Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Antrag zur Stärkung der Begleitausschüsse für die operationellen Programme hat drei Unterteilungen. Die erste ist, dass alle Mitglieder der Begleitausschüsse für die
OP mit einem vollen Stimmrecht ausgestattet werden, die zweite jeweils ein Begleitausschuss für die beiden klassischen OP, einmal für den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, EFRE, und den Europäischen Sozialfonds, ESF, und, obwohl es kein klassisches OP ist, auch ein Begleitausschuss für den ELER, das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes, sowie drittens die Bereitstellung von Mitteln für eine Servicestelle für die Arbeit der Sozialpartner aus der technischen Hilfe.
Die ausführliche Begründung unsererseits liegt vor. Ich möchte den Zeitvorsprung, der heute herausgearbeitet wurde, jetzt nicht wieder zunichte machen, sodass ich mich nur auf einige zusätzliche Bemerkungen zu unserer vorgelegten Begründung beziehen möchte.
Der regionale Begleitausschuss ist das von der Europäischen Union verpflichtend vorgeschriebene Begleitgremium zur Umsetzung des operationellen Programms in Sachsen-Anhalt. Er ist zuständig für die Beratung und Entscheidung über die zentralen Fragen der Strategie und der Steuerung der EU-Strukturfondsmittel im Land. Mitglieder des regionalen Begleitausschusses sind neben Vertretern der drei Generaldirektionen REGIO, EMPL und AGRI der Europäischen Kommission Vertreter des Bundes, Vertreter der Landesministerien und die Wirtschafts- und Sozialpartner als Vertreter der wichtigsten gesellschaftlichen Verbände und Organisationen des Landes. - So steht es geschrieben in einer Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 6. Juni dieses Jahres.
Nun muss ich einen Satz wiederholen: Der regionale Begleitausschuss ist zuständig für die Beratung und Entscheidung über die zentralen Fragen usw. - Ist das jetzt nur eine Worthülse oder ist es eine Farce, wenn kein Stimmrecht für die einzelnen Mitglieder der Wirtschafts- und Sozialpartner vorliegt?
Derzeit läuft die heiße Phase der Programmierung für die neue Förderperiode 2007 bis 2013 und es steht auch die Neukonstituierung der Begleitausschüsse an. Die EU-Kommission bewertet ihrerseits die Planung und den Zugang zu Projekten über das Partnerschaftsprinzip - darauf haben wir auch abgehoben - und legt eine besondere Betonung auf Nichtregierungsorganisationen sowie das Antidiskriminierungsprinzip. Das heißt, der unbegrenzte Projektzugang für Menschen mit Behinderungen wird als sehr wichtig eingestuft. In den OP-Entwürfen des Landes Sachsen-Anhalt fehlen allerdings Worte wie „Menschen mit Behinderungen“ oder „ihr Zugang zu den Programmen“. Das erachten wir durchaus als einen absoluten Mangel.
Die Dezentralisierung der EU-Fonds durch die Partnerschaft kann dem Missbrauch und auch - es soll schon vorgekommen sein - der Korruption vorbeugen und ist ein Beitrag für ein vor allem demokratisches und partizipatives politisches Handeln. Eine echte transparente und demokratische Partnerschaft verbessert die Koordination durch die breitere Verteilung von Informationen. Information kommt an. Aber wie darf dann darüber befunden werden?
Während die Wiso-Partner zwar zur Planung eingeladen und informiert werden, werden ihre Positionen aufgrund des fehlenden Stimmrechts jedoch ignoriert, was diejenigen durchaus demotiviert, vielleicht sogar frustriert. Es ist dann also eine Partnerschaft ohne Einfluss und damit ist es keine Partnerschaft in dem Sinne, wie sie die EU aber vorschreibt. Die EU versteht unter dem Be
griff „Partnerschaft“ das gleichberechtigte Zusammenarbeiten. Wie aber, bitte schön, wenn nur die ministeriellen Vertreterinnen und Vertreter ein Stimmrecht haben, diejenigen aber, die für die Wirtschafts- und Sozialpartner und -partnerinnen erscheinen, kein Stimmrecht haben? Dann hat das mit Gleichberechtigung nichts mehr zu tun.
Probleme der schlechten Information über Maßnahmen und Richtlinien für potenzielle Strukturfondsnutzer und -nutzerinnen müssen außerdem ausgeräumt werden. Das Partnerschaftsprinzip ist, wie gesagt, eine gute Idee, aber ohne finanzielle Unterstützung doch nur ein Papiertiger.
Die EU schreibt an dieser Stelle leider keine bindenden Kriterien für die Qualität der Beteiligung vor. Da die Beteiligung von der politischen Kultur in den einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen abhängt, könnte aus unserer Sicht Sachsen-Anhalt hierbei mit gutem Beispiel vorangehen, wie es das beispielsweise bereits bei der Häufigkeit der Sitzungen tut. Die Verordnung schreibt mindestens zweimal jährlich eine Sitzung vor, in Sachsen-Anhalt tagt man vierteljährlich.
Nach unseren Gesprächen mit Vertretern des regionalen Begleitausschusses fehlt es besonders auf der Seite der Sozialpartner, einschließlich der Umweltorganisationen, an personellen und finanziellen Ressourcen. Hierfür würde Punkt 3 zutreffen, nämlich Mittel aus der technischen Hilfe für eine Servicestelle bereitzustellen - auch, wenn ich es einmal so ausdrücken darf, um ein Gleichgewicht zwischen den Wirtschafts- und Sozialpartnern zu erreichen. Die Wirtschaftspartner werden meistens über die Industrie- und Handelskammern vertreten, die Sozialpartner sind häufig mit geringeren personellen Stärken ausgestattet. Ein Ombudsmann könnte die Qualität der Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner kontrollieren.
Mit der Stärkung des regionalen Begleitausschusses verbessern sich aus unserer Sicht nicht nur die Projekte und die Fonds; denn sie sind näher an den Bürgerinnen und Bürgern, die sie letztlich brauchen, weil wir damit Wachstum erzielen und Arbeitsplätze schaffen wollen. Letztlich finanzieren die Bürgerinnen und Bürger unserer Landes diese Fonds in Form von Steuerzahlungen. Daher die Vorlage unseres Antrages. Ich bitte um Ihr geschätztes Wohlwollen. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordnete Herrn Czeke. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Haseloff das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Der Einsatz der EU-Fonds von der Planung über die Begleitung bis zur Bewertung wird von der Landesregierung in enger Partnerschaft mit den Sozialpartnern durchgeführt. Wir entsprechen hierbei nicht nur den Anforderungen der Europäischen Kommission. Für die Landesregierung ist der enge Austausch mit den Sozialpartnern eine wichtige Vorraussetzung dafür, dass die Programme vor Ort auch angenommen werden und ihr Förderziel erreichen. Ohne
Zur Vorbereitung der neuen Förderperiode wurde erstmals ein umfangreicher Planungs- und Abstimmungsprozess durchgeführt, um fondsübergreifend die Förderpolitik auf die Ziele Wachstum und Beschäftigung auszurichten. Über jeden dieser Schritte wurden Sie, sehr geehrte Abgeordnete, informiert. In den Fachausschüssen wurden die Inhalte diskutiert. Parallel hierzu wurden mit den Sozialpartnern Gespräche geführt, deren Ergebnisse in die Planungen eingeflossen sind.
Wir haben hiermit einen Weg eingeschlagen, der uns helfen wird, einen größeren und nachhaltigeren Nutzen aus den geringer werdenden Fördergeldern zu erreichen. Aus dem Antrag der Linkspartei.PDS kann ich weitere Verbesserungsschritte auf diesem Weg leider nicht erkennen.
Die Linkspartei.PDS fordert, alle Mitglieder der Begleitausschüsse mit vollem Stimmrecht auszustatten. In der laufenden Förderperiode haben die Wirtschafts- und Sozialpartner nur eine beratende Stimme. Das volle Stimmrecht ist auf die Vertreter der Ministerien beschränkt - darauf haben Sie zu Recht hingewiesen -, und das mit gutem Grund. Denn die Ausstattung aller Mitglieder mit dem vollen Stimmrecht würde dazu führen, dass zum Teil durch die Förderprogramme unmittelbar oder mittelbar Begünstigte in eigener Angelegenheit zu Fragen der Programmausgestaltung oder des Haushaltsmitteleinsatzes abstimmen könnten. Mit dem vollen Stimmrecht entstünde zudem keine Gleichbehandlung, sondern eine Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Verbänden, die in den Begleitausschüssen nicht vertreten sind.
Die Linkspartei.PDS fordert, jeweils einen Begleitausschuss für die operationellen Programme des EFRE, des ESF und für den ELER einzusetzen. Zurzeit haben wir einen regionalen Begleitausschuss für alle EU-Fonds. Da die ELER-Verordnung für jedes EPLR einen Begleitausschuss vorsieht, wird die Landesregierung ab dem Jahr 2007 zwei Begleitausschüsse einrichten, einen für den ELER und einen für den EFRE und den ESF.
Eine weitere Aufspaltung hält die Landesregierung für uneffizient. Wir würden hiermit die fondsübergreifende Koordinierung und Steuerung der EU-Fonds erschweren, die Transparenz für alle Akteure beeinträchtigen und zusätzlichen Arbeitsaufwand schaffen. Drei Ausschüsse bedeuten nicht nur zusätzlichen Aufwand für die Verwaltung, sondern auch für die Sozialpartner. Viele würden in allen drei Ausschüssen vertreten sein, müssten dreimal anreisen, sich vorbereiten usw. Das entlastet die Verbände nicht.
Als dritten Punkt fordert die Linkspartei.PDS die Einrichtung einer Servicestelle, finanziert aus Mitteln für die Technische Hilfe. Sofern die Wirtschafts- und Sozialpartner der Begleitausschüsse die Einrichtung einer Servicestelle wünschen, können sie diese beantragen. Die Finanzierung aus Mitteln der Technischen Hilfe ist grundsätzlich möglich. Voraussetzung hierfür ist unter anderem der gemeinsame Antrag aller Wirtschafts- und Sozialpartner. Die Unterstützung einzelner Partner ist nicht möglich. Diese Auskunft wurde den Wirtschafts- und Sozialpartnern bereits wiederholt gegeben.
Eine solche zusätzliche Verwaltungsstelle ist jedoch keine Vorraussetzung für eine wirkungsvolle Mitarbeit in den
Begleitausschüssen. Die Wirtschafts- und Sozialpartner können sich wie bisher auch direkt an die Ministerien wenden. Über Nachfragen und die Diskussionen mit den Fachleuten in den Ministerien entsteht für beide Seiten ein Gewinn. Das wissen Sie, verehrte Abgeordnete, natürlich auch. Eine zwischengeschalte Verwaltungsstelle ist dem nicht dienlich. Wir wünschen den direkten Kontakt. - Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zur vereinbarten Fünfminutendebatte. Als erster Debattenredner hat der Abgeordnete der SPD Herr Tögel das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Minister hat bereits weitgehend auf die Forderungen der PDS geantwortet und hat auch Argumente dagegen geliefert. Ich will ein weiteres Argument hinzufügen, warum ich es auch persönlich für problematisch halte, wenn in den Begleitausschüssen jeder mit Stimmrecht vertreten wäre.
Die Verantwortung für die sachgerechte Vergabe von Strukturfondsmitteln der EU liegt bei der Verwaltungsbehörde, also beim Land. Das Land haftet gegenüber der Europäischen Union für die sachgerechte Mittelvergabe und muss unter Umständen Mittel, die nicht sachgerecht ausgegeben wurden, wieder zurückgeben. Wenn in den Begleitausschüssen mit Mehrheit gegen den Willen der Landesverwaltung entschieden wird, dann haben wir das Problem, dass unter Umständen Mittel für Dinge ausgegeben werden, von denen das Land bereits vorher weiß, dass diese bei der EU auf Probleme stoßen würden. Das Land würde sich selber Probleme organisieren, die nicht gut sind.
Ich denke, es kann auch den Sozialpartnern nicht recht sein, an dieser Stelle eine Verantwortung zu übernehmen, die ihnen nicht zusteht. Das Land kann die Verantwortung für Dinge, für die es letztlich haftet, nicht abgeben. Deswegen ist es sachgerecht, dass die Mehrheit bei der Landesverwaltung liegt und wir bei dem jetzigen Abstimmungsverfahren in den Begleitausschüssen bleiben.
Wir haben im Rahmen des Besuchs des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten in Brüssel gehört, dass die Europäische Kommission Sachsen-Anhalt für den vorbildlichen Umgang mit den Begleitausschüssen lobt, zum Beispiel dafür, dass die Begleitausschüsse öfter tagen als zwingend notwendig.
Ich will nur ein kleines bisschen Wasser in den Wein schütten, Herr Minister, und den Satz, den die Staatskanzlei, die Sie heute vertreten haben, aufgeschrieben hat, aus der Sicht des Parlamentes ein wenig kritisieren. Sie sagten, über jeden dieser Schritte wurden Sie, werte Abgeordnete, informiert und in den Fachausschüssen wurden die Inhalte diskutiert. - Das war natürlich ein langer und sehr mühsamer Weg, bevor wir dorthin gekommen sind.
Zeitnah war dieser Weg auch nicht immer. Ich erinnere mich insbesondere an das Ende der vorigen Legislaturperiode, als der damalige Finanzminister alles Mögliche
Es hat erst einer Diskussion im Landtag bedurft, dass der Ministerpräsident die Parole ausgegeben hat, dass Abgeordnete natürlich an den Sitzungen in den Regionen teilnehmen können. - Herr Kosmehl, ich verstehe Ihren Protest, dass Sie Herrn Paqué verteidigen, aber mir wurde gesagt, ich darf an der Veranstaltung in Stendal nicht teilnehmen.
Das ist ein Umgang mit dem Parlament, der sich mit der Aussage, dass wir über jeden Schritt informiert wurden, nicht völlig verträgt. Ich hoffe auf Besserung in der Zukunft, darauf, dass das Parlament immer zeitnah informiert wird, dass wir einbezogen werden
und in den Fachausschüssen die Möglichkeit haben - - Natürlich das ganze Parlament. Darin sehe ich überhaupt kein Problem. Ich denke, ich kann sehr wohl unterscheiden, an welcher Stelle das Parlament und an welcher Stelle die Regierungsfraktionen unter Umständen andere Aufgaben haben. Ich stehe zu der Rolle des Parlamentes.
Insofern stelle ich auch unseren Änderungsantrag hier vor. Ich bitte Sie, diesem zuzustimmen. Wir würden dann in den genannten Ausschüssen über die Fragen entsprechend informiert werden und könnten dann noch einmal darüber diskutieren. Insofern bitte ich, wie gesagt, um Zustimmung zu unserem Antrag.