Protocol of the Session on July 6, 2006

Insofern kann ich mich den Vorbemerkungen, aber nur den Vorbemerkungen, des Ministers vollständig anschließen.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das reicht mir schon!)

- Das ist ein Fortschritt.

(Herr Tullner, CDU: Das ist ein Anfang!)

Herr Paqué, Sie als ehemaliger Finanzminister, vor der Wahl die Lunte zu legen und nach der Wahl „Feuer“ zu schreien, ist ein bisschen eine durchsichtige Strategie und wird dem Problem nicht gerecht.

Ich komme zu den Kollegen der CDU. Der Minister hat es eben wieder auf wunderbare Art und Weise vorgerechnet. Ich erinnere mich an ein Forum während des Wahlkampfes. Die „Volksstimme“ hatte dieses ausgerichtet. Dort haben Sie diese Rechnung schon einmal aufgemacht. Ich habe heute wieder darauf gewartet: Wenn er noch einen Rechenschritt macht, ist aus dem doppelten Abiturjahrgang gar keiner mehr da.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das habe ich extra nicht gemacht! - Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Frau Feußner war auch bei dieser Podiumsdiskussion. - Das Problem ist, dass Sie vor der Wahl den Eindruck erweckt haben, wir müssten keine besonderen Maßnahmen ergreifen. Nun bin ich mir nicht sicher, ob das an der Abhängigkeit von der FDP lag. Aber die Aussage stand zumindest im Raum.

(Zurufe von Frau Feußner, CDU, und von Minis- ter Herrn Prof. Dr. Olbertz)

- Frau Feußner, ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie den Abiturienten in dieser Podiumsdiskussion nahe gelegt haben, woanders zu studieren, wenn die Studienplätze hier nicht ausreichen.

(Frau Feußner, CDU: Das ist Quatsch!)

Auch das ist keine Lösung, Frau Feußner. - Nun zur SPD.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Es bleibt keiner verschont!)

Schon im letzten Jahr kam die SPD - Frau Mittendorf hat eben noch einmal darauf hingewiesen - und hat ein Sofortprogramm gefordert. Damals stand, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, eine Zahl von jährlich 4 Millionen € über insgesamt zwei Jahre im Raum. In der Koalitionsvereinbarung findet sich nun eine Passage, in der zwar keine Zahl mehr steht, die jedoch in die Richtung geht, ein solches Sofortprogramm zu initiieren.

Damit sind wir an dem entscheidenden Punkt, auf den ich sehr deutlich hinweisen will: Das geht am Problem vorbei. Wir haben in diesem Landtag in den letzten Jahren schon mehrfach über die Fragen der Kapazitäten und der Struktur der Hochschulen geredet. Wir haben ein strukturelles Kapazitätsproblem an den Hochschulen. Das wird durch diesen Doppeljahrgang nur verschärft. Deswegen ist auch ein solches Sofortprogramm über zwei Jahre keine Lösung für das strukturelle Problem an den Hochschulen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich will noch ein paar Punkte nennen, um auf den strukturellen Aspekt hinzuweisen. Wir haben einen Doppeljahrgang. Darüber ist ausführlich geredet worden.

(Herr Tullner, CDU: Wer hat den denn einge- führt? - Zuruf von der Linkspartei.PDS - Unruhe)

Wir haben eine steigende Quote an Studienberechtigten in Sachsen-Anhalt. Der Minister hat eben darauf hingewiesen, dass die Studierneigung zunimmt. Ich hoffe, dass sie zunimmt und auch in den nächsten Jahren noch zunimmt. Es muss das Ziel bleiben, auch in der Bundesrepublik eine Studierquote zu erreichen, die sich an dem OECD-Durchschnitt messen lassen kann. Dieser liegt bei etwa 50 %.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Auch dies würde einen deutlichen Anstieg bedeuten.

Zudem müssen wir uns die Zahlen in der Bundesrepublik insgesamt anschauen. Die KMK ist im Jahr 2005 selbst davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2014 die Zahl der Studierenden bundesweit ansteigen wird.

In der von Herrn Kley bereits angesprochenen Studie des Instituts für Hochschulforschung Wittenberg ist darauf verwiesen worden, dass wir in Sachsen-Anhalt erst ab 2012 einen spürbaren Rückgang erleben werden.

Es kommt ein weiterer Punkt hinzu. Das ist die Frage der Studiengebühren. Wir sind im Moment glücklicherweise - ich hoffe, es bleibt dabei - in Sachsen-Anhalt in der Situation, noch keine regulären Studiengebühren zu haben. Viele Bundesländer haben bereits Studiengebühren eingeführt oder wollen dies tun. Auch dies eröffnet zumindest die Möglichkeit, dass mehr Studierende als bisher die Möglichkeit nutzen, in Sachsen-Anhalt gebührenfrei zu studieren.

Eine Bemerkung zum NC. Herr Minister, möglicherweise ist auch der NC dadurch bedingt, dass die Hochschulen ein strukturelles Kapazitätsproblem haben und sich nicht mehr anders als mit einem NC zu helfen wissen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Eine letzte Bemerkung, damit ich die Zeit nicht allzu sehr überziehe. Ich sage noch einmal etwas zur Frage der Ausbildung, auch in Richtung FDP. Zum Staatsverständnis sage ich nichts. Dazu hat der Minister ausgeführt. Ich will Sie noch einmal daran erinnern, dass Sie, wenn wir über das Thema Wirtschaft in diesem Haus oder anderswo reden, immer darauf bestehen, dass Wirtschaft in der Wirtschaft stattfindet. Ich würde mich freuen, wenn Sie auch sagen würden, dass die Ausbildungsplätze in der Wirtschaft von der Wirtschaft bezahlt werden.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Dann kommen wir nicht umhin, darüber zu reden, dass die Unternehmen, die ausbilden könnten und es nicht tun, an der Finanzierung der Ausbildungsplätze beteiligt werden.

(Zustimmung bei der Linkspartei. PDS - Unruhe bei der FDP)

Dabei muss es bleiben.

Frau Präsidentin, ich will darauf hinweisen, dass wir den Änderungsantrag, den wir gestellt haben, zurückziehen, da die Berichterstattung in den Ausschüssen in den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aufgenommen worden ist.

Ich möchte allerdings die Koalitionsfraktionen bitten, in ihrem Änderungsantrag eine Veränderung vorzunehmen, um uns die Zustimmung leichter zu machen. Im zweiten Anstrich sollte die Einschränkung auf bestimmte Jahre aus den Gründen, die ich eben ausgeführt habe, herausgenommen werden. Das heißt, der Anstrich sollte heißen: „entsprechend der Bedarfsanalyse geeignete Maßnahmen und deren finanzielle Absicherung“. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Höhn. - Für die CDUFraktion spricht die Abgeordnete Frau Feußner.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Infolge der Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur auf zwölf Jahre ist im Zeitraum von 2007 bis 2018 in ganz Deutschland mit mehr als 15 000 zusätzlichen Studienanfängern zu rechnen. Das Maximum wird laut KMKPrognose in den Jahren von 2011 bis 2014 zu erwarten sein. Sachsen-Anhalt ist das erste Bundesland, welches nach einer kurzen Phase des 13-jährigen Abiturs wieder zu einem Abitur nach zwölf Jahren zurückkehrt.

(Beifall bei der CDU)

Die Länder Sachsen und Thüringen zum Beispiel haben kontinuierlich ein zwölfjähriges Abitur beibehalten. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Situation hätten wir auch in Sachsen-Anhalt haben können. Ich möchte hier nur noch einmal an die Verursacher erinnern. Wir müssten über diese Problematik heute hier nicht diskutieren, Herr Höhn, wenn wir damals das 13. Schuljahr nicht eingeführt hätten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: So ist es!)

An dieser Stelle könnte man einerseits kritisch bemerken, dass sich andere Länder für diese Umstellung mehr Zeit als Sachsen-Anhalt nehmen. Dies ist schon häufiger kritisiert worden. Andererseits haben wir für das doppelte Abitur einen Zeitpunkt gewählt, zu dem kein anderes Bundesland in dieser Situation steht. Das ist zunächst - ich verweise auf meine vorherigen Ausführungen - vorteilhaft und stellt bundesweit keine wesentliche zusätzliche Belastung dar.

Insbesondere wenn man die Komplexität des Systems - der Minister hat bereits darauf hingewiesen -, nämlich die regionale Verteilung von Studiennachfrage und Studienangeboten, betrachtet, stellt man fest, dass die erhöhte Zahl von Studienanfängern in Sachsen-Anhalt deutschlandweit nicht erheblich ist. Deshalb ist grundsätzlich nicht von einer Verdopplung der Zahl der Studienanfänger in Sachsen-Anhalt auszugehen.

Wenn man aber laut Erhebung von - der Minister hat diese Zahl bereits genannt - 7 500 bis 8 000 zusätzlichen Abiturienten ausgeht, wird sich auch an unseren Universitäten und Fachhochschulen eine erhöhte Nachfrage ergeben. Es ist also eine genaue Analyse notwendig, um abschätzen zu können, wie hoch die tatsächliche Belastung sein wird, um geeignete Maßnahmen im Interesse unserer Jugendlichen zu finden.

Aus unterschiedlichen Recherchen wissen wir, dass eine Vielzahl - man redet von einem Viertel bis zu einem Drit

tel - der Studenten kein Studium aufnimmt, sondern ein Lehrstellenverhältnis anstrebt. Ein gewisser Anteil junger Männer leistet nach dem Abitur den Wehrdienst ab. Andere wiederum beginnen aus verschiedenen Gründen erst später ein Studium. Wie bereits beschrieben, wird ein Teil der Absolventen den Studienort in einem anderen Bundesland wählen.

Nach dieser Analyse muss geprüft werden, inwieweit unsere Hochschulen in der Lage sind bzw. in die Lage versetzt werden können, diese Anzahl an zusätzlichen Studierwilligen aufzunehmen.

Verehrte Anwesende! Kritischer zu betrachten ist aus meiner Sicht die Situation auf dem Lehrstellenmarkt. Aufgrund der schwierigen Lage auf dem Arbeits- bzw. Lehrstellenmarkt wird eine erhöhte Anzahl von Bewerbern zu einem Verdrängungswettbewerb führen. Abiturienten haben in einigen Ausbildungszweigen bessere Chancen als Absolventen von Real- und Hauptschulen. Da sich in den Jahren 2006/2007 aufgrund der demografischen Entwicklung bereits ein weiteres Absinken der Schülerzahlen an den Berufsschulen abzeichnet - ich nenne zwei Zahlen: im Jahr 2005 waren es noch 37 000 Berufsschüler; im Jahr 2007 werden es nur noch ca. 30 000 sein -, werden die Kapazitäten in den berufsbildenden Schulen wahrscheinlich ausreichen, um zusätzliche Schüler aufzunehmen.

Anders sieht es auf dem Ausbildungsmarkt aus, auf dem trotz rückläufiger Bewerberzahlen die Ausbildungsplätze heute noch nicht ausreichen, um jedem eine duale Ausbildung anbieten zu können. Hier sind Maßnahmen notwendig, um vor allem für die Real- und Hauptschüler Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese keine Nachteile erfahren.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Gespräche mit den Kammern und den Arbeitgeberverbänden müssen diesbezüglich zielorientiert geführt werden.

Wir beantragen deshalb, den Antrag nicht nur in den Bildungsausschuss, sondern auch in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. - Vielen Dank

(Beifall bei der CDU)