- Ja, ja, ich werde doch ein paar Sachen sagen können, die sozusagen meiner Überzeugung entsprechen. Ich erwarte nicht, dass Sie das alles teilen.
Frau Dr. Hüskens hat es gerade angesprochen; es geht um einen Betrag, der sicherlich überschaubar ist. Es geht um ein Thema, das sicherlich viele aufbringt. Das hätten Sie wahrscheinlich auch für den Kulturbereich oder für den Hochschulbereich hinbekommen. Insofern kann sich das natürlich überlagern mit einer Grundsatzdebatte, die an dieser Stelle meines Erachtens nicht gerechtfertigt ist.
Ich will das ein bisschen teilen, ohne - das ist eigentlich mein Hauptproblem - diese Haushaltsdebatte vom Oktober jetzt vorwegzunehmen. Dafür will ich mir mindestens eine Dreiviertelstunde Zeit nehmen, weil ich auch erläutern will, warum wir das genau so gemacht haben, wie wir oder auch ich es mit dem Papier gemacht haben, das eigentlich alle schlimm finden. Alle halten mit eigenen Vorschlägen hinter dem Berg, sagen aber: So hättest du es nicht machen dürfen. - Ich glaube, darin sind sich hier fast alle Fraktionen einig. Aber trotzdem liegt jetzt etwas auf dem Tisch, was zu einer solchen Reaktion führt.
Ich will drei Sachen ansprechen: erstens das konkrete Anliegen, zweitens das Thema Steuern und drittens den Haushalt allgemein.
Ja, Herr Gallert, es ist richtig; es ist auch in den letzten Tagen schon von den beiden Fraktionen, die die Regierung tragen, gesagt worden: Das, was da im Sozialministerium gelaufen ist, war einfach schlecht. Das war aus mehreren Gründen schlecht. Erstens war die Landesregierung noch mitten in der Beratung. Wir haben im Kabinett gerade erst darüber gesprochen, welche Eckwerte wir später wirklich beschließen wollen.
Zweitens. Wir waren in den Gesprächen, das wissen Sie. SPD und CDU hatten gemeinsame Veranstaltungen mit den Trägern; dabei ging es um Frauenhäuser, um Strukturveränderungen. Frau Petra Grimm-Benne und andere haben dort auch mit mir geredet. Sie wissen, dass meine Fraktion mich während des Sommers kritisch, kreativ und unterstützend begleitet hat - ich glaube, das war die richtige Reihenfolge. Insofern war das Thema bekannt.
Wir haben auch versucht, mit diesen Gesprächen die Härte herauszunehmen. Wenn dann am Freitagnachmittag ein solches Fax hinausgeht, dann ist natürlich alles ad absurdum geführt. Der Ton ist falsch, die Stoßrichtung ist falsch und auch mit der Art und Weise kann man, wenn man eigentlich mit den Leuten reden will, nur vor den Baum fahren.
Insofern ist es gut, dass schon das Signal kam, dass alle Fraktionen - ich habe nun gehört, dass es jede auf ihrer Habenseite haben will - Gespräche führen und das im Ausschuss wieder korrigieren wollen. Aber ich glaube, wir sind uns grundsätzlich darin einig, dass die Struktur bei der Beratung, auch die Trägerstruktur, zu hinterfragen ist, weil - auch das muss man sagen - SachsenAnhalt - dafür muss man dem Sozialministerium dankbar sein - im Ländervergleich pro Kopf am meisten in diesem Bereich ausgibt.
Wir haben Trägerstrukturen, die zum einen mittlerweile nicht mehr dem entsprechen, was wir uns leisten können. Zum anderen entsprechen sie nicht dem, was man bei zwei Millionen Einwohnern am Ende vielleicht braucht. Ich halte es für richtig, darüber zu reden.
Das wird aber wieder konterkariert, wenn man das mit sechs, sieben dürren Zeilen am Freitagnachmittag so macht, dass die Leute den Eindruck gewinnen, sie könnten am nächsten Montag alle entlassen. Darin gebe ich Ihnen Recht; das haben auch alle gesagt. Deswegen ist die Debatte auch richtig. Sie können glauben, dass sich Frau Kuppe von allen am meisten ärgert; denn sie war in die Gespräche eingebunden.
Sie steht damit jetzt in einer Diskussion, die sie erstens nicht wollte und zweitens nicht gebrauchen kann. Drit
tens wird die Diskussion jetzt dazu führen - dafür bin ich doch lange genug im Geschäft -, dass die Vorschläge, die wir unterbreitet haben, natürlich von Ihnen in den Ausschüssen zurückgenommen werden. Trotzdem bitte ich Sie, dabei zu bleiben, dass über diese Strukturveränderungen weiter diskutiert werden muss. Wir bleiben bei unserer Zusage, das für zwei Jahre planbar zu machen.
- Das mache ich auch. Ich will auch etwas dazu sagen. Herr Scharf, wissen Sie, es gibt Signale aus Ihrer Fraktion, das zu ändern. Dann müssen Sie sich intern abstimmen. Ich habe mit Kollegen aus Ihrer Fraktion gesprochen, die mit unseren Fachkollegen abgesprochen haben, dass sie das in den Ausschüssen zum Teil zurücknehmen wollen. Das bringe ich hiermit ein, nicht mehr und nicht weniger. Wenn Sie das stört, dann müssen Sie das intern klären.
Ich bleibe bei unserem Entwurf. Herr Scharf, mir muss niemand sagen, was das in den letzten Wochen an Diskussionen hervorgebracht hat. Ich halte das für richtig, gleichwohl habe ich die Diskussionen zur Kenntnis genommen. Ich will dazu sagen: Wir werden den Weg begleiten, wenn andere darangehen wollen, diese Diskussion vielleicht zu entschärfen. Was ist daran falsch, Herr Scharf? - So viel zu diesem Thema.
Ich will auch sagen, dass wir in den letzten Tagen - ich weiß nicht genau, wann - für das Jahr 2009 die Haushaltssperre für den Suchtbereich aufgehoben haben. Das heißt, wir haben die Mittel jetzt zu 100 % freigegeben. Da war noch ein Betrag in Höhe von 150 000 €. Das haben wir bei anderen Kolleginnen und Kollegen mit anderen Trägern übrigens genauso getan, weil wir - das sage ich auch - diese Diskussion erzwingen wollen.
Ich sage auch ganz klar: Wenn es keine Strukturveränderung gibt - das habe ich den Trägern in den Gesprächen gesagt -, werden aus den 85 % beim nächsten Doppelhaushalt 70 %. Ich halte diese Diskussion für legitim. Aber ich gehe davon aus, dass die Fachgespräche in den Ausschüssen zu einem anderen Ergebnis führen werden.
Wieso kam es eigentlich zu diesen Diskussionen? - Es kam nicht deswegen dazu, weil wir uns bei den Steuerstrukturen dermaßen arm gerechnet haben, sondern weil wir jetzt Steuerausfälle in einem enormen Maße zu verzeichnen haben, wie es vor einem Jahr kein Mensch für möglich gehalten hat. Wir haben ein Minus von 6 % zu verzeichnen.
Das führt dazu, dass der Bund allein in diesem Jahr neue Schulden in Höhe von 100 Milliarden € aufnehmen wird; diese Summe wird im nächsten Jahr voraussichtlich die Grenze von 130 Milliarden € überschreiten. Diese Mittel werden dem Staat dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Es mag sein, dass das DIE LINKE überhaupt nicht interessiert und dass die FDP meint, sie könnte das alles durch Sparen erwirtschaften. Ich warte auf die praktischen Vorschläge. Aber dafür haben wir in den nächsten Wochen noch genug Zeit.
Eines ist klar - darin widerspreche ich Ihnen, Herr Gallert, ausdrücklich -: Die Länder sind in unterschiedlichem Maße in der Lage, dem etwas entgegenzusetzen. Ich sage Ihnen, Sachsen wird es aufgrund einer über die Jahre andauernden anders gearteten Haushaltspolitik - das muss man anerkennen - gelingen, ohne neue Schulden durch diese Krise zu kommen. Das heißt, man kann nicht einfach sagen, es sei nur auf der Einnahmenseite möglich, dieser Krise entgegenzutreten, und zwar einfach durch Steuererhöhungen.
Ich sage auch: Mecklenburg-Vorpommern, ein Land, das uns jetzt mit Konsolidierungshilfen unterstützen wird, hat sich vorgenommen - übrigens auch zu einer Zeit, in der die SPD und DIE LINKE gemeinsam Sparvorschläge durchgebracht haben, an die wir hier mit einer anderen Konstellation nicht herangegangen sind -, ohne neue Schulden durch die Krise zu kommen.
Spätestens bei Mecklenburg-Vorpommern sollte man vorsichtig sei, wenn man sagt, das sei nicht zu schaffen. Was meinen Sie, wie die auf uns schauen bei der Diskussion um die neuen Schulden in Höhe von jetzt schon 600 Millionen €. Die sagen schon: Hättet ihr euch eher angestrengt - zu welcher Regierungszeit auch immer -, dann hättet ihr es genauso wie wir hinbekommen, mit dem gleichen Steueraufkommen auf der Ausgabenseite einen Ausgleich zu schaffen und selbst durch eine solche Krise ohne neue Schulden hindurchzusteuern.
Das ist eine Diskussion, der wir uns nicht entziehen können, indem wir sagen: Leute, wir müssen das nicht auf der Ausgabenseite klären, sondern nur auf der Einnahmenseite. Deswegen sage ich: So schwierig das auch ist, wir können uns dieser Strukturdiskussion nicht entziehen.
Herr Scharf - das möchte ich beim nächsten Mal ausführlich machen -, jede Fraktion ist gehalten, mich auf diesem Weg nicht nur zu kontrollieren - wie ich es gelesen habe -, sondern mit einem eigenen Anspruch auch eigene Vorschläge zu unterbreiten - jede.
Diese Vorschläge müssen sich nicht mit mir beschäftigen, nicht mit dem Strategiepapier oder wie auch immer Sie es nennen wollen. Es geht vielmehr darum, wie man in eigener Verantwortung in diesem Jahr und in den nächsten Jahren die zurückgehenden Einnahmen, die Strukturprobleme und die Einwohnerveränderung kompensieren will. Dazu habe ich bisher nur gehört, was alles nicht geht. Ich möchte in der Diskussion erfahren - von wem auch immer -, wie man es vielleicht durch andere Überlegungen und andere Konzepte auch anders machen kann. Aber ich gehe ausdrücklich nicht bei dem mit, was die LINKE vorschlägt, nämlich nur auf der Steuerseite an dem Rädchen zu drehen - und schon löse sich das Problem von allein.
Wir haben im Personalbereich, bei Strukturfragen und bei der Fördermittelvergabe Reserven, die wir heben müssen. Dann kann es am Ende des Weges sein - da bin ich jetzt bei Ihnen, Herr Gallert -: Wenn wir alle mehr Bildung wollen, Kostenfreiheit bei den Beiträgen, beim Mittagessen, bei der Schülerbeförderung, keine Studiengebühren usw.
- also alles, worüber schon diskutiert wurde -, dann kann es sein, dass wir trotz größten Sparens irgendwann an einen Punkt kommen, wo es wirklich darum geht, dass der Staat sich in einem Maße zurücknimmt, das ich - das sage ich ausdrücklich als Sozialdemokrat - für nicht verantwortbar halte.
Dann muss die Gesellschaft auch darüber reden, ob sie zu mehr Steueraufkommen in bestimmten Steuerarten bereit ist, wie es die Skandinavier machen. Dann sind Sie nämlich bei der Einkommensteuer. Dann sind Sie übrigens auch bei der Frage der Mehrwertsteuer usw., wenn Sie ehrlich sind. Das sind nämlich die Länder, die gern herangezogen werden, wenn man über die Ausgabenseite spricht und lobt, dass dort sehr stark bei der Bildung oder bei der Sozialpolitik unterstützt wird.
Diese Diskussion muss man führen, wenn man am Ende des Weges - das ist nicht unsere jetzige Aufgabe - auch sagt, dass der Staat seine Einnahmebasis verbessern will. Das alles gehört in ein Gesamtkonzept. Steuerdiskussionen hin oder her - ich sage, dass das die Probleme der Haushaltspläne 2010/2011 und 2012/2013 nicht löst. Deswegen bin ich dankbar, dass bei den Vorschlägen, die ich auf den Tisch gelegt habe, eine so rege Anteilnahme herrscht.
Folgendes will ich ausdrücklich sagen: Das, was bei den Trägern exemplarisch passiert ist, war nicht besonders gut; es war einfach nur schlecht; es war Mist, weil es vieles auf den Kopf gestellt hat. Aber eine solche Diskussion wird es auch in Bezug auf die Hochschulen geben müssen und bei der Frage, was wir in Zukunft an Fördermitteln - diese Diskussion führen wir bereits fort -, was wir an Bauten aufgrund welcher Strukturentscheidungen brauchen. Diese Diskussion ist in vollem Gange.
Das Bestreben der Landesregierung ist es nach wie vor, die Nettokreditaufnahme von den derzeit vorgesehenen 660 Millionen € im Rahmen der Haushaltsberatungen und im Vollzug weiter zu senken. Ich bin dankbar für Vorschläge der Fraktionen, aber sie möchten bitte konkreten Inhalts sein.
Ich habe gehört, dass es Fraktionen und Parteien gibt - das möchte ich an dieser Stelle auch ansprechen - die sagen, sie könnten das auch mit Steuersenkungen erreichen. Hierzu sage ich nicht im Namen der Landesregierung, sondern für mich allein: Das glaube ich wirklich nicht.
Darin sind sich die Finanzpolitiker fast aller Parteien einig. Wenn ich jetzt schon weiß, dass der Staat insgesamt mehr als 100 Milliarden € neue Schulden aufnehmen muss, um den Haushalt auszugleichen, wenn die Bundesregierung jetzt schon davon ausgeht, dass im Jahr 2013 vielleicht 40 Milliarden € oder 50 Milliarden € neue Schulden aufgenommen werden müssen, dann werden Sie niemandem erklären können, wie das auf der Einnahmenseite funktionieren soll, auch nicht mit einer Argumentation, dass dies die Wirtschaft ankurbele. Hierüber diskutieren wir seit 20 Jahren und merken die Begrenztheit dieser Diskussion. So ehrlich sollten wir sein.
Wer auch immer am 27. September die Regierung stellen wird, wird wieder mit diesen alten Klischees nach
dem Motto: „Wir haben einen Kassensturz gemacht“, „Wir konnten es vorher nicht ahnen“ und: „Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich das nie gesagt“, erzählen, es gehe nicht darum, die Steuern zu senken, sondern darum zu schauen, wie wir mit anderen Methoden mehr Geld in die Kassen bekommen.
Darüber soll jeder für sich entscheiden. Das soll jeder in den nächsten Wochen den Menschen erklären können. Aber zur Gesamtheit dieser Diskussion - hierbei versuche ich sehr sachlich zu sein - gehört es auch, den Leuten nichts vorzumachen und zu sagen, wir lösen das Problem allein mit mehr Steuern.
Für genauso falsch halte ich es zu sagen, wir lösen das Problem mit weniger Steuern. Wir werden uns der Diskussion über die Ausgaben auch bei den Trägerstrukturen stellen müssen. Wir müssen langfristige Lösungen finden. Ich denke, hierfür bleibt uns in den nächsten Wochen genügend Zeit. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt drei Nachfragen, und zwar von Herrn Gallert, von Frau von Angern und von Frau Dr. Hüskens.
Bevor ich den Fragestellern das Wort gebe, begrüße ich Damen und Herren der Firma Salo+Partner, Bildung und Beruf aus Magdeburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!