Es kommt aber noch ein ganz praktischer finanzieller Aspekt hinzu, der die Mikrodarlehen der Investitionsbank in der gegenwärtigen Form als besonders attraktives Instrument für das Land erscheinen lässt. Das ist die Tatsache, dass sie von der KfW schlicht durchgeleitet werden und dass damit für das Land eine Haftungsfreistellung in Höhe von 80 % vorliegt. Das ist natürlich außerordentlich günstig. Das ist etwas, was bei anderen Konstruktionen meines Erachtens - nun habe ich das nicht im Detail geprüft - nicht möglich wäre.
Insofern wären wir wahrscheinlich nicht gut beraten, wenn wir mit größter Mühe in Anlehnung an das mecklenburg-vorpommersche Beispiel ein weiteres Instrument entwickeln würden. Das würde für die Investitionsbank oder wenn wir es letztlich im Gesamtkontext des Landeshaushaltes sehen, keine sinnvolle Entscheidung sein, weil wir in eine 100-prozentige Haftung gehen müssten.
Aber, meine Damen und Herren, ich will das noch einmal an dieser Stelle sagen: Diese Dinge sollte man im Detail im fachkundigen Gespräch im Ausschuss klären. Auch wir als FDP-Fraktion werden einer Ausschussüberweisung zustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich darf mich bei Herrn Professor Paqué herzlich bedanken. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Gürth das Wort. Herr Gürth, bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Dr. Thiel, Sie haben in Ihrer sorgfältig vorbereiteten und vorgetragenen Rede zu Recht angesprochen, dass es kritisch sei, dass in Deutschland die Selbständigenquote zu gering ist. Es ist auch richtig beschrieben worden, dass wir in Deutschland bei der Unternehmensfinanzierung ein Problem haben. Dieses haben wir allerdings nicht nur bei den Existenzgründern.
In der Tat haben wir festzustellen, dass wir nach Basel II, also dem letzten Baseler Akkord, in Deutschland und in der Europäischen Union die Unternehmensfinanzierung völlig auf das angelsächsische System umkrempeln, das kurzfristig angelegt ist, während in Deutschland die Unternehmensfinanzierung auf der Absicherung mit Sachwerten als Gegenwert aufgebaut war. Als Sicherheit für die Bank dienten Betriebsgrundstücke, Maschinen und Immobilien. Dieser Sachwert hat oftmals als Sicherheit genügt, um eine Existenz zu gründen und das als Sicherheit für die Finanzierung zu hinterlegen.
Mittlerweile gilt dies nicht mehr. Wir haben andere Kriterien. Wir haben Ratings, die auch andere Kriterien bei der Entscheidung mit veranschlagen, ob man ein Kreditengagement in der Bank bejaht. Unter dem Strich haben wir einige Jahre hinter uns, die für die deutsche Wirtschaft extrem kritisch waren, weil wir ein Unternehmensfinanzierungsproblem haben. Da ist auch eine entsprechende Kritik an die Adresse der deutschen Kreditwirtschaft berechtigt.
Aber schauen wir uns den Antrag der PDS-Fraktion einmal etwas näher an. In Ihrem Antrag, verehrter Herr Kollege Dr. Thiel, fordern Sie mit ESF-Mitteln finanzierte zusätzliche Fördermöglichkeiten. Entweder sollen bestehende Fonds erweitert oder ein neuer Fonds aufgelegt werden. In der Begründung beklagen Sie dann die Selbständigenquote bei uns im Land, wobei die Zahl, die Sie in der Begründung genannt haben, noch einmal zu hinterfragen ist, weil ich eine andere habe.
Dazu gehört aber auch - das will ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen -, dass wir im Jahr 2002, als die CDU die Regierungsverantwortung übernommen hat, eine Selbständigenquote von 6,6 % hatten. Damals waren Sie acht Jahre lang an der Regierung beteiligt gewesen, zumindest im Parlament mit den Mehrheiten, die diese Regierung ermöglichten. Im Jahr 2005 - nach rund vier Jahren - haben wir eine Selbständigenquote von 9,4 % erreicht. Das heißt, nach nur vier Jahren CDUgeführter Landesregierung hat eine Trendwende eingesetzt. Diese Trendwende wollen wir fortführen, jetzt auch mit dem neuen Koalitionspartner, der SPD.
Ich denke, darauf muss verwiesen werden. Wenn wir uns die 9,4 % anschauen und den Abstand bis zum Bundesdurchschnitt von 10,8 % sehen, dann, denke ich, kann man sagen, dass wir auf einem guten Weg sind, ohne alles rosarot zeichnen zu wollen.
Dasselbe betrifft auch andere wirtschaftliche Kennziffern, zum Beispiel die Insolvenzrate und die Gewerbestatistik. Der Saldo zwischen Gewerbeanmeldungen und Gewerbeabmeldungen war viele Jahre lang negativ. Er ist jetzt wieder seit einigen Jahren positiv, sodass die Selbständigenquote Gott sei Dank auch weiter ansteigt. Und das ist auch gut so. - Das ist der Stand heute.
Zu den Instrumenten, die Sie vorschlagen, verweise ich noch einmal auf die Sitzung des Beirats der IB - diese fand in dieser Woche statt - und auf einen Hinweis des Ministers für Wirtschaft und Arbeit. Mittel des ESF, so wie Sie es vorschlagen, sind nicht geeignet. Deren Einsatz im Sinne des in Ihrem Antrag formulierten Wunsches ist nicht möglich, weil wir mit der ESF-Verordnung vom 31. Juli 2006 Möbel, Betriebsmittel, Fahrzeuge und auch Infrastruktur, Grundstücke und Immobilien, ausge
schlossen haben. Dann blieben noch Personalkosten übrig, wenn wir ESF-Mittel für einen Fonds von Mikrodarlehen für Existenzgründer aufwenden wollten. Das wäre schon fast das Einzige, was noch möglich erscheint. Das ist aber nicht vernünftig.
Zweitens haben wir im Land bereits entsprechende Fonds. Wir haben Mezzanine-Darlehen und Mikrodarlehen für Existenzgründer und haben das so effizient geregelt, dass wir bei einem wesentlich geringeren Haftungsrisiko für das Land Sachsen-Anhalt zum Teil mehr an Unternehmensfinanzierung anbieten als andere Länder in Deutschland. Diese Politik sollte fortgeführt werden.
Das nächste und letzte von vielen Argumenten, die noch zu erwähnen wären: Man muss, wenn man darüber zu entscheiden hat, auch die Höhe des Gesamtaufwandes berücksichtigen. Wer trägt die Kosten für den Gesamtaufwand und trägt der Gesamtaufwand für die Bearbeitung von Mikrodarlehen, wenn sie weit unter 10 000 € liegen - wie in Ihrer Rede erwähnt -, letztlich nicht dazu bei, dass sich die Konditionen für alle anderen so nachhaltig verschlechtern, dass es sich für diese nicht mehr lohnt?
Alles in allem: Den Nobelpreis haben Sie nicht beantragt, Herr Dr. Thiel, nur eine Überweisung des Themas in den Ausschuss. Ich denke, es ist auch gut und richtig, über das Thema zu sprechen. Wir als CDU-Fraktion würden einer Überweisung in den Wirtschaftsausschuss durchaus zustimmen. Dann könnten wir vielleicht zusammen mit dem vorhergehenden Antrag über diese Thematik beraten. Die CDU-Fraktion empfiehlt eine Überweisung in den Ausschuss.
Herzlichen Dank, Herr Gürth. - Als letzter Debattenredner spricht Herr Dr. Thiel für die Fraktion der Linkspartei.PDS. Herr Dr. Thiel, bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit, noch einmal zu sprechen. Es ist das Schicksal des Politikers in diesem Hohen Hause, je nachdem, welche Farbkonstellation die günstige ist, entweder dafür beschimpft oder gelobt zu werden.
- Ja, genau. Im vorhergehenden Beitrag ist gesagt worden, ich möchte doch gefälligst die Erfahrungen von RotRot übernehmen. Jetzt wird gesagt, Rot-Rot in Mecklenburg-Vorpommern können wir nicht mehr so richtig übernehmen.
Ich nehme also das zur Kenntnis, Herr Minister Haseloff, was Sie gesagt haben, habe aber auch herausgehört, dass Sie zumindest bereit wären, noch einmal über diese Prüfungsmöglichkeiten nachzudenken. Denn es geht um die Erweiterung des Potenzials an Möglichkeiten, die wir für Existenzgründer vorhalten.
Herr Gürth, ich stimme Ihnen durchaus zu, wenn Sie sagen, wir haben schon eine ganze Menge. Aber es gibt eben bestimmte Bereiche, die wir noch nicht erfassen. Uns geht es darum, diese Lücken zu schließen und zu
versuchen, ein niedrigschwelliges Angebot zu initiieren. Ich rede nicht über einen Kredit von 1 000 €. Das ist sicherlich der falsche Ansatz. Aber in der Größenordnung von 8 000 € bis 10 000 € sollte es sich durchaus bewegen.
Ich würde auch dem Hinweis zustimmen, den Sie gegeben haben. Sie sagten, wir müssten noch einmal genauer hinschauen, ob eventuell die EFRE-Fonds die gleichen Möglichkeiten bieten, wie wir sie in Bezug auf den ESF angeregt haben.
Wenn wir schon bei der Selbständigenquote sind, Herr Gürth, dann gebe ich noch folgenden Hinweis: Wenn Sie auf die Erfolge seit dem Jahr 2002 verweisen, dann muss man sich einmal genauer anschauen, welche Existenzen gegründet worden sind. Ich bin sehr gespannt auf die Diskussion. Wenn wir über diese Dinge im Wirtschaftsausschuss sprechen werden, wird es wichtig sein, die unterschiedlichen qualitativen Ansätze von Existenzgründungen zu beachten und genauer zu beleuchten, woher die Zahlen kommen. Ich nehme an, Sie wissen, was ich damit sagen will.
Unser Antrag bezieht sich aber auf eine Berichterstattung und Diskussion im Wirtschaftsausschuss und gleichzeitig im Finanzausschuss. Wir haben deshalb auch die Diskussion im Finanzausschuss beantragt, um das Thema eines revolvierenden Kreditfonds mit zu berühren. Deswegen also die Bitte, es auch im Finanzausschuss mit zu prüfen. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Dr. Thiel. - Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Abstimmungsverfahren zu der Drs. 5/280. Es ist eine Überweisung in den Wirtschafts- und in den Finanzausschuss beantragt worden.
Meine Damen und Herren! Es ist die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss und in den Finanzausschuss beantragt worden. Ich lasse darüber einzeln abstimmen. Wer für die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen.
Wer ist für eine Überweisung in den Finanzausschuss? - Zustimmung bei der Linkspartei.PDS. Wer stimmt dagegen? - Ablehnung bei der Koalition und bei der FDP. - Ich lasse noch einmal abstimmen. Wer ist für die Überweisung in den Finanzausschuss? Den bitte ich um das Kartenzeichen.
- Ich habe jetzt noch einmal über die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss abstimmen lassen. Das habe ich gefragt. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Danke schön.
(Herr Tögel, SPD: Jetzt müssen wir zweimal dar- über reden! - Herr Tullner, CDU: Doppelt hält bes- ser!)
Damit ist die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss beschlossen und der Tagesordnungspunkt 16 ist damit erledigt, meine Damen und Herren.
Wahl von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern im Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt die Drs. 5/292, der gemeinsame Wahlvorschlag aller vier Fraktionen zur Wahl von Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern im Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt vor. Dieser gemeinsame Wahlvorschlag basiert auf § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt vom 22. März 2006.
Nach diesem Stiftungsgesetz und dem genannten Paragrafen sind auch Mitglieder des Landtages im Stiftungsrat vertreten. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift schlägt jede zum Zeitpunkt der Wahl bestehende Fraktion ein Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied zur Wahl in den Stiftungsrat vor.
Wie gesagt, ein abgestimmter Wahlvorschlag liegt Ihnen vor. Ich bitte im Namen der Fraktionen um Zustimmung zu diesem Antrag. - Danke schön.
Wir kommen dann zum Abstimmungsverfahren. Wer der Drs. 5/292 zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist dem zugestimmt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 20 verlassen. - Herzlichen Dank.