-Wärme-Kopplung liegt bei 1 % und die Umlage für die Förderung erneuerbarer Energien liegt bei 5 %.
Dass bei manchen Berechnungen der Anteil höher ausfällt, liegt an der Bezugsgröße. Die Umlage ist ein fester Cent-Betrag. Der Gesamtbetrag der Stromkosten steigt und sinkt und demzufolge auch der prozentuale Anteil.
So einfach kann man sich diese Rechnung nicht machen. Auch wenn die EEG-Umlage um einige Cent steigt, macht sie dennoch nur einen Bruchteil des Strompreises aus.
Ich möchte noch auf die Netzausbaukosten eingehen, Herr Franke. Ich stimme Ihnen zu, dass diese Umlage deutschlandweit umgelegt werden sollte. Darin sind wir uns einig. Die politische Intention ist vom Minister noch einmal bestätigt worden.
Auch in der Vergangenheit sind aber schon Netzentgelte gezahlt worden. Diejenigen, die die Netzentgelte eingenommen haben, hätten schon seit Längerem und intensiver in den Netzausbau investieren können. Dort sind ebenfalls Reserven vorhanden.
Hinter der Energieerzeugung aus Kohle, Atom und Gas verbergen sich weitere externe Kosten, die nicht in den Strompreis einfließen, aber die Gesamtwirtschaft und den Staatshaushalt belasten. Durch Eingriffe in das ÖkoSystem, wie den Abbau, die Förderung und den Transport von Kohle, Gas und Öl, entstehen weitere Kosten für die Gesellschaft. Hinzu kommen noch die Kosten für die Sicherheit und den Transport radioaktiver Brennelemente für die Atomenergie, wie wir zuletzt sehen konnten. Folgekosten entstehen auch durch nicht planbare Zwischenfälle, die umweltpolitische Auswirkungen haben.
Nach wie vor - mehr als zehn Jahre nach der Liberalisierung des Strommarkes - sind rund 80 % der Stromproduktion in der Hand von vier großen Energiekonzernen. Der hier fehlende echte Wettbewerb bedeutet unnötige hohe Strompreise sowohl für den privaten als auch für den industriellen Verbraucher.
Die Behauptung, dass die erneuerbaren Energien Preistreiber seien, ist falsch und soll von den eigentlichen Ursachen ablenken. Richtig ist, dass die Preise der fossilen Energien in den letzten sechs Jahren um 30 % gestiegen sind, dagegen die Vergütung für erneuerbare Energien Schritt für Schritt sinkt.
Wir brauchen eine ehrliche Preisdiskussion. Zu einer ehrlichen Preisdiskussion gehört auch - dazu möchte ich Ihren Vergleich von Oschersleben und Helmstedt anführen - Folgendes: Schon im Jahr 1990 mit der Einführung der Märkte gab es diese Unterschiede von drei und vier Pfennig an der Grenze zwischen Helmstedt und Oschersleben. Diese waren nicht durch die jetzt angeführten Kosten - EEG, Netzausbaukosten oder sonstige Umlagen - begründet.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist eine Anschubfinanzierung für die Energie der Zukunft. Die Atomenergie ist in den letzten Jahren vom Steuerzahler mit vielen Milliarden Euro gefördert worden. Auch dieses sollte in die Rechnung einbezogen werden.
Ich möchte deshalb zum Schluss meines Plädoyers für die erneuerbaren Energien den Hinweis geben - und Sie, Herr Franke, wieder mit ins Boot nehmen -, dass auch Sie, Herr Franke, von dem EEG persönlich profitieren, indem Sie selbst eine 30-kW-Solaranlage auf Ihrem heimischen Dach haben - ein lobenswertes Vorbild. - Danke.
Vielen Dank, Frau Schindler. Bleiben Sie bitte am Rednerpult stehen. Es gibt zwei Nachfragen, zum einen von Herrn Schulz und zum anderen von Herrn Franke. Wollen Sie diese beantworten?
Frau Schindler, ich wollte mich eigentlich erst bei der nachfolgenden Rednerin, Frau Hunger, zu Wort melden. Aber Ihre Rede hat mich doch ziemlich provoziert, sodass ich einige Fragen an Sie richten möchte.
Sie sagen, erneuerbare Energien führen nicht zu Preissteigerungen. Wissen Sie, wie hoch derzeit der Anteil der EEG-Umlage an den Stromkosten eines Durchschnittshaushaltes ist? - Es sind 85 €. Wissen Sie, auf wie viel Euro der Anteil im nächsten Jahr steigen wird? - Auf 145 €. Und da wollen Sie mir erzählen, die EEGUmlage trage nicht zu den Stromkostensteigerungen bei, wie wir sie heute erleben?
Ferner haben Sie gesagt: Eine vollständige Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien sei möglich. Wissen Sie, was in Deutschland passieren würde, wenn wir dies in Deutschland flächendeckend erreichen? - Die Erzeugerpreise für Energie würden von 6,5 Cent auf 23,5 Cent je Kilowattstunde steigen. Die rot-grüne Klimapolitik verteuert unsere Strompreise, sodass es die Bürgerinnen und Bürger letztlich nicht mehr bezahlen können.