Protocol of the Session on November 11, 2010

Auch die Endlagerung atomarer Abfälle ist in höchstem Maße ein Umweltproblem. Eine Laufzeitverlängerung wird dieses Problem nur verschärfen.

Ich will jedoch einräumen - Herr Minister Aeikens hat das vorhin angesprochen -, dass man nicht so ohne Weiteres schwarz-weiß malen und sagen kann: Alles, was in der Vergangenheit war, ist schlecht und alles Regenerative ist gut. Nein! Sie haben es angesprochen. Gerade im Bereich der Biomassenutzung wird der Maisanbau zunehmend zu einem Problem für die Biodiversität und für die Bodenfruchtbarkeit. Wir haben morgen dazu noch einen Antrag zu besprechen.

Wir müssen in diesem Zusammenhang aber darauf aufpassen - einige haben vielleicht den kürzlich im „Spiegel“ erschienenen Artikel gelesen; andere haben es vielleicht auch im Fernsehen gesehen -, dass die landwirtschaftlichen Nutzflächen im Besitz unserer heimischen Landwirte bleiben und nicht an Großkonzerne übergehen wie zum Beispiel Rethmann oder Fielmann, die dort benannt waren. Brillen kann man nicht anbauen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Boden gehört in die Hand der Landwirte und nirgendwo anders hin.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss noch erwähnen, dass die Tatsache, dass Versorgung - -

(Herr Wolpert, FDP: Besitz darf man doch ha- ben!)

- Ja. Wir können es doch im Wahlkampf ausdiskutieren, wenn Sie das klasse finden. Ich sagte es doch gerade schon. Herr Wolpert, ich sollte vorhin in die Wahlkampfveranstaltung kommen. Sie haben es doch selbst gehört. Ich möchte sehen, wie Sie Brillen anbauen wollen.

(Herr Wolpert, FDP: Sie drücken sich um die Verantwortung!)

- Sie übernehmen erst gar keine.

Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Sache erwähnen, nämlich die Tatsache, dass Versorgungssysteme, welche letztlich dem Schutz des Menschen und der Umwelt dienen, nicht dazu geeignet sind, privatisiert zu werden. Ich denke zum Beispiel an die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung. Hierbei geht es um öffentliche Umweltgüter, deren Bereitstellung eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist und die unseres besonderen Schutzes bedürfen. Wir halten diesen besonderen Schutz für nicht vereinbar mit wirtschaftlichen Einzelinteressen.

Ich möchte abschließend sagen: Die SPD hat sich in dieser Regierungskoalition immer als verlässlicher Partner erwiesen, wenn es um die Verbesserung des Umwelt- und des Naturschutzes sowie um die Förderung des Umweltbewusstseins und der Umweltbildung ging. Oft genug - Herr Dr. Aeikens, das muss ich an dieser Stelle noch loswerden - waren wir auch der Motor, damit das, was das Ministerium gut vorbereitet hatte, noch besser wurde. Oft waren wir die treibende Kraft, wenn es um bestimmte Dinge in den Gesetzen oder - ich habe es vorhin schon erwähnt - um die Erstellung des Erlasses für die großen Tiermastanlagen ging.

Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir auch in Zukunft, so denke ich, gemeinsam noch einige Erfolge haben wer

den. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass wir weiterhin der treibende Motor und die treibende Kraft bleiben werden. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank dem Abgeordneten Herrn Bergmann für den Beitrag. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Herr Lüderitz erhält das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich komme nicht umhin vorauszuschicken, dass ich hin und her überlegt habe, was Sie, Herr Minister Dr. Aeikens, mit der Überschrift zu Ihrer Regierungserklärung wohl zum Ausdruck bringen wollten. Ich muss gestehen, dass ich leicht irritiert war. Geht es jetzt darum, die Umwelt unserer Heimat, wie Sie sich ausdrücken, vor dem Rest der Welt zu schützen?

(Heiterkeit bei der LINKEN und bei der FDP)

Wie auch immer. Die Thematisierung Ihrer Regierungserklärung hat nicht nur, wie wir gehört haben, bei mir Verwunderung ausgelöst.

Natürlich sind wir immer gut beraten - das sollte auch selbstverständlich sein -, wenn wir in puncto Umweltschutz auf nationaler Ebene alles das tun, was wir können und was wir unbedingt auch tun müssen. Aber wir sollten dabei nie die globale Sichtweise verlieren, national zu handeln und global zu denken.

Die Aufgabe, die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten zu erhalten, ist eben eine globale Herausforderung, die eng verbunden ist mit dem Kampf um den Klimaschutz und den Erhalt der Artenvielfalt auf dieser unserer Erde.

In diesem Zusammenhang hat die Welt in den letzten Tagen gespannt auf die Konferenz in Nagoya geschaut. Dass sich dort mehr als 190 Staaten getroffen und zur Frage der Biodiversität verständigt haben, mag durchaus Ausdruck dessen sein, dass man sich um dieses brennende Thema einfach nicht mehr herummogeln kann. Vielleicht ist Nagoya nicht gänzlich zu einem Flop geworden. Doch einen wirklichen Durchbruch habe ich auch dort nicht erkennen können.

Insider berichten darüber, dass die Konferenz eher wieder einem Kampf um die Verteilung der Ressourcen glich als einem wirklichen Kampf um den Artenschutz. Berichte von dort spiegelten jedenfalls wider, dass das Bemühen um einen strategischen Plan für den Erhalt von Tier- und Pflanzenarten mit den Zielstellungen bis zum Jahr 2020 eher im Schatten anderer Auseinandersetzungen stand.

Wenn zum Beispiel laut Konferenzergebnis in den nächsten zehn Jahren rund 17 % der Landfläche und 10 % der Meeresfläche zum Schutz der Artenvielfalt unter Schutz gestellt werden sollten - das, Kollege Bergmann, haben wir in Sachsen-Anhalt noch lange nicht erreicht; wir haben ganze 11 % -, dann mag das zwar ein Ergebnis sein, auf das man sich geeinigt hat. Zu bedenken bleibt aber, dass 83 % der Landfläche und 90 % der Meeresfläche eben nicht unter Schutz stehen und nach wie vor der Biopiraterie der reichen Industrieländer ausgesetzt sind.

Unter Beachtung all dieser Zusammenhänge wird man schnell wieder auf den Boden der Realität zurückgeholt und überlegt hin und hin - ich jedenfalls -, was wohl einen Umweltminister bewegt, der eine Regierungserklärung mit der Überschrift „Die Umwelt unserer Heimat schützen“ hält.

Damit komme ich zur eigentlichen Regierungserklärung. Sie haben sich dem Thema der Umweltpolitik in Sachsen-Anhalt fast ausschließlich aus der Sicht Ihres Ministeriums genähert. Der Begriff der Nachhaltigkeit beschränkte sich in Ihren Ausführungen nur auf die Forstwirtschaft.

An dieser Stelle haben wir als LINKE eine andere Herangehensweise. Wir stehen für eine komplexe Landespolitik im Sinne der Nachhaltigkeit. Diese besteht bekanntermaßen aus einem gleichseitigen Dreieck von sozialer, ökonomischer und ökologischer Herangehensweise sowie Umsetzung in konkrete Politik.

An dieser Stelle beginnt auch die Krux der Landespolitik, der jetzigen Regierung und der Koalition. Wir haben eine lange Gerade von ökonomischen und politischen Vorgaben und an den entfernten Enden jeweils zwei marginale Stummel sozialer und ökologischer Vorgaben. Wie daraus eine nachhaltige Politik zu entwickeln ist oder ein gleichseitiges Dreieck entstehen soll, das kann weder meine Fraktion nachvollziehen, noch können es Außenstehende.

Wenn man im Internet dazu stöbert, findet man schnell die Seiten eines Lexikons der Nachhaltigkeit des Aachener Instituts Kathy Beys, eines vom Bundesumweltministerium und der Bundesumweltstiftung geförderten Instituts, also weder linkslastig noch einem Umweltverband zugehörig. Dort können wir unter der Rubrik „Land Sachsen-Anhalt“ nachlesen:

„Schwerpunkte der Regierungsarbeit sind für die Jahre 2006 bis 2011 vor allem die Konsolidierung des Haushalts mit Rückführung der Neuverschuldung auf null, Schaffung einer Wachstums- und Innovationspolitik, verstärkter Einsatz von regenerativen Energien“

- ein Umweltaspekt -

„und die Berücksichtigung demografischer Aspekte.“

Die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden nur im Zusammenhang mit dem Energiekonzept erwähnt.

Es heißt weiter: Bei der mittelfristigen Regierungsplanung aus dem Jahr 2008 werden als Vorhaben die Senkung der Arbeitslosigkeit, gute Rahmenbedingungen für Investoren und Verbesserungen in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit, Familie und Bildung angekündigt.

Also auch hierbei werden keine Schwerpunkte des Regierungshandelns auf den Umweltschutz gelegt, sodass das Institut dann auch kritisiert:

„Ein verbindlicher, übergreifender Plan für Nachhaltigkeit in Sachsen-Anhalt (Umweltplan) liegt bislang nicht vor.“

Diese Außensicht spricht meines Erachtens für sich und macht die Diskrepanz in Sachsen-Anhalt mehr als deutlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, genau deshalb muss ich Ihnen widersprechen. Umweltpolitik ist kein Kernanliegen dieser Landesregierung. Wirtschafts- und Umweltpolitik gehen in Sachsen-Anhalt gegenwärtig nicht zusammen. Ich werde das in meinem Redebeitrag an einigen ausgewählten Beispielen noch deutlich machen.

Bereits im September 2006 habe ich in diesem Haus die Bildung eines Nachhaltigkeitsbeirates eingefordert. Dies wurde durch die Koalition abgelehnt. Noch heute werden weder Entscheidungen des Landtages noch Entscheidungen der Landesregierung einer konkreten Nachhaltigkeitsprüfung unterzogen, schon gar nicht, was die Nachhaltigkeit betrifft, infrage gestellt. Das lässt sich an vielen Beispielen verdeutlichen.

Sie, Herr Minister Dr. Aeikens, haben zu Recht den Lödderitzer Forst und die Deichrückverlegung als beispielgebend und positiv genannt. Das ist auch unsere Sicht auf diese Maßnahme. Aber wie passen dazu die Forderungen aus dem Hause Daehre hinsichtlich des Elbeausbaus und des Saalekanals?

Herr Minister, Sie haben den schönen Satz gesagt:

„Es gilt, die Weichen richtig zu stellen, um den Flächenverbrauch im Siedlungs- und Verkehrsbereich deutlich zu reduzieren.“

Darin stimme ich 1 : 1 mit Ihnen überein. Aber dann sollten Sie auch deutlich machen, wie dies landespolitisch umzusetzen ist und wie so manche planerische Entscheidung korrigiert werden könnte und eigentlich auch müsste.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie verteidigen sogar noch den Beschluss der Landesregierung vom November 2008 - Kollege Kley ist darauf bereits eingegangen - zur Neuausweisung von möglichen Industriestandorten, und dies, ohne auf Altstandorte zurückzugreifen.

Dieses Herangehen in Sachsen-Anhalt, hochproduktive Ackerflächen für Industriegebiete zu opfern, und das oftmals bei geringer Wertschöpfungs- und Fertigungstiefe, hat mit nachhaltiger Politik überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle die Rolle der Landesanstalt für Altlasten loben. Die einzige Landesanstalt dieser Art in der Bundesrepublik Deutschland - sie ist übrigens ein Kind aus „Tolerierungszeiten“ - leistet in Sachsen-Anhalt eine wertvolle und unverzichtbare Arbeit, nicht nur wegen der jährlich umgesetzten Mittel in Höhe von 70 Millionen €, nicht nur an alten Industriestandorten, sondern auch für andere fachlich offenbar überforderte Landesbehörden.

Ich denke dabei nur an Vehlitz und Möckern - nicht wahr, Herr Haseloff -; denn dort wird allzu deutlich, dass das Landesbergamt mit der Begleitung des Problems offensichtlich völlig überfordert war und ist. Auch darauf ist der Kollege Kley schon intensiv eingegangen.