Protocol of the Session on September 14, 2006

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Was das Interview betrifft, weiß ich nicht, Herr Professor Paqué, ob Sie den Anfang mitbekommen haben. Das war ziemlich früh.

(Oh! bei der SPD und bei der CDU - Zuruf von Herrn Prof. Dr. Paqué)

- Seien Sie doch nicht so ernst.

Das war ein ziemlich langes Interview. Es ging darum, wie ich als Vizevorsitzender der SPD die Debatte um die Überschüsse der Agentur sehe. Ich habe gesagt, dass wir das hinkriegen müssen, was wir politisch wollen. Wenn Steuererhöhungen, dann im Zusammenhang mit der Entlastung bei den Abgaben. Ich habe gesagt, dass ich mir aufgrund der Diskussion, die ich und andere in Berlin führen, gut vorstellen kann, dass man diese Diskussion noch einmal verschärft führen muss, sofern sich die Überschüsse weiterhin so entwickeln. Ich glaube, dauerhaft kann man die Veränderungen bei den Steuern dem Bürger nur vermitteln, wenn er an anderer Stelle entlastet wird. Das war die Kernbotschaft und hatte speziell mit den Bürgern in Sachsen-Anhalt nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. - Jetzt gebe ich Herrn Kosmehl und Herrn Dr. Eckert das Wort. Herr Dr. Eckert, bitte.

Herr Minister, an Sie würde ich die Frage so nicht stellen, aber in Ihrer Rede haben Sie das so ausgeführt. Es geht um Artikel 2 des Haushaltbegleitgesetzes 2007 betreffend die Beteiligung an den Kosten für die Eingliederungshilfe. Es geht mir nicht um die Höhe, auch nicht

um die Beteiligung, aber um die Begründung. Darin wird ausgeführt:

„In vielen Fällen wurden und werden behinderte Menschen daher auf Kosten des Landes in Wohnheimen betreut, obwohl...“

Meine Frage: Mit welchen Studien und Untersuchungen können Sie diese Behauptung belasten bzw. begründen?

Ich schicke voraus, dass Sie wissen, dass ich vor keiner Antwort kneife. Ich will das tun, was Finanzministern gegeben sein sollte, nämlich dass sie sich in die Dinge einmischen, wozu sie bis zum letzten Punkt Rede und Antwort stehen können. Ich denke, das ist ein Punkt, den Sie in den Fachausschüssen diskutieren sollten.

Ich habe mitbekommen, dass es in anderen Ländern anders funktioniert, dass die Frage nach stationärer oder ambulanter Betreuung dort in einem anderen Verhältnis steht und dass dadurch Kostenentwicklungen zu Buche schlagen. Ich denke, der Grund, das nachhaltig zu diskutieren, liegt darin, dass es auch die zukünftige Entwicklung bei der älter werdenden Bevölkerung betrifft.

(Herr Dr. Eckert, Linkspartei.PDS: Das ist eine Schuldzuweisung!)

- Ich glaube nicht, dass das eine Schuldzuweisung ist. Das ist eine Feststellung, die sich an Zahlen festmacht. Jetzt fragen Sie mich, woher ich die Zahlen habe und ob ich sie mit Namen von Institutionen begründen kann. Wie ich Sie kenne, werden Sie diese Frage gleich zu Beginn der Beratungen im Fachausschuss an Frau Dr. Kuppe stellen.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Jetzt hat Herr Kosmehl das Wort.

Herr Minister Bullerjahn, ich habe eine Frage zur Verbundquote. Ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Ihr Ansatz war, dass sich unter Umständen im Hinblick auf die absoluten Zahlen im nächsten Jahr keine Veränderungen nach unten für die Kommunen ergeben werden. Das werden wir sicherlich in den Ausschüssen noch einmal genauer betrachten können. Das war mir neu, aber dem stehe ich durchaus aufgeschlossen gegenüber.

Ein Satz hat mich allerdings verunsichert. Sie haben gesagt, Sie wollen das auch zukünftig fortsetzen. Heißt das, dass Sie für den Doppelhaushalt für die Jahre 2008/2009 planen, die Verbundquote nochmals abzusenken, oder stellt der Wert von 22,7 % für die nächsten Jahre erst einmal die Planungssicherheit für die Kommunen dar?

Dieser Satz zeigt, ob jemand zugehört hat oder nicht. Das muss ich Ihnen zubilligen.

(Heiterkeit auf der Regierungsbank)

Klar ist, dass wir derzeit bei den Kommunalzuweisungen auf diesem Niveau sind; Niedersachsen ist hier. Jetzt wird es Anpassungen des Volumens geben aufgrund der

Bemessungsgrundlage und es wird auch eine Diskussion über eine andere Struktur geben müssen, weil einige Länder eine große Masse und andere Länder eine kleinere Masse und dafür viele kleinere Töpfe haben. Diese Diskussion über die Struktur war auch der Ausgangspunkt der Diskussion über die Schülerbeförderung. Es hat nicht gleich geklappt, das sachlich zu vermitteln. Dabei ging es aber nicht um die Höhe. Wir haben das auch zurückgenommen, weil das sofort eine politische Debatte im Detail wurde.

Da wir jetzt von hier nach hier kommen müssen und vor dem Hintergrund, dass wir noch sechs Doppelhaushalte haben werden, könnte ich sagen: Warum mache ich mir Gedanken über das, was irgendjemand einmal machen muss, der nach mir folgt? Dann könnten wir es so laufen lassen und die Diskussionen darüber in der folgenden Wahlperiode führen. Ich glaube schon, dass es aufgrund des Verschiebens in den nächsten Jahren verstärkt wird. Eigentlich war einmal gedacht, dass die Einnahmen zu einen früheren Zeitpunkt zurückgehen.

Ich will, dass wir innerhalb der Diskussion zum FAG die Fragen, die von Herrn Dr. Daehre zu den zentralen Orten und zu den Zentren aufgeworfen wurden, aufgreifen und klären, ob das FAG dem derart angepasst wird, dass stärke Orte in einem stärkeren Maß bevorteilt werden, weil sie mehr öffentliche Daseinsvorsorge betreiben müssen. Wir müssen das ablichten und zeigen, ob es vielleicht möglich ist, wie kommunizierende Röhren von heute bis zum Jahr 2019, dem Jahr, in dem der Solidarpakt ausläuft, den Weg aufzuzeigen, wie die Anpassung passieren kann.

Übrigens kann man das so gestalten, dass, wenn mehr hereinkommt, mehr bleibt, und wenn weniger hereinkommt, alle beteiligt werden. Ich halte diese Diskussion für sinnvoller, weil sie den Kommunen die Möglichkeit gibt, diesen Prozess nachzuvollziehen. Ansonsten führen wir in jedem zweiten Jahr eine Debatte nach dem Motto: Was kommt über uns; wie könnt ihr euch das erlauben?

Unsere Aufgabe als Landespolitiker ist es, mehr als es vielleicht die Kommunen tun müssen, über den Tellerrand zu schauen und zu sagen: In diesem Korridor wird es sich wahrscheinlich bewegen, weil das ganze System von den Kommunen über die Länder bis hin zum Bund in bestimmte Systeme eingebunden ist. Deswegen muss das nicht automatisch im nächsten Doppelhaushalt zu Buche schlagen. Aber mit Blick auf die Perspektive bis zum Jahr 2020 möchte ich diese Diskussion schon im nächsten Jahr führen. Wenn Sie bessere Ideen haben, wie wir das machen können, bin ich gern bereit, das sein zu lassen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank für die Frage und für die Beantwortung. - Wir kommen jetzt zu einem weiteren Höhepunkt dieses Tagesordnungspunktes, zur Debatte über die Haushaltsgesetze. Im Ältestenrat wurde vereinbart, die Redezeitstruktur F mit einer Debattendauer von 180 Minuten zu wählen.

Das bedeutet, die Linkspartei.PDS darf 34 Minuten und die CDU 51 Minuten lang reden. Die FDP hatte ursprünglich eine Redezeit von 13 Minuten zur Verfügung. Es gab aber den Wunsch, etwas mehr Zeit zu bekommen. Wir haben sieben Minuten hinzugegeben, sodass

die FDP nunmehr eine Redezeit von 20 Minuten hat. Geschickterweise wurden von der FDP bereits zwei Fragen gestellt, sodass sich ihre Redezeit gewissermaßen etwas verlängert hat. Die SPD hat eine Redezeit von 32 Minuten. - So viel zur Redezeitstruktur.

Ich darf nun dem ersten Debattenredner, dem Vorsitzenden der Fraktion der Linkspartei.PDS Herrn Wulf Gallert, das Wort erteilen. Anschließend wird Herr Scharf sprechen. Bitte schön, Herr Gallert.

Danke, Herr Präsident. - Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe der Einbringungsrede interessiert zugehört. Es gab für mich tatsächlich auch eine neue Erkenntnis, nämlich die Geschichte mit den Soll- und den Habenzinsen. Meine erste Reaktion war: Lasst doch das Land sich als eine große Bank betätigen, dann revolviert sich das alles von allein. Wir wissen, das ist in Berlin schiefgegangen. Deshalb sollten wir an solche Geschichten möglicherweise etwas vorsichtiger herangehen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und bei der FDP)

Ja, liebe Damen und Herren, Haushaltsdebatten werden im Allgemeinen, vielleicht oftmals auch unvorsichtigerweise als die Sternstunden des Parlaments bezeichnet, weil sie die Möglichkeit bieten, eine Generaldebatte über die grundsätzlichen Linien der Regierungs- und Oppositionspolitik zu führen, da eine alte Weisheit bekanntlich besagt: Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik.

Insbesondere dieser erste Haushalt der Landesregierung, also weniger der Nachtragshaushalt, skizziert die politischen Grundlinien der Koalition von CDU und SPD. Ein halbes Jahr nach der Konstituierung dieser Landesregierung bestand bei der Opposition die berechtigte Hoffnung, die neuen Akzente der jetzigen Landesregierung erkennen und beurteilen zu können.

Allein, diese Hoffnung wurde grundlegend enttäuscht. Dieser Haushalt lässt keinerlei neue politische Schwerpunkte erkennen. Er bewegt sich in allen strategischen Grundlinien auf der politischen Basis der alten Landesregierung und dokumentiert damit eine Kontinuität gegenüber der Vorgängerregierung, die wohl selbst Vertreter der Koalition kaum leugnen können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Lassen Sie mich kurz den finanzpolitischen Kern des Landeshaushaltes 2007 und des Nachtragshaushaltes beschreiben. Man nutzt die Steuermehreinnahmen in den Haushaltsjahren 2006 und 2007 zum Abbau der Nettoneuverschuldung bzw. von neuverschuldungsähnlichen Belastungen wie Sonderkrediten und Pensionsfonds.

Ich will hier eines noch einmal ausdrücklich sagen: Wir haben in der Fraktion übrigens auch lange über die Einrichtung von Pensionsfonds diskutiert. Es gibt ein Argument, das uns jenseits der etwas mutigen Behauptung zu Soll- und Habenzinsen dazu geführt hat, diese Dinge ausdrücklich zu befürworten, und zwar eine andere Argumentation, nämlich die, dass sich damit die realen Kosten von Verbeamtungen sofort im Landeshaushalt niederschlagen und es somit diese sozusagen völlig irrige Motivation nicht mehr gibt, einen Landeshaushalt mithilfe von Verbeamtungen besser dastehen zu lassen, weil man Sozialversicherungsabgaben als Pensionsbelastungen in die Zukunft verschiebt.

Das war für uns letztlich der Grund zu sagen: Jawohl, es ist richtig, so etwas zu tun. Denn damit wird klar, dass eine Verbeamtung eben nicht dazu führt, dass wesentliche Haushaltsmittel eingespart werden. Bei der alleinigen Betrachtung der Nettoneuverschuldung würde man sonst einem solchen Irrtum aufsitzen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Nun wieder zurück zum Haushalt. Dafür schlagen nach dem Abzug der Mehrbelastungsfaktoren und unter Berücksichtigung von Minderausgaben im Jahr 2006 Mittel in Höhe von 63 Millionen € zu Buche. Im Jahr 2007 werden die Mehreinnahmen in diesem Bereich in Höhe von rund 30 Millionen € im Gegensatz zum Nachtragshaushalt 2006 zum Abbau der Nettoneuverschuldung genutzt.

Natürlich wird die Landesregierung nicht müde, den Abbau der Nettoneuverschuldung im Landeshaushalt um 200 Millionen €, von 750 Millionen € auf 550 Millionen €, zu betonen. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, von diesem Konsolidierungsbeitrag in Höhe von 200 Millionen € sollen die Kommunen sage und schreibe rund 170 Millionen € erbringen. Ergo: Man spart nicht, man lässt sparen,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

und das in einer Zeit, in der die finanzielle Situation der Kommunen außerordentlich angespannt ist. Diese werden im nächsten Jahr durch die Neubildung der Landkreise in einer überaus ineffizienten Struktur zusätzlich belastet.

Eine besonders fatale Situation entsteht bei den Kosten für die überörtliche Sozialhilfe. Das wurde eben thematisiert. Hier wird die in der letzten Legislaturperiode getroffene Strukturentscheidung, die Sozialhilfe auf der Landesebene in der Sozialagentur zu zentralisieren, letztlich selbst als strukturelle Fehlentscheidung charakterisiert.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Das soll nun dazu führen, dass die Kommunen diesen Fehler der CDU-FDP-Koalition mit einer entsprechenden Beteiligung an den Kosten für die Landesaufgaben in Höhe von etwa 27,5 Millionen € begleichen müssen. Die Begründung ist nun wirklich abenteuerlich: Wir haben eine strukturelle Fehlentscheidung getroffen, die aus unserer Sicht zu Mehrausgaben führt; deswegen sollen die Kommunen diese bezahlen.

Also wirklich, werte Kollegen der Koalition, Sie können nur hoffen, dass dieses Husarenstück nicht vor einem Gericht landet; denn sonst werden Sie sich mit aller Wahrscheinlichkeit massiv blamieren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)