Protocol of the Session on October 19, 2006

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Die Debatte wird eröffnet durch den Beitrag der FDP-Fraktion. Es spricht Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll für zukünftige Belastungen des Landeshaushaltes durch anstehende Pensionszahlungen Vorsorge getroffen werden. Das Vorhaben ist in der öffentlichen Wahrnehmung auf eine große Zustimmung gestoßen. Selbst der Landesrechnungshof hält es für vernünftig. Trotzdem möchte ich zumindest einige Bewerkungen über die Sinnhaltigkeit der versorgungsrechtlichen Regeln machen.

Volkswirtschaftlich ist es absolut nicht sinnvoll, separat zu einem Landeshaushalt, der von erheblichen Schulden und hohen Zinszahlungen geprägt wird, Vermögen anzusparen. Denn Sollzinsen sind bisher stets höher gewesen als Habenzinsen, vor allem dann, wenn ein längerer Betrachtungszeitraum zugrunde gelegt wird. Den Beweis, dass es anders gehen könnte, sind bisher alle schuldig geblieben, die angetreten sind, ihn zu führen.

Die Idee, ein derartiges Vermögen anzusparen, basiert eben nicht auf volkswirtschaftlichen Überlegungen, sondern es ist eigentlich der Versuch, der Diskussion über die Beamtenpensionen zu entgehen. Es ist der Versuch, nicht dem Reiz zu erliegen, der ansonsten von einer solchen Summe ausgeht.

Es ist schwer, einer solchen Versuchung nicht zu erliegen. Technisch wäre es - das ist über Jahre hinweg in den anderen Ländern auch praktiziert worden - durchaus möglich, den Finanzbedarf für Pensionen in den laufenden Haushalt einzustellen und entsprechend im Voraus zu kalkulieren.

Ob wir derzeit etwa 450 Millionen € im Jahr für die DDR-Sonderversorgungssysteme oder zukünftig bis zum Jahr 2020 300 Millionen € für Beamtenpensionen zahlen, ist eigentlich egal. Aber Sie trauen sich selbst nicht. Das ist auch gut so.

Gehen Sie der Versuchung aus dem Weg, die Gelder heute langfristig für andere Leistungen zu binden und dann in den kommenden Jahren diese Leistungen zugunsten der Beamtenpensionen wieder reduzieren zu müssen.

Wir teilen als Liberale Ihr Misstrauen. Auch wenn es volkswirtschaftlich völlig unvernünftig ist, werden wir deshalb Ihren Entwurf unterstützen. Denn wenn Sie das Geld nicht in diesen Fonds überführen, werden Sie sicherlich einen anderen Zweck finden, für den Sie es ausgeben könnten.

Wir werden jedes Mal, wenn Sie in den kommenden Jahren versuchen werden, das Vermögen für wichtige

Aufgaben aufzuzehren, auf Ihre heutige Position hinweisen. Ich hoffe, dass das Geld dann wirklich einmal für das ausgegeben wird, für das wir es heute einstellen.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Bevor ich nun für die CDU-Fraktion Herrn Harms das Wort erteile, haben wir gemeinsam die Freude, Damen und Herren der Senioren-Union aus dem Altmarkkreis Salzwedel auf der Südtribüne begrüßen zu können.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun bitte Herr Harms.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einführung eines Pensionsfonds wird in vielen Bundesländern diskutiert. Einige Länder haben sich bereits für diesen Weg entschieden. Grundlage dieser Überlegung ist gewiss die Tatsache, dass die Pensionsverpflichtungen über Maß zunehmen. Die Grenze der Leistungsfähigkeit ist erreicht und wird zumindest teilweise überschritten. Die wichtigste Konsequenz aus dieser Einsicht zeigt sich im angekündigten Personalentwicklungskonzept. Beide Themen stehen in einem engen Zusammenhang.

Schon heute feststehende Pensionslasten überschreiten unsere Möglichkeiten und zwingen uns zum Handeln. Zu klären wäre dabei allerdings einiges, erstens die Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen. Herr Finanzminister, Sie haben zu diesem Thema bei verschiedenen Gelegenheiten interessante Ausführungen gemacht. Der Nachweis Ihrerseits, der ja auch terminlich angekündigt war, fehlt bisher.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Nicht zu vergessen sind in diesem Zusammenhang zu erwartende Kosten, Gebühren und dergleichen, die bei der Verwaltung eines solchen Fonds anfallen könnten.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Neben diesen finanztechnischen Fragen möchte ich Sie auf einen verfassungsrechtlichen Aspekt hinweisen, der uns noch intensiver beschäftigen sollte - das wäre der Punkt zwei -, die Schaffung einer besonderen Stellung der Pensionsausgaben gegenüber allen anderen Ausgaben dieses Landes.

Wir wissen alle, auch aufgrund der mittelfristigen Finanzplanung, dass immer weniger Geld zur Verfügung steht. Mit diesem Gesetz schaffen wir eine besondere Position für die Versorgung und Beihilfen der Versorgungsempfänger dadurch, dass wir sie ganz oder teilweise von der Haushaltsplanung abkoppeln, auch von der Haushaltsplanung künftiger Jahre.

Diese Frage steht natürlich im Zusammenhang mit der Höhe des Fonds, mit der Art und Weise der festgelegten Zuführungen und auch mit der Frage: Was passiert eigentlich, wenn die anfänglichen Einführungsgründe entfallen sollten?

Auf Seite 8 Ihrer Begründung zu dem Gesetzentwurf weisen Sie auf die besonders gute Bonität unseres Lan

des hin. Diese steht natürlich im Zusammenhang mit der Fähigkeit eines Landes, die Zinsen zahlen zu können. Die Zinsen gehören auch zu den Ausgaben des Landes, die mit diesem Gesetz in eine Zweitklassigkeit zurückgestuft werden. Folglich wäre es durchaus einer Betrachtung wert, ob damit in den Folgejahren - - Sie wiesen ja darauf hin, dass das Gesetz deshalb gemacht wird, weil die Situation droht, dass wir diese Pensionszahlungen nicht leisten könnten, wir dann also möglicherweise die Zinszahlungen nicht mehr leisten könnten, was natürlich Auswirkungen auf die Bonität haben und dazu führen würde, dass Ihr Zusammenhang zwischen Soll- und Habenzinsen sich deutlich verschlechtern könnte.

Es gibt einen großen Gesprächsbedarf. Ich bitte im Namen der CDU-Fraktion um eine Überweisung des Gesetzentwurfes der Landesregierung in den Finanzausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Harms. - Für die Linkspartei.PDS spricht Frau Dr. Paschke. Bitte schön.

Herr Präsident! Herr Finanzminister! Im Gegensatz zu meinem Vorredner haben wir nicht so viele Einwände. Ich frage Sie, ob ich meine Rede zu Protokoll geben kann.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Damit kommen wir noch schneller voran als zunächst gedacht.

(Zu Protokoll:)

Die Fraktion der Linkspartei.PDS unterstützt das mit dem Gesetzentwurf verfolgte Grundanliegen. Mit dem Gesetz wird ein notwendiger erster Schritt getan, die Versorgungsansprüche der Beamtinnen und Beamten nicht bis zu ihrer jeweiligen Fälligkeit zu verschieben und bis 2020 immerhin eine Summe von 10 Milliarden € Versorgungsverpflichtungen anzuhäufen. Würden wir in Sachsen-Anhalt bei der derzeitigen Form der Speisung der Versorgungsrücklagen bleiben, die im Kern eine Speisung des Fonds durch Minderausgaben beinhaltet, so würden wir hochgerechnet bis zum Einsatz des auf diese Art zugeführten Sonderkapitals weniger als eine Jahreszahlung der fälligen Beamtenversorgung abdecken können.

Was bedeutet das? - Mit dem Gesetz über eine Versorgungsrücklage im Land Sachsen-Anhalt vom 21. Dezember 1998 wurde erstmals ein Element der Kapitaldeckung in das System der Beamtenversorgung eingebaut. Im Unterschied zu der nunmehr vorgeschlagenen Speisung des Pensionsfonds wurde dieses Sondervermögen, das im Jahr 2003 ein Volumen von 13,4 Millionen € hatte, durch Minderausgaben infolge der Absenkung des Besoldungs- und Versorgungsniveaus gespeist. Trotz umfangreicher Leistungskürzungen werden wir, wie gesagt, die Beamtenversorgung, die im Jahr 2020 228 Millionen € betragen wird, mit der derzeitigen Form der Speisung des Sondervermögens nicht annähernd decken

können, selbst dann nicht - so ergaben Berechnungen -, wenn man die Bezüge der Beamten auf Sozialhilfeniveau kürzen würde.

Was bedeutet das? - Der bisher praktizierte Weg mit ständigen Einschnitten in Besoldung und Versorgung löst das Problem nicht. Wer nun meint, so stark waren die Einschnitte ja nun auch wirklich nicht, dem rate ich, einen Blick in die Entwicklung ab 1997 nach der Verabschiedung der Dienstrechtsreformgesetze bzw. des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichtes 1998 und des Versorgungsänderungsgesetzes 2001, aber auch in unsere Haushaltsbegleitgesetze hinsichtlich der Absenkung und Streichung der Sonderzuwendungen zu werfen. Immerhin ist es auf diese Weise zu einer individuellen Kürzung der Versorgung um 6,2 % bis zu 32 % gekommen, wobei anzumerken ist, dass trotz einiger Ansätze der Gegensteuerung die Empfänger von Versorgung und Besoldung der unteren Besoldungsgruppen überdurchschnittlich betroffen waren.

Fazit: Einer solchen Entwicklung können wir nicht weiter tatenlos zusehen. Darauf hat uns der Landesrechnungshof in seinem Jahresbericht 2005 eindringlich aufmerksam gemacht. Er hat gefordert, dass - wie in anderen Ländern bereits vereinzelt eingeführt, wie in den Kommunen und im Bund ohnehin praktiziert - ein Versorgungsfonds mit regelmäßigen Zuführungen in ausreichender Höhe zu bilden ist.

Mit diesem Gesetz wird ein erster Schritt in diese Richtung gegangen. Das Kriterium „in ausreichender Höhe“ erfüllen wir jedoch weder mit der Ersteinspeisung von 20 Millionen € noch mit den dann jährlich beabsichtigten Zuführungen. Darüber, was „in ausreichender Höhe“ bedeutet, sollten wir uns im Ausschuss verständigen. Dann wird uns wenigstens bewusst werden, wie weit wir vom Soll entfernt sind. Ebenso sollte geklärt werden, ob eine Änderung der LHO notwendig wird. Genauso gibt es bei uns noch Klärungsbedarf, inwiefern wir die Landesregierung ermächtigen sollten, die Anlageform selbst zu bestimmen.

Wie gesagt, mit dem Gesetz wird das Problem nicht aus der Welt geschafft. Es trägt aber zumindest zu einer Minderung, vor allem aber hoffentlich zu einer Sensibilisierung für die Gesamtproblematik bei.

Jawohl, es muss in das Bewusstsein von Politik und Verwaltung gelangen, dass ein Beamter eine millionenschwere Investition ist. Modellrechnungen haben ergeben: Für einen Beamten im gehobenen Dienst werden rund 2 Millionen € für Besoldung und Versorgung ausgegeben, davon betragen die Versorgungsausgaben 0,8 Millionen €. Ein Beamter im höheren Dienst hat Anspruch auf 2,4 Millionen €, davon 0,9 Millionen € Versorgung.

Um nicht missverstanden zu werden: Wir sind keine Verfechter eines „billigen“ öffentlichen Dienstes. Er soll schon seinen Preis haben und seinen Preis wert sein.

Vielmehr wissen wir, dass die Einrichtung des Pensionsfonds notwendig ist, aber das Grundproblem nicht lösen wird. Eine vorrangig auf Leistungskürzung und Stellenabbau konzentrierte Personalpolitik wird weder den finanzpolitischen noch den personalpolitischen Anforderungen an den öffentlichen Dienst gerecht werden. Das Dienstrecht traditioneller Prägung ist nicht mehr in der Lage, das erhebliche Maß an Flexibilität und Mobilität

der verbleibenden Mitarbeiter zu gewährleisten. Insofern müsste eigentlich auch das vorliegende Gesetz in ein bereits vorliegendes Personalentwicklungskonzept eingebettet werden.

Ich hoffe, dass wir im Ausschuss zumindest im Ansatz diese grundsätzlichen Fragen diskutieren und die Erörterung nicht allein auf die fiskalischen Fragen reduzieren werden. Das wird mit Blick auf die Ergebnisse der Föderalismusreform umso dringender erforderlich.

Es spricht für die SPD-Fraktion Herr Rothe.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegin Fischer ist leider kurzfristig daran gehindert, an unserer Plenardebatte teilzunehmen; sie hat mich aber gebeten, in Vertretung für sie hier zu sagen, dass wir den Pensionsfonds für die Beamten außerordentlich begrüßen. Ich möchte für meine Person als Beamter sagen: Wir begrüßen ihn auch wegen der Versorgungssicherheit. Ich sage auch im Namen von Frau Fischer: insbesondere wegen der Kostentransparenz. Das ist ein Stück Doppik, das wir hier machen. Ich sage das, damit wir uns klar darüber werden, was wir langfristig bewirken.

Jetzt gucke ich einmal den Finanzminister a. D. an. Herr Professor Paqué, Sie haben nach meinem Eindruck in der vergangenen Legislaturperiode in großem Stile angefangen, Lehrer zu verbeamten. Das geschah nicht, weil Sie wirklich für Lehrer - dies ist eine völlig nichthoheitliche Tätigkeit - im Beamtenverhältnis sind, sondern es erfolgte aus rein haushalterischen Gründen.

(Frau Feußner, CDU: Das stimmt nicht! - Zuruf von der Linkspartei.PDS: Na klar!)

- Vielleicht kann sich Professor Paqué dazu noch äußern. Die Programmatik der Liberalen sieht solche Verbeamtungen nicht vor. Vielmehr wollen die Liberalen wie wir auch die Verbeamtungen auf die Kernbereiche der Eingriffsverwaltung beschränken, das heißt auf die Polizei und den Justizvollzugsdienst.

(Beifall bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Das ist Stuss!)