Protocol of the Session on November 13, 2008

Erfreulich ist auch, dass alle professionellen Theater im Land eine feste Kooperationspartnerschaft oder mehrere Partnerschaften mit allgemeinbildenden Schulen unterhalten. In fast allen Theatern wird eine engagierte Theaterjugendklub-Arbeit geleistet.

Wenn man in der Antwort der Landesregierung ins Detail schaut, kommt man dennoch auf einige merkwürdige Situationen zu sprechen. Zum Beispiel hat das Theater in Magdeburg den bundesweit größten Theaterjugendklub. Aber das Puppentheater, das eine mindestens genauso hervorragende Arbeit für Kinder und Jugendliche und mit Kindern und Jugendlichen leistet, kann sich aus finan

ziellen Gründen - so hat es die Landesregierung dargestellt - keinen eigenen Theaterjugendklub leisten, weil der personelle Bedarf nicht abgedeckt werden kann.

Ich denke aber, dass der von der Landesregierung geschilderte Bedarf auch vorhanden ist. Deswegen sollte das Defizit nicht nur erkannt, sondern auch behoben werden; denn Theaterförderung, meine Damen und Herren, ist eine Zukunftsinvestition in unserem Land. Sie ist es im Besonderen, wenn es um Theater für Kinder und Jugendliche geht. In diesem Bereich kann das Land weiterhin einiges tun.

Zum einen war es völlig richtig, dass die Absicht der Landesregierung, die Landesförderung für die Theater um insgesamt 3 Millionen € zu kürzen, während der letzten Haushaltsberatungen keine parlamentarische Mehrheit fand. Zum anderen sollte auch darüber nachgedacht werden, bestimmte Nachteilsausgleichsprogramme oder Programme, die Kinder und Jugendliche an Schulen erleben dürfen - zum Beispiel verbindet das KlatschProgramm Schule und Theater in ganz hervorragender Art und Weise miteinander -, weiter ausgebaut werden.

Meine Damen und Herren! Die Theater erhalten einen großen Anteil des Kulturetats. Ich denke aber, dass die Zahlen beweisen, dass es zum einen gut angelegtes Geld ist. Zum anderen belegt die Auswertung der Großen Anfrage auch, dass die Theater in den letzten Jahren mit erheblichen Kürzungen klarkommen mussten; denn es ist eine Mär zu behaupten, dass die Theater in den letzten Jahren von Kürzungen verschont geblieben sind.

Die Antwort der Landesregierung zeigt, dass im Erfragungszeitraum 2002 bis 2006 insgesamt 264 Planstellen in den Theatern abgebaut wurden und dass es bei der Landesförderung einen Rückgang um mehrere Millionen Euro gab. Wir behaupten, mehr Abbau geht in diesem Bereich kaum, wenn wir weiterhin von einem dichten Theaternetz im Kulturland Sachsen-Anhalt reden wollen. Dass die Theater keine rosaroten Zeiten erleben, wird insbesondere an der Tarifsituation bei den Schauspielerinnen und Schauspielern deutlich.

Ich will aber ausdrücklich sagen, dass man in Zukunft wahrscheinlich neue Denkmodelle braucht. Die Ausstrahlung des jeweiligen Theaters geht nämlich weit über das Gebiet hinaus, das zu dessen Finanzierung beiträgt. Viele Nachbarkommunen von theatertragenden Städten und Landkreisen profitieren erheblich von der Existenz der jeweiligen Bühne, beteiligen sich aber an deren Finanzierung nicht. Dies ist nach wie vor ein ernstes Problem, bei dem meine Fraktion der Auffassung ist, dass es gesetzlich gelöst werden könnte und müsste.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns schwebt eine Art Kulturraumgesetz wie im Freistaat Sachsen vor, obwohl ich ausdrücklich sagen möchte, dass wir dieses Gesetz nicht im Verhältnis 1 : 1 übernehmen sollen und können. Aber der Ansatz, den ein solches Gesetz verfolgt, nämlich dass eine solidarische Umlandfinanzierung hergestellt wird, um für die Theater eine größere finanzielle Basis zu bilden, halten wir für sehr vernünftig und in Sachsen-Anhalt auch für möglich. Die Linksfraktion wird deshalb auch in dieser Legislaturperiode die Diskussion hierüber weiter vertiefen und einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen.

Meine Damen und Herren! Wir dachten uns, wenn wir über Theater reden, dann sind die Orchester nicht allzu

weit. Wir haben deshalb der Landesregierung zum Thema Orchesterlandschaft 20 Einzelfragen gestellt. Die Landesregierung - so muss festgestellt werden - ist hier offenbar nicht unserer Auffassung; denn in ihrer Antwort hat sie sämtliche sinfonischen Orchester, die an ein Theater gebunden sind, totgeschwiegen. Die Antwort der Landesregierung ist aus unserer Sicht schon ein Armutszeugnis, wenn man lediglich von zwei öffentlich geförderten Orchestern im Land, nämlich dem Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode und der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie Schönebeck, ausgeht.

Herr Minister, es erscheint in Anbetracht der aktuellen Situation schon etwas bizarr, dass in der Antwort das Wort „Staatskapelle Halle“ nicht einmal gefallen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Moment lese ich von Ihnen Aussagen - Herr Kley und ich haben sie auch während einer Podiumsdiskussion am Montag zur Kenntnis nehmen können -, dass Sie zumindest in einer internen CDU-Arbeitsgruppe noch einmal die Bedeutung dieses Orchesters, dieses Klangkörpers gerade für das Land hervorgehoben haben.

Wenn ich aber in Ihren Antworten zum Thema Orchesterlandschaft nicht einmal diesen Begriff lese und auf der anderen Seite feststelle, dass natürlich zur Kenntnis genommen werden muss, dass dem Theater- und Orchesterstandort Halle insgesamt 1,5 Millionen € gestrichen werden sollen, dann muss ich an dieser Stelle von einer gewissen Doppelzüngigkeit reden.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese muss ich Ihnen unterstellen, weil auch im Ausschuss von Ihnen auf eine konkrete Nachfrage hin bezüglich der Streichung andere Aussagen getroffen worden sind. Wenn man auf der einen Seite der Stadt Halle sagt, wir kürzen euch 1,5 Millionen €, aber auf der anderen Seite behauptet, ihr dürft sie hier nicht oder nicht so deutlich veranschlagen, dann muss man auch so ehrlich sein und der Stadt Halle als theater- und orchestertragender Stadt sagen, wo sie denn diese Kürzungen vornehmen soll. Alles andere ist unehrlich, zumindest den Betroffenen gegenüber.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will dennoch nicht unerwähnt lassen, dass die beiden von der Landesregierung genannten Orchester in Schönebeck und in Wernigerode auch und gerade für Kinder und Jugendliche einen sehr positiven Beitrag leisten. Aber auch hier kommt das Problem der fehlenden Umlandfinanzierung analog zu den Theatern und wie bei anderen überregional bedeutenden Kultureinrichtungen im Land zum Tragen.

Musik ist das Stichwort, um zum Thema Musikschulen überzuleiten. In diesem Bereich ist aus unserer Sicht die Entwicklung äußerst positiv zu sehen; denn nach jetzigem Stand

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU, und von Frau Weiß, CDU)

gab es in der Musikschullandschaft im Zuge der Kreisgebietsreform keinen Abbau. Wir hoffen natürlich, dass dies auch so bleibt. Man muss den Landkreisen ein Kompliment dafür machen, dass sie ihre bisherigen Musikschulstandorte erhalten haben.

Aber, meine Damen und Herren, im Detail betrachtet kommt man auch auf Probleme zu sprechen. Wir müssen positiv zur Kenntnis nehmen, dass die Warteliste, die es für Musikschulausbildungsplätze gibt, in der Zeit von 2005 bis 2007 schon deutlich abgebaut werden konnte. Dennoch ist die Zahl von 1 635 Schülern auf einer Warteliste für einen Musikschulausbildungsplatz hoch.

Sie erscheint vor allem dann hoch, wenn wir uns noch einmal die letzte Haushaltsdiskussion zu Gemüte führen. Dabei wurde festgestellt, dass bei dem Programm Musisch-Ästhetische Bildung, ein Nachteilsausgleichsprogramm, das an allgemeinbildenden Schulen stattfindet, eine Warteliste von 500 Schülerinnen und Schülern bestand. Wir haben uns fraktionsübergreifend dazu entschlossen, mehr Geld für dieses Programm einzustellen und diese Warteliste von 500 Schülern abzubauen.

Jetzt müssen wir konstatieren, dass es eine Warteliste für klassische Musikschulangebote gibt, die dreimal so lang ist. Auf deren Abbau sollten wir ein deutliches Augenmerk richten. Das können wir tun, indem wir die Kommunen finanziell so ausstatten, dass sie ihren potenziellen Musikschülerinnen und -schülern die Teilnahme am Musikunterricht ermöglichen können. Denn die Warteliste zeugt von einem großen Interesse an der Musikschulausbildung.

(Beifall bei der LINKEN)

Einige wenige Sätze noch zu den Kosten. Die Kosten für eine Musikschulausbildung liegen im Durchschnitt bei 465,60 € im Jahr. Das ist aus meiner Sicht ein hoher Wert und für manche Eltern mit Sicherheit nicht finanzierbar.

Die Politik muss aus unserer Sicht bestrebt sein, den Schülerinnen und Schülern zumindest Nachteilsausgleichsangebote zu unterbreiten. Das von mir schon erwähnte Programm Musisch-Ästhetische Bildung verfolgt einen solchen Ansatz. Wir sollten an diesem Programm weiterhin festhalten; denn zu den Musikschulgebühren im klassischen Sinne kommen für die Schülerinnen und Schüler natürlich weitere Kosten hinzu, wie zum Beispiel Fahrtkosten.

Wir mussten feststellen, dass in der Antwort der Landesregierung davon die Rede ist, dass die maximale Entfernung vom Wohnort zum Musikschulausbildungsort im Altmarkkreis Salzwedel 50 km beträgt. 50 km hin und 50 km zurück ergeben 100 km. Das ist schon eine ganze Menge und sowohl aus zeitlicher als auch aus finanzieller Sicht schon problematisch. Wir denken, dass deswegen Nachteilsausgleichsprogramme vom Land angeschoben werden könnten und etwas bringen könnten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Kapitel Bibliotheken ist mit Sicherheit eine eigene Debatte im Landtag wert. Ich will mich deshalb einmal auf zwei Punkte beschränken. Zum einen ist die Zahl der Bibliotheksnutzer im Erfragungszeitraum drastisch gesunken. Aber im Gegensatz dazu ist die Zahl der Ausleihen deutlich gestiegen. Gestiegen ist auch die Nutzerzahl bei Kindern und Jugendlichen. Wie ist das zu erklären?

Die Erklärung ist recht simpel: Mit der Einführung von Nutzungsgebühren bei Bibliotheken nahm die Zahl der erwachsenen Bibliotheksnutzer dramatisch ab. Die Eltern leihen häufig die Bücher über ihre Kinder aus. Das,

meine Damen und Herren, wurde uns vom Deutschen Bibliotheksverband betätigt. Es wirft aber ein völlig verzerrtes Licht auf die Nutzungsstruktur.

Grundsätzlich muss man einmal die Frage stellen, was die Einführung von Gebühren bei Bibliotheken tatsächlich gebracht hat. Denn oftmals hören wir jetzt von den Kommunen, die eine Nutzungsgebühr eingeführt haben, dass die erzielbaren Einnahmen so gering sind, dass sie in keinem Verhältnis zu dem dadurch verursachten Verwaltungsaufwand stehen. Außerdem muss man grundsätzlich sagen, dass Gebühren auch immer erst einmal eine gewisse Barriere darstellen und so manchen von einem Bibliotheksbesuch abhalten.

Alarmierend ist für uns die Zahl der Bibliothekschließungen. Die Quote betrug in den zurückliegenden Jahren 25 %. Ich denke, dass die Politik Bibliotheken in Zukunft viel stärker als Bildungseinrichtungen begreifen und die Kommunen finanziell so ausstatten muss, dass sie in der Lage sind, die Bibliotheken zu erhalten und vor allen Dingen auch deren Bestand zu erneuern. Denn Bibliotheken werden auch an ihrer Aktualität und an ihrer Qualität gemessen.

Aus Zeitgründen kann ich auf bestimmte Bereiche, die in der Anfrage und in den Antworten eine Rolle gespielt haben, nicht weiter eingehen. Ich wollte es hauptsächlich auf die Bereiche, die eng mit Kindern und Jugendlichen im Kulturbereich zusammenhängen, reduzieren.

Dennoch sind die von der Landesregierung gegebenen Antworten insgesamt aufschlussreich. Auch wenn die Landesregierung hier und da geantwortet hat, dazu lägen keine Erkenntnisse vor, kann das für uns sehr aufschlussreich sein.

Bei Ballettschulen und Kunstschulen zum Beispiel gibt es keine konzeptionellen Vorstellungen des Landes. Wir sind der Meinung, dass man zum Beispiel einmal darüber nachdenken sollte, dass die landeseigene Kunststiftung bei der Betreuung von Kunstschulen in Zukunft vielleicht eine tragendere Rolle spielt. Denn grundsätzlich sollte sich Kreativitäts- und Talentförderung in unserem Lande nicht auf Sport, Musik und Theater beschränken. Ich denke, dass es weitere künstlerische Bereiche gibt, wo so manches Talent im Land noch schlummert und geweckt werden könnte.

Zusammenfassend will ich sagen: Das kulturelle Netz in Sachsen-Anhalt ist dicht und vielfältig, aber, meine Damen und Herren, wir müssen die Risse erkennen und dürfen uns als Land auch nicht weigern, hier und da steuernd einzugreifen. Beginnen muss dies - das habe ich schon oft gesagt - mit der bereits genannten besseren Finanzausstattung der Kommunen; denn vor allem dort findet das kulturelle Leben statt.

Mit den von mir vorgetragenen Ankündigungen zu parlamentarischen Initiativen wird meine Fraktion auch künftig versuchen, einen Beitrag für das Kulturland Sachsen-Anhalt zu leisten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Gebhardt. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt dem Kultusminister Herrn Professor Dr. Olbertz das Wort. Bitte schön, Herr Professor.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung liegt Ihnen vor. Ich werde also nicht so sehr auf einzelne Fragen bzw. Aussagen in den Antworten eingehen; vielmehr möchte ich ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen.

Wie Sie wissen, verfügt Sachsen-Anhalt über ein sehr umfangreiches kulturelles Potenzial - eine Einsicht, die nicht neu ist. Auch in früheren Großen Anfragen und den damaligen Antworten wurde dieser Befund deutlich gemacht.

Die Förderung von Kunst und Kultur ist bereits im Jahr 1992 - aus guten Gründen, wie ich finde - als Staatsziel in unsere Landesverfassung aufgenommen worden, nicht der Höhe nach - das versteht sich -, aber dem Grunde nach. Seitdem besteht für das Land und für die Kommunen so etwas wie eine Verpflichtung, man kann auch sagen, eine freiwillige Pflichtaufgabe oder - zugespitzt - eine politische Pflichtaufgabe, Kunst und Kultur zu fördern.

Parteienübergreifend wird daran gearbeitet, für die kulturelle Entwicklung im Land günstige Rahmenbedingungen zu schaffen und die finanziellen Ressourcen, soweit es irgend geht, zu sichern.

Nachdem die Enquetekommission des Bundestages „Kultur in Deutschland“ ihren umfangreichen Schlussbereicht vorgelegt hat, sind verschiedene kulturpolitische Initiativen in Bund und Ländern und natürlich in den Kommunen zu verzeichnen.

Die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE führt zahlreiche kulturelle Themen auf. Dabei werden unter anderem die Perspektiven der Kultureinrichtungen in Verbindung mit der Kreis- und Gebietsreform betrachtet. Auch die statistische Bestandsaufnahme, die zur Beantwortung der Großen Anfrage erforderlich war, ist nützlich, da sie einen besseren Überblick über strukturelle Gegebenheiten und Veränderungen schafft.

Ich kann nicht unerwähnt lassen, dass einige der befragten Landkreise, Kommunen, Kulturverbände und -einrichtungen zum Ausdruck gebracht haben, dass der Erkenntnisgewinn bei verschiedenen Fragen in keinem Verhältnis zum sehr hohen Aufwand solcher Erhebungen und Ermittlungen steht.

Die gewonnenen Erkenntnisse sind im Übrigen wissenschaftlich auch nicht so stark abgesichert, dass von einem repräsentativen, statistisch relevanten Rang gesprochen werden kann. Das liegt schon daran, dass die Beantwortung solcher Fragen natürlich freiwillig ist, sodass wir manchmal stereotyp sagen mussten: Uns liegen hierzu keine Daten vor bzw. ihre Erfassung ist nicht möglich. Ich finde, es ist mein gutes Recht, dann auch darauf aufmerksam zu machen.