Protocol of the Session on July 6, 2006

(Herr Borgwardt, CDU, und Herr Kolze, CDU, la- chen)

oder beispielsweise die Stadt Jessen, die die größte Stadt Europas ist, dann kommen wir irgendwo an die Grenzen, an denen der Gesetzgeber handeln muss.

Das ist der Punkt: Der Gesetzgeber ist gefordert, immer dann, wenn es auf der lokalen Ebene knirscht und man dort zu keiner Lösung kommt, sich zumindest als Moderator einzuschalten. Das ist das, was wir hiermit wollen.

Es ist bezeichnend, dass Knut Bichoel, Landrat des Saalkreises, kürzlich gesagt hat: Die Zeit ist für den Regionalkreis wohl noch nicht reif gewesen. „Noch nicht reif“ bedeutet aber, dass die Zeit dafür kommen wird. Wenn wir uns ehrlich in die Augen schauen, sollten wir uns überlegen, ob wir die Zeit bis dahin zum Wohle aller überbrücken, verkürzen können.

Es ist also sehr wohl etwas Neues, Frau Schindler. Der Gesetzentwurf ist wirklich das niedrigschwelligste Angebot, um im Rahmen der Verfassung, der Landkreis- und der Gemeindeordnung mit einem Minimum an Veränderungen auszukommen, um für die Kommunen, für die Landkreise und auch für uns hier eine Brücke zu bauen, diesen ersten Schritt in Richtung Regionalkreis zu gehen.

Was hätten Sie denn gesagt, wenn wir mit einem Gesetzentwurf aufgetreten wären, der vollständig in Richtung Regionalkreis und auf eine Übertragung von Aufgaben des Landesverwaltungsamtes auf diese Ebene zielt? - Das wäre vollkommen unmöglich gewesen.

(Herr Gürth, CDU: Das sind wir doch gewohnt, dass Sie unmögliche Sachen machen!)

Wir haben die Aufgaben so minimal wie möglich beschrieben, um unserem Hause und der Region im Rahmen der Debatte letztlich die Möglichkeit zu lassen festzulegen, ob die Schulverwaltung oder die Schulplanung insgesamt, einschließlich der Schulen der Stadt Halle, von dem regionalen Parlament vorgenommen werden soll oder ob die Stadt Halle für ihre Grundschulen und Sekundarschulen selbst planen soll.

Ich will dieser Diskussion nicht vorgreifen. Deshalb ist das in dem Gesetzentwurf noch nicht explizit geregelt worden, obwohl es hätte geregelt werden können und vielleicht auch hätte geregelt werden müssen. Aber wir haben es bewusst offen gelassen. Das steht auch in der Begründung.

Herr Dr. Köck, ich würde Sie bitten, langsam zum Ende zu kommen.

Ja. - Das war es eigentlich im Prinzip. Das ist ein niedrigschwelliges Angebot, hierbei mit dem geringsten Aufwand an Veränderungen auszukommen, nicht für die Stadt Halle - das ist eine sehr hohe Hürde für die Stadt Halle -, aber für uns. Die Stadt Halle muss vor allen Dingen mental den Hauptschritt tun.

Hier sitzen auch einige Abgeordnete aus Halle, die sagen müssten: Wir verzichten auf die Kreisfreiheit, weil es

uns Vorteile für die Zukunft bringt, wenn die Region mit einer Stimme spricht und nicht vielleicht mit zwei Zungen.

Wir beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss und in den für Raumordnung zuständigen Ausschuss. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank. - Bevor ich zum Abstimmungsverfahren komme, begrüße ich Gäste der Landeszentrale für politische Bildung auf der Südtribüne. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen nun zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/122. Es ist die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss sowie in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr beantragt worden. Soll der Innenausschuss federführend beraten?

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS, und Herr Dr. Köck, Linkspartei.PDS, nicken mit dem Kopf)

- Das ist der Fall. - Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? - Bei der SPD und bei der CDU. Enthaltungen? - Eine Enthaltung bei der FDP. Der Überweisung ist damit zugestimmt worden. Der Innenausschuss wird federführend beraten.

Bevor wir den Tagesordnungspunkt verlassen, hat der Abgeordnete Herr Bernward Rothe gemäß § 76 der Geschäftsordnung für eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist üblich, Gesetzentwürfe mit in der Sache diskutablem Inhalt in die Ausschüsse zu überweisen. Ich selbst habe mit Nein gestimmt. Aus der SPD-Fraktion gab es keine Jastimme für die Überweisung.

Dieses Abstimmungsverhalten ist Ausdruck meiner Bereitschaft, den Koalitionsvertrag vollumfänglich einzuhalten. Es ist Ausdruck der Hinnahme der Kreisgebietsreform, wie sie die alte Regierungsmehrheit von CDU und FDP beschlossen hat. Es ist zugleich Ausdruck der Erwartung, dass der neue Koalitionsvertrag voll und ganz umgesetzt wird. Damit meine ich insbesondere die Gebietsreform auf der gemeindlichen Ebene.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Kosmehl, FDP: Oh!)

Die Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten, die heute in der „Mitteldeutschen Zeitung“ und in der „Volksstimme“ wiedergegeben worden sind, geben mir die Veranlassung, auf diesen Zusammenhang hinzuweisen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Nach dieser Erklärung können wir den Tagesordnungspunkt verlassen - -

(Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer meldet sich zu Wort - Oh! bei der FDP - Unruhe - Zuruf von der FDP: Zugabe!)

Herr Ministerpräsident - - Den Ministerpräsidenten reizt es. - Herr Ministerpräsident, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr.

Sollte jemand mit sich selbst Probleme haben, dann will ich dies ganz deutlich sagen: Wir haben eine Koalitionsvereinbarung und zu der stehe ich; aber ich werde nicht dem Minister, der das umsetzen muss, das Leben dadurch schwer machen, dass ich in der Zeitung präjudizierende Vorgaben mache. Es ist eine Frage des Stils, wie man ein Kabinett leitet.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Wir können damit den Tagesordnungspunkt verlassen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Beratung

a) Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend Achter Rundfunkänderungsstaatsvertrag - 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06, 1 BvR 830/06

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 5/62

b) Stellungnahme zu dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend Besoldungsrecht - 2 BvR 556/04

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 5/137

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Wolpert als Berichterstatter des Ausschusses für Recht und Verfassung zu der ersten Beschlussempfehlung. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mich würde es sehr reizen, zu dem anderen Thema zu sprechen.

Die Verfassungsbeschwerden 1 BvR 2270/05, 1 BvR 809/06 und 1 BvR 830/06 wurden mit Schreiben des Landtagspräsidenten vom 1. Juni 2006 dem Ausschuss für Recht und Verfassung auf der Grundlage des § 52 der Geschäftsordnung des Landtages zur Beratung und Erarbeitung einer Beschlussempfehlung an den Landtag übermittelt.

Gemäß §§ 94 und 77 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes hat der Landtag bis zum 9. Juli 2006 Gelegenheit zu einer Äußerung zu der Verfassungsbeschwerde erhalten.

Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung in ihrem Grundrecht der Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Zudem wird beantragt, Artikel 6 Nr. 2 des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrages als verfassungswidrig und nichtig festzustellen. Daneben beantragen die Beschwerdeführer, Artikel 6 Nrn. 4 und 5 dieses Gesetzes insoweit als verfassungswidrig und nichtig festzustellen, als die Höhe der monatlichen

Rundfunkgrundgebühr unterhalb der von der KEF vorgeschlagenen Höhe festgesetzt wurde.

Zum Sachverhalt: Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Festsetzung der Rundfunkgebühr im Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Um eine für alle Länder einheitliche Rundfunkgebühr zu erreichen, haben die Länder den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geschlossen. Dieser Staatsvertrag ist nicht das Ergebnis einer freien Vereinbarung zwischen den Ländern, sondern die Konkretisierung einer Verfahrenskonzeption, die das Bundesverfassungsgericht im Gebührenurteil aus dem Jahr 1994 schon sehr detailliert vorgezeichnet und aus den verfassungsrechtlichen Direktiven des Artikels 5 Abs. 1 des Grundgesetzes abgeleitet hat. In ihren prägenden Merkmalen ist diese Verfahrenskonzeption durch die Verfassung geboten. Der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ist daher nur in Randbereichen das Ergebnis eines freien Aushandelns der Länder.

Die Verfahrenskonzeption soll dem Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks auch gegen verdeckte staatliche Eingriffe mit dem Instrument der Gebührenfinanzierung Geltung verschaffen. Da es keine hinreichend objektiven Kriterien für den Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gibt, wurde die Beurteilungskompetenz den Rundfunkanstalten, der KEF und den Ländern als Rundfunkgesetzgeber übertragen, jedoch wurde die Gebührenfestsetzung keinem der Akteure allein anvertraut.

Nachdem die Rundfunkanstalten zunächst ihre Bedarfsmeldungen abgegeben hatten, wurde durch die aus unabhängigen Fachleuten zusammengesetzte KEF im Berichtsentwurf festgelegt, dass - ich zitiere -

„nach den Feststellungen der Kommission zum 1. Januar 2005 für die Dauer von vier Jahren eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 1,07 € erforderlich ist. Die Rundfunkgebühr beträgt damit 17,22 €, wovon 5,57 € auf die Grundgebühr und 11,65 € auf die Fernsehgebühr entfallen.“

Der verabschiedete Achte Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat in Artikel 6 Nr. 4 die Höhe der Grundgebühr auf 5,52 € und die Höhe der Fernsehgebühr auf 11,51 € festgelegt und ist damit unter der Empfehlung der KEF geblieben.

Ausnahmslos wurde trotzdem das Festhalten am von der Politik unabhängigen KEF-Verfahren auch für die Zukunft gefordert, da dieses die optimale Methode zur Festsetzung der Rundfunkgebühr sei.

Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat sich in seiner 2. Sitzung am 8. Juni 2006 mit den genannten Verfassungsbeschwerden befasst. Der Ausschuss empfiehlt dem Landtag einstimmig, keine Stellungnahme zu dem Verfahren abzugeben.