Wir sind nicht blauäugig, wir sind nicht euphorisch und wir haben nicht die Wünsche-werden-wahr-Stimmung in unsere Handlungen involviert. Die Summe ist im Übrigen viel zu gering, um allen Wünschen gerecht werden zu können.
Daher zeigen der heutige Antrag und die Debatte, dass die Koalition gewillt und entschlossen ist, die Herausfor
derung der Krise mit Tatkraft, Augenmaß und dem Wissen anzugehen, dass nachgesteuert werden muss. Der Nachtrag wird dazu das richtige Rüstzeug liefern. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Tullner. Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Gallert. Möchten Sie sie beantworten?
Es ist eher eine Intervention. Herr Tullner, zu den Bankbürgschaften und zu der Aussage, wir sollten uns doch nicht wegen der NordLB beschweren, denn wir seien die Ersten gewesen, die zugestimmt hätten, sage ich Ihnen, dass Ihr Ministerpräsident der Erste war, der sich für diese Geschichte begeistert hat. Wir kamen dann irgendwann danach.
Das Problem ist folgendes - ich habe beim letzten Mal versucht, es auch Ihrem Ministerpräsidenten zu erklären -: Man kann ein restriktives Ausgabeverhalten realisieren und sagen: Wir haben für all diese konjunkturellen Maßnahmen kein Geld, weder für die Kaufkraftstärkung noch für irgendetwas anderes. Dann kann ich das eine wie das andere ablehnen. Nach der Rede des Finanzministers müsste er alles ablehnen, was in diese Richtung geht ; das ist ganz klar.
Herr Tullner, ich kann nur eines nicht begründen, nämlich dass ich Steuergelder in Höhe von rund 120 Milliarden € in die Hypo Real Estate hineingebe, aber auf Landesebene nicht Mittel in Höhe von 66 Millionen € übrig habe, um über die Schulspeisung nachzudenken. Das geht nicht zusammen.
Ich sage immer: Wer das eine befürwortet, der muss das andere doch zumindest akzeptieren. Man kann nicht bei dem einen sagen: Tja, es besteht wirtschaftliche Notwendigkeit, hier gibt es keine Grenzen, wir gehen voll rein. Aber bei dem anderen kommt die Haushaltsnotlage ins Spiel und wir machen stringent die Tür zu.
Selbst wenn lediglich ein Anteil von 10 % der Mittel der öffentlichen Hand bei der Hypo Real Estate hängen bleibt - das ist eine vorsichtige Prognose -, dann sind wir bereits bei einer Dimension, die all das sprengt, was wir in zusammen elf Punkten vorgeschlagen haben.
Deswegen noch einmal zur Schulspeisung. Auf der Seite 1 der „Mitteldeutschen Zeitung“ war heute zu lesen, dass die Qualität miserabel sei. Aber lesen Sie sich einmal die Pressemitteilung des Landkreistages durch, warum das so ist. In den Schulkonferenzen gibt es ein ein
ziges Bewertungskriterium, nach dem der Anbieter des Essens ausgesucht wird, nämlich den Preis. Die Leute sagen: Es muss so billig wie möglich sein, damit nicht noch weniger Schüler daran teilnehmen.
Dadurch kommt diese Qualität zustande. Es ist völlig richtig, was der Landkreistag an dieser Stelle erzählt hat. Deswegen ist die Qualitätsdiskussion wichtig. Über diese Fragen muss man nachdenken. - Das war es.
Herr Gallert, ich kann nachvollziehen, wenn Bürgerinnen und Bürger diese Fragen stellen. Ich bin auch der Letzte, der die Aktion bei der Hypo Real Estate bis zum Letzten verteidigen wird. Dazu bin ich auch viel zu wenig im Thema.
Gleichwohl muss ich sagen: Sie sind ein ausgewiesener Finanzexperte und Sie sind seit 1994 im Landtag. Als ich hier ankam, habe ich gedacht, wenn du in diesen Fachbereich kommst, dann bist du gut dabei. Dass Sie mit einer solchen Argumentation kommen - sind Sie für den Frieden oder sind Sie gegen den Frieden? - und die Schulspeisung und die Hypo Real Estate in einen Komplex bringen - das ist weit unter Ihrem Niveau.
Vielen Dank. - Bevor ich dem letzten Debattenredner das Wort erteile, begrüße ich die zweite Gruppe der Schülerinnen und Schüler des Dr.-Hermann-Gymnasiums Schönebeck. Herzlichen willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Gallert, die FDP hat eine große Sympathie für Ihren Alternativantrag, allerdings liegt uns die polemische Art, wie Sie Äpfel mit Birnen verglichen haben, nicht so.
Sie wissen genau, wenn wir die Hypo Real Estate nicht unterstützen würden und sie pleitegehen lassen würden, dann würde damit die Depfa-Bank pleitegehen. Die Depfa-Bank finanziert fast zu 100 % Kommunen. Wenn die pleite ist, dann sind die Kredite der Kommunen fällig und die Absicherung über Bundespfandbriefe ist infrage gestellt. Wenn das passiert, dann reden Sie nicht nur über kostenlose Schulspeisung, sondern über die Schließung der Einrichtungen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Herr Kur- ze, CDU: Vielleicht wollen sie das! - Herr Borg- wardt, CDU: Eine Krise des Systems! - Herr Gürth, CDU: Das Niveau von Lafontaine!)
Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Thema zurückkommen. Als letzter Redner in dieser Debatte muss ich nicht mehr betonen, dass sich die gesamte Bundesrepublik in einer außergewöhnlichen Lage befindet, und zwar in einer schlimmeren und schwierigeren Lage, als es uns Herr Tullner in seinem optimistischen Ausblick glauben machen wollte.
Es ist schön, dass Sie, Herr Tullner, bereits den Silberstreif am Horizont sehen; das liegt wahrscheinlich daran, dass Sie ein Stück länger sind als ich. Ich hoffe, dass ich ihn auch bald sehen kann.
Aber, meine Damen und Herren, wir haben eine Wirtschaftskrise. Wir müssen die Dinge, die wir tun können, auch tun, damit diese beseitigt wird. Dazu hat die Bundesregierung ein Konjunkturpaket II vorgelegt - ein bunter Bauchladen von kleineren und größeren Maßnahmen, unter denen die Abwrackprämie und insbesondere der Bundeszuschuss zur Krankenversicherung nach der kürzlich erfolgten Gesundheitsreform sicherlich einige der kuriosesten sind.
Aber, meine Damen und Herren, wenn man Effekte erzielen will, die einer Krise und einer Rezession entgegenwirken sollen, dann bedarf es der schnellen Kaufkraftstärkung im Binnenmarkt. Das wiederum geht am besten mit Steuersenkungen.
Als Liberale bedauern wir nachdrücklich, dass man das Konjunkturpaket nicht dazu genutzt hat, umfangreiche Steuervereinfachungen und Steuersenkungen herbeizuführen. Statt vieler punktueller Maßnahmen hätte man den großen Wurf wagen sollen und das Steuersystem ändern können.
Die so genannten Zukunftsinvestitionen der Kommunen stehen heute im Brennpunkt. Mit Mitteln in Höhe von 10 Milliarden € werden Länder und Kommunen dazu gebracht, zusätzliche Investitionen von besonderer Bedeutung zu tätigen, vorrangig in die Bildungsinfrastruktur. Das ist ein Bereich, der uns allen - das haben wir heute bereits mehrfach gehört - am Herzen liegt. Es lassen sich mit Sicherheit genügend Projekte in unserem Land finden, für die diese zusätzlichen Mittel sinnvoll und nachhaltig eingesetzt werden.
Sehen wir uns die Ausreichung der Gelder an: SachsenAnhalt gibt einen Anteil von 76 % statt von 70 % an die Kommunen - damit kann man leben. Sachsen-Anhalt übernimmt 50 % des Eigenanteils - das ist okay, insbesondere im Hinblick auf die Kreditmöglichkeit über die Investitionsbank.
Sachsen-Anhalt gibt einen Anteil von nicht ganz 47 % der Mittel pauschal an die Kommunen weiter - das, meine Damen und Herren, ist zu wenig. Wir befinden uns im Wettlauf mit der um sich greifenden Rezession. In diesem Fall gilt im wahrsten Sinne des Wortes „Zeit ist Geld“.
Es stellt sich die Frage: Wie viel Struktur braucht eine staatliche Hilfe, um noch konjunkturell zu wirken? Wenn ich mir das Zukunftsinvestitionsgesetz ansehe, dann
drängt sich mir der Eindruck auf, dass die Bundesregierung den Ländern und den Kommunen überhaupt nicht traut.
Es ist genau festgelegt, wie viel den Kommunen zusteht, dass sie einen Eigenanteil erbringen müssen, dass es keine Doppelförderung geben darf, dass der Eigenanteil nicht durch EU-Mittel ersetzt werden darf, dass die Länder regelmäßig detaillierte Berichte verfassen sollen.
Es ist ein genauer Förderkatalog ausgewiesen; der Finanzminister hat ihn vorgelesen. Es ist festgelegt, bis wann das Geld abfließen muss. Nicht zuletzt ist die Frage der Zusätzlichkeit von Maßnahmen zu beachten.
Meine Damen und Herren! So viel Struktur ist schon allein im Bundesgesetz. Die Sachsen glauben, das reicht. Sie reichen 100 % der Mittel pauschal an die Kommunen weiter. Selbst Brandenburg reicht noch über 70 % weiter - Sachsen-Anhalt keine 50 %.
Meine Damen und Herren! Das Vorhaben SachsenAnhalts, wesentliche Mittel der Kommunen - ich sage ausdrücklich: Mittel der Kommunen - an die Förderprioritäten des Landes zu binden, sagt den Kommunen, dass man ihnen nicht zutraut, die richtigen Prioritäten zu setzen. Und dann, Herr Minister, wundern Sie sich darüber, dass Ihnen und dem Ministerpräsidenten eine gewisse Kommunenfeindlichkeit unterstellt wird?
Ich glaube ja nicht, dass das wirklich jemand unterstellen wollte. Außerdem habe ich inzwischen gelesen, dass die Frage der Pauschalierung eine Angelegenheit zwischen Jens und Holger war und nicht eine Angelegenheit des Ministerpräsidenten und des Finanzministers.
Meine Damen und Herren! Die zu starke Strukturierung birgt den Nachteil eines Zeitverlustes. Es liegt auf der Hand, dass die neuerliche Strukturierung der Mittelvergabe mit Landesprioritäten zu den Leitplanken des Bundes hinzu einen weiteren bürokratischen Aufwand bedeutet. Die Auswahl der Projekte, die Planung, Anpassung, Nachjustierung und Genehmigung bis hin zur Finanzierung über die Haushalte des Landes und der Kommunen ist mit einem Zeitverlust verbunden. Und Zeitverlust bedeutet, dass die Wirkungen der Rezession ungehindert durch das Land ziehen.
Offenbar hat die Landesregierung schon jetzt Probleme mit der zügigen Umsetzung ihrer eigenen Förderprogramme.
Das sieht man auch daran, dass intensive Mittel in Höhe von 350 Millionen € im letzten Haushaltsjahr nicht abgeflossen sind. Und nun erhält das Land noch einmal genauso viel, nämlich 356 Millionen €, dazu und will diese auch nicht weitergeben.