Protocol of the Session on February 19, 2009

Einbringer ist der Finanzminister Jens Bullerjahn. Zu diesem Tagesordnungspunkt ist eine Fünfminutendebattendebatte vereinbart worden. Ich bitte den Finanzminister, den Gesetzentwurf einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Aktuellen Debatte habe ich bereits über die vom Bund und vom Land Sachsen-Anhalt ergriffenen Maßnahmen zur

Bewältigung der Finanzmarktkrise und der Wirtschaftskrise berichtet. Ein Baustein - das habe ich bereits angedeutet - ist ein von den Ländern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt garantiertes Emissionsprogramm für die NordLB.

Durch die Finanzmarktkrise ist das Vertrauen der Marktteilnehmer, insbesondere der Banken untereinander erheblich gestört. Der Liquiditätsaustausch unter den Instituten findet allenfalls sehr reduziert statt. Nachdem viele Staaten Sicherungsschirme für die Banken aufgestellt haben, werden ungesicherte Wertpapieremissionen von Investoren an den internationalen Kapitalmärkten kaum noch akzeptiert. Davon ist trotz einer unbelasteten Bilanz auch die NordLB betroffen.

Ich sage Ihnen ehrlich, als die Diskussion im Dezember aufkam, waren wir sehr überrascht, aber es war eine Folge, dass die, die öffentliche Besicherungen in der Hinterhand haben, aus der Not eine Tugend machen. Sie standen vorher schlechter da und waren im Nachhinein gegenüber denen, die solide wirtschafteten, im Vorteil.

Auch für die NordLB wird es immer schwerer, nicht garantierte Wertpapiere zur Refinanzierung des zu prolongierenden Kreditgeschäftes zu platzieren. Ohne staatliche Garantien ist die laufende Kreditversorgung der Kunden durch die Bank auch in ihren Kernregionen zu wettbewerbsfähigen Konditionen problematischer geworden.

Dieser Refinanzierungsnachteil der Bank soll durch begrenzte Garantien der Trägerländer Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ausgeglichen werden. Sie haben davon gelesen. Die Risikoaktiva der NordLB, vor allem ausgereichte Kredite, belaufen sich auf rund 110 Milliarden €. Bei einer durchschnittlichen Laufzeit von fünf Jahren ergibt das einen jährlichen Refinanzierungsbedarf in Höhe von ca. 22 Milliarden €.

Das Kreditgeschäft auf dem jetzigen Niveau zu halten ist die Absicht der Träger. Es gibt Möglichkeiten, den Refinanzierungsbedarf durch ein reduziertes Kreditgeschäft abzubauen, aber das ist nicht die Absicht und nicht die Geschäftsstrategie.

Die Regierung des Landes Sachsen-Anhalt hat einen Garantierahmen für ein vollständig durch Aktiva besichertes Emissionsprogramm der NordLB in Höhe von 3,3 Milliarden € beschlossen. Dieses so genannte GMTN-Programm soll sich in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 auf je 10 Milliarden € belaufen.

Die Europäische Kommission hat die beantragte Maßnahme am 22. Dezember 2008 - also schneller, als wir es bei der Trägerversammlung dachten - genehmigt. Dieses Programm sieht vor, dass die NordLB in den Jahren 2009 und 2010 staatsgarantierte Emissionen in Höhe von jährlich maximal 10 Milliarden € geben kann. Wie hoch diese Emissionen letztlich sein werden, bleibt abzuwarten.

Die Europäische Kommission hat die Genehmigung zunächst für sechs Monate erteilt. Für eine mögliche Verlängerung des Programms auf bis zu zwei Jahre ist die Zustimmung der Kommission erforderlich. Das niedersächsische Haushaltsgesetz - die Niedersachen haben gerade Haushaltsberatungen gehabt - sieht für das Jahr 2009 einen Garantie- bzw. Bürgschaftsrahmen von bis zu 8,35 Milliarden € zugunsten der NordLB vor.

(Unruhe)

- Ich wundere mich. Mensch, hier geht es um 3 Milliarden €. Beim nächsten 200 000-€-Antrag hören Sie wieder alle zu und sehen zu, dass Sie nichts verpassen.

Es wurde die Absicht erklärt, für das Jahr 2010 einen gleich hohen Garantierahmen zur Verfügung zu stellen. Es wird keine gemeinsame Global- oder Einzelgarantie der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt für dieses Programm geben. Die Einzelemissionen der NordLB werden entweder vom Land Niedersachsen oder vom Land Sachsen-Anhalt zu je 100 % garantiert.

Der Garantierahmen von jeweils 10 Milliarden € in den Jahren 2009 und 2010 wird zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen im Verhältnis der Trägeranteile - 8,25 % zu 41,75 %; den Rest tragen die Sparkassen und ihre Verbände - aufgeteilt. Auf Sachsen-Anhalt entfallen insgesamt 3,3 Milliarden €, auf Niedersachsen 16,7 Milliarden €. Die garantierten Emissionen werden stets zu 150 % durch Aktiva der NordLB besichert, die von Deloitte als Treuhänder verwaltet werden.

Die NordLB hat unter diesem Programm am 11. Februar 2009 eine vom Land Niedersachsen garantierte Anleihe erfolgreich am Markt platziert. Der Renditeaufschlag von 70 Basispunkten liegt unter den Sätzen vergleichbarer Emissionen anderer Banken. Der Nominalzins wurde auf 3,5 % festgesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch das eingebrachte Garantieermächtigungsgesetz sollen die haushaltsmäßigen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Sachsen-Anhalt Garantien zugunsten der NordLB übernehmen kann. Eine Erhöhung des Ermächtigungsrahmens gemäß § 5 des Haushaltsgesetzes 2008/2009 wäre im Rahmen des Nachtragshaushaltes möglich gewesen. Das würde jedoch den Zeitrahmen sprengen, da sich die EU vorbehalten hat, schon Mitte des Jahres den Nutzen solcher Garantierahmen zu bewerten.

Für die Gewährung dieser Garantie erhalten die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ein von der EUKommission gebilligtes Garantieentgelt in Höhe von 68 Basispunkten. Die Garantieentgelte werden dem Haushalt zugeführt, vorwiegend für Investitionen im Bereich der Bildungsinfrastruktur.

Sofern der Garantierahmen - also 10 Milliarden € - in voller Höhe ausgenutzt wird - für Sachsen-Anhalt wären dies im Jahr 2009 1,65 Milliarden € -, könnte SachsenAnhalt ein Entgelt in Höhe von rund 7,5 Millionen € in den Jahren 2009 und 2010 und von rund 11 Millionen € in den Folgejahren zufließen. Bis Mitte 2015 könnte der Haushalt - wie gesagt: bezogen auf die erste Scheibe von 10 Milliarden € garantierter Emissionen - Entgelte im Gesamtvolumen von ungefähr 50 Millionen € vereinnahmen.

Deswegen haben wir es allerdings nicht gemacht. Nicht dass der falsche Rückschluss gezogen wird, es werde noch viel mehr nützen, wenn viel mehr Garantien ausgesprochen werden. Ich möchte aber zumindest erwähnen, dass, wenn alles vernünftig läuft, am Ende für den Haushalt und auch für den Steuerzahler etwas zu Buche schlägt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kommunen, die Wirtschaft sowie die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt werden durch die Gewährung der Garantie nicht belastet. Da die Garantie konstant durch werthaltige Aktiva der NordLB besichert wird, ist eine Inanspruchnahme des Landes Sachsen-Anhalt aus dieser Garantie nahezu ausgeschlossen.

Ich glaube, nicht umsonst ist Herr Dr. Rehm, der bisherige Vorstandsvorsitzende der NordLB, jetzt aufgerückt. Ich glaube, er selbst ist mit seiner Firmenstrategie der vergangenen Jahre ein Garant dafür und geeignet, die letzten Zweifel auszuräumen. Die Wirklichkeit können wir selbst per Beschlusslage aber wenig beeinflussen.

Durch die Sicherung der Refinanzierungsmöglichkeiten der NordLB wird die Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft nachhaltig gewährleistet. Das ist das Wichtigste. Es geht nicht um die Frage, wie es der Bank besser gehen kann, sondern es geht darum, wie wir erreichen, dass die Unternehmen zu vernünftigen Krediten kommen.

Das Kreditgeschäft der NordLB in Sachsen-Anhalt - ich habe mir das um den Jahreswechsel herum erzählen lassen; das ist auch mehrfach von allen Fraktionen im Finanzausschuss angesprochen worden - hat sich im Jahr 2008 gegenüber dem Jahr 2007 um 400 Millionen € auf 5,5 Milliarden € erhöht. Ein wesentlicher Baustein ist das Verbundgeschäft der Sparkassen, das von 2,8 Milliarden € auf 3,2 Milliarden € gesteigert werden konnte. Ein Sechstel aller Kredite an Nichtbanken, an Unternehmen in den Schlüsselbranchen des Landes - Holz, Papier, Automobilzulieferer und erneuerbare Energien - wurde von der NordLB vergeben.

Mehr Argumente möchte ich jetzt nicht vorbringen. Ich denke, dass wir die Beratung in großer Einigkeit in den Ausschüssen durchführen und am Ende dem Gesetzentwurf zustimmen können. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Minister. - Wir kommen zu dem Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Frau Dr. Hüskens, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, weshalb sich Abgeordnete wegen 100 € für Sportvereine immer deutlich intensiver und länger auseinandersetzen als wegen einer Bürgschaft über 1,5 Milliarden € für irgendetwas, gehört zu den größten Geheimnissen der Haushaltspolitik.

(Beifall bei der FDP - Herr Scharf, CDU: Die Psy- chologen haben das alles schon geklärt!)

Ich denke, das werden wir nicht klären. Deshalb müssen wir bei Diskussionen, bei denen es um derartige Summen geht, mit einem halbleeren Saal leben.

(Zuruf von der CDU: Vor allen Dingen die Wirt- schaftspolitiker fehlen!)

Meine Damen und Herren! Die NordLB ist trotz alledem sicherlich die Landesbeteiligung, über die wir im Parlament bisher am häufigsten diskutiert haben. Das liegt nicht nur daran, dass wir uns das Eigentum an der Landesbank mit den Sparkassen und dem Land Niedersachsen teilen und dass wir immer gleich über Staatsverträge reden müssen, wenn dort etwas geändert wird. Es liegt auch daran, dass es immer gleich haushaltsrelevant ist, wenn bei der NordLB etwas passiert.

Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht verhehlen, dass wir es als Liberale immer schwer hatten zu akzeptieren, dass das Land auch noch als Anteilseigner einer

Bank auftritt. Ich glaube, daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.

Dieses Unbehagen haben wir in den Debatten der Vergangenheit nicht nur bei den Liberalen gespürt, sondern wir haben dieses Unbehagen sehr häufig bei allen Fraktionen im Landtag festgestellt. Bei den Eignern anderer Landesbanken ist dieses Unbehagen in der letzten Zeit in helles Entsetzen umgeschlagen. Dabei denke ich an die SachsenLB oder an die Kollegen in Nordrhein-Westfalen, in Bayern und zuletzt auch in Baden-Württemberg.

Die Ursache dafür ist eine sehr menschliche Eigenschaft, nämlich dass Verantwortliche mit fremdem Geld - zumal wenn es staatliches Geld ist - immer viel leichtsinniger umgehen als mit eigenem Geld. Dieser Versuchung sind die Verantwortlichen der NordLB offensichtlich nicht erlegen. Wir haben vielleicht nicht nur, aber auch eine Portion Glück gehabt.

In den vergangenen Jahren haben wir uns so manches Mal über eine sehr vorsichtige und deshalb nicht so ertragreiche Politik der Bank geärgert. Ich habe noch die Worte des einen oder anderen Kollegen im Ohr, der der Meinung war, man müsse aus einer Bank mehr herausholen können als das, was die Kollegen in Niedersachsen erbracht haben. Wenn wir die finanziellen Belastungen sehen, die jetzt auf Sachsen und auf Bayern zurauschen, dann sind wir, so glaube ich, alle ganz froh, dass wir in den letzten Jahren nicht ganz so viel Ertrag hatten.

Aber auch an der NordLB geht eine internationale Bankenkrise natürlich nicht spurlos vorüber. Wenn Banken von grenzenlosem Vertrauen in grenzenloses Misstrauen wechseln - auch das ist ein Stück Psychologie -, dann wird leider kein Unterschied mehr zwischen den Banken gemacht.

Wir mussten feststellen, dass die Banken unter staatlichem Schirm auf dem Kapitalmarkt inzwischen deutlich leichter Kredite bekommen als Banken, die nicht darunter sind. Das ist eigentlich ein Stück weit unlogisch, weil die Banken, die nicht unter den Staatsschirm schlüpfen müssen, besser gewirtschaftet haben. Eigentlich müssten sie ein höheres Vertrauen genießen. Aber hier hat die Wirtschaft ganz anders reagiert.

(Herr Borgwardt, CDU: Das ist doch immer so!)

Das hat erhebliche Auswirkungen - deshalb muss es uns interessieren - auf die Finanzierungsmöglichkeiten von Unternehmen. Wenn Sie in unserem Bundesland mit Unternehmern sprechen, dann erzählen sie Ihnen alle, dass sie Schwierigkeiten haben, sich über die Banken zu finanzieren, selbst dann, wenn es sich um die kurzfristige Finanzierung von Verbindlichkeiten oder um die Vorfinanzierung von Aufträgen handelt.

Wir müssen uns diesem Problem stellen. Wir halten es als Liberale durchaus für sinnvoll, dass die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen versuchen, diesem Problem zu begegnen, indem sie für ein Emissionsprogramm bürgen, das die NordLB auflegt, um auf diesem Weg die erforderlichen finanziellen Mittel zu erhalten. Im Gegenzug erwarten wir natürlich, dass die Unternehmen der Region in den Genuss dieser Finanzmittel kommen. Ich habe sie so verstanden, Herr Minister Bullerjahn, dass das auch im Interesse und das Ziel der Landesregierung ist.

Ein Bürgschaftsrahmen von zusätzlich 1,65 Milliarden € in zwei Jahren ist ein erhebliches Risiko für unseren Haushalt; das ist so. Wenn dieser Betrag oder Teile die

ses Betrages fällig werden, dann brauchen wir über viele andere Dinge, die der Fachpolitiker so gern fordert, überhaupt nicht mehr zu reden.

Deshalb erwarten wir von den Beratungen im Finanzausschuss eine intensive Diskussion, in der wir alle Risiken gegeneinander abwägen können. Ich freue mich darauf. Wir als Liberale werden einer Überweisung des Gesetzentwurfs an den Finanzausschuss zustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank für den Debattenbeitrag. - Wir kommen jetzt zum Debattenbeitrag der CDU. Herr Scharf, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der begrenzten Redezeit und der ausführlichen Darstellung der Thematik durch den Finanzminister und in den Medien in der letzten Zeit will ich mich auf einige wenige Stabstriche konzentrieren, die hier gesagt werden müssen, damit auch klar wird, welche Position die CDU-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf einnimmt.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

- Nein, das will ich hier gerade deutlich machen, meine Damen und Herren. Es ist klar, dass die Finanzmarktkrise auch erhebliche Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt und damit auch auf die Norddeutsche Landesbank hat. Deshalb müssen wir reagieren.

Wir sind zwar im Vergleich zu den in den Medien beschriebenen Situationen anderer Landesbanken in einer sehr vorteilhaften Lage. Die NordLB steht sehr solide da. Aufgrund ihrer nachhaltigen Geschäftspolitik stehen wir nicht vor dem Problem, dass wir mit milliardenschweren Risikoabschreibungen zu rechnen haben. Wir müssen uns aber dem finanzmarktpolitischen Gesamtumfeld stellen.