Protocol of the Session on February 19, 2009

Wir sind zwar im Vergleich zu den in den Medien beschriebenen Situationen anderer Landesbanken in einer sehr vorteilhaften Lage. Die NordLB steht sehr solide da. Aufgrund ihrer nachhaltigen Geschäftspolitik stehen wir nicht vor dem Problem, dass wir mit milliardenschweren Risikoabschreibungen zu rechnen haben. Wir müssen uns aber dem finanzmarktpolitischen Gesamtumfeld stellen.

Meine Damen und Herren! Der Finanzminister hat darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Marktgeschehens zu beobachten ist, dass es für die gut aufgestellte NordLB zunehmend schwieriger geworden ist, ohne entsprechende staatliche Garantien auf dem Finanzmarkt eine Refinanzierung bei der Verlängerung von Krediten sowie eine Kreditversorgung zu günstigen Konditionen - das ist insbesondere für den Mittelstand wichtig - zu bekommen.

Die Landesregierung hat sich daher mit dieser Thematik befasst und bereits am 2. Dezember 2008 die Bereitstellung eines Garantierahmens in Höhe der schon ausgeführten 3,3 Milliarden € für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 beschlossen.

Der Hintergrund ist die von mir erwähnte Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten und die Überlegung, dass die veränderten Rahmenbedingungen und weltweiten Stabilisierungsmaßnahmen paradoxerweise dazu führen, dass die NordLB ohne den von der Landesregierung beschlossenen so genannten Landesschirm im Vergleich zu den in der Vergangenheit schlecht wirtschaftenden Wettbewerbern Nachteile im Refinanzierungsgeschäft hätte. Das ist schon ein Stückchen verkehrte Welt. Aber wir müssen darauf reagieren, meine Damen und Herren.

Deshalb stellt die Entscheidung der Landesregierung, gemeinsam mit dem Land Niedersachsen einen Garantierahmen für ein durch Aktiva vollständig besichertes Emissionsprogramm der NordLB aufzulegen, einen richtigen und verantwortbaren Weg bei der Bewältigung der Finanzmarktkrise dar, meine Damen und Herren.

Wichtig ist - auf die Risiken ist schon an verschiedenen Stellen hingewiesen worden -, dabei noch einmal darauf hinzuweisen, dass für die garantiegebenden Länder Sachsen-Anhalt und Niedersachsen nur ein minimales Ausfallrisiko besteht, da das Programm durch freie Vermögenswerte der Bank vollständig besichert ist. Hierfür erhalten die Länder eine marktgerechte Gebühr von der NordLB.

Freilich - das ist auch eine Wahrheit -, wenn es kein Risiko geben würde, dann könnte man die Strategie verfolgen, so viele Bürgschaften zu geben, wie man nur geben kann, weil man den Haushalt allein durch die Gebühren prima finanzieren und vielleicht sogar sanieren könnte. Aber eine Bürgschaft heißt per se, dass ein Risiko abgesichert wird. Wir dürfen in diesem Hause wirklich nicht die Augen davor verschließen, dass wir sehr komplizierte Beratungen bekommen, falls dieses Risiko, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, fällig wird.

Aber es gibt dazu letztlich keine Alternative. Es ist auch ganz wichtig, hier zu sagen, dass mit diesem Garantierahmen die Landesregierung ein Bekenntnis zur Wirtschaft in unserem Land abgibt; denn die Regierungskoalition gibt damit gerade kleinen und mittleren Unternehmen eine gute Möglichkeit, auch mithilfe der NordLB zu einer sicheren Finanzierung zu kommen. Wir gehen davon aus, dass sich das im Geschäftsgebaren in den nächsten Monaten tatsächlich auch so darstellen wird.

Meine Damen und Herren! Es kam die Nachfrage nach der Einheitlichkeit der Meinung zu diesem Vorgang in der CDU-Fraktion. Es hat dazu in der CDU-Fraktion eine Probeabstimmung gegeben, die fast einstimmig ausfiel.

Ich gehe davon aus, dass diese Haltung auch in den Beratungen des Finanzausschusses durchgehalten wird und dass wir dann aus dem Finanzausschuss ein Beratungsergebnis bekommen, das, wie es üblich ist, entweder 100-prozentig dem entspricht, was an den Finanzausschuss überwiesen wurde, oder ein Stückchen davon abweicht. Aber ich gehe davon aus, dass dieser Gesetzentwurf voll mitgetragen wird. Das werden Sie, meine Damen und Herren, nach der zweiten Lesung bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf hier feststellen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Scharf, für Ihren Beitrag. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Henke, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem aktuellen Zitat eines katholischen Sozialethikers möchte ich meine Ausführungen beginnen:

„Ein funktionierendes Finanzsystem ist nicht Sache Einzelner, sondern es ist ein öffentliches Gut. Geldwertstabilität und Geldversorgung sind öffentliche Aufgaben. Insofern hat die Finanzwirt

schaft nicht nur den privaten Auftrag, Gewinne zu erzielen, sondern auch den öffentlichen Auftrag, die Lebensqualität und den Wohlstand aller in der Gesellschaft, insbesondere der Armen, zu heben."

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Grundüberzeugung von Professor Hengsbach lag auch dem Bekenntnis der Fraktion DIE LINKE vom Dezember 2008 zugrunde. DIE LINKE in Sachsen-Anhalt bekennt sich zum öffentlichen Bankensektor, zu Banken mit ausschließlich öffentlichen Trägern, mit Landes- und ohne Bundesbeteiligung.

Der Finanzminister ist schon darauf eingegangen. Ja, es ist so: Die EU-Kommission in Brüssel hat sensationell schnell ihre Bewilligungsentscheidung zu der hier zur Debatte stehenden Unterstützungsmaßnahme erklärt, und das vor dem Hintergrund, dass die Kommission in der Öffentlichkeit bisher nicht als besonders landesbankenfreundlich aufgefallen ist. Offensichtlich führen auch in Brüssel die Krisenerfahrungen zu einer Abkehr von bisherigen Präferenzen für den Privatbankensektor - eine vielleicht unfreiwillige Stärkung auch linker Argumentation.

Die Übernahme der Landesgarantie darf allerdings kein Selbstzweck sein. Die Landesregierung und die NordLB müssen deutlich machen, dass diese Sicherheiten einen spürbaren positiven Einfluss auf die Kreditvergabe an die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt haben.

Es ist davon auszugehen, dass das bisher ausgereichte Kreditvolumen von jährlich 5 Milliarden € in diesem und im nächsten Jahr kaum zu erreichen sein wird. Daher hat eine aufmerksame Beobachtung von Reflexionen aus der Wirtschaft auf die tatsächlichen Bedingungen der Kreditgewährung durch die NordLB zu erfolgen. Deshalb muss die Landesregierung aufzeigen, wie sie mithilfe der Investitionsbank als Teil der NordLB effektiv auf die Rezession reagieren will. Unter diesen Bedingungen befürwortet DIE LINKE die Ausbringung einer entsprechenden Garantieübernahme grundsätzlich.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unsere Befürwortung der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Finanzausschuss beinhaltet auch die Erwartung einer im Vergleich zur dortigen Dezember-Beratung qualitativ besseren Erläuterung der Besicherung der Landesgarantie mit freien Aktiva und der Niederlassung nach luxemburgischem Recht - Letzteres vor allem, um denkbaren Vorhaltungen eventueller Steuerflüchtigkeit zu entgehen.

Das Thema Wettbewerbsverzerrung ist ebenfalls anzusprechen. Üblicherweise sind es Privatbanken, die darauf verweisen. Hier ist das Thema „Bad Bank“ anzusprechen, weil auch die Landesbank davon berührt sein wird, und sei es nur im Wettbewerb mit de facto per Forderungsausfallübernahme subventionierten Privatbanken.

Beim Soffin sollen so genannte Konten eingerichtet werden, die Banken wertlose Forderungen abnehmen und so als Bad Bank wirken. Die NordLB ist nur zum geringen Teil von diesen Problemen betroffen. Aber der Kapitalmarkt berücksichtigt dergleichen Hilfsmaßnahmen.

Über das Verhältnis dieser Neuentwicklung auf Bundesebene zur Landesgarantie für Neuemissionen ist im Finanzausschuss ebenfalls zu beraten. Sachsen-Anhalt als Träger und Miteigentümer sollte im Finanzausschuss auch seine Position zur Zukunft von Hedgefonds, Ver

briefungen, außerbilanziellen Zweckgesellschaften und anderen Spekulationsinstrumenten erklären, da diese weder vom ersten noch vom zweiten Konjunkturpaket untersagt wurden.

Im Zusammenhang mit dem Thema „Bad Bank“, also mit zusätzlichen Staatshilfen, steht auch die Enteignungsdiskussion beim Marktteilnehmer und Wettbewerber Hypo Real Estate, auf dessen Zahlenverhältnis von ausgereichten Sicherheiten und Börsenwert Herr Gallert schon hingewiesen hatte.

Bemerkenswert ist hier die Rolle des privaten Finanzinvestors Flowers, der sich sowohl bei der HRE als auch bei der HSH als privater Anteilseigner nicht um eine Stärkung kümmert. Stattdessen soll es nach gestrigen Meldungen bei der HSH sogar zu einer Dividendenzahlung kommen. Ohnehin wird die Enteignungsdebatte in der Öffentlichkeit nicht ganz ehrlich geführt. Der euphemistisch als Rettungsübernahmegesetz benannte Gesetzentwurf der Bundesregierung soll auch nur helfen, Schulden zu verstaatlichen.

Lassen Sie mich abschließend mein Erstaunen darüber ausdrücken, warum die praktische Umsetzung von Artikel 14 Abs. 3 des Grundgesetzes aus dem Jahr 1949 plötzlich so viel Glaubenskrieg in diesem Lande auslöst. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Henke, für Ihren Beitrag. - Bevor ich dem letzten Debattenredner Herrn Graner das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler der Clausewitz-Sekundarschule in Burg. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Graner, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Henke, ich freue mich immer, wenn jemand Friedhelm Hengsbach zitiert. Auch bei den Jesuiten gibt es kluge Köpfe. Aber wie Sie es dann immer wieder schaffen, auf die große Finanzpolitik zu kommen und hier bei unserem Thema auf die Frage der Enteignung der Hypo Real Estate, das ist mir ein bisschen schleierhaft.

(Zurufe von der LINKEN: Sie können bei Hengs- bach nachlesen! - Genau das hat er gesagt!)

- Ja. - Meine Damen und Herren! Ich finde, gerade als Politiker kann man in Zeiten der Finanzkrise ruhig auch einmal zugeben, dass man keinen absolut sicheren Weg aus der Misere kennt. Mir jedenfalls ist kein Königsweg bekannt.

Was mich aber schon verblüfft, das sind einzelne Investment-Banker, die sich immer noch als „Masters of the Universe“ darstellen; nicht alle, aber doch so manche. Ich würde von dem einen oder anderen, dem kurzfristiger Ertrag und persönlicher Bonus wichtiger ist als die Stabilität des globalen Finanzsystems, etwas mehr Nachdenklichkeit und vielleicht sogar ein bisschen mehr Demut erwarten.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Aber ich will jetzt nicht auf die Branche draufhauen, sondern ich will versuchen, kurz zu erläutern, warum wir bei

diesem vorliegenden Gesetzentwurf auch ein bisschen vorsichtig sind. Auf die Risiken ist ja Gott sei Dank schon eingegangen worden. Aber Sie wissen, Finanzer haben es auch ganz gerne 150-prozentig.

Der Finanzminister hat vorhin darauf hingewiesen, dass eine Inanspruchnahme des Landes Sachsen-Anhalt aus dieser Garantie nahezu ausgeschlossen sei. Darin steckt eine winzige Qualifizierung. Was heißt „nahezu“ denn?

Die Vertreter der NordLB haben im Finanzausschuss bereits berichtet. Es geht in erster Linie darum, den Wettbewerbsnachteil der NordLB bei der Emission von Anleihen auszugleichen. Andere Emittenten können auf staatliche Bürgschaften zurückgreifen, die NordLB möchte das auch tun.

Woher rührt denn aber nun, meine Damen und Herren, dieser Wettbewerbsnachteil? - Wenn wir uns die Vergangenheit anschauen, dann stellen wir fest, dass die Konditionen bei Anleihen der NordLB im Allgemeinen ähnlich waren wie vergleichbare Emissionen anderer öffentlicher Stellen.

Deutschland galt und gilt immer noch als der solideste Schuldner der Welt. Nirgendwo sind die Risikoprämien so gering wie in der Bundesrepublik. Deswegen kann die Bundesrepublik jetzt, mitten in der Finanzkrise, ihre Anleihen mit Coupons ausstatten, die bei zehn Jahren Laufzeit knappe 3 % Rendite bringen, und das bei der täglich ansteigenden Schuldenlast. Das ist ein enorm niedriger Wert. Auch die Umlaufrendite hat derzeit einen sehr niedrigen Wert erreicht.

Bis vor wenigen Monaten - das ist nun das Verblüffende daran - war es den Anlegern ziemlich egal, an welche staatliche Institution sie ihr Kapital verliehen haben. Die Risikoprämien lagen nur wenige Punkte auseinander, egal ob der Emittent der Bund, ein Land, die KfW oder eben eine Landesbank war. Doch jetzt, im Zeichen der Finanzkrise, machen die Anleger beim Verleihen feine Unterschiede. Blindes Vertrauen gibt es nicht mehr.

Wenn wir uns anschauen, dass selbst solide oder zumindest bisher solide deutsche Unternehmen wie BMW, Daimler und BASF derzeit für ihre Anleihen einen Coupon von 6 %, 7 %, ja sogar 8 % bieten müssen, um ihren hohen Refinanzierungsbedarf abzudecken, dann zeigt das schon, vor welchen Problemen wir stehen. Die Unsicherheit, die um sich gegriffen hat, befällt auch die Gläubiger, und wenn Gläubiger ein höheres Risiko sehen, wollen sie eine höhere Verzinsung haben.

Ich bin weit davon entfernt zu behaupten, dass der Markt immer Recht habe. Aber man kann an diesen Marktverhältnissen schon recht deutlich sehen, wie das Risiko konkret eingeschätzt wird. Die in der vergangenen Woche begebene Anleihe der NordLB hat einen Nominalzins von 3,5 % - der Finanzminister hat es bereits gesagt -, also einen Renditeaufschlag von rund 70 Basispunkten.

Die Marktteilnehmer sehen also beim Emittenten NordLB ein geringfügig höheres Risiko als beim Schuldner Bundesrepublik Deutschland, und das trotz der Garantie des Landes Niedersachsen und demnächst dann wohl auch von unserem Bundesland. Da nützt dann auch der im Vorblatt erwähnte insolvenzfeste Garantiepool nichts. Die Einschätzungen der Marktteilnehmer sind eindeutig.

Wir können also nur mutmaßen, welche Konditionen die NordLB anbieten müsste, wenn es keine Garantien von

seiten der beteiligten Bundesländer gäbe. Aber wir können annehmen, dass es bei fünfjähriger Laufzeit die NordLB einiges mehr kosten würde, diese zusätzlichen Coupons zu zahlen. Insofern kommt also für die NordLB auch schon eine ganz erkleckliche Ersparnis zusammen, wenn wir diesen Garantieschirm aufspannen.

Meine Damen und Herren! Der Zinsabstand zwischen einer garantierten Anleihe und einer nicht garantierten Anleihe beschreibt sehr genau das Risiko, welches das Land eingehen muss. Aber es ist ein kleines Risiko. Ich halte dieses Risiko für absolut vertretbar gegenüber den Chancen, die sich durch die Vergabe von zinsgünstigen Krediten durch die NordLB, aber auch durch die Sparkassen für die Unternehmen in unserem Bundesland ergeben.

Deswegen bitte ich Sie herzlich, diesem Entwurf im Bewusstsein eines kleinen Risikos, aber großer Chancen für unser Bundesland zuzustimmen und ihn in den Ausschuss zu überweisen. - Vielen Dank.