Protocol of the Session on July 7, 2006

Deswegen sage ich Ihnen eines: Man kann sich als Opposition bestimmte Anträge erlauben. Das aber war wirklich ein Ding weit über der Kante. Dass Sie wenige Wochen nach der Amtsübergabe so ein Ding loslassen, zeigt, dass Sie Ihre Rolle überhaupt noch nicht gefunden haben.

Es wäre für mich ein Leichtes gewesen, Herr Professor Paqué, Ihre Reden der letzten Jahre hier vorzulesen. Aber ich denke, auf das Niveau sollten wir nicht kommen. Es geht wirklich um wichtige Dinge für einzelne Leute. Bloß, Herr Kley, passen Sie auf, dass Sie das nicht zu oft machen. Sonst werden Sie als Opposition von keinem mehr ernst genommen.

(Beifall bei der SPD)

Was ist der Inhalt des Antrages? - Es geht darum, dass wir die Ost-West-Anpassung hinbekommen. Dies betrifft aber das Thema Personal seit Jahren. Ich glaube, jede Landesregierung und jede Partei hat bei dem Thema versucht, Position zu beziehen. Die stringenteste und daher auch am ehesten nachvollziehbare Position hat die PDS gehabt. Das muss man zugeben.

Wir, SPD und CDU, hatten immer auf die Möglichkeiten des Haushaltes hingewiesen. Deswegen gab es Beschlüsse und auch Äußerungen von Herrn Dr. Höppner und Herrn Professor Böhmer. Im Zeitraum 2007 bis 2008 sollte das irgendwie einmal kommen. Das stand damals in den Wahlprogrammen.

Natürlich hat man, wenn man sich in der praktischen Politik wiederfindet, dann doch mit den Realitäten zu kämpfen. Von der FDP habe ich das Thema der Ost-WestAngleichung in der Stringenz, wie es jetzt vorgebracht wird, glaube ich, noch nie vernommen. Ich glaube, jetzt ist es aber zu spät, weil der Fahrplan steht. Deswegen ist das sehr scheinheilig, was hier passiert. Das will ich ausdrücklich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Klar - das will ich überhaupt nicht verschweigen -, diese ganze Diskussion über die Ost-West-Angleichung hat etwas mit Haushaltsmöglichkeiten zu tun. Ich sage nämlich gleich noch etwas zu den Summen. Übrigens - ich habe es eben schon erwähnt - ist das Thema nicht erst aktuell, seitdem wir mitregieren, sondern es hat schon in den letzten Wahlperioden immer wieder eine Rolle gespielt. In den letzten Jahren ging nämlich die Entwicklung immer in Richtung Senkung der Haushaltsansätze für das Personal. Das Ziel war eine Stabilisierung und nicht ein Aufwuchs, weil das überhaupt nicht finanzierbar war. Wir wussten immer, dass dann, wenn wir eine Gruppe elementar vorziehen, die anderen Gruppen auch das Recht haben, diese Forderung zu übernehmen. Das dürfte auch Ihnen klar sein. Trotzdem wurde diskutiert.

Wir haben in den letzten Jahren - ich erinnere einmal daran - bei den Tarifverträgen LSA verhandelt. Dadurch wurden die Ostbezüge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts nochmals um 7,5 %, 6,25 % bzw. 5 % abgesenkt. Das hat das damalige Finanzministerium verhandelt. Tarifvertraglich wurde die Ost-West-Vergütung der Lehrkräfte und der Hortnerinnen deutlich unter das Ost-Vergütungsniveau abgesenkt. Das musste sein. - Das haben Sie ausgehandelt, kein anderer. Das muss hier gesagt werden und nicht nur das über die Ärzte.

Wir haben damals diskutiert - der Lehrertarifvertrag ist ja sozusagen älter als die Regierungsbeteiligung der FDP -, denn wir mussten das Thema der Haushaltskonsolidierung immer im Auge haben. Auch diese Berufsgruppen schauen natürlich darauf, was man anderen Berufsgruppen, die vielleicht sogar wesentlich mehr verdienen, auch wenn sie eine längere Ausbildungszeit absolviert haben, dann trotzdem zugesteht.

Ich will hier gar nicht über das Weihnachtsgeld und andere Sachen reden. Dabei hatte man, glaube ich, auch als FDP die Meinung, denen kann man es zumuten, und das bundesweit einmalig. Damals waren die Krokodilstränen nicht so groß. Jetzt ist dabei sozusagen wahrscheinlich mehr möglich.

Es gab also Unterschiede und es gibt Unterschiede. Wir sind aber gehalten, diese Unterschiede aufzubrechen. Es ist doch allgemein bekannt, dass die unteren Ein

kommensgruppen ab dem 1. Januar 2008 an das Westniveau angeglichen werden und die anderen Berufsgruppen ab dem 1. Januar 2010 nachziehen, übrigens auch die Ärzte. Das ist, denke ich, doch allgemein bekannt. Das wird auch von keinem infrage gestellt. Das wurde auch während der Tarifberatungen öffentlich kundgetan.

Ich denke, dass sich alle darauf vorbereiten können: die, die das Geld bekommen - auch wenn sie natürlich darauf hinweisen, ob es nicht möglich gewesen wäre, das in Stufen zu machen -, und die, die das Geld verwalten. Letztere müssen das mit in die mittelfristige Finanzplanung einarbeiten.

Eine sofortige Angleichung sämtlicher Beschäftigter im öffentlichen Dienst würde im Land Sachsen-Anhalt von heute auf morgen Kosten in Höhe von 180 Millionen € jährlich verursachen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie dazu in Ihrem Antrag irgendeinen Vorschlag hätten. Deswegen ist es so etwas von scheinheilig, die Diskussion bezüglich der Ärzte separat zu führen, da man doch genau weiß, dass das am Ende den gesamten öffentlichen Dienst betreffen würde.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: Unsinn!)

Übrigens sprechen Sie ja nicht nur politisch - sage ich einmal - gegen das, was möglich ist, sondern auch tarifrechtlich.

(Herr Kley, FDP: Nein! Fragen!)

Es ist ja geklärt, wie das läuft. Eine sofortige Bezahlung auf der Höhe des Westniveaus wäre eine übertarifliche Leistung. Das Land ist Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Es müsste daher für eine derartige übertarifliche Leistung die Einwilligung der anderen Länder einholen - Arbeitgeberverband, Verbandsdisziplin; das dürfte alles bekannt sein. Die Zustimmung der anderen Länder ist ausgeschlossen. Professor Dr. Metz hat eine entsprechende Forderung in Sachsen schon abgelehnt. Ich würde es übrigens genauso machen. Das habe ich auch öffentlich gesagt.

Auch die Unikliniken in Halle und in Magdeburg würden höhere Kosten haben. Diese Mehrkosten - das, Herr Kley, scheinen Sie nicht zu wissen - würden von den Krankenkassen nicht erstattet werden.

Herr Minister, möchten Sie eine Frage beantworten?

Nein, ich will zu Ende reden.

Diese Mehrkosten würden von den Krankenkassen nicht erstattet werden, weil bei den Pflegesatzverhandlungen nur die tariflichen, nicht aber die freiwilligen übertariflichen Leistungen berücksichtigt werden. Dann erklären Sie mir bitte einmal, wer das bezahlen soll!

(Herr Kley, FDP: Deswegen soll es auch ein Ta- rifvertrag werden! - Unruhe bei der SPD)

Ich bitte doch um Ruhe und Sachlichkeit!

Ja, Herr Kley.

Abschließend weise ich noch einmal darauf hin, dass die Tarifvereinbarung mit dem Marburger Bund zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs und zur Gewinnung von qualifizierten Fachkräften Öffnungsklauseln für die höhere Bezahlung von Ärztinnen und Ärzten vorsieht. Einige Länder überlegen. Wir haben uns im Kreis der Finanzminister abgesprochen: Sollte das eine oder andere Land dies in Erwägung ziehen, wollen wir uns unterhalten. Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Länder nicht zu weit auseinander driften oder dass man zumindest davon weiß - zumal wir auch die Zuständigkeit für die Beamtenversorgung bekommen.

Ich kann nur sagen, man hätte sich damit befassen sollen. Wir werden unserer Aufgabe gerecht - der Kultusminister und auch ich -, auch in den Aufsichtsgremien das Mögliche zu begleiten. Es ist verhandelt. Es ist zu Ende verhandelt. Alles andere wird in den nächsten Jahren kommen. Ich hoffe, dass uns solche Anträge in Zukunft erspart bleiben.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Hövelmann)

Herr Minister, es gibt zwei Fragen, von Herrn Professor Paqué und von Herrn Kley. Sind Sie bereit, diese zu beantworten?

Nein. Weil dieser Antrag eine gewisse Schwelle überschritten hat und ich genug Arbeit habe mit dem, was die FDP vorher nicht gemacht hat, verzichte ich auf eine Antwort.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Hier gibt es eine Frage. Bitte schön, Herr Kosmehl.

Eine Kurzintervention, Herr Präsident. - Diese Arroganz, Herr Minister Bullerjahn, die Sie heute hier an den Tag legen, die hätten Sie uns auch vorgeworfen, wenn wir das jemals so weit getrieben hätten.

(Minister Herr Bullerjahn: Damit habe ich keine Arroganz an den Tag gelegt!)

Man kann mit Oppositionsanträgen umgehen und sie in der Sache kritisieren, aber von dieser Stufe, auf die Sie sich heute gestellt haben und von der Sie nach unten blicken, sollten Sie ganz schnell wieder herunterkommen.

(Zustimmung bei der FDP - Minister Herr Hövel- mann: Das muss man sachlich richtig stellen!)

Es gibt eine zweite Frage. Herr Fraktionsvorsitzender Professor Paqué, bitte schön.

Es gibt auch eine Kurzintervention von mir. - Ich betrachte es auch als eine Unverschämtheit, Herr Minister, wenn Sie eine bestimmte Argumentation hier vorlegen

- Sie versuchten, eine Inkonsistenz zwischen dem finanzpolitischen Verhalten in der vergangenen Legislaturperiode und unserem jetzigen Verhalten nachzuweisen - und uns dann nicht die Möglichkeit geben, das anschließend in der Debatte mit einer Frage aufzuklären.

(Minister Herr Bullerjahn: Sie können nach vorn gehen und das klarstellen!)

Das ist kein guter demokratischer Stil. Es ist nämlich sehr leicht erklärbar, wenn man sich nur klar macht, dass Krankenhäuser in einem Wettbewerb stehen, dass junge Ärzte außerordentlichen Belastungen ausgesetzt und regional mobil sind. Dann sprechen alle ökonomischen Gesetze dafür, dass diese regionale Mobilität zu einer regionalen Angleichung der Gehälter führen muss, und zwar völlig unabhängig davon, wie es in dem Rest der Landesverwaltung aussieht. Das ist das kleine Einmaleins der Ökonomie, das Sie offenbar nicht beherrschen.

(Zustimmung bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Jetzt kommen wir zu den Debattenrednern. Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Ich bitte darum, sich an die Redezeit zu halten. Der erste Debattenredner ist Herr Tullner von der CDU. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich das kleine Einmaleins generell beherrsche; aber darauf soll es heute nicht ankommen.

Lieber Herr Kollege Kley, ich habe nach Ihrem Debattenbeitrag auch intellektuell zwei Schwierigkeiten, die ich hier einfach einmal kundtun will. Die erste ist: Der Antragstext und Ihre Ausführungen haben nicht ganz zusammengepasst. In dem Antragstext - der ist ja sehr übersichtlich - geht es, glaube ich, rein um die Frage der Tarife in unseren Universitätsklinika, während Sie sich in Ihrem Redebeitrag mehr über die Zukunftschancen der Hochschulmedizin der Universitätsklinika im nationalen gesundheitspolitischen Diskurs ausgelassen haben. - Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt - das will ich hier nicht ganz so polemisch machen, wie es der Finanzminister eben gemacht hat -: Ich habe aber auch ein paar Schwierigkeiten dabei, die rote Linie der vergangenen fünf Jahre nachzuvollziehen.

(Minister Herr Bullerjahn: Die gelbe Linie!)

Mein Fraktionsvorsitzender sagt immer - er macht sich damit auch intern ein bisschen unbeliebt -, wenn es Anträge gibt, die nicht so ganz in die Linie passen: Die stellen wir lieber nicht, weil es nach außen nicht ganz so gut ankommt; denn wir haben eine politische Gesamtkonzeption, die wir auch ein bisschen durchtragen wollen. - Das habe ich, als ich hier neu war, nicht immer akzeptieren wollen, aber mittlerweile habe ich mich der hohen Erkenntnis gefügt und teile diese auch.

(Herr Scharf, CDU, und Frau Budde, SPD, lachen)

Ich muss sagen, ich habe Schwierigkeiten, diese rote Linie bei Ihnen zu erkennen.