Protocol of the Session on October 19, 2006

Die Landesregierung versucht mit dem jetzt vorliegenden Entwurf, mögliche Ausschläge zuungunsten der vermögenderen Kommunen abzumildern. Wenn man in dem Duktus von 2004 bleiben wollte, dann könnte man das Ganze jetzt als sozialdemokratischen Umlagefaktor bezeichnen. Wichtig ist, dass die Regelung sicherstellt, dass eine Gemeinde, die leistungsverpflichtet ist, nicht ihre Mindestfinanzausstattung verliert oder dass die abgeschöpfte Gemeinde nicht gleich hohe oder gar weniger Finanzmittel behält, als eine andere, durch den Finanzausgleich begünstigte Gemeinde erhält.

Bei seinem Urteil stellt das Verfassungsgericht darauf ab, dass § 19a des Finanzausgleichsgesetzes mangels einer die Einzelfallrichtigkeit sichernden Regelung mit dem Recht auf Selbstverwaltung unvereinbar sei - und auch nur deshalb. So heißt es in der Urteilsbegründung - ich zitiere -:

„Eine konkrete Einzelfälle berücksichtigende Ausnahmeregelung ist erforderlich; sie ist im bisherigen Finanzausgleichsgesetz nicht enthalten und kann auch nicht im Weg verfassungskonformer Auslegung hineininterpretiert werden.“

Die Möglichkeit einer Einzelfallregelung in dem Sinn, wie es das Gericht fordert, nimmt der Gesetzentwurf aber nicht auf. Sie versuchen, etwa mittels der Berücksichtigung der Gewerbesteuerumlage und der Nachrangigkeit der Kreis- und Verwaltungsgemeinschaftsumlage gegenüber der Finanzumlage, die Auswirkungen für reichere Gemeinden zu dämpfen. Aber dies hat Auswirkungen auf die betroffenen Verwaltungsgemeinschaften und die Landkreise.

Ich persönlich halte dies für verfassungsrechtlich problematisch, zumal es in den Ausführungen des Gerichts ausdrücklich heißt - ich zitiere -, dass mit einer solchen Regelung in die gleichwertig geschützte Finanzhoheit der Kreise eingegriffen würde, wenn diese bei der ihnen allein eröffneten Finanzierungsmöglichkeit über eine Umlage deshalb zurücktreten müssten, weil das Land Gemeinden um des innergemeindlichen Finanzausgleichs willen abschöpfen will.

Meine Damen und Herren! Wenn wir nicht in der Lage sind, eine verfassungskonforme Regelung des § 19a zu finden, sollten wir auf diesen verzichten.

(Beifall bei der FDP)

Da wir in der letzten Legislaturperiode den entsprechenden Entwurf der Landesregierung mitgetragen haben, werden wir uns einer Diskussion in den Ausschüssen aber nicht verschließen. Sie muss allerdings mit dem Ziel geführt werden, eine Regelung zu finden, die den Vorgaben des Verfassungsgerichts Rechnung trägt. Der Landtag von Sachsen-Anhalt sollte keine Gesetze verabschieden, die von vornherein Vorgaben des Verfassungsgerichts widersprechen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Zum Abschluss der Debatte hören wir die Meinung der SPD-Fraktion. Es spricht Frau Schindler.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir in unserem Land von der angespannten Finanzlage der Kommunen sprechen, dann gibt es erfreulicherweise aber auch noch wenige einzelne so genannte Leuchttürme, auf die diese Beschreibung nicht zutrifft. Das ist gut so und alle wünschen sich mehr davon. Diese Städte und Gemeinden verfügen über höhere Einnahmen, meist aus erfolgreichen gewerblichen Ansiedlungen. Da dies bekanntermaßen nicht für das gesamte Land zutrifft, gibt es über das Finanzausgleichsgesetz die Möglichkeit und auch die Pflicht des Gesetzgebers, Vor- und Nachteile aufzufangen und abzudämpfen.

Die vom Landtag beschlossene Ausgleichsumlage hielt in der bestehenden Form einer Überprüfung durch das Verfassungsgericht Sachsen-Anhalts nicht stand. Ich denke, es ist aber weiterhin der Wille des Landtages, einen solidarischen Ausgleich verschiedener Finanzsituationen zwischen den Kommunen zu regeln.

Nun wird eine Form gefunden, die die betreffenden Kommunen nicht überfordert. Der Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen und darüber hinaus zwischen den Kommunen ist ein recht komplizierter Sachverhalt. Verschiedene Bemessungsgrundlagen und Umlageverfahren greifen ineinander, sodass jeder Eingriff in dieses System genau geprüft werden muss. Ein Stück weit müssen wir hierbei auch den Berechnungen und den Vorlagen des Innenministeriums vertrauen.

Durch die nun vorgesehene Anrechnung der Gewerbesteuerumlage auf die Steuerkraftmesszahl der Gewerbesteuer und die Anrechnung der abzuführenden Finanzausgleichsumlage auf die Bemessungsgrundlage für die Kreisumlage wird eine so genannte Doppelbelastung der Gemeinden, die die Finanzausgleichsumlage zahlen sollen, verhindert. Die Mittel aus der Finanzausgleichsumlage sollen weiterhin dem Ausgleichsstock zugute kommen und bleiben somit in der kommunalen Familie.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf findet die Zustimmung der SPD-Fraktion und sollte zur weiteren Beratung in den Innenausschuss überwiesen werden. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Schindler. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Weitere Wortmeldungen gibt es jedenfalls nicht.

Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in den Finanzausschuss zu überweisen. Dann stimmen wir darüber insgesamt ab. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle. Damit ist das so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 6 ist erledigt.

Nun rufe ich den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über das Sondervermögen „Pensionsfonds für die Versorgung und Beihilfen der Versorgungsempfänger des Landes SachsenAnhalt“ (Pensionsfondsgesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/286

Ich bitte nun den Minister der Finanzen Herrn Bullerjahn, das Gesetz einzubringen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Koalitionsvereinbarung haben sich CDU und SPD darauf verständigt, für die Neuverbeamtungen ab 2007 Pensionsrücklagen zu bilden und dafür ein Sondervermögen einzurichten. Hintergrund für dieses Vorhaben ist die Tatsache, dass die Anzahl der Versorgungsempfänger bis 2020 voraussichtlich auf das rund Fünffache, auf ungefähr 10 200 Versorgungsempfänger ansteigen wird. Entsprechend werden sich die Beamtenversorgungsausgaben entwickeln.

Trotz umfangreicher Leistungskürzungen und Maßnahmen zur Reduzierung der Anzahl der Frühpensionierungen und steigendem Ruhestandseintrittsalter sowie sinkendem Ruhegehaltssatz der Neupensionäre werden die zu erwartenden Ausgabensteigerungen im Landeshaushalt schwer darstellbar sein. Prognostisch - bis 2020 gesehen - dürften sich die Ausgaben mehr als versechsfachen. Ich habe es, glaube ich, bei der Einbringung des Haushalts schon gesagt.

Für das Haushaltsjahr 2007 sind Ausgaben in Höhe von rund 76 Millionen € etatisiert. Die mittelfristige Finanzplanung bis 2010 geht bereits von Steigerungen um rund 40 Millionen € aus. Das ist alles zu bewältigen. Aber bis 2020 steigen diese Ausgaben auf eine Höhe von ungefähr 290 Millionen €.

Die benötigten Mittel werden zurzeit erst nach dem Zeitraum erwirtschaftet, in dem die Dienstleistung, welche die Versorgungsansprüche begründet, erbracht worden ist. Dies widerspricht dem Grundsatz der Generationengerechtigkeit. Das derzeitige Verfahren stellt auch für den Landeshaushalt ein erhebliches Haushaltsrisiko dar, dem wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf entgegenwirken wollen.

Der Entwurf des Gesetzes sieht die Errichtung eines Sondervermögens „Pensionsfonds für die Versorgung und Beihilfen der Versorgungsempfänger des Landes Sachsen-Anhalt“ ab dem Haushaltsjahr 2006 vor. Wer nicht weiß, wie wichtig dies gerade für die zukünftige nachhaltige Ausgestaltung von Haushalten ist, dem wird spätestens heute Vormittag das Licht aufgehen.

Ich weiß nicht, ob Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegenüber Berlin schon gehört haben. Berlin hat trotz umfassender Klageschrift keinen einzigen Euro bekommen, weil dort keine prekäre Haushaltssituation gesehen wird. Ich weiß nicht, was man bei Gericht noch alles vorzeigen muss - wahrscheinlich den Kopf unter dem Arm. Aber dieses Urteil ist klar und wird Bremen und das Saarland davon abhalten, weitere derartige Verfahren zu betreiben. Für uns ist es umso mehr ein Ansporn, eine nachhaltige Finanzpolitik zu machen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

- Es herrscht Einigkeit bei allen. Bei der Vorlage von konkreten Vorschlägen wird es ein bisschen schwieriger.

Mit dem Versorgungsreformgesetz aus dem Jahr 1998 wurden im Bundesbesoldungsgesetz die Vorraussetzungen für die Bildung von Versorgungsrücklagen geschaffen. Seit dem Jahr 1998 werden dem Sondervermögen Versorgungsrücklage Mittel aus den verminderten Besoldungs- und Versorgungsanpassungen zugeführt, die ab

dem Jahr 2018 einen Beitrag zur Finanzierung der Versorgungsaufwendungen der bereits im Dienstverhältnis stehenden Beamtinnen und Beamten leisten sollen. Mit der Einführung der Versorgungsrücklage ist das System der Beamtenversorgung erstmals um ein Element der Kapitaldeckung ergänzt worden. Dieses System soll auch weiterhin fortbestehen und nunmehr für neu eingestellte Beamte und Beamtinnen um das Element der vollständigen Deckung erweitert werden.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass für alle nach dem 31. Dezember 2006 begründeten beamtenrechtlichen Versorgungsansprüche entsprechende Rücklagen zu bilden sind. Diese Rücklagen werden in einem Sondervermögen durch das Ministerium der Finanzen verwaltet. Es wird vom übrigen Vermögen des Landes, seinen Rechten und Verbindlichkeiten getrennt gehalten. Der Gesetzentwurf sieht auch die Möglichkeit vor, die Mittel des Sondervermögens treuhänderisch durch Dritte verwalten zu lassen.

Für die Verwaltung des Sondervermögens gelten die Bestimmung der Landeshaushaltsordnung. Das heißt, dem Parlament ist, beginnend mit dem Haushaltsjahr 2007, der Entwurf eines Wirtschaftsplanes zur Beschlussfassung vorzulegen. Die Rechenschaftslegung über die Entwicklung des Sondervermögens erfolgt mit der jährlichen Haushaltsrechnung. Die Zuführungen an den Pensionsfonds werden Bestandteil der Personalausgaben. Für die ab 1. Januar 2007 eingestellten Beamtinnen und Beamten sind sie in den Ressorthaushalten zu planen. Die Höhe der Zuführungen bestimmt sich nach den versicherungsmathematischen Modellen und wird jährlich durch das Ministerium der Finanzen neu geprüft und vorgelegt.

Dem Ministerium der Finanzen liegt bereits ein erstes versicherungsmathematisches Gutachten aus dem Jahr 2000 vor. Demnach ist davon auszugehen, dass ca. 30 % der Bezügeausgaben zur Kapitaldeckung der entstehenden Versorgungsansprüche erforderlich sind. Bei der Annahme, dass jährlich 150 Verbeamtungen erfolgen, wird der Landeshaushalt einerseits mit jährlichen Ausgaben in Höhe von ca. 1,4 Millionen € belastet werden. Andererseits baut sich das Sondervermögen bis zum Jahr 2010 auf einen Betrag in Höhe von ca. 5 Millionen € auf.

Aus dem vorliegenden Gutachten ist auch ersichtlich, dass zur Kapitaldeckung der bereits begründeten Versorgungsansprüche Zuführungen an das Sondervermögen von über 600 Millionen € erforderlich wären. Dieses kann der Landeshaushalt nicht leisten. Deshalb sind auch die im Gesetz genannten zusätzlichen Zuführungen an das Sondervermögen vorgesehen.

Es wird angestrebt, ab dem Jahr 2019 für bereits begründete Versorgungsansprüche eine anteilige Finanzierung aus dem Sondervermögen zu ermöglichen, ohne die Kapitaldeckung der ab 1. Januar 2007 begründeten Versorgungsansprüche zu gefährden. Da sich allerdings das Versorgungsrecht seit dem Vorliegen des Gutachtens aus dem Jahr 2000 geändert hat, sind nochmalige versicherungsmathematische Bewertungen erforderlich. Das ist völlig klar. Deshalb wird das Ministerium der Finanzen das Nähere zur Ermittlung der Höhe und dem Zeitpunkt der Zuführung durch Verordnung regeln.

Um dieses letztlich auszufinanzieren, fließen dem Sondervermögen zusätzliche Mittel über dieses mathematische Modell hinaus in Höhe von 1 Million € bis 4 Millionen € in den Jahren 2007 bis 2010 zu. Das sind zusam

men jährliche zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von ca. 28 Millionen €. Dieser Betrag ergibt sich aus Mitteln in Höhe von 20 Millionen € aus Sonderzahlungen und 8 Millionen € als Zahlungen aus den LHO-Betrieben. Weitere zusätzliche Zuführungen aus dem Landeshaushalt an das Sondervermögen sind jederzeit möglich.

Übrigens gilt das für den Weg zurück nicht, noch dazu, wenn man es treuhänderisch an Dritte vergibt. Das heißt also, ein solches Sondervermögen soll sich - das ist mein feste Überzeugung - politikfern entwickeln, damit nicht irgendjemand einmal hier steht und vor lauter Problemen den Weg zum Vermögen sucht.

(Frau Dr. Hüskens, FDP, lacht)

Übrigens ist auch vorgesehen und im Haushaltsplanentwurf nachlesbar, dass die Mittel, die gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hoffentlich in den nächsten Jahren nicht mehr verwaltet werden müssen, direkt dem Sondervermögen zufließen können, sodass ich fest davon ausgehe, dass das - getragen von allen Fraktionen - dazu führt, dass sich der dieser Kapitalstock sehr schnell aufbaut.

Durch diese Vorgehensweise soll erreicht werden, dass das Sondervermögen bis zum Jahr 2020 auf ca. 456 Millionen € zuzüglich der erwirtschafteten Zinsen in Höhe von 80 Millionen € aufwächst. Dies stellt eine Größenordnung von ca. 600 Millionen € dar. Das Ministerium der Finanzen erlässt des Weiteren für das Sondervermögen Anlagerichtlinien, in denen geregelt wird, dass die zugeführten Mittel einschließlich der Erträge bei Wahrung der Anlagegrundsätze Sicherheit, Liquidität und Rendite anzulegen sind. Vorbild hierfür ist der Bund, der bestimmte Vorgaben gemacht hat und nach diesen Vorgaben auf dem Kapitalmarkt agiert.

Das Sondervermögen dient ausschließlich der Finanzierung von Versorgungsansprüchen. Die finanziellen Mittel des Sondervermögens sind keiner anderen Verwendung zugänglich.

Der Aufbau eines angemessenen Fondsvermögens macht es erforderlich, dass Versorgungsansprüche, die nach dem 31. Dezember 2006 entstehen, erstmals ab dem Jahr 2016 dem Landeshaushalt aus dem Sondervermögen erstattet werden können. Das Ziel ist eine 100-prozentige Ausfinanzierung.

Ab dem Jahr 2020 kann das Sondervermögen für bereits heute begründete Versorgungsansprüche bis zur Höhe erfolgter zusätzlicher Zuführungen herangezogen werden. Das heißt, je mehr Mittel wir dort zuführen, umso mehr ist der Berechtigungszeitraum der Anspruchsberechtigten nach vorn zu datieren. Irgendwann steht dann hoffentlich eine Finanzministerin oder ein Finanzminister hier und kann sagen, dass die Pensionsleistungen zu 100 % aus dem Fonds zu finanzieren sind. Wer das auch immer sein wird und wann das sein wird, weiß ich heute nicht vorherzusagen. Aber ich denke, das sollte das gemeinsame politische Ziel sein.

Die Erstattungsbeträge des Sondervermögens werden im Landeshaushalt als allgemeine Deckungsmittel vereinnahmt. Sie stehen damit zum finanziellen Ausgleich der ab dem Jahr 2007 erstmals begründeten Versorgungsansprüche zur Verfügung. Der Landeshaushalt wird ab diesem Zeitpunkt noch mit den bereits bestehenden Versorgungsansprüchen belastet. Deshalb besteht das Ziel, in den kommenden Jahren zusätzliche Zuführungen an das Sondervermögen vorzunehmen.

Ich bitte Sie um zügige Ausschussberatungen und eine zweite Lesung des Gesetzentwurfes im November, damit wir die im Nachtragshaushalt vorgesehenen Mittel noch in diesem Jahr als Jahresscheibe 2006 dem Landeshaushalt zuführen können, um einem guten Grundstock und einem guten Gelingen dieses Sondervermögens bereits heute Rechnung zu tragen. - Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Die Debatte wird eröffnet durch den Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht Frau Dr. Hüskens.