Protocol of the Session on February 19, 2009

(Zustimmung von Herrn Kley, FDP, und von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Meine Damen und Herren! Manchem - darüber war ich sehr überrascht - scheint aber auch dieses Ergebnis noch zu weit zu gehen. So war ich einigermaßen irritiert, als ich in einer Pressemitteilung der Ost-Fraktionsvorsitzenden der SPD las, dass sie gegen dieses Ergebnis seien. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass man mit den Fraktionsvorsitzenden der Länder vorher einmal gesprochen hätte. Aber dazu können Sie, Frau Budde, uns, denke ich, gleich noch erzählen,

(Frau Budde, SPD: Wenn man sich nicht einig wird!)

wie denn die Auffassung der SPD-Fraktion hierzu ist.

Ich muss offen gestehen, dass auch ich dem Ergebnis eher kritisch gegenüberstehe. Allerdings kommt mir zumindest das Neuverschuldungsverbot zu spät und es greift meiner Meinung nach zu kurz.

Wenn man einmal in die Republik schaut und sich ansieht, was derzeit passiert, dann muss man feststellen, dass bis zum Jahr 2020 die Länder ihre Verschuldung durchaus noch weiter hochtreiben können. Und wenn wir einmal sehen, was wir in zehn Jahren so hinbekommen haben, dann mache ich mir durchaus Sorgen. Gleichwohl sage ich ganz klar: Ich hoffe, dass das, was der Finanzminister hier dargestellt hat, auch umgesetzt wird, zumindest in Sachsen-Anhalt.

Frau Klein, ich muss ganz offen gestehen: Ja, ich halte ein Verschuldungsverbot für ein absolutes Muss. Gerade in Ihrer Fraktion wird immer viel über die Generationengerechtigkeit geredet, über Gerechtigkeit überhaupt. Ich halte es tatsächlich für ein Muss, dass ich, wenn ich über Gerechtigkeit rede, auch sage: Ich gebe nur das aus, was ich einnehme, was ich erwirtschafte. Ich gehe nicht hin und sage: Ich gebe Gelder aus, die später die Generation,

(Herr Gallert, DIE LINKE: Mit dieser Begründung reduzieren wir auch die Lehrerzahl!)

die heute noch nicht volljährig ist oder die noch nicht einmal geboren ist, bezahlen muss. Denn das ist genau das, was wir tun. Wir können sie nicht einmal fragen, ob sie damit einverstanden sind, dass wir in irgendetwas investieren, das wir so und so entscheiden. Wir verschulden uns auf ihre Kosten und sagen schlicht und ergreifend: Ihr bezahlt das, was wir uns heute leisten.

(Beifall bei der FDP)

Das ist nicht gerecht. Deshalb erneuere ich unsere Forderung nach einem Neuverschuldungsverbot in der Lan

desverfassung. Wir haben das hier schon einmal vorgetragen; das ist damals abgelehnt worden. Aber ich halte das nach wie vor für den richtigen Weg, und zwar ganz unabhängig davon, wie jetzt die Diskussion über die Verfassungsgemäßheit eines entsprechenden Verschuldungsverbotes in Berlin ausgeht.

Ich sage dazu als Landespolitiker ganz klar: Ich habe auch so meine Bauchschmerzen. Meiner Meinung nach ist das Budgetrecht so hoch zu bewerten, dass nur eine verfassunggebende Mehrheit im Landtag dies in die Verfassung aufnehmen kann.

Herr Scharf, ich bin der Auffassung, dass man dafür nicht etwas versuchen sollte, auch wenn Sie damit Recht haben, dass der Zeitraum zwischen einem entsprechenden Beschluss im Bundestag und der Umsetzung durch die Länder relativ lang ist und Gerichte dazu auch entscheiden könnten. Selbst bei vorsichtiger Betrachtung ist es, glaube ich, wichtig, dass wir nicht so herangehen. Vielmehr sollte man dafür sorgen, dass das, was auf der Bundesebene stattfindet, und das, was dann in den Landesparlamenten stattfindet, von vornherein verfassungskonform ist, sodass wir uns hinterher nicht entsprechende Streitigkeiten liefern müssen.

Meine Damen und Herren! Eine andere Frage zielt auf die ganz praktischen Dinge. Wir bekommen also vom Bund demnächst Mittel in Höhe von 80 Millionen € im Jahr. Ich hoffe, dass wir diese dann zur Tilgung einsetzen können, entweder zusätzlich zu dem, was wir derzeit tilgen wollen, oder ergänzend zu dem bzw. das ersetzend, was wir bisher in der mittelfristigen Finanzplanung stehen haben.

Auf der anderen Seite sollen wir uns verpflichten, einen strengen Konsolidierungskurs einzuhalten. Dazu muss ich einmal ganz offen gestehen: Wir sehen das ein bisschen skeptisch. Ich glaube, alle Landespolitiker, die schon einmal mit Bundesvereinbarungen und BundLänder-Vereinbarungen zu tun hatten, wissen, dass man gut daran tut zu warten, bis man den Wortlaut der Vereinbarung kennt, bevor man sich entscheidet zu sagen: „Ja, ich möchte das gerne“ oder „Nein, ich lasse lieber die Finger davon“.

Herr Wolpert hat heute Morgen darauf aufmerksam gemacht, dass man zum Beispiel auch die Verwaltungsvereinbarung zum Konsolidierungsprogramm lesen muss. Diese ist nämlich nicht ganz ohne. Deshalb werde ich mich auch mit einer endgültigen Bewertung dessen, was in diesem Zusammenhang von Berlin kommt, so lange zurückhalten, bis ich weiß, was die Kollegen unter strenger Haushaltskonsolidierung verstehen.

Wenn sie das, was der Bund für sich selbst definiert, darunter verstehen, dann brauchen wir uns hier im Bundesland alle keine Sorgen zu machen; das schaffen wir allemal; das ist wirklich keine hohe Hürde. Wenn es heißt, dass der Bund sagt, wir sollen das fortsetzen, was wir derzeit im Rahmen unserer mittelfristigen Finanzplanung festgelegt haben, dann mache ich mir auch keine Sorgen. Denn angesichts dessen, was andere Bundesländer tun, braucht sich Sachsen-Anhalt nicht zu verstecken.

Wenn der Bund aber darüber hinaus Entscheidungen treffen will, zum Beispiel zu der Höhe von Tilgungsraten oder zu unsere Ausgaben, dann - das muss ich offen gestehen - wäre es doch ein Danaergeschenk und man müsste klar sagen: Finger weg von diesen 80 Millionen €.

Wir müssten dann schlicht und ergreifend schauen, dass wir unsere Selbständigkeit als Bundesland höher bewerten als diese 80 Millionen €, die dann auch kein Geschenk wären - das muss man ganz klar sagen -; denn wir würden auf diese Art und Weise in eine Haftung genommen, was meiner Meinung nach unverantwortlich wäre.

Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Föderalismuskommission sind wie so oft nur der kleinste gemeinsame Nenner. Wir Liberalen begrüßen den Versuch, die Neuverschuldung zu begrenzen. Wir betrachten aber den Zeitpunkt, zu dem das stattfinden soll, als ebenso halbherzig wie die Höhe der Hilfen, die den verschuldeten Ländern zur Verfügung gestellt werden.

Dabei habe ich nicht einmal Sachsen-Anhalt im Blick. Ich glaube, dass wir damit klarkommen. Aber wenn man einmal Berlin, Bremen, das Saarland oder auch Schleswig-Holstein betrachtet, dann - da bin ich mir sicher - werden wir tatsächlich, vor allem wenn es lediglich solche lockeren Kontrollen gibt, im Jahr 2020 überrascht feststellen, dass sich zumindest in diesen Bundesländern nichts geändert hat.

Für Sachsen-Anhalt hoffe ich, dass wir bei dem Konsolidierungskurs bleiben, den Sie einmal beschlossen haben und den wir zumindest in Grundzügen unterstützen. Der Logik von Herrn Gallert, die er heute Morgen zum Ausdruck brachte, indem er sagte: Wenn in Berlin schon einmal die Dämme gebrochen sind, dann sollten wir auch in Sachsen-Anhalt dem Ganzen seinen freien Lauf lassen, kann ich mich nicht anschließen. - Nein, ich glaube, dass wir unserer Verantwortung als Landespolitiker gerecht werden, wenn wir dieser Versuchung widerstehen. Ich weiß, dass es eine große Verlockung ist, nach dem Motto: bei den vielen Millionen und Milliarden kommt es auf unsere paar auch nicht mehr an.

Ich glaube, dass wir wirklich Verantwortung für die Zukunft übernehmen müssen und davor warnen müssen, jetzt alle Dämme und Deiche brechen zu lassen. Wir müssen auch in Zukunft dafür Sorge tragen, dass der Haushalt des Landes Sachsen-Anhalt für kommende Generationen noch händelbar ist und dass auch kommende Generationen noch irgendetwas zu entscheiden haben und nicht nur Zinsen bezahlen dürfen und ansonsten Pflichtaufgaben erledigen. Anderenfalls muss man sich tatsächlich einmal fragen, ob ein solches Bundesland überhaupt noch Sinn macht. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Wir kommen zum letzen Beitrag, dem Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Frau Budde, Sie haben das Wort, bitte schön.

(Zuruf von Herrn Kley, FDP)

Es tut mir leid, aber die Stimme ist seit der letzten Landtagssitzung noch immer nicht wieder in Ordnung. - Es hat ja so jeder seine Bundespolitiker, die meistens von anderen zitiert werden. Ich werde das an dieser Stelle nicht tun.

Die Debatte über die Einführung einer Schuldenbremse in das Grundgesetz ist nicht neu. Sie hat aber mit dem

Beschluss der Föderalismuskommission vom vergangenen Donnerstag nochmals an Aktualität gewonnen.

Die eigentliche Brisanz des Themas liegt ja nicht im Zeitpunkt der Kommissionsentscheidung, sondern in dem vorgeschlagenen Verfahren, und zwar in der verfassungsrechtlichen Verankerung beim Bund und bei den Ländern. Das betrifft aus meiner Sicht ganz stark die Souveränität des Landtages, nämlich unsere eigene Souveränität, und damit auch nicht mehr und nicht weniger als den Kern des föderalen Systems der Bundesrepublik.

Bei der Einführung der Schuldenbremse - man muss angesichts dessen, was beschlossen worden ist, eher sagen: eines strikten Schuldenverbots - müssen zwei grundsätzliche Dinge diskutiert werden. Das haben Sie alle auch schon angesprochen. Zum einen kann der Bund die Länder durch eine Änderung des Grundgesetzes zwingen, eine Schuldenbremse in ihre Landesverfassung aufzunehmen, und vielleicht gleichzeitig festlegen, welche Art Schuldenbremse es sein soll. Zum anderen ist die Frage zu klären, ob eine solche Schuldenbremse volkswirtschaftlich und politisch sinnvoll ist.

Ich möchte mit dem zweiten Punkt anfangen, obwohl ich glaube, dass über diesen Punkt viel intensiver und länger diskutiert werden wird. Ich will anfangs ausdrücklich feststellen, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte eine der zentralen Aufgaben für die nächsten Jahre bleibt. Wir brauchen mehr Spielräume durch weniger Zinsen und durch Tilgung; das ist ganz klar.

Die Landesregierung und die diese Regierung tragenden Fraktionen haben bisher auch bewiesen, dass sie es damit ernst meinen. Wir haben den ersten Haushalt ohne eine Nettoneuverschuldung. Wir haben das Instrument des Pensionsfonds. Wir haben gemeinsam die Steuerschwankungsreserve eingeführt. Außerdem gibt es eine mittelfristige Finanzplanung mit einem Konsolidierungsplan für das Land bis zum Jahr 2020.

Der Minister hat es gesagt. Natürlich ist eine mittelfristige Finanzplanung kein beschlossener Haushalt - das ist klar -, aber es ist eine Orientierung. Deshalb ist das Ziel der Haushaltskonsolidierung jetzt, in dieser Legislaturperiode und, so denke ich, auch in den folgenden Legislaturperioden und bei den Beratungen über die folgenden Haushalte zwar jedes Mal neu zu verhandeln und es muss jedes Mal neu erkämpft werden. Aber das Ziel der Konsolidierung bleibt bestehen. Entscheidend ist für mich dabei allerdings der politische Wille sowohl im Bund als auch in den Ländern. Darüber, ob daran eine Verankerung in der Verfassung etwas ändert, können wir diskutieren.

Aber wenn ich mir überlege, wie wir in der letzten Legislaturperiode über das Thema des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bzw. der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts diskutiert haben - mit der Begründung kann man mehr Kredite aufnehmen; das war der Kollege Paqué, der das vorher sicher sehr streng gesehen hätte, aber auf einmal waren alle möglichen Maßnahmen im Haushalt dazu da, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wiederherzustellen -, dann sieht man, wie mit solchen gut gemeinten Verankerungen in bestimmten Korsetts, die wir uns anlegen - sei es ein Gesetz oder eine Verfassung -, umgegangen werden kann. Natürlich sind stets Spielräume vorhanden und letztendlich zählt der politische Wille, ob man konsolidieren will oder

nicht. Darüber entscheidet die jeweilige Mehrheit im Parlament.

Erzwingen lässt sich dieser Sparwille aus meiner Sicht nicht. Es ist ein Gebot der Vernunft; das ist richtig. Ich finde es auch sehr bemerkenswert, dass ausgerechnet der Bund, der es auch vor der Wirtschaftskrise nicht geschafft hat, seine Neuverschuldung auf null zu reduzieren, den Ländern dieses striktes Schuldenverbot auferlegen will. Der Bund ist aus meiner Sicht - das muss man einmal sagen - noch viel weiter von einer Konsolidierung entfernt, als es die Länder und Kommunen sind, die sehr strikte Regeln auferlegt bekommen.

Sparen ist aus meiner Sicht kein Selbstzweck. Aber es ist ein Mittel zum Zweck. Das zentrale Ziel - das haben Sie, Herr Scharf, auch gesagt - einer gesellschaftlich verantwortungsvollen Politik ist die Generierung des größtmöglichen gemeinschaftlichen Wohlstandes mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und politischen Instrumenten. Auch Sparen gehört dazu - das ist richtig -, weil wir nämlich Handlungsspielräume benötigen. Weil wir derzeit sehr wenig Handlungsspielräume haben, merken wir, wie notwendig es ist, da die Verschuldung auch in unserem Land sehr hoch ist.

Wenn man sich auf der anderen Seite die Wirtschafts- und Finanzkrise - das ist alles eins - anschaut, dann zeigt sich sehr eindrucksvoll, dass auch andere Optionen notwendig sind. Man muss in Ausnahmefällen - die kann man in der mittelfristigen Finanzplanung nicht vorhersehen; deshalb sind es Ausnahmefälle, die für den einen mehr und für den anderen weniger überraschend auftreten - eben die Möglichkeit schaffen, Kredite für wichtige Zukunftsinvestitionen aufnehmen zu können. Deshalb müssen wir ernsthaft darüber diskutieren, wie rigoros dieses Schuldenverbot sein soll, ob wir uns damit komplett die Hände binden oder unter welchen Bedingungen - ich bin sehr dafür, dass man diese definiert - wir auch zukünftig Schulden aufnehmen können.

Es gibt das folgende beliebte Bild: Wir wollen unseren Kindern keinen Schuldenrucksack mit auf den Weg geben. Einer meiner Fraktionskollegen hat gesagt, es könnte ja auch Verpflegung im Rucksack sein. Das ist das eine; das ist ein schönes Bild, das nimmt jeder gern.

Aber das andere Bild - das ist heute auch schon gesagt worden - wird nur sehr selten bedient. Man muss irgendwann auch einmal erklären - das werden wir auch tun müssen -, warum wir uns heute verbieten, zum Beispiel die Mittel für Forschung und Entwicklung aufzubringen, die die Arbeitsplätze für die Kinder von morgen sichern.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das heißt, an dieser Stelle ist immer eine ausgewogene Betrachtung notwendig.

Wir befinden uns alle mitten im Diskussionsprozess. Ich kann nicht wirklich glauben, dass diese Argumente, die durchaus alle sehr sachlich und vernünftig sind und mit denen wir uns jeden Tag auseinandersetzen müssen, in den anderen Fraktionen nicht diskutiert werden.

Jenseits dieses sozioökonomischen Diskurses über die Sinnhaftigkeit ist das eigentliche Thema für mich heute die Ausgestaltung einer Schuldenbremse und das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern innerhalb der bundesstaatlichen Ordnung. Hierbei ist in erster Linie das Verhältnis zwischen den Parlamenten und den

Regierungen in den Ländern und das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern zu nennen.

Ich glaube, es gibt einen erheblichen Dissens zwischen dem Bund und den Landesparlamenten, der institutioneller Art ist und der aus meiner Sicht völlig unabhängig von der politischen Zusammensetzung der Landesparlamente besteht; denn wir als Parlamentarier müssen schlichtweg zunächst einmal unsere eigenen Rechte wahrnehmen. Das wird deutlich, wenn man sich den konkreten Vorschlag der Föderalismuskommission für eine Grundgesetzänderung anschaut. Dort heißt es:

„Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“

Dann gibt es, wie bereits vorgetragen, die nette Ausnahme von 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes für den Bund. In Satz 5 heißt es dann:

„Die nähere Ausgestaltung dieses Grundsatzes für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,0 % des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten.“