Protocol of the Session on July 6, 2006

Ich danke Ihnen an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Diskussion, die wir im Verkehrsausschuss und auch im Finanzausschuss haben werden. Dort können wir die weiteren Fragen, die noch anstehen, vertiefend beraten. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke, Herr Doege. - Für die Linkspartei.PDS spricht der Abgeordnete Herr Heft. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich erst einmal ausdrücklich bei Herrn Minister für seine Ansprüche an die Standards der Ausstattung der Fahrzeuge und auch für seine deutlichen Worte zur Daseinsvorsorge.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS und bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der FDP befasst sich unter dem Strich mit dem Beschluss des Bundesrates vom 16. Juni 2006. In einer Reihe weiterer Gesetzesänderungen vor allem im Bereich der Sozialgesetzbücher und der Umsetzung der Versicherungssteuer wird durch das Haushaltsbegleitgesetz 2006 von der Bundesregierung die Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung in der Öffentlichkeit dargestellt.

Tatsache ist jedoch - das lässt sich überall nachlesen -, dass sich dieses Haushaltsbegleitgesetz 2006 nahtlos in die Reihe der von den Bundesregierungen spätestens seit dem Jahr 1998 praktizierten immer offeneren und dreisteren Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums hin zu den Vermögenden einfügt. Statt durch Anreize zur Erhöhung der Kaufkraft der Menschen Impulse für die regionale Wirtschaft zu setzen und damit den größten Binnenmarkt Europas zu stärken, vollzieht sich ein weiterer Akt sozialer Kälte.

In den das Haushaltsbegleitgesetz begleitenden Debatten hat der öffentliche Personennahverkehr, meine Damen und Herren von der Opposition, so gut wie keine Rolle gespielt. Auch bei Ihnen drehte sich die gesamte Debatte zum Haushaltsbegleitgesetz fast ausschließlich um die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Daher verwundert es schon ein wenig, dass hier und heute nun einseitig Teile des ÖPNV zur Debatte stehen. Trotzdem werden wir Ihrem Antrag vorbehaltlos zustimmen.

(Oh! bei der FDP - Zustimmung von Herrn Kley, FDP, und von Herrn Prof. Dr. Paqué, FDP)

Dagegen widerspricht der vorliegende Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen dem allen bekannten Koalitionsvertrag. Ich darf zitieren, Herr Schröder:

„Ziel der Koalition ist es, einen ausgewogenen Mix aller Verkehrsträger zu organisieren. Damit verbunden“

- hier liegt der Knackpunkt -

„will die Koalition eine Verlagerung der Verkehrsströme auf Schienen- und Wasserwege erreichen.“

Genau das ist nicht Gegenstand Ihres Antrages.

Kritisch muss bei dem vorliegenden Änderungsantrag hinterfragt werden, welche Trägerschaft Sie bei dieser Form der Änderung des Antrages der FDP-Fraktion wollen. Sollen die Busverkehre von den Landkreisen getragen werden? Dann ist das genau das falsche Signal. Ist dagegen das Land bereit, Herr Minister Daehre, tatsächlich aus den Regionalisierungsmitteln diese Busverkehre mit zu finanzieren, werden wir im Ausschuss gemeinsam über die Problematik reden.

Unter dem Strich - Herr Wolpert, damit gehe ich ein Stückchen weiter als Sie in Ihrem Beitrag; ich betrachte auch noch den Zeitraum bis zum Jahr 2010 - reden wir über finanzielle Mittel im Umfang von ca. 140 bis 165 Millionen €. Die Allianz Pro Schiene - Sie haben es zitiert - rechnet relativ spitz mit 165 Millionen €; andere rechnen etwas vorsichtiger mit 140 Millionen € in dem nächsten mittelfristigen Planungszeitraum - 140 bis 165 Millionen €, die die Bundesregierung zulasten des Landes SachsenAnhalt und vor allem dessen Einwohnern, welche auf ein gut funktionierendes System des öffentlichen Personennahverkehrs angewiesen sind, nicht zur Verfügung stellt.

Was wir an dieser Stelle brauchen, meine Damen und Herren, ist eine Betrachtung des öffentlichen Personen

nahverkehrs als System, als System des Schienenpersonennahverkehrs und des straßengebundenen Nahverkehrs.

Insofern noch ein zweiter Punkt: Wir brauchen keine Betrachtung der Kosten, sondern wir brauchen die Betrachtung des öffentlichen Personennahverkehrs in seinem System aus der Sicht des Nutzens. Insofern, Herr Wolpert, greift Ihr Antrag etwas zu kurz, denn er enthält de facto nur die verkehrspolitische Komponente. Er hat jedoch sehr wohl auch eine finanzpolitische Dimension. Diese dürfen wir hierbei nicht außer Acht lassen. Sie ist eigentlich schon angesprochen, aber nie ausgesprochen worden.

In diesem Zusammenhang ist auch die Antwort der Landesregierung von Interesse, inwieweit sie für die Menschen in diesem Land eintritt, weshalb sie das Haushaltsbegleitgesetz am 16. Juni 2006 nicht abgelehnt hat. Genau an dieser Stelle ist der Änderungsantrag der Koalition nicht ehrlich.

Unbestritten wird es möglich sein, einen Teil der oben genannten Mindereinnahmen im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs zu kompensieren. Was aber wäre möglich, wenn uns diese von mir genannten 140 bis 165 Millionen € zusätzlich zur Verfügung stünden?

Ein flächendeckender Schienenpersonennahverkehr selbst genügt nicht. Bahnhöfe sind nun einmal nicht das Ziel der Menschen in diesem Land. Die Menschen haben ihr Ziel in den Einrichtungen, in ihren Wohnungen, in ihren Häusern.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen und noch einmal den Koalitionsvertrag zitieren:

„Der öffentliche Straßenpersonennahverkehr und der Schienenpersonennahverkehr sollen besser vernetzt, flexible Bedienungsformen intensiver genutzt und die Anbindung von Gewerbegebieten verbessert werden.“

In diesem Kontext betrachten wir den Antrag der Fraktion der FDP und werden ihm aus diesem Grund auch zustimmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr, Herr Heft. - Für die CDU-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Rotzsch. Zuvor wollen wir Schülerinnen und Schüler des Hauptmann-Gymnasiums Wernigerode begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Landtag liegen zu diesem Tagesordnungspunkt zwei Anträge zur Entscheidung vor, die im Grunde genommen auf die gleiche Fragestellung abzielen: Welche Auswirkung hat die Kürzung der Regionalisierungsmittel des Bundes für den öffentlichen Personennahverkehr in Sachsen-Anhalt? Welche Kürzungen auf das Land zukommen werden, wurde bereits von Herrn Minister Dr. Daehre in seiner Rede ausführlich beschrieben. Die Einsparung von 5,197 Millionen € im Jahr 2006 und von 27,809 Millionen € im Jahr 2007 sind erhebliche Einschnitte, auch wenn die zunächst geplanten Kürzungen reduziert werden konnten.

Trotz dieser Kürzung der Regionalisierungsmittel ist es nach der Auffassung der CDU-Fraktion - hierin besteht ja fraktionsübergreifend Einigkeit - weiterhin notwendig und erforderlich, eine bedarfsgerechte ÖPNV-Bedienung für alle Bevölkerungsgruppen und für alle Regionen unseres Landes mit einem vertretbaren Kostenaufwand zu gewährleisten. Das bedeutet jedoch gleichzeitig, durch eine intensive Kostenoptimierung und eine Angebotsanpassung auf entsprechende Nachfragebedürfnisse im öffentlichen Personennahverkehr Kosten zu sparen.

Die Landesregierung hat mit dem ÖPNV-Plan des Landes, der auf eine landesweit koordinierte Verkehrsgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs als Verkehrsträgermix abzielt, bereits eine gute Vorarbeit geleistet, um auf die veränderten demografischen Rahmenbedingungen und die sich verengenden Finanzierungsspielräume zu reagieren. Dieser Weg sollte konsequent weiter verfolgt werden; denn nur der gleichberechtigte, wirtschaftlich sinnvolle Einsatz von Bahn und Bus sowie flexiblen Bedienformen ist zielführend. Andere Möglichkeiten, auf die Kürzung der Regionalisierungsmittel zu reagieren, wie zum Beispiel der Rückzug des öffentlichen Personennahverkehrs aus der Fläche oder Fahrpreiserhöhungen, können keine Lösung sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der öffentliche Personennahverkehr ist für die CDU-Fraktion - auch hierin beseht fraktionsübergreifend Einigkeit - ein Teil der Daseinsvorsorge - das haben wir ausdrücklich im ÖPNV-Gesetz definiert - und gehört deshalb nicht einfach in den großen Subventionstopf. Dies muss gegenüber der Bundesregierung nochmals klargestellt werden.

Insoweit begründet sich auch der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD. Der öffentliche Personennahverkehr wird auch künftig nicht kostendeckend zu betreiben sein. Daher bleibt er insbesondere im Schienenpersonennahverkehr auf öffentliche Mittel angewiesen.

In diesem Sinne soll die Landesregierung im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr ausführlich über die Kürzung der Regionalisierungsmittel und die damit verbundenen erforderlichen Anpassungen berichten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich Sie bitte, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, möchte auch ich noch einmal das aufgreifen, was Minister Dr. Daehre zu Beginn gesagt hat, und schaue speziell zur FDP.

Ich kann mich noch erinnern: Im Jahr 2002, als es um 13 Streckenabbestellungen im Land ging, haben wir im Plenarsaal gestanden und uns heftigen Diskussionen ausgesetzt. Damals hat die FDP-Fraktion gesagt, dass es notwendige Maßnahmen seien, um weitere finanzielle Lasten vom Land abzuwenden, und sie fänden es vertretbar, vernünftig und sogar unumgänglich.

Deshalb finde ich, wie es auch Herr Doege und Herr Daehre gesagt haben, dass es Ihnen sicherlich nicht um den Inhalt dieses Themas ging, sondern dass Sie die Mehrwertsteuererhöhung noch einmal extra betonen wollten. Ich sehe, dass Sie sich in der Rolle der Opposition schon recht wohl fühlen.

(Herr Miesterfeld, SPD: So soll es bleiben!)

In diesem Sinne: Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

(Beifall bei der CDU)

Frau Rotzsch, würden Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Kosmehl beantworten? - Herr Kosmehl, bitte sehr.

Frau Kollegin Rotzsch, zu Ihrer letzten Bemerkung. Wenn Sie den Antrag der FDP-Fraktion einmal näher betrachten, werden Sie feststellen, dass es uns einfach darum geht, eine Darstellung der Landesregierung im Ausschuss zu erhalten, wie man die für Sachsen-Anhalt beschlossenen Kürzungen umsetzen kann. Das heißt nicht, dass wir uns von unserer Position von vor drei oder vier Jahren entfernen würden; vielmehr geht es um die Frage, wie wir mit den Kürzungen umgehen. Dabei ist es doch legitim, dass die Landesregierung dieses berichtet, damit wir dann gemeinsam entscheiden können, wie wir vorgehen.

Ich glaube, dass Sie aus dem Antragstext nicht herauslesen können, dass wir unsere Meinung geändert haben, nur weil wir in der Opposition sind.

Richtig, aber aus der Rede von Herrn Wolpert. Ich wollte Sie nur noch einmal daran erinnern - damit Sie es nicht vergessen -, was Sie im Jahr 2002 gesagt haben.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Jetzt hat Herr Wolpert die Möglichkeit zu erwidern.

Ich finde es ein bisschen schade. Ich dachte, ich hätte nicht genuschelt. - Ich habe es noch einmal überschlagen bei der Mehrwertsteuer. Das ist ein Punkt, der erwähnt werden muss, weil die mündliche Zusage von über 500 Millionen € zur Reduzierung der Kürzung als Kompensation der Gegenstand des Deals ist. Das ist keine populistische Schreierei. Wenn Sie genau hingehört haben, hätten Sie festgestellt - ich habe es ausgerechnet -, dass sich 4 % meiner Rede auf die Mehrwertsteuer bezogen.

(Minister Herr Dr. Daehre: Und 3 % beträgt sie!)

- 3 % beträgt die Mehrwertsteuererhöhung. Ich hoffe, Sie haben es nicht auf meine Rede bezogen.

Nun zu Ihnen, Herr Minister. Ich weiß, getroffene Hunde bellen - was die Mehrwertsteuer betrifft. Aber ich fahre mit der Bahn. Ich fahre, mit wenigen Ausnahmen, jedes Mal mit der Bahn hierher. Ich weiß das auch zu schätzen. Ich weiß bei solchem Wetter auch eine Klimaanlage zu schätzen, sofern sie funktioniert.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)