Fazit: Wenn das Land also bis zum Ende des Jahres die Trägerschaft nicht offiziell übernimmt, dann ist der Platz der Lichtenburg im Stiftungsgesetz, der unter anderem eine finanzielle Förderung sichert, obsolet. In der Konsequenz hätte das die endgültige Schließung der Gedenkstätte zur Folge.
Halbherzige oder kurzfristige Lösungen, wie laut einer Aussage einer Vertreterin des Landesverwaltungsamtes das Angebot eines befristeten Nutzungsvertrages für die Dauer von fünf Jahren, stellen aus unserer Sicht keinen langfristigen und auch keinen kurzfristigen Klärungsansatz für den Erhalt der Lichtenburg als Mahn- und Gedenkstätte dar. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist angesichts der historischen und überregionalen Bedeutung des ehemaligen Konzentrationslagers als Schlüssel- und Scharnierfunktion innerhalb des KZ-Systems ein politischer Skandal.
Im Anschluss. - Die Trägerschaft der angestrebten Gedenkstättenstiftung für die Lichtenburg muss folglich unstrittig sein. Nunmehr ist die Landesregierung dringlichst aufgefordert, dies in die Tat umzusetzen und den Landtag zeitnah über die praktischen Schritte der Umsetzung umfassend zu informieren.
Es versteht sich damit eigentlich von selbst, dass bereits im Vorfeld der geplanten Übernahme in die Trägerschaft des Landes die Landesregierung dafür Sorge und Verantwortung zu tragen hat, dass die KZ-Gedenkstätte nicht aufgrund der personellen und finanziellen Situation sowie des baulichen Zustandes geschlossen wird. Denn Sie teilen sicherlich meine Auffassung, dass eine einmal
geschlossene Gedenkstätte kaum oder nur unter großen Schwierigkeiten der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden kann.
Lassen wir demnach die Stadt Prettin, die laut einer Vereinbarung mit dem Landkreis Wittenberg befristet als Verwalter der Mahn- und Gedenkstätte bis zum 30. Juni 2006 das Hofgelände und den Bunker betreibt, nicht allein. Streben wir alle gemeinsam eine Lösung im Interesse einer schnellen und dauerhaften Erhaltung der überregionalen KZ-Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin an. Entwickeln wir gemeinsam ein tragfähiges inhaltliches, personelles und finanzielles Konzept - auch über Teillösungen - mit dem Ziel der Sicherung des gesamten Schlosskomplexes. Das sind wir den Frauen und Männern, die im ehemaligen Konzentrationslager Lichtenburg gequält, gefoltert und zu Tode geprügelt wurden, einfach schuldig. - Ich danke Ihnen.
Frau Kollegin Tiedge, meine Frage bezieht sich auf die rechtliche Einschätzung der Regelung im Gedenkstättenstiftungsgesetz. Ich habe aus Ihren Worten die Sorge herausgehört, dass diese Möglichkeit, wenn es nicht bis zum Ende dieses Jahres zu der Übernahme der Lichtenburg kommt, zeitlich entfällt.
Sind wir uns insoweit einig, dass es eine solche zeitliche Befristung in dem Gesetz nicht gibt, dass also auch bei einer späteren Übernahme der Lichtenburg in die Trägerschaft des Landes der gesetzliche Mechanismus greift und dann die Gedenkstättenstiftung zuständig wird?
Es ist sehr wohl richtig, dass die Gedenkstätte auch zu einem späteren Zeitpunkt in die Gedenkstättenstiftung aufgenommen werden könnte. Das Problem besteht darin, dass die finanziellen Mittel fehlen, um die Gedenkstätte bis dahin aufrechtzuerhalten.
Ich habe gesagt, bis August gibt es eine Vereinbarung zwischen dem Landkreis und der Stadt Prettin hinsichtlich einer finanziellen Unterstützung. Wenn bis dahin keine Lösung zur finanziellen Beisteuerung von Mitteln für Prettin in Aussicht gestellt wird, würde eine spätere Übernahme der Gedenkstätte in das Gedenkstättenstiftungsgesetz praktisch das Aus für die Gedenkstätte bedeuten, weil sie geschlossen werden muss, da weder Personal- noch Sachmittel zur Verfügung gestellt werden können.
Vielen Dank, Frau Tiedge. - Meine Damen und Herren! Bevor wir die Debattenbeiträge der Fraktionen hören, erteile ich Herrn Minister Hövelmann das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erhaltung der Gedenkstätten gehört zu den besonderen Verpflichtungen der Landesregierung. Im Koa
litionsvertrag haben die Koalitionsparteien sich dazu bekannt, das Wissen um die einzigartigen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur im Bewusstsein der Menschen zu bewahren und weiterzutragen.
Die Ereignisse in Pretzien haben uns jüngst vor Augen geführt, wie wichtig diese Aufgabe ist. Es sind die Feinde der Demokratie, die die Erinnerung an den Leidensweg von Anne Frank und ihrer Familie aus dem kollektiven Gedächtnis löschen wollen. Es darf und es wird ihnen nicht gelingen!
Zu ihrer Verpflichtung steht die Landesregierung auch in Bezug auf das ehemalige Konzentrationslager Lichtenburg. Das bedeutet, die Gedenkstätte entsprechend dem Gedenkstättenstiftungsgesetz in die Trägerschaft des Landes zu überführen.
Für viele Menschen ist es angesichts der Thematik der Gräuel der NS-Herrschaft nicht nachvollziehbar, wenn Auseinandersetzungen über profane Details einer immobilienrechtlichen Klärung zwischen Bund und Land oder über die Finanzierung der Gedenkstätte geführt werden. Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen diese Klärungsarbeiten geleistet werden. Wir können eine Gedenkstätte nicht zum Nulltarif führen. Eine wissenschaftlich fundierte, dokumentarische und didaktische Konzeption muss ebenso solide finanziert werden wie die notwendigen Baumaßnahmen. Deshalb kann der Termin für die Übernahme der Gedenkstätte seriöserweise erst für das kommende Jahr oder möglicherweise erst zum Ende des kommenden Jahres eingeplant werden.
Ich halte es nicht für sehr redlich, der Landesregierung zu unterstellen, an dieser Stelle absichtlich verzögernd zu wirken. Auch der Vorwurf, es bestünde keine ausreichende Bereitschaft zur Übernahme in die Landesträgerschaft, ist durch nichts zu belegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die verbleibende Zeit müssen und werden wir konstruktiv nutzen, um die Vertragsverhandlungen mit dem Bund endgültig abzuschließen und die Gedenkstätte im Landeshaushalt solide abzusichern. In den Haushaltsberatungen für die kommenden Jahre müssen wir diese Aufgabe und damit diese Ausgabe berücksichtigen.
Es gibt eine ganze Reihe offener Fragen, so - das ist angesprochen worden - die Bestandsgarantie für die Gedenkstätte. Der Bund will nur für fünf Jahre eine Unterstützung geben und diese vertraglich vereinbaren. Wir halten das im Interesse des dauerhaften Erhaltes dieser Gedenkstätte für nicht hinnehmbar. Die Herrichtung des Werkstattkomplexes muss wirtschaftlich und damit finanziell gesichert sein, ebenso die Schaffung der notwendigen Infrastruktur.
Bezüglich der Haushaltsmittel zur Betreibung einer solchen Gedenkstätte, was Personal- und Sachkosten angeht, muss man nicht sehr viel erläutern. Dies ist im Landeshaushalt abzusichern, aber wir müssen es dann auch im Landeshaushalt absichern.
Ich bin sehr gern bereit, über die Details und auch über den derzeitigen Sachstand zu den Verhandlungen mit dem Bund im zuständigen Ausschuss zu berichten. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Im Ergebnis der 2. Lichtenburg-Konferenz am 16. Juni 2006 wurde die Priorität der Lichtenburg als Gedenkstätte nochmals bekräftigt und hervorgehoben. Dort ist die Aufnahme der Lichtenburg in die Landesstiftung am 22. März 2006 durch die Opferverbände und die Anwesenden mit großer Freude aufgenommen worden.
Der Konsens aller Beteiligten war aber, lieber eine kleine Gedenkstätte und damit eine realisierbare als etwas, was nicht realisierbar ist. An dieser Stelle erinnere ich an die Diskussion über die Kosten und daran, dass die „kleine“ Variante ca. 1 Million € kostet, während das Gesamtkonzept der Lichtenburg einschließlich der Schlosssanierung Kosten von ca. 40 Millionen € umfassen sollte. Stattdessen sollte die Gedenkstätte mit Leben erfüllt werden, um den Jugendlichen zugänglich zu bleiben, um dort an den Holocaust und an die damit verbundenen unsäglichen Qualen der dort leidenden Menschen zu erinnern.
Durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist dem Land ein Angebot unterbreitet worden - mit einer Laufzeit von fünf Jahren -, entsprechend tätig zu werden. Durch die Opferverbände ist diese Zeit als viel zu kurz kritisiert worden. Die Verhandlungen des MI haben bis zum heutigen Zeitpunkt leider noch keine greifbaren Ergebnisse gebracht, um eine schnelle Lösung herbeizuführen. Der Minister hat es gerade ausgeführt.
Aufgrund der Vielschichtigkeit der dargelegten Probleme und der sicherlich damit verbundenen schnellen Lösung halten wir als CDU-Fraktion es für zweckmäßig, dies in den Ausschuss für Inneres zu überweisen, um dort noch einmal abzuklären, welche Hilfe möglich wäre. - Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Bommersbach. Das war Ihre erste Rede hier im Landtag. Herzlichen Glückwunsch! Wir hoffen auf viele weitere kurzen Reden.
Herr Präsident, wenn Sie befehlen, kurze Reden zu halten, will ich dem gern nachkommen. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich trotz des ernsten Themas, vielleicht auch mit einem Blick auf die Tribüne, mit einer flapsigen Bemerkung beginnen: Kollege Gärtner ging, die Lichtenburg bleibt. So ist also heute das Thema KZ-Gedenkstätte Lichtenburg erneut von der Linkspartei.PDS in das Hohe Haus eingebracht worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben gemeinsam die Lichtenburg unter der Prämisse im Gedenkstättenstiftungsgesetz verankert, dass sie nach den Verhandlungen mit dem Bund in Landesträgerschaft über
führt werden kann, damit sie dauerhaft erhalten bleibt. Das ist auch weiterhin das Ziel, das wir alle verfolgen sollten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir glauben daran, dass man den Verhandlungsführern die Zeit geben muss, die sie benötigen, um die Verhandlungen vernünftig zu beenden. Ich glaube auch - das hat der Minister schon für sich in Anspruch genommen und ich traue ihm da voll und ganz -, dass die Landesregierung diese Verhandlungen nicht verschleppen wird, dass diese Verhandlungen mit dem Bund aber eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden. Aber das Bekenntnis zur Lichtenburg und zu ihrer Übernahme in die Gedenkstättenstiftung bleibt nach wie vor gültig und wird auch umgesetzt.
Auf den Zeitpunkt, Frau Kollegin Tiedge, hat Kollege Rothe in seiner Zwischenfrage Bezug genommen. Wenn die Gedenkstättenstiftung am 1. Januar 2007 ihre Arbeit aufnimmt, zwingt uns niemand, die Lichtenburg tatsächlich auch zu diesem Zeitpunkt aufzunehmen. Wir nehmen sie jederzeit gern auf. Wenn das zum 1. Januar 2007 passieren kann, ist es gut. Wenn es später passiert, ist es aber genauso gut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss. Der Antrag der Linkspartei.PDS findet nicht unsere Zustimmung. Wir haben Ihnen aber einen Alternativantrag vorgelegt, der, glaube ich, der Intention, dass wir uns im Ausschuss für Inneres weiter darüber unterhalten und uns berichten lassen, wie der Stand der Verhandlungen ist, entgegenkommt. Ich werbe dafür, dass Sie den Alternativantrag der FDP-Fraktion annehmen und dass wir dann im Ausschuss über den Fortgang der Verhandlungen zur Lichtenburg unterrichtet werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war in der Tat ein weiter Weg, den das Land gegangen ist, bis am 16. Februar 2006 der Landtag das Gedenkstättenstiftungsgesetz beschlossen hat. Letztlich ist das fraktionsübergreifend in der damals schon schwierigen Situation gelungen. Das wurde von den Vorrednern bereits betont. Ich gehe davon aus, dass diese Einmütigkeit der Landtagsfraktionen - inzwischen in neuer Besetzung - diesem wichtigen Anliegen auch weiterhin die erforderliche Schubkraft verleihen wird.
Für meine Fraktion schicke ich voraus, dass wir den Antrag auf Überweisung in den Ausschuss stellen. Ich möchte diese Position auch begründen.
Die besondere überregionale Bedeutung dieses authentischen Gedenkortes mit dem historischen und gesellschaftlichen Schwerpunkt steht dabei völlig außer Frage. Ich beziehe mich auf die aktuellen Sachverhalte.
In der Veranstaltung am 16. Juni 2006, also vor kurzer Zeit, wurden, einer Einladung zur 2. Lichtenburg-Konferenz folgend, die Aktivitäten zum Erhalt und zur weiteren Ausgestaltung des Lagerkomplexes KZ Lichtenburg benannt. Dabei rückte das Problem der Übernahme der Trägerschaft durch das Land in den Vordergrund. Der
eingeladene Vertreter der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zog sich auf die Position zurück, der Bund habe dem Land Ende vorigen Jahres den Entwurf eines Nutzungsvertrages für die Werkstatt und den Bunker zugearbeitet, jedoch bis dato keine Reaktion vom Land dazu erhalten.
Zu diesem Vorwurf konnte die anwesende Vertreterin des Landesverwaltungsamtes aufklärend Stellung nehmen. Ich denke, das war auch wichtig. Sie schilderte, dass das vorgesehene Nutzungsverhältnis automatisch mit der Veräußerung an einen Investor enden soll. Es gab also an diesem Tag widersprüchliche Angaben, die einer Klärung bedürfen. Es sind somit offene Aspekte, die in kleinen Lösungsschritten zum Ziel führen sollten.