Protocol of the Session on December 10, 2009

- Ja, da kam aber nichts. Herr Wolpert, wir haben auch einmal zusammen regiert. Wenn ich mir vorstelle, Sie würden zu dem einen oder anderen Minister gehen und sagen, ich nehme dir mal 50 Millionen € weg, dann wüssten Sie, wie das Leben funktioniert.

(Frau Budde, SPD, lacht - Zuruf von der FDP)

Zumindest ist ja bei Ihnen noch eine gewisse Seriosität zu erkennen, weil Sie sagen: Wir nehmen das Geld aus dem System.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Na klar!)

Bei Ihnen, meine Damen und Herren von den LINKEN, passiert doch Folgendes: Sie gehen in jeden Politikbereich und sagen staatstragend - Herr Gallert, das können Sie richtig gut -, wo man etwas besser machen kann.

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

- Ja, das erkenne ich ja auch an. Jetzt kommt aber der zweite Teil. Dabei werden Sie mir gleich nicht mehr zustimmen.

Wenn es darum geht, wie Sie das, was Sie vorschlagen, finanzieren wollen, schwingt König Populismus fröhlich sein Zepter, weil Sie niemandem erklären können, woher das Geld kommen soll. Bei diesen Fragen gilt bei Ihnen - anders als bei der FDP -, was die finanzielle Ausstattung Ihrer den Wählern und Wählerinnen genannten Wünsche angeht, doch mittlerweile der Grundsatz: egal - völlig egal - scheißegal.

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist doch der Grundsatz, mit dem Sie am Ende versuchen, Politik zu machen.

(Zuruf von der LINKEN)

Lassen Sie mich noch, Herr Gallert, auf die Frage zu der Kfz-Steuer antworten. Die Übertragung hat zum 1. Juli 2009 stattgefunden. Damit sind es 24 Millionen €, nämlich 22,3 %, die am Ende auch sachgerecht ausgewiesen worden sind.

(Zuruf von Herrn Grünert, DIE LINKE)

Wir werden im Jahr 2012 weitere Diskussionen über die Aufgabenzuweisung an die Kommunen führen müssen. Dazu gehört aber auch - sowohl hier im Hause als auch in den Kommunen -, darüber nachzudenken, welche Standards wir uns leisten können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Wenn Sie davon ausgehen, dass das Land SachsenAnhalt einen Steuerdeckungsgrad von derzeit 50 % und abschmelzend auf 45 % hat und wir die Kommunen, ausgehend von dem, was in den Jahren 2009/2010 bei Fortgeltung des alten FAG zur Verfügung stünde, mit einem Deckungsgrad von 80 % ausstatten, dann, denke ich, können Sie sehen, dass die Kommunen gut ausgestattet sind.

Wenn Sie die Absenkung des Steuerdeckungsgrades des Landes von 50 auf 45 % nehmen und wir garantieren gleichzeitig eine steuerkraftunabhängige Zuweisung an die Kommunen, dann ist das so ähnlich wie eine Gewinnausschüttungsgarantie unabhängig vom Betriebsergebnis.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Man muss doch den kommunalen Spitzenverbänden, deren Vertreter dort oben sitzen, auch einmal sagen, dass sie jetzt über die nächsten Jahre sicher planen können.

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, dem Gesetz zuzustimmen. Wie gesagt, wir werden das System fortentwickeln. Es gibt auch Kolleginnen und Kollegen bei uns, die ab dem Jahr 2012 darüber nachdenken wollen, wenn wir rein aufgabenbezogen zuweisen und einige Kommunen im ländlichen Raum dadurch in eine schwierige finanzielle Situation geraten, möglicherweise

einen regionalen Entwicklungsfonds für strukturschwache Regionen zu bilden.

(Beifall bei der CDU - Herr Schulz, CDU: Das ist eine gute Idee!)

- Ich denke, dass das eine gute Idee sein wird. Deshalb habe ich neulich in dem Interview gesagt: Wir wollen, wir werden ab dem Jahr 2011 weiter regieren. Dann werden wir uns für diese Dinge einsetzen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Herr Stahlknecht, Ihre Äußerung hat natürlich zu Widerspruch geführt.

Ich nehme die Rüge an.

Herr Gallert hat um das Wort gebeten. Bitte schön.

Ich will nur auf zwei Bemerkungen von Ihnen eingehen, Herr Stahlknecht. Die eine war die Geschichte mit der Gewinnausschüttung. Wissen Sie, was der grundhafte Fehler dieser Wahrnehmung ist? Das, was die Kommunen an Geld von uns bekommen, bekommen sie nicht im Sinne eines mittelalterlich-patriarchalischen Verhältnisses nach dem Motto: Wir tun denen mal etwas Gutes,

(Zustimmung bei der FDP)

sondern sie bekommen das, weil sie von uns Aufgaben aufgedrückt bekommen haben, für deren Wahrnehmung sie einen Anspruch darauf haben, Geld zu bekommen.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der FDP)

Diese haben ausgerechnet, je nach dem kommunalen Spitzenverband, dass diese Summen 1,85 oder 1,94 Milliarden € betragen würden. Das ist die Differenz, über die wir uns hier unterhalten.

Deshalb können wir ihnen bei einer Summe von 1,58 Milliarden €, die sich jetzt aufgrund der verschiedenen Dinge ein wenig verändert hat, nicht sagen: Nun seid aber froh und glücklich mit diesem Geld, ansonsten geben wir euch möglicherweise noch viel weniger! - Das suggeriert eine Handlungsfreiheit des Landes gegenüber den Kommunen, die einfach nicht mehr existiert. - Das ist Punkt 1.

Punkt 2. Wir können uns auch in der nächsten Sitzung des Ältestenrates über die moralischen Seiten der verschiedenen Abgeordneten in diesem Landtag unterhalten. Aber bestimmte Begrifflichkeiten würde ich hier nicht verwenden. Herr Stahlknecht, da Sie es jetzt getan haben, frage ich mich, wann sich die CDU-Fraktion das nächste Mal wieder über das Verhalten von Abgeordneten bitterlich beschweren wird, wenn es der Würde des Hauses nicht angemessen ist. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Stahlknecht.

Lieber Herr Gallert, zu dem Vorgang, dass sich die Kollegin Dirlich neulich bückte,

(Zuruf von Herrn Höhn, DIE LINKE)

um die Zettel, die von der Tribüne heruntergeregnet waren, zu verteilen, äußerte Ihr parlamentarischer Geschäftsführer im Ältestenrat, dass diese Bücksituation allein dem Reflex der Höflichkeit geschuldet gewesen sei, und da Sie so höfliche Abgeordnete hätten, habe sie es aus Höflichkeit getan.

Ich sage Ihnen nicht, dass ich den Begriff aus Höflichkeit verwendet habe. Sehen Sie es als einen anlassbezogenen, situativen Eingriff meinerseits an, der sich nicht wiederholen wird. Aber ich rekurriere jedenfalls nicht so wie Sie darauf, dass ich den Leuten sage, es sei Höflichkeit gewesen.

(Zustimmung von der CDU - Zurufe von der LIN- KEN, von Herrn Kosmehl, FDP, und von Herrn Franke, FDP)

Zu dem anderen Punkt, den Sie angesprochen haben. Es geht hier nicht um patriarchalische Verhältnisse, sondern es geht hier am Ende um die Gesamtverantwortung für das Land und für den Haushalt.

(Herr Lange, DIE LINKE: Stimmt doch gar nicht! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Wenn Sie sich Gedanken darüber machen - deshalb habe ich ganz bewusst begrifflich provoziert; dazu stehe ich auch -, dass wir nur noch einen politischen Gestaltungsspielraum von ungefähr 8 oder 9 Milliarden € haben, dann müssen Sie, Herr Gallert, die Frage beantworten, wie Sie einen Mehrbedarf von möglicherweise 200 Millionen €, den Sie den Kommunen zugestehen wollen, finanzieren wollen. Sie müssen diesem Hause und zukünftigen Generationen die Frage beantworten, wer dann die Zinsen und den Kapitaldienst zu tragen hat; denn dadurch, Herr Gallert, reduziert sich am Ende der politische Gestaltungsspielraum - egal, wer hier vorne einmal die Regierungsbänke besetzen wird.

Ich denke, es ist unser aller Aufgabe zu sagen: Wir wollen den Gestaltungsspielraum so groß wie möglich halten und müssen deshalb die weitere Neuverschuldung vermeiden. Das geht nur gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden.

Ich gebe Ihnen, Herrn Gallert, insoweit Recht, als auch wir darüber werden nachdenken müssen, welche Standards wir den Kommunen zukünftig auferlegen und welche nicht. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Stahlknecht, es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Dr. Köck. Wollen Sie diese beantworten?

Herr Dr. Köck, bitte.