Protocol of the Session on September 4, 2009

Ich will noch einige Punkte nennen, auf die wir insbesondere achten müssen. Der Minister hat erfreulicherweise ausdrücklich betont, dass die Frage der einheitlichen Ansprechpartner in Sachsen-Anhalt geklärt ist, nämlich durch die Zuweisung an das Landesverwaltungsamt. In dem Entwurf, der uns jetzt vorliegt, ist das etwas undeutlicher beschrieben worden, sodass man annehmen könnte, dass aus dem Wirtschaftsministerium, das dort ermächtigt wird, diese Stelle zu benennen, noch einmal etwas Neues kommen könnte. Aber ich habe positiv aufgenommen, dass die Entscheidung, die getroffen worden ist, nicht zurückgenommen werden soll.

Die Kosten für die Kommunen - die Zahlen hat Herr Czeke genannt - müssen wir sehr intensiv betrachten und uns natürlich die Frage stellen, ob diese Summen ausreichend und realistisch sind. Die Frage ist hier und heute schwer zu beantworten, weil dazu bis jetzt keine Erfahrungen vorliegen. Deshalb ist es gut, dass dieses Gesetz zu gegebener Zeit evaluiert werden soll. Unter anderem muss dann auch über die Kosten noch einmal neu entschieden werden.

Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Einführung moderner Informationstechnik bei dem Vorhaben rechtzeitig umgesetzt wird. Man kann dem Innenministerium nur empfehlen, diese Aufgabe sehr ernst zu nehmen und zielstrebig umzusetzen,

(Beifall bei der LINKEN)

weil es durch die Umsetzung auch zu Kosteneinsparungen kommen kann.

Es ist gut, dass uns das Gesetz vorliegt. Wir müssen darüber jetzt gründlich und zielstrebig beraten. Das tun wir aber gern. Nicht wahr, Herr Czeke? Als Europafreunde sind wir der Meinung, dass jede gute Tat für Europa richtig ist. Das sage ich bewusst zwei Tage nach dem 1. September; denn das ist sehr viel besser, als mit Panzern in andere Länder einzufahren.

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)

Ich bin deshalb dafür, dass wir dieses Gesetz zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss und an den Europaausschuss überweisen. Die jeweiligen Ausschüsse verzeihen mir, dass ich jetzt die Kurzfassung verwendet habe. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Miesterfeldt. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Franke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht hätte uns der Begriff „einheitlich“ schon stutzig machen sollen. Schließlich gehen gerade in Deutschland das Verständnis darüber und die Erwartung dazu, was es mit dem Begriff „Einheit“ auf sich haben könnte, seit jeher weit auseinander. So auch in diesem Fall.

Gemäß der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie müssen alle Mitgliedstaaten bis Ende 2009 so genannte einheitliche Ansprechpartner für Dienstleistungserbringer und -empfänger schaffen, um im europäischen Binnenmarkt die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen zu erleichtern und zu verbessern. Das ist gut so, Herr Czeke. Auch unsere Unternehmen profitieren davon.

Dazu gibt es eine ganze Reihe inhaltlicher Vorhaben, welche Anforderungen an diesen einheitlichen Ansprechpartner zu stellen sind. Es bleibt allerdings den Mitgliedstaaten überlassen, wie viele einheitliche Ansprechpartner eingerichtet werden und wer konkret mit dieser Aufgabe betraut wird. Wen wundert es da, dass es - selbstverständlich unter Berücksichtigung der föderalen Zuständigkeit - in Deutschland gleich einen ganzen Strauß an Möglichkeiten für die Verortung des einheitlichen Ansprechpartners gibt. Überall in den Landesparlamenten gibt es dazu momentan verschiedene Gesetzentwürfe.

In Niedersachsen sollen es die Landkreise, die kreisfreien Städte und die großen selbständigen Städte sowie das Wirtschaftsministerium in Trägerschaft übernehmen. In Hessen sind es die drei Regierungspräsidien und in Nordrhein-Westfalen die Kreise und die kreisfreien Städte, allerdings reduziert auf 18 Stellen.

Baden-Württemberg sieht als einheitlichen Ansprechpartner die 30 dienstleistungsrichtlinienrelevanten Kammern sowie auf freiwilliger Basis die 35 Landkreise und die neun Stadtkreise in der Pflicht. Während Thüringen ein so genanntes Allkammernmodell bevorzugt, will Sachsen die Landesdirektion Leipzig mit dieser Aufgabe betrauen. Schleswig-Holstein wird eine Anstalt öffentlichen Rechts gründen, die diese Aufgabe wahrnimmt. - So weit ein kleiner Auszug aus der aktuellen Gesetzgebung in Deutschland.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz offensichtlich wurden bei dem seinerzeit einstimmig gefassten Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder vom 4. Juni 2007 die föderalen Strukturen deutlich unterschätzt, als man sich darauf einigte - ich zitiere -:

„weitestgehend einheitliche Umsetzungslösungen anzustreben, um so ein möglichst effizientes und stimmiges System aufzubauen.“

Es ist eben nicht alles einheitlich, was „einheitlich“ heißt.

Allerdings hätte ich mir vor diesem Hintergrund gewünscht, dass sich die Landesregierung viel eher und umfassender mit diesem Thema befasst hätte. Die anderen Fraktionen hatten das schon kritisiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns heute das Landesverwaltungsamt als einheitlichen Ansprechpartner als alternativlose Lösung des Problems darzustellen, halte ich jedoch für eine Zumutung; denn ohne Alternative ist allenfalls, dass die EU-Dienstleistungsrichtlinie bis spätestens 28. Dezember 2009 umge

setzt werden muss. Dann muss auch dieser einheitliche Ansprechpartner benannt sein.

Niemand kann heute einschätzen, wie groß der Ansturm auf diesen einheitlichen Ansprechpartner sein wird. Die verschiedenen Lösungen anderer Bundesländer zeigen auch, dass es insgesamt eine große Unsicherheit gibt. Es sprechen sicherlich viele Gründe dafür, die vorgeschlagene Entscheidung so zu übernehmen. Genauso viele Gründe gäbe es aber auch für eine Verortung in den Kommunen oder in den Kammern. In SachsenAnhalt haben sich die Kammern bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen.

Ebenso lässt sich für mich nicht erkennen, inwieweit die Kommunen bisher in die Überlegungen eingebunden worden sind. Dies ist durchaus nicht unwichtig; denn die Richtlinie bringt auch die elektronische Verfahrensabwicklung und die intensive Zusammenarbeit der Behörden mit den einheitlichen Ansprechpartnern mit sich. Hier ergeben sich sicherlich noch viele offene Fragen, die wir während der Anhörung am 18. September 2009 klären können. Die Frage ist, ob das Landesverwaltungsamt die Anforderungen aus der Sicht der Wirtschaft, der Bürger und der Verwaltung effektiv erfüllen kann.

Sicherlich stellt auch das Landesverwaltungsamt einen möglichen und erfolgversprechenden Ansatz dar, um bei der herrschenden Verwaltungsvielfalt zu streitfreien Lösungen zwischen Kommunen und Kammern, zwischen Verwaltung und Wirtschaft zu kommen.

Möglicherweise lässt sich sogar am ehesten über das Landesverwaltungsamt das erforderliche wirkungsvolle Beziehungsgeflecht zwischen Land, Kommunen, Kammern und Wirtschaft herstellen und unterhalten, das nötig ist, damit in Sachsen-Anhalt zum Beispiel Existenzgründer anstatt einem Dutzend Schritte nur noch einen machen müssen, um an das Ziel zu kommen. Ich bezweifle das jedoch.

Die Beschreibung des Aufgabenkatalogs des einheitlichen Ansprechpartners lässt jedenfalls die Hoffnung zu, die an das Landesverwaltungsamt herangetragenen Anliegen gegenüber den zuständigen Stellen zu koordinieren. Es geht eben nicht nur um die Entgegennahme und Weiterleitung von Formularen, sondern um eine zielorientierte Arbeit. Gleichwohl sage ich bewusst, dass es nur die Hoffnung und meinen persönlichen Zweifel gibt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Da sich Wirtschafts- und Innenministerium lange nicht einigen konnten, stehen wir als Parlament nun unter Zeitdruck. Dennoch spricht sich die FDP-Fraktion für eingehende Beratungen und eine Überweisung an die schon genannten Ausschüsse aus. - Danke.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Franke. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich mir über meinen heutigen Redebeitrag Gedanken gemacht habe, habe ich schon geahnt - das hat sich auch bestä

tigt -, dass durch die Opposition der Zeitfaktor bei diesem Gesetzentwurf thematisiert werden wird.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Völlig zu Recht!)

- Herr Thiel meldet sich schon; er fühlt sich gleich angesprochen. - Man hat oft geunkt: Das schafft man nicht; das wird knapp; das funktioniert nicht. Ich sage Ihnen, auch im Namen der CDU-Fraktion und - ich denke, das kann ich tun - auch im Namen des Koalitionspartners, dass ich diese Angst nie hatte.

Ich will Ihnen auch sagen, warum ich diese Angst nie hatte. Die Informationen, die wir im Ausschuss hatten, waren immer so ausführlich und so umfangreich - wir haben bei der Einbringung durch den Minister eine Kostprobe bekommen, wie umfangreich dieses Paket ist -, sodass ich diese Angst ausdrücklich nicht teile und der festen Meinung bin, dass das Vorhaben rechtzeitig abgeschlossen werden kann.

Wir haben heute schon mehrfach gehört, dass der 28. Dezember 2009 sozusagen die Deadline ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass es uns gelingen wird, das Gesetz bis dahin auf den Weg zu bringen. Ich finde, es ist ein wichtiges Gesetz; denn diese Dienstleistungsrichtlinie ist ein zentraler Bestandteil der Lissabon-Strategie, die von den Staats- und Regierungschefs der EU im Jahr 2000 verabschiedet wurde.

Nachdem wir innerhalb der EU Reisefreiheit haben, nachdem wir innerhalb der EU die Freiheit im Warenverkehr haben, ist nun der dritte Punkt erreicht; das ist die Freiheit und die Angleichung von Leistungen im Dienstleistungsgewerbe. Das ist etwas komplizierter als das von mir vorher Genannte. Dementsprechend ist es auch wichtig, an dieser Stelle entsprechend sorgfältig vorzugehen. Denn es entsteht immer der Eindruck, als ob ganz Europa nach Sachsen-Anhalt käme.

Ich würde darum bitten, dass wir die Blickrichtung auch einmal umkehren. Auch für uns Sachsen-Anhalter und für uns Deutsche entstehen neue Chancen, mit unseren Dienstleistungen in Europa tätig zu werden. Dabei gibt es eine Vielzahl von Problemen und Hemmnissen in der Bürokratie und bei den Standards, bis hin zu der Frage der Bildungsabschlüsse.

Deswegen, so denke ich, sollten wir den Nutzen erkennen, dass die Dienstleistungsbranche auch in Zukunft ein Jobmotor sein wird. Wenn man bedenkt, dass die Dienstleistungsbranche in der EU mehr als 50 % zum BIP beiträgt und trotz dieses hohen Anteils Dienstleistungen nur einen Anteil von 20 % am Ex- und Import innerhalb der EU ausmachen, dann wird deutlich, dass Wachstumspotenzial in diesem Bereich vorhanden ist. Vor allem Deutschland hat in den letzten Jahren von dem EU-weiten Export profitieren können.

Deswegen ist es gerade für Deutschland, aber insbesondere auch für Sachsen-Anhalt von Bedeutung, die mit der Dienstleistungsrichtlinie verbundenen Möglichkeiten und Chancen nachhaltig zu nutzen und vor allen Dingen immer weiter daran zu arbeiten, bestehende Hemmnisse abzubauen, damit unser Land auch für den europäischen Markt interessant bleibt.

Natürlich werden wir erst in den kommenden Jahren sehen, wie sich die Wirkungen darstellen. Wir haben gehört, dass es ein dynamischer Prozess ist. Insofern freue ich mich auf die Diskussion in den genannten Ausschüssen. Wir werden der Überweisung zustimmen und freu

en uns, das Gesetz rechtzeitig auf den Weg zu bringen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Danke, Herr Thomas. - Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen über die Überweisung der Drs. 5/2158 ab. Einer Überweisung des Gesetzentwurfes als solcher stand nichts im Wege. Als federführender Ausschuss wurde der Wirtschaftsausschuss benannt. - Dagegen gibt es keine Einwände. Der Innenausschuss und der Europaausschuss wurden als mitberatende Ausschüsse benannt. Soll der Gesetzentwurf in weitere Ausschüsse überwiesen werden? - Nein.

Wer mit der Überweisung des Gesetzentwurfes in die genannten Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres und in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien überwiesen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 6 damit beenden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Beratung

Perspektivische Wirtschaftspolitik - wirksam und nachhaltig

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2008

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit - Drs. 5/2152

Die erste Beratung fand in der 61. Sitzung des Landtages am 19. Juni 2009 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Tögel. Bitte sehr.