Protocol of the Session on December 10, 2009

Herr Dr. Köck, bitte.

Herr Stahlknecht, es geht um die Mittel, die Sie an die Grundzentren verteilen wollen. Von welchen Grundzentren gehen Sie da aus? Denn ab dem 1. Januar 2010 haben wir die Situation, dass es Gemeinden gibt, die zwei, teilweise sogar drei Grundzentren in ihren Grenzen haben. Es wird dann aber auch eine ganze Reihe von Gemeinden geben, in denen es kein Grundzentrum gibt.

So ist das Leben.

(Zuruf von der LINKEN: Echt?)

Wir können das Geld natürlich nur den Kommunen geben, die Grundzentren haben. Wenn in einer Einheitsgemeinde kein Grundzentrum ist, versteht es sich von selbst, dass ein Anteil an den 11 Millionen € dorthin nicht ausgereicht werden kann.

(Oh! und Lachen bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Das ist so! - Herr Franke, FDP: Nee!)

- Jawohl, das ist so. Wenn wir sagen, dass 11 Millionen € für die Grundzentren vorgesehen sind, dann muss ein Grundzentrum vorhanden sein, damit das Geld dorthin fließen kann. Dazu werde ich Ihnen an dieser Stelle nichts anderes sagen.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Wir werden in Zukunft auch darüber nachdenken müssen, wie viele Grundzentren wir in diesem Land noch haben werden. Das werden möglicherweise weniger werden. Gleichzeitig würde der Anteil der Mittel größer, die dann in Form von Zuweisungen an diejenigen Grundzentren, die übrig bleiben, ausgereicht werden können.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Das war der Debattenbeitrag der Fraktion der CDU. Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Wir haben damit die Debattenbeiträge abgeschlossen. Herr Ministerpräsident Professor Böhmer hat um das Wort gebeten. Herr Ministerpräsident, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind einige doch sehr kritische Äußerungen auch gegenüber der Landesregierung gemacht worden. Ich fühle mich schon verantwortlich für das, was diese Landesregierung tut, und bin auch bereit, diese Verantwortung vor Ihnen wahrzunehmen.

Wenn hier gesagt wird, es wäre ein patriarchalisches Amtsverständnis, wie wir mit den Kommunen umgehen - Herr Stahlknecht hat ja schon darauf geantwortet -, dann trifft mich das schon und dann will ich wenigstens so viel sagen: Wir haben für dieses Gesetz kein Lob erwartet, weil wir wussten, dass wir eigene, uns selbst gesetzte Ziele nicht voll erreichen würden. Aber wir haben wenigstens einen Anspruch auf eine faire Beurteilung

der Probleme. Dies muss ich an dieser Stelle auch gegenüber den Kritikern anmahnen dürfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben uns im Koalitionsvertrag vorgenommen, das FAG in Anlehnung an das Thüringer Verfassungsgerichtsurteil zu novellieren. Das werden übrigens früher oder später alle Länder in Deutschland tun müssen.

Die Kollegen in Thüringen haben damit begonnen. Sie haben als Erste festgestellt, dass das in einem Ritt nicht zu schaffen ist, weil damit problematische Regelungen geschaffen würden, die in dieser Form nicht umsetzbar sind und die auch nicht zumutbar sein würden. Wir haben die gleiche Erfahrung gemacht. Deswegen wissen wir, dass wir dieses Ziel nur schrittweise werden erreichen können.

Wir haben aber den ersten Schritt in diese Richtung getan; wir haben eine Revisionsklausel eingebaut. Wir wissen, dass spätestens für 2012 eine Revision notwendig ist und dass wir damit, wenn nicht im Jahr 2010, dann aber spätestens im Jahr 2011 werden beginnen müssen, auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem Gesetz in der Fassung, wie wir es Ihnen vorgeschlagen haben.

Wir haben diesen Gesetzentwurf bewusst vor der Sommerpause in den Landtag einbringen wollen. Wir haben im Kabinett darüber diskutiert und haben am Ende entschieden, diesen Gesetzentwurf, ohne ihn im Kabinett ausdiskutiert zu haben, in den Landtag einzubringen und die Diskussion als Landesregierung zu begleiten, weil wir den Gesetzentwurf ansonsten frühestens in der Landtagssitzung im September 2009 hätten einbringen können, wir dann aber kaum hätten erwarten können, dass der Landtag das Gesetz im Dezember 2009 verabschieden würde.

Deswegen möchte ich ausdrücklich wiederholen, was der Innenminister schon gesagt hat: Wir sind den Kolleginnen und Kollegen aus den Koalitionsfraktionen dankbar, die diese Diskussion in den letzten Wochen und Monaten mit sehr viel Engagement und Zeitaufwand geführt und einen Konsens gesucht haben.

Wir haben als Landesregierung versprochen, sie dabei zu begleiten - das hat das Innenministerium auch gemacht -, weil wir der Meinung waren, dass wir diese schwierige Operation nur gemeinsam werden zum Erfolg führen können. Dies möchte ich hier auch ganz deutlich sagen.

Die Drohung, wenn das Gesetz heute keine Mehrheit finden würde, würde die Regelung von 2008 weiter gelten, ist keine Drohung der Landesregierung oder von einem Minister oder von wem auch immer; das ist die Rechtslage. Dann muss man eben mit dem leben, was dann gilt.

Der Innenminister hat zu Recht die Geschichte der Gesetzgebung zum FAG in Sachsen-Anhalt erwähnt. Ich möchte wenigstens die Rahmenbedingungen aufzeigen, damit jeder weiß, in welcher Situation wir uns derzeit befinden.

Heute tagt der Finanzplanungsrat, weshalb der Finanzminister nicht anwesend sein kann. Ich kenne die Unterlagen für den Finanzplanungsrat. Diesen ist zu entnehmen, dass Deutschland, und zwar Bund, Länder, Gemeinden und die Sozialkassen, in diesem Jahr ein Defizit von 97,5 Milliarden € wird hinnehmen müssen und

dass auf der Grundlage der bisherigen Planungen das Defizit im Jahr 2010 auf schätzungsweise 144,5 Milliarden € ansteigen wird.

Meine Damen und Herren! Das passt mir genauso wenig wie Ihnen. Aber weder die Landesregierung noch Sie können das durch irgendwelche Beschlüsse verändern. Unter diesen Bedingungen müssen wir leben.

Wenn jetzt jemand gesagt hätte - ich habe es nicht gehört -: „In einer solchen Zeit wollt ihr die Schicksalsgemeinschaft der Kommunen mit dem Land im Steuerverbund aufheben; seid Ihr denn verrückt?“, dann hätte ich auch diesen Einwand ernst genommen; denn am leichtesten lässt sich ein solches Schicksal der nächsten Jahre durchsteuern, wenn man sagt: Wir bleiben in dem gemeinsamen Schicksalsverbund und ändern erst einmal nichts.

Trotzdem haben wir gesagt: Wir versuchen auch in der gegenwärtig angespannten Haushaltssituation des Landes, die Kommunen zulasten des Landeshaushaltes zumindest teilweise vor diesem vorhersehbaren Schicksal zu bewahren. Wir haben das mit diesem Gesetzentwurf, den wir mit den Koalitionsfraktionen gemeinsam erarbeitet haben, zu erreichen versucht,, und bieten es Ihnen heute zur Abstimmung an.

Das ist eine partielle Freistellung der Kommunen unseres Landes von dem gemeinsamen vorhersehbaren Schicksal, dass es erhebliche Steuermindereinnahmen geben wird, und das ist allerhand.

(Zurufe von der CDU: So ist es! - Eben!)

Ich sage in Richtung der Damen und Herren vom Städte- und Gemeindebund: Wir wollen dafür nicht gelobt werden; aber ich habe die herzliche Bitte, es wenigstens fair zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Herr Heft, DIE LINKE: Was soll denn das?)

Natürlich kann man vieles auch anders machen. Wer immer mit dem Verfassungsgericht droht - - Ich habe nichts dagegen. Gerichte helfen bei der Herstellung eines Rechtszustandes. Noch kein Verfassungsgerichtsurteil hat bisher aber dazu geführt, dass sich das Geld vermehrt hat; auch das muss man ganz deutlich sagen.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Es führt dann nur zu einer anderen Verteilung der Mittel.

Dass wir dieses Ziel bisher nicht rigoros durchgesetzt haben, hing damit zusammen, dass viele kleine Gemeinden weniger Geld bekommen würden, wenn wir das so rigoros gemacht hätten; das ist so.

(Zuruf von der LINKEN: Kriegen sie jetzt auch!)

Aber auch auf der Grundlage der jetzt vorgesehenen Regelung gibt es Kommunen, die weniger Mittel erhalten. Das leugnen wir nicht; wir können doch genauso Zahlen lesen wie Sie.

(Zuruf von der LINKEN)

Aber der größere Teil, der deutlich größere Teil bekommt mehr. Nicht alle, aber viele Kommunen bekommen mehr, als wenn die alte Gesetzesgrundlage aus dem Jahr 2008 weiter gelten würde; auch das ist richtig.

Es ist sehr viel über Verteilungsprobleme gesprochen worden; wir diskutieren das ja seit 1991. Man darf auch nicht vergessen, dass außerhalb des FAG noch eine

ganze Menge Geld durch gesetzlich vorgeschriebene und durch gesetzlich nicht vorgeschriebene, also freiwillige Leistungen und durch Verträge in die Kommunen fließt.

Man kann wirklich vieles anders machen. So wird zum Beispiel die Theaterförderung in Sachsen völlig anders geregelt als bei uns. Das kann man machen. Man kann sagen: Wir geben mehr Geld in den FAG-Topf und dann müssen die einzelnen Gemeinden Kulturregionen bilden, und sie müssen es abliefern, damit das finanziert werden kann. Jede Theaterkarte, die in Magdeburg verkauft wird, wird von der Stadt und vom Land zusammengenommen mit 105 bis 108 € subventioniert. Das kann man alles anders machen; das ist richtig. Darüber müssten wir dann hier reden.

Das Gleiche gilt für die kommunale Investitionspauschale. Ich kann gut damit leben, dass man sagt: Wir geben von dem bisschen Geld, das wir haben, mehr an die Kommunen, und jeder, der GA-Förderung vom Bund oder EU-Förderung von der EU haben will, der muss es aus dem eigenen Topf kofinanzieren; sonst kriegt er nichts. Das kann man machen.

Dass wir die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahren einigermaßen hinbekommen haben, hing aber auch damit zusammen, dass wir das nicht gemacht haben. Ich kenne vielleicht fünf, sechs oder zehn Kommunen, die sich das leisten könnten. Die anderen könnten es nicht. Das bitte ich einfach nicht zu vergessen.

Es war weder Trotz noch Eigennutz, noch war es das Bedürfnis, uns zulasten der Kommunen das Leben leicht zu machen, wenn wir es so wie bisher verteilt haben und gesagt haben: Wir sind auch für die wirtschaftliche Entwicklung in allen Regionen unseres Landes verantwortlich. Dazu brauchen wir Geld zur Kofinanzierung. Das muss man einfach wissen.

Als das Land allein bei dem Konjunkturprogramm 50 % der notwendigen Kofinanzierungsmasse übernommen hat - konkret waren es jeweils 12,5 % -, habe ich von niemandem gehört, der gesagt hätte: „Das ist aber nett von euch“, sondern alle haben gesagt, es könnte mehr sein. Gleichwohl hat das dabei geholfen, dass sich bis in die kleinste Gemeinde hinein etwas bewegt hat.

Wir wollen das Entschuldungsprogramm aus dem Kofinanzierungstopf von Bund und Ländern - netto sind das etwa 68 Millionen € - zur Entschuldung der Kommunen und nicht zur Entschuldung des Landes einsetzen. Das macht sonst kein Land, weder Bremen noch das Saarland oder sonst jemand. Wir jedoch versuchen, das auf den Weg zu bringen.

Das Problem ist nur, dass wir das Geld verlieren, wenn wir selbst den Konsolidierungspfad nicht einhalten. Deswegen werden wir auch weiterhin untereinander unsere Schwierigkeiten haben, einen bestimmten Mangel gleichmäßig zu verwalten und zu verteilen.

Auf diesem Weg machen wir Ihnen einen Vorschlag, den ich für zumutbar und mehrheitsfähig halte und von dem ich der Meinung bin, dass er uns helfen wird, die vorhersehbar schwierigen Jahre - es ist damit zu rechnen, dass die Steuerneinnahmen nicht vor 2013 wieder so hoch sein werden, wie sie im Jahr 2008 waren - gemeinsam mit unseren Kommunen auf der Grundlage eines fairen Verteilungsmodus durchzustehen. Ich glaube, dafür ist das ein fairer Vorschlag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)