Die Vermischung der Struktur einer kreisfreien Stadt mit dem Status der Kreisangehörigkeit wirft mehr Probleme auf als sie Nutzen bringt. Die Diskrepanz hat die Linkspartei.PDS selbst erkannt und will nun innerhalb des Verteilungsschlüssels des Finanzausgleichsgesetzes die Stadt Halle weiterhin so behandeln, als ob sie eine kreisfreie Stadt wäre. Auch soll die Stadt Halle weiterhin als kreisangehörige Stadt die Aufgaben wahrnehmen, welche eine kreisfreie Stadt übernimmt.
Inwieweit damit die Rahmenbedingungen für einen Vorteils-Lasten-Ausgleich geschaffen werden sollen, ist un
klar. Wenn sich die Stadt Halle wie eine kreisfreie Stadt finanzieren soll und wie eine kreisfreie Stadt Aufgaben wahrnehmen soll, stellt sich die Frage, weshalb sie ihre Kreisfreiheit verlieren soll. Der Glaube allerdings, dass durch einen Regionalkreis die Stadt-Umland-Problematik gelöst würde, ist ein Irrglaube.
Gleichzeitig soll das Gesetz dem Ziel dienen, die Kommunalaufsicht zu vereinheitlichen. Dazu habe ich - wie Sie, Herr Madl, es gesagt haben - auch nichts gefunden. Das bedeutet nämlich im Klartext, dass die Kreisverwaltung nun die Kommunalaufsicht über die Stadt Halle ausübt. Dabei hat die Kreisverwaltung aber Aufgabenfelder einer kreisfreien Stadt zu beaufsichtigen, welche sonst vom Landesverwaltungsamt überwacht werden.
Die Aufsicht wird also in der Kreisverwaltung und im Landesverwaltungsamt doppelt vorgehalten, weil die Aufsicht über die kreislich wahrgenommenen Aufgaben weiterhin beim Landesverwaltungsamt bleibt, sodass der Kreis gezwungen ist, eigene Ämter für eine Kommunalaufsicht einzuführen, die er bisher nicht wahrgenommen hat. Es kommt also zu einer Aufblähung der kreislichen Verwaltung und zu einer Doppelverwaltung. Wie das Ziel erreicht werden soll, die Kommunalaufsicht zu vereinheitlichen, ist mir völlig unklar.
Die Hoffnung der Linkspartei, dass die Stadt-UmlandProblematik allein durch die Verpflichtung zur gemeinsamen Erstellung eines Flächennutzungsplanes und eines Teilgebietsentwicklungsplanes gelöst wird, teilt die FDP nicht.
Ich muss sagen, dass der Vergleich mit dem Programm, das das Ergebnis „Error“ bringt, sehr passend war, Herr Madl.
Der bloße Verweis auf den Verband Frankfurt und dessen Schwierigkeiten rechtfertigt doch nicht Ihr Konstrukt. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass diese Dinge in der Diskussion im Ausschuss noch erläutert werden.
Es stellt sich weiterhin die Frage, warum dies nur in Halle geschehen soll und nicht in Magdeburg. Drei Oberzentren und drei verschiedene Ansätze, sie strukturell zu fördern, zeugt von Mut zur Vielfalt, ist aber unserer Meinung nach in der Sache verfehlt. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Wolpert. - Jetzt erhält die SPD-Fraktion das Wort. Abgeordnete Frau Schindler, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Wieder liegt ein Gesetzentwurf vor, der sich mit der Stadt-Umland-Problematik befasst. Wie mein Vorredner bereits ausführte, war dieses in der vergangenen Legislaturperiode fast ein Dauerthema. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt diesem Haus noch nicht angehörte, habe ich dennoch die Diskussion in meiner vorherigen Funktion als Bürgermeisterin verfolgt und durfte in der Anhörung die Auffassung der Stadt Wanzleben zu dieser Stadt-Umland-Problematik und dem Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz darlegen.
Die Entscheidungen über dieses Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz und auch über die Kreisgebietsreform sind gerade gut ein Jahr her. Natürlich gibt es auch immer wieder Gründe, von einer bisherigen Entscheidung abzuweichen, sie teilweise außer Kraft zu setzen oder sie zu ändern. Sie bleiben aber in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf diese neuen Gründe schuldig. Es ist lediglich ein neuer Versuch, die bereits vorgeschlagenen Lösungen wieder einmal vorzutragen.
Die Regelungen im Kommunalneugliederungs-Grundsätzegesetz sind noch nicht voll ausgeschöpft. Lediglich die erste Frist für die freiwillige Bildung der Zweckverbände, nämlich bis zum 30. Juni dieses Jahres, ist abgelaufen. Nun sind wir als Gesetzgeber wieder gefragt, entsprechend dem Gesetz weitere Schritte zu erarbeiten.
In der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf führen Sie aus, dass die Ziele des KommunalneugliederungsGrundsätzegesetzes, die Stärkung der Oberzentren - hier geht es speziell um das Oberzentrum Halle -, nicht erreicht werden. Nun schlagen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf eine Lösung vor, die quasi das Gegenteil bewirkt, nämlich die Schwächung des Oberzentrums. Sie sprechen von dem unterschwelligsten Angebot für eine regional ausgerichtete Lösung. Wenn die Aufgabe der Kreisfreiheit ein unterschwelliges Angebot an die Stadt Halle sein soll, dann möchte ich mir keine stärkeren Angebote vorstellen.
Das Gesetz sieht vor, die Aufgaben der Stadt Halle, die einem Landkreis obliegen, zukünftig von dem neuen Landkreis erfüllen zu lassen. Haben Sie sich mit diesen Aufgaben einmal näher beschäftigt?
Wie Herr Madl bereits ausführte, werden viele Aufgaben bereits gemeinsam erfüllt. Aber ich führe noch einige Aufgaben an, die dann übertragen werden sollen, zum Beispiel die Trägerschaft für Sekundarschulen und Gymnasien und die Trägerschaft für die örtliche Sozialhilfe. Sie sehen zwar in § 6 des Entwurfes besondere Aufgaben der Stadt Halle vor. Darüber hinaus soll laut § 11 die Gemeindeordnung geändert werden und weitere Aufgaben sollen wiederum der Stadt übertragen werden. Diesbezüglich stellt sich die Frage, warum Sie dann erst den Aufwand betreiben, sie dem Landkreis zu übergeben.
Konzentrieren wir uns lieber wirklich auf die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den Kommunen mit einer Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, welche die Koalitionspartner in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Um die Bildung eines Planungszweckverbandes für die Flächennutzungsplanung kommen auch Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht herum, und dies nicht erst freiwillig wie bisher, sondern gleich bestimmt per Gesetz.
Ganz nebenbei wird die Landkreisordnung dahin gehend geändert, dass infolge der nach dem Stadt-UmlandGesetz für die Region Halle-Merseburg vorgesehenen Neugliederung der Landkreise und damit auch der Vergrößerung der Fläche auch eine Vergrößerung der Kreistage anzustreben sei. Dieses sollte aber bitte in einem gesonderten Gesetz geregelt werden. Dieses soll auch von der Landesregierung vorbereitet werden.
Mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf soll eine Änderung nur für die Region Halle erfolgen. Dies stellt einen Systembruch dar. Es würde ein Landkreis entstehen, der sich deutlich von den anderen Landkreisen in unserem Land unterscheidet und damit eine Sonderlösung darstellt. Oder soll das Beispiel Halle auch für die Städte Magdeburg und Dessau gelten? - Also doch der erste Schritt hin zu Regionalkreisen.
Die SPD steht zu ihrer Aussage, dass es bei der beschlossenen und innerhalb dieser Legislaturperiode durchzuführenden Kreisgebietsreform bleibt. Etwas anderes können wir den Menschen, die vor Ort Verantwortung tragen, nicht zumuten.
Danke schön, Frau Schindler. Das war Ihre erste Rede im Parlament. Herzlichen Glückwunsch! Wir freuen uns auf weitere gute Reden von Ihnen.
Jetzt erteile ich für die Linkspartei.PDS noch einmal dem Abgeordneten Herrn Dr. Köck das Wort. Bitte schön.
Meine Damen und Herren! Die sehr interessante Diskussion - mit Ausnahme dessen, was der Herr Minister gesagt hat -
zeigt doch, dass jede Menge Diskussionsbedarf besteht und eine Klärung auch in Detailfragen in den Ausschüssen erforderlich ist, weil - das muss ich beklagen - in der vergangenen Wahlperiode keine ordentliche Diskussion im Zusammenhang mit dem Kreisgebietsneugliederungsgesetz möglich war.
(Herr Tullner, CDU: Das stimmt doch gar nicht! - Herr Scharf, CDU: Was haben wir denn jahre- lang gemacht? - Weitere Zurufe von der CDU)
Damals hatten sich die CDU und die FDP, wie es Herr Wolpert so schön gesagt hat, in ihrer Meinung festgelegt. Also die absolute Wahrheit stand bereits fest und sie steht auch jetzt schon wieder fest.
Auf der anderen Seite - auch deswegen haben wir den Gesetzentwurf eingebracht - hat der Herr Minister gesagt, es gibt zwei Ausnahmen, bei denen noch kein Schlussstrich gezogen worden ist. Eine Ausnahme ist die Stadt-Umland-Problematik von Halle. Wir verlangen also nichts Unbilliges; vielmehr schlagen wir lediglich vor, die in diesem Zusammenhang von uns vorgebrachten Bedenken und Anregungen aufzugreifen. Das kann man am besten, wenn man es innerhalb eines Gesetzes geschlossen darstellt.
Wir haben das in der vergangenen Wahlperiode bereits über einen Änderungsantrag versucht. Das war alles sehr kompliziert, weil es dort nicht passfähig war. Wir haben hiermit auch die Dinge eingeführt, die unserer Meinung nach noch geändert werden müssen, wie zum Beispiel die Kreistagsgrößen.
Ein weiterer Punkt. Wir wissen, wie differenziert unsere Regionen, unsere Landkreise sind. Der Trend geht dahin, insbesondere die Stärken der einzelnen Regionen, der einzelnen Landkreise zu betonen und nicht auf das Mittelmaß zu nivellieren. Es ist also ein Gegenstand der Raumordnung, über den jetzt diskutiert wird. Es geht um die Frage: Können wir es uns noch länger leisten, diese gleichwertigen Lebensbedingungen überhaupt aufrechtzuerhalten, oder müssen wir differenzieren? Wir haben unterschiedliche Bedingungen. Warum soll man dann diesen unterschiedlichen Bedingungen nicht gerecht werden?
Bedenken Sie bitte, die Stadt Halle steht nicht allein da; nur wenige Kilometer entfernt befindet sich die Großstadt Leipzig. Der Großstadt Leipzig wird in der Bertelsmann-Studie über die demografische Entwicklung eine positive Entwicklung prognostiziert, während der Stadt Halle sowie den Landkreisen Saalkreis und MerseburgQuerfurt ungünstige Aussichten bescheinigt werden. Also, warum sollte man jetzt nicht versuchen, das Optimum herauszuholen?
Herr Madl, jawohl, das ist eine Sonderlösung. Das ist in Göttingen aber auch gemacht worden. Dort steht sogar im Gesetz, welcher prozentuale Anteil der entsprechenden Zuweisungen, die die anderen kreisfreien Städte in Niedersachsen erhalten, der Stadt Göttingen zusteht. Ich glaube, es sind 41,7 %. Dadurch hat sie die Sicherheit, unabhängig davon, wie groß das Volumen der Verteilmasse ist, stets den gleichen Anteil zu bekommen und nicht etwa der Willkür im Zusammenhang mit dem Jahreshaushalt ausgesetzt zu sein.
Das FAG ist nur eine Möglichkeit. Aber - das steht auch in der Begründung - mit dem FAG kann man eben nicht den Vorteils-Lasten-Ausgleich innerhalb der Regionen herbeiführen. Das kann man lediglich über die Kreisumlage, wenn man denn eine entsprechende Kreisumlage ordnungsgemäß bildet. Dort kann man solche Dinge berücksichtigen; aber das geht nicht über das FAG. Dort zahlen alle ein. Dort bekommen alle einen prozentualen Anteil.
Das Gutachten von Turowski kam im Jahr 2001 überraschenderweise zu der Aussage, dass wir für jede dieser Städte eine Extralösung brauchen. Meine Damen und Herren, in der vergangenen Wahlperiode waren Sie bereit, eine Sonderlösung für Dessau mitzutragen. Dort sind Eingemeindungen auf freiwilliger Basis selbstverständlich möglich,
aber das Land muss einem Eingemeindungsbegehren nicht zustimmen. Das ist der große Unterschied. Es ist kein Zwang. Wenn ich aus raumordnerischen und sonstigen Gründen des Gemeinwohls der Meinung bin, dass