Protocol of the Session on December 9, 2010

worden, dass 90 % der Betriebe nur ein Drittel, also deutlich weniger als bisher, bzw. eine Gebühr, in aller Regel weniger als bisher, zahlen würden. Bisher mussten sie für jedes Gerät voll zahlen. Da kamen dann erheblich größere Dimensionen zustande. Dass bei den Fahrzeugen pro Niederlassung auch bei dem gegenwärtigen Stand der Diskussion schon ein Fahrzeug freigestellt war, führt zu einer Aufkommensminderung von annähernd 70 Millionen €, also zu einer Entlastung der Wirtschaft in dieser Höhe.

Nichtsdestotrotz: Die systematischen Bedenken gegen die Einbeziehung der Firmenfahrzeuge haben natürlich Gewicht. Wir müssen sehen, wie wir eine Lösung dafür finden.

Ich denke, das sind beim gegenwärtigen Stand der Beratungen die wichtigsten Punkte. Ich hoffe sehr, dass wir in der Rundfunkkommission so weit kommen, dass die Ministerpräsidenten wie geplant am 15. Dezember den Staatsvertrag unterschreiben können.

Mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr - nicht nur bei uns; es sind insgesamt sieben Parlamente, die im nächsten Jahr neu gewählt werden - und die Anlaufphasen, die dann jedes Mal zu bewältigen sind, bis die Handlungsfähigkeit des jeweiligen Landtages wiederhergestellt ist, müssen wir das eigentliche Ratifikationsverfahren, in dem wir das abermals diskutieren werden, möglichst bald einleiten. Denn eines ist sicher: Die Umstellung muss zum 1. Januar 2012 wirksam werden. Wir müssen insofern den Diskussionsprozess im Jahr 2011 abzuschließen. Auch die GEZ muss ihre Vorarbeiten leisten.

Insofern - ich verbinde dies abermals mit einem Dank für die sorgfältige Diskussion schon in diesem Stadium des Verfahrens, die uns in künftigen Stadien des Verfahrens die Arbeit erleichtern dürfte - hoffe ich mit Ihnen darauf, dass wir im Länderkreis - alle 16 Bundesländer müssen am Ende unter einen Hut gebracht werden - eine Lösung finden, die der Bedeutung der Aufgabe, aber natürlich auch den Belastungsgrenzen in den Privathaushalten wie bei der Wirtschaft gerecht wird. - Schönen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Robra. - Wir treten in die Debatte ein. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Gebhardt von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor vielen Jahren angekündigt, liegt er nun vor, der neue Entwurf eines Staatsvertrages, der die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab dem Jahr 2013 neu regeln soll. Und wie das bei Rundfunkstaatsverträgen, die zwischen Ministerpräsidenten ausgehandelt werden, nun einmal so ist: Es sollen sich möglichst alle Seiten darin wiederfinden; keiner darf zu stark belastet werden. Auch soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk ausfinanziert werden, sodass er seinen Programmauftrag erfüllen kann, und verfassungsmäßig sauber soll alles sein und EUkompatibel auch. - Dies alles geht insgesamt wahrscheinlich nur mit einem Kompromiss. Und Kompromisse sind in den seltensten Fällen ein großer Wurf.

Der größte Umbruch in der Rundfunkfinanzierung findet mit Sicherheit dahin gehend statt, dass ab dem Jahr 2013 ein geräteunabhängiger Beitrag statt einer geräteunabhängigen Gebühr fällig sein soll. In diesem Zusammenhang soll auch die Unterteilung in Radio- bzw. Grundgebühr auf der einen Seite und Fernseh- bzw. Vollgebühr auf der anderen Seite wegfallen.

Diese grundsätzliche Entscheidung kann von uns begrüßt werden; denn sie ist in sich logisch und sie entspricht vor allem der technischen Entwicklung und der Mediennutzung. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklung von Rundfunkempfangsgeräten nicht mehr dem Stand entspricht, wie er vor 60 Jahren üblich war, und dass wir mittlerweile einen immer höheren Grad an Medienkonvergenz zu verzeichnen haben.

Man kann heutzutage bereits mit dem PC, dem Laptop, dem Handy, dem Smartphone oder dem iPad sowohl Radio- als auch Fernsehinhalte empfangen, obwohl diese Geräte keine klassischen Rundfunkempfangsgeräte sind. Sie wurden originär nicht dafür entwickelt, Rundfunk zu empfangen; sie können dies aber ohne Zweifel tun.

Meine Damen und Herren! Man kann davon ausgehen, dass heutzutage jedermann technisch dazu in der Lage ist, mit irgendeinem Gerät Rundfunk zu empfangen, und dies zum großen Teil mittlerweile sogar zeit- und ortsunabhängig. Uns allen dürfte dabei klar sein, dass die technische Entwicklung längst noch nicht abgeschlossen ist, sondern weiter rasant voranschreiten wird. Insofern betrachten wir es als konsequent, von der bisherigen Gebührenlogik künftig auf eine Beitragslogik umzusteigen.

Eine Gebühr bezahlt man, wenn man eine bestimmte Leistung konkret entgegennimmt. Im Gegensatz dazu wird ein Beitrag dann entrichtet, wenn eine konkrete Leistung zur Verfügung gestellt wird, die ich jederzeit nutzen kann. Dieses Grundanliegen wird von der Linksfraktion geteilt, da es aus unserer Sicht eine Voraussetzung dafür ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch künftig eine solidarische Finanzierung erhält, die gewährleistet, dass er seinen gesetzlichen Auftrag erfüllen kann, und weil dadurch, dass die Geräteabhängigkeit ein Ende hat, ganz nebenbei auch mit der Schnüffelei der GEZ Schluss sein sollte. Niemanden hat mehr zu interessieren, ob jemand ein Rundfunkempfangsgerät, ob jemand einen Fernseher oder ein Radio besitzt. Die GEZ kann dann in eine, wie es im Staatsvertrag heißt, Rundfunkservicestelle umgewandelt werden.

Meine Damen und Herren! Offen ist aber die Frage, wen oder was ich bei der Finanzierung als Bemessungsgrundlage heranziehe. Bisher war dadurch, dass es geräteabhängig war - das ist logisch -, das Empfangsgerät der Bezug, aufgrund dessen man Rundfunkgebühr bezahlt hat. Bei der künftigen Bezugsgröße für einen geräteunabhängigen Beitrag gibt es zwei Möglichkeiten: entweder ist es die Person oder es ist der Haushalt bzw. die Betriebsstätte. DIE LINKE - das möchte ich hier klar und deutlich sagen - hätte einer personenbezogenen Beitragserhebung eindeutig den Vorrang vor einer Haushaltsgebühr gegeben.

(Zustimmung bei der FDP)

Die Haushaltsgebühr, auf die sich die Ministerpräsidenten verständigt haben, ist aus unserer Sicht problematisch. Sie ist deshalb problematisch, weil Doppelzahlun

gen von Personen hierbei nicht ausgeschlossen werden können. Das bringt das System einer Haushaltsabgabe automatisch mit sich.

Lassen Sie mich dies, was wir als Ungerechtigkeit empfinden und auch so bezeichnen, an zwei Beispielen deutlich machen. Wir haben auf der einen Seite einen Vierpersonenhaushalt, vielleicht sogar eine Wohngemeinschaft mit vier erwachsenen, voll verdienenden Bewohnern. Jeder Bewohner besitzt für sich Fernseher, Radio, Handy, PC. Dieser Vierpersonenhaushalt muss nur einmal den vollen Rundfunkbeitrag leisten. Unter dem Strich zahlt dann jeder der Bewohner ein Viertel.

Auf der anderen Seite haben wir einen Singlehaushalt. Die betreffende Person besitzt Rundfunksempfangsgeräte an ihrem Hauptwohnsitz. Sie hat aber aus beruflichen Gründen vielleicht noch einen Zweitwohnsitz in einer anderen Stadt, vielleicht hat sie auch noch ein Wochenendgrundstück und vielleicht ist sie auch Geschäftsführer einer Firma und demzufolge Besitzer einer Betriebsstätte und damit auch Besitzer von ausschließlich dienstlich und nicht privat genutzten Kfz.

Während in dem von mir beschriebenen Vierpersonenhaushalt jede Person nur ein Viertel des Rundfunkbeitrags zahlt, zahlt die Person im Singlehaushalt jeweils einen vollen Beitrag für den Hauptwohnsitz, für den Nebenwohnsitz, für das Wochenendgrundstück und für die Betriebsstätte anteilig nach der Mitarbeiterzahl.

Meine Damen und Herren! Hieran wird das Gerechtigkeitsdefizit aus meiner Sicht deutlich sichtbar. Wir hätten, wie gesagt, schon allein aufgrund dieser Ungerechtigkeiten der Personenabgabe den Vorrang gegenüber der Haushaltsabgabe gegeben. Denn der Nutzer von Rundfunk ist automatisch immer die Person und nicht der Haushalt oder die Betriebsstätte. Die Person hat Sinnesorgane, Augen und Ohren, sie kann damit einmal hören und einmal sehen, und es wäre aus unserer Sicht nur logisch, wenn sie auch nur einmal bezahlen müsste.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wie bereits gesagt, haben sich die Ministerpräsidenten auf die Haushaltsabgabe verständigt und haben ein Modell dafür vorgelegt, wie die künftige Beitragsfinanzierung funktionieren soll. Während der Anhörung im Fachausschuss wurde jedoch insbesondere von den Vertretern des Handwerks und den Vertretern kleiner und mittelständischer Betriebe Kritik an der Ausgestaltung der Beitragspflichten für Betriebsstätten geäußert. Hauptkritikpunkte waren zum einen die Tatsache, dass man Rundfunkbeiträge nach der Anzahl von Beschäftigten zu entrichten haben soll, und zum anderen, dass zusätzlich die dienstlich genutzten Kraftfahrzeuge als Bemessungsgrundlage herangezogen werden sollen.

Diese Regelung soll nun mit dem vorliegenden Antrag beseitigt werden. Begründet wird dies in dem Antrag damit, dass die angestrebte Geräteunabhängigkeit nicht mehr gewährleistet sei. Meine Damen und Herren! Das Anliegen teilen wir, die Begründung jedoch nicht.

(Frau Budde, SPD: Das reicht doch!)

Denn auch die Rundfunkbeitragspflicht für Kfz würde vollkommen geräteunabhängig erfolgen, da es keine Rolle spielt, ob sich in dem betreffenden Fahrzeug, das gebührenpflichtig ist, auch ein Rundfunkempfangsgerät befindet. Egal, ob das Kfz über ein Radio verfügt oder

nicht - das Kfz wäre rundfunkbeitragspflichtig. Insofern wird der künftige Beitrag natürlich geräteunabhängig erhoben.

(Herr Felke, SPD: Das ist trotzdem ein System- bruch!)

Wie will man das logisch rechtfertigen? Warum soll man für ein Kfz, das man dienstlich nutzt, einen Rundfunkbeitrag entrichten? Mit welcher logischen Begründung soll das geschehen? Weil es vier Räder hat? Weil es ein Lenkrad hat? Weil es ein Nummernschild trägt? Mir konnte man bisher keinen logischen Grund hierfür nennen. Wie sähe es denn mit anderen Fahrzeugen aus?

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Mit Traktoren, Gabelstaplern, Mähdreschern? Dann müsste man mit der gleichen Logik auch hierfür eine Beitragspflicht einführen.

Oder anders ausgedrückt, wie ein Vertreter bei der Anhörung im Ausschuss gesagt hat - ich zitiere -:

„Nach der gleichen Logik, mit der man Dienstkraftfahrzeuge zur Rundfunkfinanzierung heranzieht, müsste man auch die Gummistiefel von Landwirten rundfunkfinanzierungspflichtig machen.“

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Mit solchen unlogischen Bemessungsgrundlagen erreicht man ein erklärtes Ziel der Umgestaltung der Rundfunkfinanzierung nicht, nämlich das große Ziel, die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei den Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahlern zu erhöhen.

Insofern halten wir diesen Antrag für gerechtfertigt. Wir werden ihn deshalb nicht ablehnen. Ein Teil meiner Fraktion wird ihm zustimmen. Ein anderer Teil wird sich der Stimme enthalten, und zwar deshalb, weil wir grundsätzlich eine andere Bemessungsgrundlage favorisieren würden.

Aber, meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird ja erst in der nächsten Legislaturperiode in den Landtag eingebracht werden. Ohne einer Debatte vorgreifen zu wollen: Die Wahlen liegen noch vor uns. Die Abstimmung hier dürfte dann noch einmal spannend werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der LINKEN - Hei- terkeit bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Gebhardt, für Ihren Beitrag. Es gibt zwei Fragen, von dem Abgeordneten Herrn Scharf und von dem Abgeordneten Herrn Graner. Wollen Sie die Fragen beantworten?

Ja, gern.

Herr Scharf, Sie haben das Wort.

Herr Gebhardt, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie mit Ihrem Vorschlag der personengebundenen Abgabe

die gesamte Wirtschaft freistellen und - weil Sie am Programmauftrag wahrscheinlich auch keine Abstriche machen wollen - dieses Defizit dann auf die natürlichen Personen umlegen wollen?

(Herr Stahlknecht, CDU: Die Frage ist gut!)

Nein, Sie haben mich falsch verstanden.

Dann erläutern Sie das noch einmal!

Wie viel Sendezeit haben wir, hätte ich an dieser Stelle fast gefragt. Das ist natürlich ein sehr kompliziertes System. Wir hätten eine personenbezogene Abgabe vorgeschlagen, die allerdings einkommensabhängig gestaltet ist.

(Zustimmung bei der LINKEN - Ah! bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Jetzt kommen wir der Sache näher!)

- Ja, weil das Gerechtigkeitsdefizit dabei am geringsten ist.

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist doch klar! - Herr Gürth, CDU: Für das eigene Ohr!)

Überall, wo man Beiträge kassiert, orientiert man sich am Einkommen der jeweiligen Person.