Protocol of the Session on November 12, 2009

aus Gehässigkeit geschaffen worden. Alle Passagen sind nur aus Gutmütigkeit aufgenommen worden, um diese und jene besondere Lebenssituation im Einkommensteuerrecht noch abzubilden, dies immer mit der Absicht, noch mehr Gerechtigkeit hineinzubekommen.

Wer das vereinfachen will - ob nun in Stufen oder nicht; das ist ja erst einmal egal -, der muss bereit sein, ein Steuerrecht mit weniger Einzelfallgerechtigkeit zu schaffen. Darauf bin ich gespannt. Da bin ich wirklich gespannt, wie das laufen wird. Das wird wahrscheinlich nur eine große Mehrheit schaffen und sie wird es nur dann schaffen, wenn die Steuersätze dies zulassen.

So etwas bekommt man in allen Parlamenten der Welt nur dann hin, wenn niemand ein Verlierer in diesem System ist.

(Zuruf von der CDU: Eben!)

Die gegenwärtige Situation ist nicht unbedingt dafür geschaffen.

Es ist ja richtig, dass das Einkommensteuersystem und die gegenwärtige Kurve mit dem Mittelstandsbauch nicht gerecht ist, dass das eine Progression beinhaltet, die alle abschaffen wollen. Nur muss ich, meine Damen und Herren, als jemand, der noch ein bisschen mit der Algebra zu tun hat, ehrlich sagen: Wenn wir Stufen machen - egal ob drei oder fünf Stufen -,

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

wird bei denen, die kurz vor der nächsten Stufe sind, die nächste Lohnerhöhung dazu führen, dass sie hochrutschen und dann aufgrund des höheren Steuersatzes mehr an Steuern zahlen müssen als das, was sie möglicherweise an Tariferhöhungen bekommen haben. Also, da bin ich noch ganz vorsichtig.

(Widerspruch bei der FDP - Herr Scharf, CDU: Natürlich! - Frau Budde, SPD: Ja! - Herr Kos- mehl, FDP: Nein! - Herr Kley, FDP: Sie haben es nicht begriffen, das System! - Frau Budde, SPD: Aber Herr Kley hat es begriffen!)

- Ja, ist ja gut, ist ja gut. - Ich sage nur: Ich bin mal gespannt, wie das ausgehen wird,

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

weil ich mir diese Diskussion seit inzwischen 20 Jahren anhöre. Da habe ich schon so viele Leute mit so vielen guten Gedanken gehört,

(Herr Franke, FDP: Durchlaufen! - Weitere Zurufe von der FDP)

die die Welt verbessern wollten. Nur: Sie haben es nicht hinbekommen.

Deswegen sage ich: Ich halte es für richtig, dass darüber nachgedacht wird. Die jetzige Koalition hat sich vorgenommen, nach der nächsten Steuerschätzung im Mai 2010

(Frau Budde, SPD: Nach der Nordrhein-West- falen-Wahl!)

- wenn das zeitlich zusammenfällt, Frau Budde;

(Frau Budde, SPD: Wie günstig!)

wir kennen doch die Politik, nicht, und wissen, wie das nun einmal ist - eine Kommission einzusetzen, die sich damit befassen soll. Bevor es dort Ergebnisse geben

wird, werden wir hier noch häufig Gelegenheit haben, darüber nachzudenken.

(Minister Herr Dr. Daehre: Nach unserer Wahl! - Herr Bischoff, SPD: Ja, nach unserer Wahl!)

Aber ich will auch noch ganz deutlich sagen: Allein auf diese Probleme, auch auf den Reformbedarf im Gesundheitswesen, die Gesamtbewertung dieses 124 Seiten dicken Koalitionsvertrages zu begrenzen, ist nur aus einer bestimmten Oppositionssicht heraus gerechtfertigt; denn darin sind viele Aspekte enthalten, die uns das Leben etwas leichter machen können, so zum Beispiel die Förderung der alternativen Energiegewinnung, die Biokraftstoffgewinnung und all diese Maßnahmen und Faktoren, von denen wirtschaftliche Strukturen bei uns in Sachsen-Anhalt in ganz erheblicher Weise abhängen.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Die sind in einer Weise geregelt, von der wir erwarten können, dass die Entwicklung der vorhandenen Wirtschaftsstrukturen in unserem Land dadurch in jedem Fall begünstigt wird.

(Frau Dr. Hüskens, FDP, meldet sich zu Wort)

Und diese Anhebung des Kindergeldes - - Herrgott, ich kann mich an viele Diskussionen hier erinnern, in denen wir die Kinderarmut beklagt haben usw. Jetzt sagt die Bundesregierung: Wir nehmen ein bisschen Geld in die Hand und

(Frau Budde, SPD: Vielleicht besser durchset- zen!)

wollen da helfen. Nun kann man darüber streiten, ob man das besser über Steuergesetze und eine Erhöhung der Steuerfreibeträge macht, was nicht allen hilft, oder ob man tatsächlich Geld auszahlt.

(Frau Fischer, SPD: Sie können das über Sozial- leistungen machen! - Weitere Zurufe von der SPD)

Das ist eine politische Entscheidung. In beiden Fällen kostet das am meisten Geld; jedenfalls mehr als die ganzen Steuerrechtskorrekturen, die vorgesehen sind. Die Bundesregierung hat uns zugesagt, dass sie bereit ist, 74 % davon zu übernehmen, und dass 26 % die Länder aufbringen sollen. Das ist noch nicht Konsens. Die Länder möchten, dass sie nicht mit einem festen Betrag abgespeist werden. Wir fordern zurzeit von der Bundesregierung 0,8 Prozentpunkte der Umsatzsteuererhöhung.

(Zuruf von Minister Herrn Dr. Haseloff)

Ich glaube nicht, dass es da ein Einlenken geben wird. Aber das sind zurzeit die Diskussionen, die zwischen den Finanzministern der einzelnen Länder laufen, deren Mehrheit jetzt im Bundesrat gebraucht wird.

Ich denke, wir sollten dies mit der gebotenen Sachlichkeit beobachten. Dass es aus der Oppositionsperspektive anders aussieht als aus der Perspektive der Koalition, das wird so bleiben, das ist konstitutiv für die Demokratie. Darüber kann ich mich nicht mehr aufregen, sondern dazu kann ich nur noch sagen: Damit helfen wir uns gegenseitig, Fehler, so weit es geht, zu vermeiden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Frau Dr. Hüskens hat noch eine Frage an Sie.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

- Sie wollen intervenieren?

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ich wollte intervenieren, ich hatte keine Frage!)

Dann intervenieren Sie. Bitte.

Herr Ministerpräsident, Sie haben mich jetzt motiviert, einmal zum Thema - -

(Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Darf ich mich setzen, Herr Präsident?)

Sie dürfen sich setzen, Herr Ministerpräsident, selbstverständlich.

(Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Danke schön!)

Genau, das ist der Vorteil des Intervenierens, dass der Redner sitzen darf. - Ich wollte nur noch einmal kurz auf das Thema Verschuldung eingehen, weil die Reaktionen von der Regierungsbank dazu so interessant waren.

Sie haben ja gesagt: Gut, dass Sie den Antrag der Fraktion der FDP damals abgelehnt haben, ein Verschuldungsverbot einzuführen. Damals hatte ich durchaus den Eindruck, dass ich mit großen Teilen der CDU-Fraktion, mit den finanzpolitischen Sprechern der CDU-Fraktionen der Länder und auch mit unserem Finanzminister einer Meinung war.

Sie haben anschließend in Ihrer weiteren Rede völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie der Verschuldungsbremse, die uns der Bund aufs Auge gedrückt hat, im Bundesrat zugestimmt haben.

Ich bin heute immer noch der festen Überzeugung: Wenn alle Länder damals die Kraft gefunden hätten - das ist ja nun schon zwei Jahre her -, das in ihren Verfassungen festzuschreiben, hätte der Bund keinen Grund mehr gehabt, uns auf diese Art und Weise zu nötigen.

Genauso wie Frau Budde halte ich die Verfahrensweise, der Sie zugestimmt haben, für verfassungswidrig. Wir hätten als Länder unser Budgetrecht in die Hand nehmen müssen, hätten das in unsere Verfassung schreiben müssen. Wir als FDP haben uns damals aber nur getraut, das für die LHO zu beantragen. Dann hätten wir unsere Gestaltungsspielräume in diesem Bereich behalten. So ist uns das jetzt vom Bund aus der Hand genommen worden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir damit in den nächsten Jahren an vielen Stellen noch sehr viel Ärger haben werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. - Sie können jetzt gern darauf antworten, Herr Ministerpräsident.

Sehr verehrte Frau Hüskens, ich will darauf jetzt nicht durch einen Redebeitrag antworten. Aber wenn wir das alles so gemacht hätten, wie Sie das jetzt gesagt haben, womit hätten Sie denn dann Wahlkampf gemacht?