Wir haben in den vergangenen Monaten Vorfälle in Sachen-Anhalt gehabt, die uns wirklich nachdenklich stimmen sollten. Ich will nur einen Leser zitieren, der sich in der „Volksstimme“ vom 27. September 2006 geäußert hat. Herr Günter Andrae schreibt:
„Wer jemals sein eigenes Kind nach einer Kampfhundattacke und der folgenden fünfstündigen Notoperation in Verbände gewickelt und auch seelisch schwer gezeichnet im Krankenhaus besuchen musste wie ich, wird zu diesem Thema seine eigene Meinung haben... Ich teile durchaus die Auffassung, dass primär der Mensch die Verantwortung für die Erziehung des Tieres hat und er durch dessen Erziehung oder Nichterziehung die von solchen Hunden ausgehende Gefährdung minimieren oder potenzieren kann. Allein der aktuelle Fall beweist aber, dass bestimmte Hunderassen offensichtlich ein genetisch bedingtes Aggressionsverhalten haben, was bei manchen gar nicht, bei anderen selten und bei wieder anderen gehäuft zum Ausbruch kommt.“
Herr Rothe, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Borgwardt. Wollen Sie diese gleich oder später beantworten?
Herr Kollege Rothe, der Fall ist sicherlich sehr tragisch und sehr bedauerlich. Würden Sie zugeben, dass alle Abgeordneten in diesem Haus auch eine Vielzahl anders lautender Zuschriften bekommen haben, die sich gerade das Gegenteil von dem wünschen, was Sie hier fordern, nämlich kein Gesetz? Diese Frage bezieht sich auf das Zahlenverhältnis der Zuschriften.
Die zweite Frage. Wenn wir lernen - ich gehöre zu denjenigen, die lernbereit sind; das möchte ich gern vorausschicken -, muss es doch Gründe geben, warum Länder, die bereits eine Rassenliste hatten, wie zum Beispiel Niedersachen, genau diese Rassenliste, weil sie nicht zielführend ist, wieder abgeschafft haben. Sie können dazu in der Begründung Niedersachsens nachlesen.
Niedersachsen und Thüringen sind die einzigen der 15 Länder mit Gesetz, die keine Rassenliste haben.
- Ja, das ist richtig. Im Übrigen, Herr Borgwardt, habe ich die von Ihnen angeführten Zuschriften auch erhalten. Ich halte aber die Einlassung von Herrn Andrae - auch aus
Der Gesetzentwurf der Landesregierung macht den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für einen gefährlichen Hund zur Pflicht. Damit werden die Folgen für die Opfer gemildert.
Die Rechtsverordnung - ich habe es bereits erwähnt - genügt den rechtsstaatlichen Anforderungen. Das heißt, sie wird - anders als eine früher auf der Grundlage des SOG erlassene Verordnung - der Überprüfung durch das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt standhalten.
Dass der Innenminister sich an Hessen orientiert, halte ich für sachgerecht. Die hessische Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden vom 22. Januar 2003 beinhaltet eine Liste von Hunderassen, die als gefährlich eingestuft werden. Es gelten auch Hunde als gefährlich, die ohne begründeten Anlass einen Menschen gebissen oder in gefahrdrohender Weise angesprungen haben. Weiterhin werden unbegründete Angriffe auf andere Tiere als gefährliches Verhalten eingestuft, insbesondere wenn andere Hunde trotz artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen werden. Es geht also nicht allein um den Schutz von Menschen, sondern auch von anderen Hunden.
Gefährliche Hunde dürfen nach den hessischen Regelungen nur von Personen gehalten werden, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen zuverlässig und sachkundig sein und eine positive Wesensprüfung für den Hund nachweisen. Die Halteerlaubnis ist befristet und kann jederzeit widerrufen werden, wenn eine der Voraussetzungen wegfällt.
Die vorgeschriebene Zuverlässigkeit muss in Hessen durch ein Führungszeugnis nachgewiesen werden. Es wird umfangreich geregelt, wer nicht als zuverlässig gilt. Nicht zuverlässig, Herr Kosmehl, war nach den Presseberichten zum Beispiel der Halter eines Hundes in HalleSilberhöhe, durch dessen Hund einem Mann auf der Silberhöhe ein Teil der Nase weggebissen worden ist. Er hätte diesen Hund also nicht haben dürfen.
Die erforderliche Sachkunde ist durch die Bescheinigung einer sachverständigen Person oder Stelle nach erfolgter Sachkundeprüfung nachzuweisen. Ein solcher Sachkundenachweis ist übrigens auch für das Führen und nicht nur für das Halten eines gefährlichen Hundes vorgeschrieben.
Herr Kosmehl, ich denke, dass sich der Halter des Hundes, der die über 90-jährige Dame totgebissen hat, vermutlich anders verhalten hätte, wenn er diese Sachkundeprüfung hätte ablegen müssen. Denn die Dame war zuvor schon von verschiedenen anderen Hunden dieses Halters gebissen worden. Die Sachkundeprüfung kann also bei zuverlässigen Personen zu einem angemessenen Verhalten führen. Das hätte unter Umständen diesen Todesfall verhindern können.
Zum viel diskutierten Leinenzwang schreibt die hessische Gefahrenabwehrverordnung vor, dass gefährliche Hunde außerhalb des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung der Halterin oder des Halters an der Leine zu führen sind. Ausgenommen sind Hunde mit positiver
Wesensprüfung. Ob diese Ausnahme sinnvoll ist, sollte bei der Vorbereitung der entsprechenden Verordnung in Sachsen-Anhalt noch einmal kritisch hinterfragt werden; denn ein Hund bleibt ein Tier, dessen Reaktionen nicht immer vorhersehbar sind.
An dieser Stelle wird aber deutlich, dass nach der hessischen Verordnung die Aufnahme von Hunden in die Rassenliste ihre Gefährlichkeit nur indiziert. Die Vermutung der Gefährlichkeit kann im Einzelfall durch einen Wesenstest weitgehend widerlegt werden. Die verbleibenden Restriktionen sind im Wesentlichen halter- und nicht tierbezogen. In diesem Kontext, Herr Kolze, sollte eine Rassenliste auch für deren Kritiker akzeptabel sein.
Die hessische Verordnung bleibt nicht nur hinsichtlich der Anleinpflicht hinter dem Hundegesetz NordrheinWestfalens zurück, an dem sich die SPD-Fraktion bei ihrem Gesetzentwurf in der vergangenen Legislaturperiode orientiert hat. Als weiteres Beispiel nenne ich das in Nordrhein-Westfalen geregelte Verbot von Zucht, Kreuzung und Handel mit im Einzelfall gefährlichen Hunden. Auch das wäre sinnvoll.
Meine Damen und Herren! Wichtiger als die Frage, ob wir uns nun an Hessen oder an Nordrhein-Westfalen orientieren, ist, dass wir jetzt endlich handeln. Die Landesregierung hat uns einen Vorschlag gemacht, den ich als Angebot auch an die Kritiker des weiter gehenden nordrhein-westfälischen Gesetzes verstehe. Dieser Gesetzgebungsvorschlag, den die Landesregierung heute vorgelegt hat, sollte - durchaus auch als Kompromiss verstanden - in diesem Haus konsensfähig sein.
Wenn wir das Gesetz beschließen und auf dieser Grundlage eine Verordnung von der Landesregierung erlassen werden kann, ist ein wichtiger Schritt getan, um die Gefährdung von Leben und Gesundheit von Mensch und Tier zu verringern. Sicherlich wird man Angriffe von gefährlichen Hunden nicht gänzlich verhindern können; aber mit den Hürden für die Haltung bzw. das Führen von auffälligen Hunden wird das Gefährdungspotenzial enorm eingeschränkt.
Eines möchte ich noch deutlich sagen - Herr Trümper ist bereits erwähnt worden -: Gesetz und Verordnung nützen wenig, wenn sie nicht entsprechend umgesetzt werden.
Es wird sehr darauf ankommen, alle an der Umsetzung Beteiligten, Tierärzte, kommunale Ordnungsdienste, Polizisten und andere, auf die Regelungen zum Schutz vor gefährlichen Hunden so vorzubereiten, dass keine Vollzugsdefizite auftreten. Ich bitte die Landesregierung, hierauf besonderes Augenmerk zu richten.
Es ist Aufgabe der Politik, die Bürgerinnen und Bürger vor Gefahren so weit wie möglich zu schützen. Ich bitte Sie: Lassen Sie uns dieses Gesetz gründlich, aber zügig beraten. Gegen eine Anhörung ist nichts einzuwenden, aber es sollten bis zur zweiten Lesung nicht zehn Monate vergehen, wie das bei dem Gesetzentwurf der SPDFraktion für ein Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Hunden der Fall war.
So viel Zeit zur Anhörung und Beratung wie beim Hundegesetz sollte übrigens auch beim Ladenschlussgesetz sein; denn auch dabei geht es um Mitgeschöpfe.
(Zustimmung bei der SPD - Unruhe bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn Kosmehl, FDP)
Meine Damen und Herren! Die Ausschussberatung sollte federführend im Innenausschuss erfolgen und mitberatend im Ausschuss für Recht und Verfassung sowie in dem für das Veterinärwesen zuständigen Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Rothe, für Ihren Beitrag. - Gibt es noch weitere Wortmeldungen? - Ich schaue in die Runde. Die sehe ich nicht. Damit wären wir am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung.
Es wurde beantragt, den Gesetzentwurf in drei Ausschüsse, den Ausschuss für Inneres, den Ausschuss für Recht und Verfassung und den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zu überweisen. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann bitte ich um ihr Kartenzeichen. - Ich sehe bei allen Fraktionen Zustimmung. Wer stimmt dagegen? - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Es ist so beschlossen.
Wir stimmen nun über die Federführung ab. Es wurde beantragt, den Innenausschuss mit der Federführung zu betrauen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Ich sehe Zustimmung bei allen Fraktionen. Wer stimmt dagegen? - Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit ist der Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse unter der Federführung durch den Innenausschuss zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 5 ist erledigt. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen zu einem hoffentlich weniger emotionalen Thema. Aber je nachdem, mit wem man spricht - wer davon betroffen ist, sieht das sicherlich ebenso emotional. Also es geht um die Änderung des Finanzausgleichsgesetzes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausgangspunkt für den zur Beratung vorliegenden Gesetzentwurf liegt fast genau zwei Jahre zurück. Mit dem Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vom 21. Dezember 2004 wurde die Finanzausgleichsumlage nach § 19a FAG LSA geschaffen. Zielsetzung dieser Regelung war Folgendes: Einige Gemeinden sind so steuerstark, dass ihre Finanzkraft den Finanzbedarf deutlich übersteigt. Herausragend steuerstarke Gemeinden soll
ten einen Teil ihres Überschusses abführen. Insbesondere vor dem Hintergrund der angespannten kommunalen Finanzlage gebietet dies die interkommunale Solidarität.
Wenn die Steuerkraftmesszahl mehr als 150 % der Bedarfsmesszahl beträgt, sollen 30 % des über diesem Schwellenwert liegenden Betrages abgeschöpft werden. Den betroffenen Gemeinden verbleiben also mindestens 70 % der über der Bedarfsmesszahl liegenden Einkünfte.
Die Mittel aus der Finanzausgleichsumlage sollten durch den Ausgleichsstock verwaltet werden, sodass das Geld den besonders bedürftigen Gemeinden zukommt.