Protocol of the Session on November 12, 2009

Sehr verehrte Frau Hüskens, ich will darauf jetzt nicht durch einen Redebeitrag antworten. Aber wenn wir das alles so gemacht hätten, wie Sie das jetzt gesagt haben, womit hätten Sie denn dann Wahlkampf gemacht?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Wir kommen dann zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Aber bevor ich die Debatte eröffne, will ich Schülerinnen und Schüler des Fallstein-Gymnasiums Osterwieck auf unserer Tribüne begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Ich eröffne jetzt die Debatte mit dem Beitrag der FDP. Herr Wolpert, Sie haben das Wort. Bitte.

Herr Ministerpräsident, mich hat schon beeindruckt, mit welcher Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit Sie diese Debatte noch abgeschlossen haben. Aber es tut wirklich gut, einen Schuss Humor dabei zu haben. So, denke ich, kann man auch verstehen, was Frau Budde hier gemacht hat.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, genau 18 Tage nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages durch die Vorsitzenden der drei regierungstragenden Parteien wird der Landtag von Sachsen-Anhalt nun mit einer Aktuellen Debatte zum Thema Auswirkungen der CDU/CSU-FDP-Koalitionsvereinbarung des Bundes auf Sachsen-Anhalt konfrontiert. Ich werde Ihnen nicht vorwerfen, Frau Budde, dass Sie in den zehn Minuten die 124 Seiten nicht vollends beleuchten konnten. Aber ich werfe Ihnen schon vor, dass Sie Dinge beleuchtet haben, die überhaupt noch nicht feststehen.

Aber, meine Damen und Herren, fangen wir von vorne an. Wo standen wir denn vor 18 Tagen, als die Tinte unter dem Vertrag zwischen CDU/CSU und FDP langsam trocknete? - Wir hatten das Ergebnis einer Steuerpolitik der letzten elf Jahre unter Rot-Grün und Schwarz-Rot, aber immer unter einem SPD-Finanzminister, die dafür gesorgt hat, dass trotz erheblicher Steuererhöhungen die Neuverschuldung ständig, auch ohne Krise, in die Höhe getrieben worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben von Ulla Schmidt seit acht Jahren eine Gesundheitspolitik genossen, die zu einer Verschlechterung des Zugangs zum System und zu einer Beitragserhöhung auf gesamter Breite geführt hat und den Gesundheitsfonds, der hoffentlich bald abgeschafft werden kann, mit sich brachte.

Wir haben eine Weltwirtschaftskrise - an der ist die SPD nun nicht schuld, obwohl man auch daran, was die Finanzaufsicht betrifft, zweifeln könnte - und wir haben eine Finanzkrise. Wir haben verunsicherte Bürger, und wir haben Politiker, die wie die Hasen bei der Jagd scheinbar kopflos zwischen Neuverschuldung und Steuererhöhung hin und her jagen.

Meine Damen und Herren! Die Koalition aus Union und Liberalen im Bund hat die Bewältigung der derzeitigen

Finanz- und Wirtschaftskrise zum entscheidenden Ziel erklärt. Dieses Ziel wird allerdings nur erreicht werden, wenn es gelingt, das für den Aufschwung nötige Wachstum zu generieren. Getragen werden kann dieser Aufschwung nur durch die Bürger des Landes, auch durch die Bürger von Sachsen-Anhalt.

Wenn man weiß, dass lediglich 10 % aller Investitionen durch die öffentliche Hand getätigt werden und die verbleibenden 90 % im privaten Sektor sind, dann können Sie erkennen, welchen Hebel Sie in der Hand haben: einen sehr, sehr kurzen! Wenn man Wachstum generieren will, gilt es möglichst viel Gestaltungsspielraum in den privaten Bereich hineinzutragen. Im Klartext: Steuern runter, Beiträge senken!

(Beifall bei der FDP)

Deshalb war es richtig, dass Schwarz-Gelb die bereits beschlossenen Steuerentlastungen zum 1. Januar 2010 umsetzt, durch ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz ergänzt und im Jahr 2011 mit einer Einkommensteuerreform fortsetzt. Die Alternative dazu wäre ein Weiter-so. Das hieße mehr Staatsverschuldung, höhere Steuern und Abgaben für die Bürger. Wir würden damit den letzten Gestaltungsspielraum, um in einer globalisierten Welt mithalten zu können, verspielen. Die Chancen, die der Koalitionsvertrag enthält, sind deshalb alternativlos. Wer, wenn nicht wir, Union und FDP, sollte diese Chancen bieten, und wann, wenn nicht jetzt, so frage ich Sie ernsthaft.

(Beifall bei der FDP)

Worin bestehen nun die Chancen? Was können die Bürger nun erwarten?

(Zurufe von der LINKEN)

- Ja, mit den LINKEN, das muss ich sagen, ist schwer zu diskutieren. Die Vorschläge, die ich im Wahlkampf gehört habe, waren so lächerlich, dass es sich nicht lohnt, darauf einzugehen.

(Oh! bei der LINKEN)

Wir entlasten zuallererst Familien, die Keimzellen unserer Gesellschaft. Die Erhöhung des Kinderfreibetrages auf 7 008 € sowie die Anhebung des Kindergeldes um 20 € schaffen vielen Familien notwendige und überfällige Entlastungen und geben ihnen die Chance, sich aktiv am Aufschwung zu beteiligen.

(Beifall bei der FDP)

Ja, wir wissen auch, dass rund 20 % der Familien von Armut bedroht sind. Und ja, auch um diese Familien müssen wir uns kümmern. Aber, meine Damen und Herren, diese Familien allein prägen nicht unser Familienbild. Es gibt ein Vielfaches an Familien, die mit harter Arbeit versuchen, Teilhabe am Wohlstand zu erkämpfen. Um diese Familien gilt es sich auch zu kümmern. Diese Familien bekommen von uns den Gestaltungsspielraum, den sie brauchen, um die Teilhabe zu erlangen.

(Beifall bei der FDP - Frau Budde, SPD: Und Sie nehmen es ihnen wieder weg! Das ist doch Lug und Trug!)

Meine Damen und Herren! Acht Jahre Ulla Schmidt haben schmerzhafte Spuren hinterlassen. Leistungseinschnitte oder weitere Beitragserhöhungen wären die Folgen eines Weiter-so in der Gesundheitspolitik. Der wieder einsetzende Wettbewerb der Kassen wird nun die

Möglichkeit schaffen, künftig die Beiträge wieder zu senken.

Durch das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrages erhalten die Versicherungen eine verlässliche Größe und die Unternehmer kalkulierbare Kosten. Die Abkoppelung des Arbeitnehmerbeitrages vom Einkommen führt hingegen zu einem Mehr an Gestaltungsfreiheit für den Einzelnen.

Wettbewerb, Planungssicherheit und Gestaltungsspielraum - das sind Chancen, die der Koalitionsvertrag bietet.

(Frau Budde, SPD: Solch ein Unsinn!)

- Ich sehe ja ein, Frau Budde, dass Sie gerne nur die Risiken sehen. Aber ich bin jetzt da, um Ihnen die Chancen aufzuzeigen.

(Frau Budde, SPD: Was sind denn das für Chan- cen? - Zuruf von der FDP: Hört doch mal zu! - Weitere Zurufe)

Lassen Sie doch bitte den Redner reden!

Danke, Herr Präsident. Ich komme schon zurecht.

Dabei bekennt sich die Koalition zum bestehenden Leistungskatalog. Am Standard und an der Qualität der medizinischen Versorgung wird sich nichts ändern, ebenso wenig am sozialen Ausgleich. Wie dieser Ausgleich genau aussehen wird, darüber kann man viel spekulieren. Wir sollten abwarten, was die Reformkommission bringt.

Ziel muss es aber sein, den Menschen in unserem Land auch im Gesundheitsbereich wieder mehr Gestaltungsfreiheit zu geben und das eigenverantwortliche Handeln zu belohnen. Dies ist eben nicht der Weg in die oft befürchtete Zweiklassenmedizin. Wir beseitigen vielmehr die bereits vorhandene Zweiklassenversorgung im bestehenden System.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Was wird noch geschehen? - Schwarz-Gelb wird den Mehrwertsteuersatz für Übernachtungen im Hotel- und Gaststättengewerbe von 19 % auf 7 % senken

(Frau Budde, SPD: Da haben sich die Bayern durchgesetzt!)

und damit auch der für Sachsen-Anhalt so wichtigen Tourismusbranche notwendige Impulse geben.

Schwarz-Gelb korrigiert die Unternehmenssteuerreform und entlastet mit der Lockerung der Zinsschranke den Mittelstand bei der Kreditbeschaffung. Unsere heimische, in starkem Umfang mittelständisch geprägte Wirtschaft wird davon spürbar profitieren. Schwarz-Gelb gibt den Unternehmen die nötige Freiheit zurück, die in den letzten Jahren leidvoll abhanden gekommen ist.

Schwarz-Gelb wird in den kommenden Jahren 12 Milliarden € zusätzlich in die Bildungssysteme investieren. Und die stehen nicht unter Finanzierungsvorbehalt.

(Beifall bei der FDP)

Auch die Bildungseinrichtungen in unserem Land werden davon profitieren.

Schwarz-Gelb sorgt für mehr Gerechtigkeit und verdreifacht das Schonvermögen bei Hartz-IV-Empfängern,

(Beifall bei der FDP)

weil es eben ungerecht war, Menschen zu bestrafen, die sich jahrelang verantwortungsvoll verhalten haben und sich um die Altersvorsorge selbst bemüht haben. Gleiches gilt für die Reform der Erbschaftsteuer, die endlich Geschwister, Nichten und Neffen entlastet und den Übergang von Familienunternehmen erleichtert.

Meine Damen und Herren! Sie werden überrascht sein, aber auch davon wird Sachsen-Anhalt profitieren. Schwarz-Gelb ist eben nicht das Schreckgespenst, das mit sozialer Kälte über das Land hinwegfegt. Ein solches Schreckgespenst aber braucht die Sozialdemokratie im Bund und auch in unserem Land so dringend, um sich neu profilieren zu können.

(Beifall bei der FDP)

Ich bedauere, liebe Kollegen von der Sozialdemokratie, da können wir Ihnen nicht helfen.

Schwarz-Gelb bietet Chancen auf breiter Ebene und für alle Bürger. Die Menschen, die sich glücklich schätzen können, in einem CDU-FDP-regierten Bundesland leben zu können - das sind inzwischen 60 Millionen Menschen -, wissen das. Sie wissen, dass das Land bei einer Regierungsübernahme durch eine schwarz-gelbe Reformkoalition eben nicht in sozialer Kälte erstarrt.