Danke sehr, Frau Hunger. - Für die Landesregierung spricht Minister Dr. Daehre. Zuvor möchte ich jedoch Schülerinnen und Schüler des Weizsäcker-Gymnasiums in Thale bei uns begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein glücklicher Zufall, dass jetzt Schüler an
wesend sind; denn wir reden hier über ein Zukunftsthema, wenn es um das Thema Energie geht. Deshalb darf ich vorab zunächst einmal zum Ausdruck bringen, dass ich glaube, dass es keinen in diesem Haus gibt, der nicht versuchen will und der nicht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dazu beitragen will, etwas für die Umwelt tun, den Einsatz fossiler Brennstoffe zu reduzieren und sich mit alternativen Energien zu beschäftigen und diese so preiswert zu gestalten, dass sie auch zum Einsatz kommen können.
Das ist unser Ziel und so habe ich auch Staatsminister Robra verstanden: Wir wollen bei uns nicht nur regenerative Energien produzieren, sondern wir wollen diese letztlich auch nutzen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.
Der Antrag der Fraktion DIE LINKE lautet: ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz auf Bestandsbauten ausweiten. Bevor ich dazu einige Ausführungen mache, meine Damen und Herren, darf ich zunächst daran erinnern, dass wir seit dem Jahr 1990 einen riesigen Schritt vorwärts gemacht haben, was den CO2-Ausstoß und die Modernisierung des Hausbestandes im privaten, im gesellschaftlichen und im genossenschaftlichen Bereich angeht.
Wir müssen festhalten, dass wir in diesem Bereich, was die Sanierung des Häuserbestandes angeht, zum Beispiel bei der Wärmedämmung und bei vielen anderen Dingen, die wir gemacht haben, schon weiter sind als einige Teile der alten Bundesregierung, der alten Bundesrepublik. - Ja, ab und zu gibt es auch einmal solch einen Versprecher. - Das darf nicht vergessen werden.
Ich sage das nicht deshalb, um Vorwürfe an vergangene Zeiten aufzumachen, sondern um zu dokumentieren, dass wir bei den Forderungen, die wir aufmachen, aufpassen müssen, dass wir nicht überziehen. Wir sollten uns in den nächsten Jahren Schritt für Schritt diesem Thema zuwenden.
Meine Damen und Herren! Allein schon der Begriff „Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz“, kurz EE-Wärmegesetz, trägt dazu bei, dass man immer wieder einmal den Zettel in die Hand nimmt, damit man sich nicht verspricht.
Ich denke, wir werden es gemeinsam auf den Weg bringen, die Klimabelastung durch schädliche Gase insgesamt zu vermindern. Das soll dadurch geschehen, dass bei Neugebäuden die Nutzung der erneuerbaren Energien zur Pflicht gemacht wird. Sie müssen zu bestimmten Prozentsätzen, in der Regel zu mehr als 50 %, zum Wärmebedarf des jeweiligen Gebäudes beitragen.
Der vorliegende Antrag der Fraktion DIE LINKE bezieht sich auf die Möglichkeit, die § 3 Abs. 2 Satz 1 des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes den Ländern gibt, nämlich die Regelungen des Gesetzes auf den Gebäudebestand auszudehnen. Das betrifft die am 1. Januar 2009 vorhandenen Gebäude, aber auch die, die bis dahin begonnen worden sind, ferner die Gebäude, für die bis dahin eine Genehmigung bei der zuständigen Bauordnungsbehörde beantragt worden war.
Richtig an diesem Antrag ist, dass gegenüber den zunächst kleinen Erfolgen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Neubauten und Altbestand ein bedeutendes Potenzial in der Erschließung des Altbestandes liegen könnte. Richtig ist ferner, diesbezüglich zu untersuchen,
welche Umstände bei der Frage berücksichtigt werden müssen, ob eine solche Landesregelung eingeführt werden soll. Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen setzt genau hier an, nämlich bei der Anregung, dieses Themenfeld in allen Aspekten, insbesondere in den Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger, einschließlich der sozialen Frage zu beleuchten.
Meine Damen und Herren! Bei allem, was wir gesetzlich verankern wollen, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass es Geld kostet. Ich habe eben von Frau Hunger gehört, dass es ja zu einer Wertsteigerung des Gebäudes komme. Ich erinnere mich noch an die Diskussion zu den Straßenausbaubeiträgen. Damals haben wir gesagt, dass das jeweilige Haus dann in seinem Wert steige. Das erklären Sie einmal einem 75-jährigen Hausbesitzer. Fragen Sie ihn, ob er in den nächsten 15 bis 20 Jahren von dem Wort „Wertsteigerung“ leben kann; der wird sein Haus nämlich nicht los.
Ich will nur einmal auf dieses eine Beispiel hinweisen, das ist nämlich das Problem, wenn wir generell sagen, dass er dieses mitmachen soll. Wir würden auch diejenigen - das muss man auch an dieser Stelle sagen -, die derzeit noch Eigentum haben, vor allem die älteren Bürgerinnen und Bürger, in eine Angst-und-Panik-Stimmung versetzen; denn wir können dies wiederum nicht zu 100 % fördern. Das heißt, sie müssen mit einem Eigenanteil aufwarten.
An dieser Stelle ist es angebracht, mit Fingerspitzengefühl an diesen Schrauben zu drehen. Einige Hausbesitzer haben sich vielleicht gerade vor drei oder vier Jahren eine andere moderne Anlage angeschafft, sodass eine Umrüstung überhaupt nicht erforderlich wäre.
Bereits hierbei muss man sich darüber im Klaren sein, dass für eine Landesregierung nur das Ob zur Disposition steht, aber nicht das Wie. Wenn sich ein Land entscheidet, das EE-Wärmegesetz auf den Gebäudebestand zu erstrecken, dann hat es bis auf einige Marginalien keine Gesetzgebungskompetenz, abweichend vom EE-Wärmegesetz etwas auszugestalten.
Nun wurde Baden-Württemberg genannt. Meine Damen und Herren! In Baden-Württemberg haben wir eine völlig andere Eigentümerstruktur als in Sachsen-Anhalt. Wir haben eine Eigentümerstruktur, bei der es mit zunehmendem Alter - nicht was die Lebenserwartung betrifft, aber was das Konto angeht - etwas anders aussieht. Das kann man mit der Situation in Sachsen-Anhalt nicht vergleichen.
Das heißt, die Regelungen des EE-Wärmegesetzes können hinsichtlich der Anforderungen und der Art und Weise der Umsetzung nicht mehr beeinflusst werden. Sie gelten; für Korrektive durch Landesgesetze gibt es wenig Raum.
Meine Damen und Herren! Das erschien im Gesetzgebungsverfahren deshalb als hinnehmbar, weil bei den Neubauten die entsprechenden Maßnahmen mit einiger Aussicht auf Wirtschaftlichkeit von vornherein geplant und ausgeführt werden können. Die Wirtschaftlichkeit derartiger Maßnahmen ist für den Neubaubereich ungeklärt und für die Bestandsbauten höchst strittig.
Insbesondere in den neuen Ländern haben sich die wohnungswirtschaftlichen Verbände gegen eine Erstreckung auf die Altsubstanz ausgesprochen und dar
auf hingewiesen, dass anders als in den alten Bundesländern über fast ein Jahrzehnt kontinuierlich in die energetische Sanierung des Bestandes investiert worden ist.
Meine Damen und Herren! Ich hatte es vorhin schon gesagt: Das Gleiche, was uns die Wohnungsverbände mitgeteilt haben, gilt auch für „Haus und Grund“. Auch „Haus und Grund“ ist nicht der Meinung, dass wir dieses als Pflicht aufnehmen sollten, jedenfalls nicht zum jetzigen Zeitpunkt.
Wie es in diesem Kreis gelingen soll, eine Amortisation des Aufwands in knapp 17 Jahren zu erreichen - das hatte ich schon gesagt -, ist höchst fraglich. Die Grundannahme der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren, was die Amortisationszeit betrifft, beruht allerdings auf der Berücksichtigung und Planung der Maßnahmen vor der Ausführung eines Neubaus. Ob das in der derzeitigen Finanzsituation - auch dieses soll noch hinzugefügt werden - das richtige Signal ist, ist aus meiner Sicht fraglich.
Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass wir diese Dinge auf der einen Seite so diskutieren sollten, wie ich sie angesprochen habe. Auf der andere Seite sind wir aber gut beraten, das Thema nicht nur weiterhin auf der Agenda zu halten, sondern in Sachsen-Anhalt Erfahrungen zu sammeln, indem wir es zunächst an verschiedenen Projekten ausprobieren.
Wir sind erst einmal gut beraten, im öffentlichen Bereich damit anzufangen. Deshalb werden wir das zunächst bei den Neubauten, die wir in unserer eigenen Verantwortung haben, umsetzen. Zum Beispiel werden wir die Straßenmeisterei in Atzendorf mit einer Solarthermieanlage, den Hörsaal und die Mensagebäude der Fachhochschule Aschersleben mit einer Geothermieanlage, das Bahnhofsgebäude in Edersleben bzw. den Landeshochwasserbetrieb mit einer Solar- bzw. Geothermieanlage ausstatten.
In Auswertung dieser Erfahrungen werden wir sehen, wo die Effekte liegen. Ich sage hier eines: Wir werden für alle weiteren Bauten einen Check einführen und zunächst ausrechnen, was es kostet, wenn wir konventionell weiterarbeiten würden. Wenn wir dann gleichzeitig die Effekte von Alternativenergien berechnen, werden wir zu einer Differenz kommen und feststellen, dass die Bauten teurer werden. Das ist ganz einfach so. Dann werde ich das dem Finanzausschuss vorlegen und wir müssen entscheiden: Wollen wir den Weg gehen und zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um Erfahrungen zu sammeln?
Das Gleiche sollten wir auch bei dem einen oder anderen Altbestand tun. Das lasse ich derzeit schon durchrechnen. Wir werden uns dann wohl gehörig erschrecken, wenn wir erfahren, wie viel es kosten wird, das bei Altbausubstanz umzusetzen.
Unter dem Strich, meine Damen und Herren, denke ich, ist es ein Thema, über das wir uns in den Ausschüssen unterhalten sollten. Es ist nicht nur ein Thema für den Bauausschuss, sondern auch für den Umweltausschuss und den Wirtschaftsausschuss.
- Den Umweltausschuss hatte ich doch schon erwähnt, Herr Scheurell. Meine Kollegin ist im Moment nicht da.
Das sollte auch ein Zeichen - damit schließt sich der Kreis - in Richtung der nächsten Generation sein. Wir sind als Land Sachsen-Anhalt bemüht, auch in diesem
Bereich die Zukunft zu gestalten. Aber unter dem Strich müssen wir uns darüber im Klaren sein: Es kostet Geld und der Privatmann kann es nicht allein tragen. Ob Vater Staat alles tragen kann, weiß ich nicht. Aber wenn wir uns dieses Themas, wie in den letzten 20 Jahren, Stück für Stück annehmen, dann ist uns allen geholfen.
In diesem Sinne freue ich mich auf eine sachliche Diskussion mit vernünftigen Vorschlägen, wie sie die Koalitionsfraktionen eingebracht haben. Ich bedanke mich bei Ihnen für die Aufmerksamkeit. Wir sollten den Antrag so verabschieden. - Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Hunger, ich bin nicht so pessimistisch, was die Anwendung im Bereich der Bestandsbauten angeht, weil ich denke, viele Eigentümer werden ganz nüchtern durchrechnen, werden überlegen, welche Fördermöglichkeiten es gibt, und werden dann mit Augenmaß entscheiden. Genau dieses Augenmaß sollten auch wir haben bei unseren Entscheidungen, die wir zu diesem Gesetz zu treffen haben.
Was die Behandlung angeht: Ich bin eigentlich ganz optimistisch, dass ein erster Bericht sicherlich auch noch im ersten Halbjahr gegeben werden kann und dass wir uns vielleicht im Mai/Juni auch in den Ausschüssen mit der Thematik befassen können werden.
Meine Damen und Herren! Es ist zu begrüßen, dass das Thema „Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes“ im Landtag behandelt wird. Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein im Klimaschutzprogramm des Bundes. Der Bundesumweltminister bezeichnet die Produktion von Wärme als den „schlafenden Riesen bei den erneuerbaren Energien“. Damit ist nicht Minister Gabriel selbst gemeint. Ich denke, er ist hellwach, was das Thema angeht.
Bis zum Jahr 2020 soll durch das EE-Wärmegesetz der Anteil erneuerbarer Energien im Wärmebereich von heute etwa 7 % auf 14 % ausgebaut werden. Damit könnte im Wärmebereich eine ähnlich Dynamik entfaltet werden, wie es mit dem EEG im Strombereich gelungen ist.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Frage der Preisentwicklung bei Gas und Öl sowie die Frage der Endlichkeit der fossilen Energieträger, die uns ebenso zum Handeln zwingt wie die Frage der Versorgungssicherheit. Erst vor wenigen Wochen konnten wir uns deutlich davon überzeugen, wie gefährlich hier einseitige Abhängigkeiten sind - Stichwort: Gasstreit Russland/ Ukraine.
Das EE-Wärmegesetz sieht zur Umsetzung der Zielstellungen zwei Instrumente vor, zum einen die Nutzungspflicht und zum anderen ein Marktanzreizprogramm. Die Nutzungspflicht wird für Neubauten festgelegt. Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien ist aber auch die Möglichkeit von Ersatzmaßnahmen vorgesehen. Dabei
handelt es sich zum Beispiel um Maßnahmen der Energieeinsparung, welche über die Festlegung in der Energieeinsparverordnung um mindestens 15 % hinausgehen.
Aber der Bund will nicht nur fordern, sondern er fördert auch. Neben dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das sich seit Jahren bewährt hat und das gerade wieder aufgestockt wurde, soll es ein Marktanreizprogramm geben, das insbesondere für Bestandsbauten gedacht ist. Der Bund will hierfür zwischen 2009 und 2012 jährlich bis zu 500 Millionen € zur Verfügung stellen.
Mit dem von der Fraktion DIE LINKE vorgelegten Antrag soll von der im Gesetz enthaltenen Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, auf Länderebene Pflichten zur Nutzung erneuerbarer Energien bei bereits errichteten Gebäuden festzulegen. Dies sollte genau abgewogen und unter den konkreten Gesichtspunkten für SachsenAnhalt beurteilt werden.
In der heutigen Debatte kann dies nur angerissen werden, sodass viel, wie von uns vorgeschlagen, für eine ausführliche Beratung in den zuständigen Ausschüssen spricht.