Die Mittel aus der Finanzausgleichsumlage sollten durch den Ausgleichsstock verwaltet werden, sodass das Geld den besonders bedürftigen Gemeinden zukommt.
Mit den Festsetzungsbescheiden für das Haushaltsjahr 2005 war absehbar, dass von den betroffenen Kommunen das Verfassungsgericht unseres Landes angerufen werden wird. Auch die Koalitionspartner haben sich deshalb mit der bestehenden Regelung befasst und in der Koalitionsvereinbarung angekündigt, das Regelwerk dahin gehend zu verändern, dass eine Auffanglinie eingezogen wird, sodass die Finanzausgleichsumlage, deren Notwendigkeit bekräftigt wurde, keine ruinösen Folgen für eine Gemeinde hat.
Das Landesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen vom 13. Juni 2006 festgestellt, dass § 19a FAG mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus folgenden Gründen unvereinbar ist:
Erstens. § 19a trifft keine Vorsorge dagegen, dass eine Gemeinde im Einzelfall über die verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus abgeschöpft wird.
Zweitens. Die Gemeinde wird in eine Position nivelliert, die sie im Vergleich zu den geschonten Gemeinden - also denjenigen, die nichts abgeben müssen - erheblich schlechter stellt.
Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf greift die vom Landesverfassungsgericht genannten Möglichkeiten auf, die Verfassungswidrigkeit zu beseitigen. Rückwirkend wird eine Entlastung der betroffenen Kommunen durch die Berücksichtigung der von ihnen gezahlten Gewerbesteuerumlage erreicht, das so genannte Nettoverfahren. Künftig wird darüber hinaus die abzuführende Finanzausgleichsumlage auf die Bemessungsgrundlage für die Kreisumlage, die ja zusätzlich zu entrichten ist, angerechnet.
Durch die rückwirkende Einführung des Nettoverfahrens bei der Gewerbesteuer geht die Belastung der betroffenen Gemeinden im Jahr 2005 in Höhe von 6,08 Millionen € auf 3,69 Millionen € zurück. Für das Jahr 2006 beträgt die Belastung 7,52 Millionen € statt 11,06 Millionen € nach alter Rechtslage.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch ein paar wenige Erläuterungen zu den Einzelregelungen. Die Änderung des § 9 Nr. 1 FAG steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Neufassung des § 19a Abs. 5, der Berücksichtigung der von einer Gemeinde abzuführenden Finanzausgleichsumlage bei der Bemessung ihrer Kreisumlage.
Der Gesetzesbegründung kann am Beispiel des Landkreises Weißenfels - hier die Gemeinde Sössen - entnommen werden, in welchem Umfang der Landkreis allgemeine Zuweisungen verliert, die auf die weniger umlagestarken Landkreise umverteilt werden.
Die geplante Anrechnung der Finanzausgleichsumlage auf die Umlagekraft der Landkreise dämpft den Umverteilungseffekt. Keineswegs kommt es zu einer Verkehrung ins Gegenteil oder zu einer Belastung finanzschwacher Gemeinden durch höhere Kreisumlagezahlungen. Das war ja eine Befürchtung, die andere Gemeinden geäußert haben. Zur besseren Lesbarkeit wird der § 19a FAG künftig auch neu gegliedert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach meiner Überzeugung trägt der Gesetzentwurf und damit die künftige Ausgestaltung der Finanzausgleichsumlage zwei Gesichtspunkten Rechnung:
Zum einen helfen steuerstarke und damit reiche Gemeinden weniger begünstigten Gemeinden. Dies wertet die Koalition nach wie vor als Zeichen interkommunaler Solidarität. Daran sollten wir auch festhalten. Zum anderen - das ist jetzt rechnerisch und auch tatsächlich sichergestellt - wird jede finanzielle Überforderung der helfenden Gemeinde, also der Gebergemeinde, ausgeschlossen.
Damit, verehrte Abgeordnete, entsprechen die in dem Gesetzentwurf vorgenommenen rechtlichen Anpassungen den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes. Ich bitte um Ihre Zustimmung zu der Gesetzesnovelle. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Hövelmann. - Wir beginnen mit der Debatte. Die Redezeit beträgt - anders als bei den Hunden; dort war die Redezeit doppelt so lang - jetzt wieder fünf Minuten. Die Debatte eröffnet die Fraktion der Linkspartei.PDS. Das Wort hat Herr Grünert. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes wird binnen kürzester Zeit dieses Gesetz, welches durch das Haushaltsbegleitgesetz eine Änderung erfahren soll, zum zweiten Mal geändert.
Die vorgeschlagene Änderung versucht lediglich - der Herr Minister hat es gerade ausgeführt - die durch das Landesverfassungsgericht mit seinen Entscheidungen vom 13. Juni 2006 festgestellte Unvereinbarkeit des § 19a des Finanzausgleichsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt bezogen auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zu heilen.
Hintergrund der Regelung des § 19a war, dass mit der Einführung einer Finanzausgleichsumlage im Rahmen eines interkommunalen Finanzausgleichs steuerstarke Gemeinden anderen Gemeinden in finanziellen Notlagen helfen. Die abgeführten Mittel sollen dem Ausgleichsstock nach § 12 FAG zugeführt werden und verbleiben somit im kommunalen Bereich.
Aus der Sicht der Fraktion der Linkspartei.PDS ergeben sich folgende Problemlagen: Die Nachvollziehbarkeit, dass durch diese Regelung eine kreisangehörige Gemeinde im Einzelfall weder über die verfassungsrechtliche Grenze hinaus abgeschöpft noch in eine Position nivelliert wird, welche sie im Vergleich zu den verschonten Gemeinden erheblich schlechter stellt, ist der Begründung zufolge zumindest aus unserer Sicht nicht zu
gegeben. Wir fordern daher die Landesregierung auf, die dargestellte Behauptung durch belastbare Modellrechnungen im Innenausschuss zu belegen.
In Anlehnung an das Thüringer Verfassungsgerichtsurteil vom 21. Juni 2005 gibt es im Land Sachsen-Anhalt derzeit keine belastbaren Aussagen zur Definition einer finanziellen Mindestausstattung von Kommunen. Realität ist, dass aufgrund der tatsächlichen und weiterhin beabsichtigten Absenkung der allgemeinen Finanzzuweisungen an die Kommunen die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nur noch zu weniger als 80 % refinanziert werden. Für den Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsangelegenheiten verbleiben den Kommunen nur noch 1 bis maximal 5 % der Verwaltungshaushalte. Daher fordert unsere Fraktion die Landesregierung auf, die Grenze zu definieren, ab deren Überschreitung das Nivellierungsverbot verletzt bzw. bei deren Unterschreitung die Einhaltung des Nivellierungsverbotes nach Gemeindegrößenklassen gegeben ist.
Es fehlt zudem die Ausnahmeregelung eines Verfahrens zur Festsetzung der endgültigen Höhe der Finanzausgleichsrücklage in der Weise, dass die Steuerkraftmesszahl der Gemeinde nach Abzug der Belastungen aus der Finanzausgleichsumlage, der Gewerbesteuerumlage, der Kreis- und Verwaltungsgemeinschaftsumlage und der Verschuldung der Gemeinde inklusive der Kassenkredite an der Mindestfinanzausstattung der Gemeinde oder an der höchsten Finanzausstattung der Gemeinde der Größenklasse, die eine allgemeine Zuweisung erhält, gemessen wird. Offen bleibt in der Begründung des Gesetzentwurfs, ob und inwieweit auch der Verschuldungsgrad letztendlich in diese Berechnung einfließt.
Werte Damen und Herren! Weitere Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes stehen, will man dem Koalitionsvertrag Glauben schenken, ins Haus. Dies betrifft auch die Fokussierung der Investitionshilfen auf die zentralörtliche Gliederung.
Legt man den Haushaltsplanentwurf der Landesregierung für das Jahr 2007 zugrunde, wird auch diese Änderung des Finanzausgleichsgesetzes nicht zu einer spürbaren Verbesserung der katastrophalen Haushaltssituation der Kommunen beitragen. Was offensichtlich erreicht werden soll, ist eine Erhöhung und Nivellierung der Verschuldung der Kommunen.
Von einer partnerschaftlichen Lösung, wie im Koalitionsvertrag unterstellt, fehlt nach unserer Ansicht derzeit jegliche Spur. Auch kann mit der Ausgleichsfunktion über eine Finanzausgleichsumlage die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen nicht ernsthaft behoben oder den Haushaltskonsolidierungsbemühungen der Kommunen entsprochen werden.
Die Fraktion der Linkspartei.PDS fordert die Landesregierung nachhaltig auf, zuerst die Definition der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen in Angriff zu nehmen, bevor man die Investitionshilfen, die bereits von vielen Gemeinden zum Ausgleich ihrer Haushalte verwendet werden, dann nur noch Gemeinden mit zentralörtlicher Funktion zuführt.
Unsere Fraktion wird alle Bemühungen der Landesregierung unterstützen, die zu einer Qualifizierung des FAG unter dem Aspekt einer gerechten Lastenverteilung und einer den Aufgaben angemessenen Finanzausstattung führen. Dies bedingt unserer Meinung nach auch die Anwendung einer strikten Gesetzesfolgenabschätzung, besonders bei Aufgabenverlagerungen auf die Kommunen.
Wir hatten diesbezüglich vorhin das Beispiel des Gesetzes über die gefährlichen Hunde oder die Gefahrhundeverordnung.
Eine Äußerung zu den finanziellen Auswirkungen, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf getroffen wird - ich zitiere: „Auf den Haushalt des Landes haben die Gesetzesänderungen keine Auswirkung. Bei den kommunalen Haushalten sind die Auswirkungen unterschiedlich.“ -, wird von der Fraktion der Linkspartei.PDS zukünftig nicht mehr hingenommen.
Werte Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS stimmt einer Überweisung zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie alle kennen den Spruch: Lieber reich und gesund als arm und krank. Das trifft auch auf den kommunalen Bereich zu. Die Spanne reicht im Land SachsenAnhalt von im wirtschaftlichen und im finanziellen Bereich reichen und gesunden Kommunen bis hin zu Kommunen, die arm und krank sind. Das wissen Sie selbst.
Wir haben vor zwei Jahren im Rahmen der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes den § 19a - Finanzausgleichsumlage - eingezogen, um einen interkommunalen Finanzausgleich gerade zwischen diesen beiden Gruppen zu erzeugen.
Herr Grünert, weil Sie von Gerechtigkeit sprechen: Ich habe während der Diskussion vor der Einführung des Finanzausgleichsgesetzes zum 1. Januar 1995 und auch vor der Änderung im Jahr 2004 nicht merken können, dass man Gerechtigkeit erzeugen konnte; denn jeder, der in der kommunalen Familie drin ist, braucht das Geld, um seine Aufgaben zu erfüllen. Das Geld wird - das wissen Sie selbst - niemals reichen, sodass es bei der Verteilung der Finanzausgleichsmasse immer ein Hauen und Stechen geben wird, unabhängig von der Frage, ob die Verteilung aufgrund der zentralörtlichen Bedeutung, aufgabenbezogen oder wie auch immer zu regeln ist.
Wie gesagt, die Finanzausgleichsumlage sollte ein Instrumentarium sein, um dieses Defizit etwas zu regeln. Deshalb ist sie im Jahr 2004 in das Gesetz eingebaut worden.
Bereits während der Beratung über dieses Gesetz im Jahr 2004 zeichneten sich Verfassungsklagen ab; denn diese wurden bereits damals von Kommunen angekündigt. Es war dann auch so. Die Festsetzungsbescheide für das Jahr 2005 waren raus. Zwei Klagen landeten vor dem Verfassungsgericht. Das Urteil vom 13. Juni 2006 schrieb das fest, was der Innenminister hier ausführlich vorgetragen hat.
Ich will vielleicht an dieser Stelle noch einmal sagen, dass im Finanzausgleichsstock in der Regel 40 Millionen € sind. Wir haben im Land Sachsen-Anhalt Haushaltsjahre gehabt, in denen Kommunen Anträge mit ei
nem Umfang von bis zu 60 Millionen € gestellt hatten. In diesem Jahr ist meines Wissens bereits ein Betrag von 54 Millionen € anhängig. Sie sehen also, dass die 40 Millionen €, die im Ausgleichsstock enthalten sind, bei Weitem nicht ausreichen.
Wenn Sie die Zahlen aufmerksam verfolgt haben, die der Innenminister vorgetragen hat, dann werden Sie festgestellt haben, dass eine Erhöhung des Ausgleichsstocks um 7,52 % genau dem Rechnung trägt, was wir damals im Jahr 2004 mit der Finanzausgleichsumlage erreichen wollten.
Dass dieser Paragraf verfassungsrechtlich nicht gehalten hat, ist bedauerlich. Aber wir reagieren jetzt darauf. Wir wollen den § 19a entsprechend anpassen und die Sachen für die Zukunft regeln.
Ich weiß, dass es gerade auch hinsichtlich des Sinns einer solchen Umlage und weiterer Regelungsmöglichkeiten ein Für und Wider gibt. Wenn Sie die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände aufmerksam gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass diese ausführlich zu diesem Thema Stellung genommen haben. Ich denke, dass es sicherlich auch eine interessante Diskussion im Ausschuss geben wird.
Wir als CDU-Fraktion beantragen die Überweisung in den Innenausschuss zur federführenden Beratung und in den Finanzausschuss zur Mitberatung. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Madl. - Nun erteile ich Frau Dr. Hüskens das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was ist eigentlich das Ziel eines Finanzausgleichs? - Zum einen ist das FAG die gesetzliche Grundlage für die Verteilung der Steuereinnahmen zwischen Land und Kommunen. Darüber hinaus ermöglicht es einen Ausgleich zwischen den Kommunen. Über die Ausgestaltung eines solchen interkommunalen Ausgleichs ist in der Vergangenheit hier im Landtag genauso viel diskutiert worden wie über die Themen „Länderfinanzausgleich“ oder „Sonderzuweisungen des Bundes für die neuen Länder“.
Nun können wir als Liberale dem Leistungsgedanken einiges abgewinnen. Natürlich soll sich eine gut geführte Gemeinde mit hohem Steueraufkommen auch mehr leisten können als eine Gemeinde mit geringen Steuereinnahmen. Leistung muss sich auch für Kommunen lohnen.
Auf der anderen Seite - das akzeptieren wir als Liberale auch - dürfen die Unterschiede nicht zu groß werden. Dem Prinzip des Finanzausgleichs liegt der Grundsatz der Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land zugrunde, wie er in der Verfassung verankert ist. Wie der Länderfinanzausgleich muss auch der Finanzausgleich zwischen den Kommunen diese Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse sichern.
Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung im Jahr 2004 eine Neujustierung des FAG versucht. Ein schwieriges Unterfangen, da es zwangsläufig Kommunen gab, die weniger Geld zur Verfügung hatten und die - aus ihrer Sicht nur konsequent - den Gang nach Dessau ange
treten haben. Auch im Landtag gab es eine ganze Reihe von kritischen Stimmen, die die Finanzumlage der wohlhabenden Kommunen in den Ausgleichsstock als sozialistischen Umlagefaktor bezeichneten.
Die Landesregierung versucht mit dem jetzt vorliegenden Entwurf, mögliche Ausschläge zuungunsten der vermögenderen Kommunen abzumildern. Wenn man in dem Duktus von 2004 bleiben wollte, dann könnte man das Ganze jetzt als sozialdemokratischen Umlagefaktor bezeichnen. Wichtig ist, dass die Regelung sicherstellt, dass eine Gemeinde, die leistungsverpflichtet ist, nicht ihre Mindestfinanzausstattung verliert oder dass die abgeschöpfte Gemeinde nicht gleich hohe oder gar weniger Finanzmittel behält, als eine andere, durch den Finanzausgleich begünstigte Gemeinde erhält.