Jetzt stimmen wir über die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in der Drs. 5/1938 einschließlich des Änderungsantrags der FDP-Fraktion in der Drs. 5/1965 ab. Wer damit einverstanden ist, dass diese Beratungsgegenstände ebenfalls an die eben genannten Ausschüsse überwiesen werden, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit sind beide Gesetzentwürfe an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 6.
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Abfallgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und weiterer Vorschriften
Einbringerin ist die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Wernicke. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abfallwirtschaft stand im letzten Jahr aufgrund illegaler, wenn nicht sogar krimineller Handlungen nicht unerheblich im Fokus der Öffentlichkeit und der Medien. Soweit die Zuständigkeit des Landes reicht, müssen die aus der Praxis- und Vollzugserfahrung gewonnenen Erkenntnisse dazu genutzt werden, Schlupflöcher zu schließen. Ich glaube, darin sind wir uns einig.
Neben der Novellierung des Abfallgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ist in diesem Zusammenhang auch eine Ergänzung der Zuständigkeitsverordnung für das Abfallrecht sowie der allgemeinen Gebührenordnung des Landes vorgesehen. Anpassungsbedarf ergibt sich zudem in Umsetzung des EU-Rechts und infolge neuer bundesgesetzlicher Regelungen.
Zum anderen ist auch das gestiegene Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit bei der Gestaltung und Durchführung der Entsorgungsprozesse in SachsenAnhalt sowie deren behördlicher Überwachung zu berücksichtigen. Diesem Anliegen wird durch mehr Transparenz bei Entsorgungswegen, Stoffströmen und Entsorgungskosten, durch eine verbesserte Information der Bürger und durch Vollzugsverbesserungen Rechnung getragen.
Die damit verbundenen höheren finanziellen Anforderungen sollen nicht allein der öffentlichen Hand, den Gebührenzahlern, sondern auch den betroffenen Unternehmen auf der Grundlage des in der Abfallwirtschaft geltenden Verursacherprinzips zugeordnet werden. Dazu dienen im Wesentlichen folgende Neuerungen:
die Umsetzung europa- und bundesrechtlicher Vorgaben zur abfallrechtlichen Überwachung und zur Abfallverbringung im Abfallrecht des Landes Sachsen-Anhalt,
die spezialgesetzliche Ermächtigung zur Kostenerhebung für abfallrechtliche Genehmigungen und Überwachung,
die Anpassung der Anforderungen für Abfallentsorgungssatzungen an höherrangiges Bundesrecht und die Rechtsprechung,
die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Kostendarstellung im Rahmen der Abfallbilanz,
die Ergänzung der Zuständigkeitsverordnung zur Auswertung der Abfallbilanzen durch das Landesamt für Umweltschutz und
die Ergänzung der allgemeinen Gebührenordnung um den Tatbestand der Kostenerhebung für Genehmigung und Überwachung.
Bedenken gegen diesen Gesetzesvorschlag wurden vom Landkreistag, von den Industrie- und Handelskammern und von der Fördergemeinschaft Kreislaufwirtschaft e. V. geäußert. Die IHK und die Fördergemeinschaft sprechen sich gegen die Einführung einer Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten für Genehmigungs- und Überwachungsmaßnahmen aus. Der Landkreistag wiederum wendet sich gegen die Darstellung der Kosten der Abfallentsorgung in der Abfallbilanz.
Den Einwänden ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Veröffentlichung der Entsorgungskosten dem Transparenzgebot entspricht und dass diese hinsichtlich der Deponiekosten ohnehin verbindlich sind. Das Fehlen einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die Genehmigungs- und Überwachungskosten war eine der Ursachen für die im Land festgestellten Defizite im behördlichen Überwachungsbereich.
Die Änderungen bewirken Verbesserungen in der Vollzugspraxis; denn es werden vorhandene Rechtsunsicherheiten bei der Kostenerhebung für Genehmigung und Überwachung beseitigt. Sie tragen zu mehr Kostentransparenz und Umweltinformation bei, da es ermöglicht wird, die Entsorgungskosten in den jährlichen Abfallbilanzen darzustellen.
Die Vorgaben für Entsorgungssatzungen der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger werden an höherrangiges
Recht und die Rechtsprechung angepasst. Des Weiteren wird der Rechtsrahmen ergänzt, um die bisherigen Initiativen der Landesregierung zur Verbesserung der behördlichen Überwachung, insbesondere die von der Berg- und Umweltverwaltung gemeinsam erarbeiteten Konzepte für die Verbesserung der Anlagen- und Stoffstromüberwachung, sowie zur Optimierung der behördlichen Zusammenarbeit bei der Verwertung von Abfällen in Ton- und Kiesgruben umzusetzen.
Neben den vorliegenden Aktivitäten zur Novellierung des Abfallgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt hat die Landesregierung - das ist heute nicht Gegenstand der Einbringung, dennoch darf ich daran erinnern - insbesondere zur Bekämpfung der illegalen Abfallablagerung eine Bundesratsinitiative vorgeschlagen, die eine Änderung bundesrechtlicher Vorschriften im Abfall- und Immissionsschutzbereich für Abfallbehandlungsanlagen zum Ziel hatte. Dem ist bisher die Mehrheit nicht gefolgt. Ebenso ist zu kritisieren, dass der Bund die notwendige Ersatzbaustoffverordnung trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Länder noch immer nicht erlassen hat.
Ich denke, mit der heutigen Einbringung der Vorlage in den Landtag wird der Grundstein dafür gelegt und es werden die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Realisierung der anfangs dargestellten Zielstellung geschaffen. Ich bitte das Parlament, die vorgesehene Novellierung des Abfallgesetzes grundsätzlich zu unterstützen und eine zeitnahe Verabschiedung des Änderungsgesetzes zu ermöglichen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich schon etwas Bedeutsames, wenn der Europaabgeordnete Herr Schnellhardt extra hierher kommt, um der Diskussion über diesen Gesetzentwurf zu lauschen.
Die Chancen, die sich hier mit einer Novellierung des Abfallgesetzes aufgetan hätten - die Frau Ministerin hat in ihrer Rede den einen oder anderen Punkt angesprochen, den es dringend zu regeln gilt -, wurden vertan. Daraus hätte man deutlich mehr machen können als nur eine Anpassung an die Begrifflichkeiten des Bundes und der Europäischen Union.
Wir haben in diesem Abfallgesetz nach wie vor eine ganze Reihe von Regelungen, die zum Zeitpunkt seines Entstehens sicherlich sinnvoll waren, die heute aber längst überholt sind und deren weiteren Bestand man infrage stellen muss.
So ist zum Beispiel die Möglichkeit der Verbindlichkeitserklärung von Abfallplänen, glaube ich, nie wirklich in Anspruch genommen worden. Zur heutigen Zeit, da Abfall im Rahmen der Europäischen Union deutlich anders gesehen wird, unter anderem auch als Handelsgut, und gleichzeitig einer intensiven Überwachung unterliegt, ist dies eigentlich überflüssig.
In diesem Zusammenhang hätten die Verfahren der Überwachung noch einmal deutlicher gemacht werden müssen. Hierbei ist klarer herauszustellen, wie die einzelnen Möglichkeiten der Abfallbeseitigung und -verwertung zukünftig rechtssicher und auch im Sinne des Schutzes der Bevölkerung geregelt werden können.
Die Frage der Zuständigkeit bei Abgrabungen, angesprochen von der Frau Ministerin, ist mit diesem Gesetz nicht abschließend geklärt. Das hätte hier gleichzeitig mit erledigt werden können und natürlich auch andere Fragen, die sich im Rahmen von Ausschussberatungen sowie in dem betreffenden Untersuchungsausschuss in diesem Landtag immer wieder stellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicherlich richtig, dass die Gebühren für Überprüfungsmaßnahmen dem jeweiligen Abfallerzeuger bzw. der Beseitigungsanlage übergeholfen werden. Das ist auch auf anderen Gebieten ein durchaus gängiges Verfahren. Ich denke hier an die Gewerbeaufsicht, an die Hygiene und Ähnliches.
Damit fällt für unsere Landkreise das wesentliche Hilfsargument, sie hätten kein Geld gehabt, um ihre Aufgaben zu erledigen, weg. Wir haben Hoffnung, dass die zuständigen Stellen nunmehr arbeiten und nicht mehr Zuflucht nehmen zu Kostenargumenten oder Ähnlichem.
Die Beratung im Ausschuss wird sicherlich keine aufregende sein, da es, wie gesagt, nur um einige wenige Punkte geht. Aber ob man ein neues Abfallgesetz für Sachsen-Anhalt macht, auch in Anlehnung an das europäische Recht, diese Frage muss ich hier stellen. An dieser Stelle muss aus unserer Sicht auch das Ministerium stärker tätig werden.
Wir haben in letzter Zeit erlebt, dass Kompetenzstreitigkeiten unser Land leider ungünstig in die Medien gebracht haben. Dies sollte künftig nicht mehr vorkommen. Hier sind auch die einzelnen Ebenen klarer zu regeln. Das heißt, die Zuständigkeiten der obersten, der oberen und der unteren Behörde, die bisher offensichtlich immer noch nach dem Prinzip „Schraps hat den Hut verloren“ hin und her geschoben werden, müssen geklärt werden. Es muss klar sein, wer zuständig ist, damit zukünftig solche Trauerspiele wie im Untersuchungsausschuss nicht mehr vorkommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erwarte eine intensive Beratung im Ausschuss, die auch die Aspekte, die bisher nicht zur Sprache kamen, mit beleuchtet. Eventuell ist das der Auftakt zu einer Diskussion über die Abfallwirtschaft in Sachsen-Anhalt, die - das möchte ich auch betonen - einen sehr großen Wertschöpfungsfaktor aufweist, die aber auch das Recht hat, vor schwarzen Schafen geschützt zu werden, damit ordentliche, saubere Unternehmer nicht mit denen in einen Topf geworfen werden, die versuchen, das Recht zu umgehen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie Ministerin Frau Wernicke bereits bei der Einbringung dargelegt hat, handelt es sich bei dieser Novelle im Wesentlichen um die Umsetzung von EU- und bundesrechtlichen Vorgaben. Auf diese Punkte möchte ich deshalb auch nicht weiter eingehen. Sie sind bereits ausführlich dargelegt worden. Ich möchte Ihnen ganz kurz unseren Standpunkt zu den §§ 9 und 23a erläutern, die auch in den Stellungnahmen der IHK und des Landkreistages eine Rolle gespielt haben.
In § 9 ist vorgesehen, bei der Aufstellung der Abfallbilanz durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die aufgewandten Kosten der Abfallentsorgung darzustellen. Damit ist beabsichtigt, dass neben den bisher üblichen Angaben wie Art, Menge und Entsorgung der Abfälle auch die anfallenden Kosten erhoben werden. Wir halten diese Regelung für sinnvoll und notwendig, weil damit ein Beitrag zur Kostentransparenz geleistet wird. Dies wurde auch von Frau Ministerin schon erwähnt.
Darüber hinaus eröffnet sie aber auch die Möglichkeit, die Kostenstruktur landesweit zu vergleichen, woraus sich für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger gegebenenfalls Kostensenkungspotenziale ableiten lassen. Sicherlich ist dabei zu beachten, dass die Transportkosten aufgrund der Entfernung zu den verschiedenen Anlagen nicht direkt vergleichbar sind.
Was die Erteilung der Verordnungsermächtigung hinsichtlich der Einzelheiten der Form und des Inhalts betrifft, so gehe ich davon aus, dass uns diesbezüglich die Vorstellungen der Landesregierung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen erläutert werden. Sinnvoll wäre es sicherlich auch, den Abgeordneten den Entwurf der Verordnung bereits vorzustellen.
Zu § 23a möchte ich anmerken, dass dieser natürlich eine Reaktion auf die Überwachungsdefizite der Landkreise ist, die wir im Untersuchungsausschuss wirklich eindeutig dargestellt bekommen haben. Vonseiten der Landesregierung sollte im Rahmen der parlamentarischen Beratung im Umweltausschuss erläutert werden, welche Vollzugserfahrungen vorliegen und wie diese ausgewertet wurden.
Inhaltlich basiert die Kostenregelung - ich hatte es angesprochen - auf der Anwendung des Verursacherprinzips, wonach Anlagenbetreiber nachweisen müssen, dass von der Anlage keine Gefahren für die Umwelt ausgehen. Bezüglich der Kosten für beauftragte Sachverständige wäre zu beachten, dass hier eine Effizienzbetrachtung durchaus sinnvoll sein kann.