Mir ist einfach nur wichtig, kurz zu benennen, dass das sehr oft in fraktionsübergreifendem Einvernehmen und vor allem im Konsens zwischen Landesregierung und Koalitionsfraktionen geschehen ist. Das betrifft zum Beispiel das Stimmrecht für den Schulträger in der Gesamtkonferenz. Darin sind wir uns schnell einig geworden. Es betrifft auch die Wahl des Landesschülerrates. Es ist eine Neuregelung, die wesentlich mehr Autonomie in die Schulen trägt und vor allem den Schülerinnen und Schülern selbst die Möglichkeit eröffnet, bei der Wahl des Schülersprechers der Schule unter verschiedenen Optionen diejenige zu wählen, die ihnen angemessen ist.
Wir haben keinen Konsens in Bezug auf das Stichwort Drittelparität. Ich will in kurzen Worten sagen, warum auch ich diesem Projekt skeptisch gegenüberstehe. Ich
glaube, es kann nicht sein, dass man einen Minderheitenstatus für diejenigen etabliert, die professionell und im Übrigen auch staatlich die Verantwortung für gelingende Schule tragen. Es gibt sicherlich keine Organisation auf der Welt, die die Handlungstüchtigkeit oder Handlungsfähigkeit ihrer eigenen Experten einschränkt. Abgesehen davon, wenn wir von pädagogischen Kompetenzzentren reden, dann müssen die Lehrerinnen und Lehrer und die Schulleitung bei wirklich maßgeblichen Entscheidungen auch das Entscheidungsrecht haben und dürfen nicht überstimmbar sein.
Man muss auch über die Folgeverantwortung für Entscheidungen nicht zuletzt im rechtlichen Sinne nachdenken; denn minderjährigen Schülerinnen und Schülern kann man die Verantwortung für die Folgen einer Entscheidung gar nicht auferlegen, im Übrigen auch den Eltern nicht, weil sie in keinem Beschäftigungsverhältnis und in keinem unmittelbaren Verantwortungsverhältnis zur Schule stehen.
Wir hatten schließlich als einen weiteren Punkt die Notwendigkeit einer Regelung zum Ausschluss der Finanzhilfe für Schülerinnen und Schüler, die ohnehin aus öffentlichen Mitteln gefördert werden. Das hängt einfach damit zusammen, dass das Verwaltungsgericht in einer Entscheidung vom 5. März 2008 festgestellt hat, dass der § 18 Abs. 4 des Schulgesetzes staatliche Zuschüsse nur in insoweit ausschließt, wie der Ersatzschule ein Anspruch auf anderweitige öffentliche Finanzhilfe zusteht. Es soll jetzt so gemacht werden, dass ein normativer Anknüpfungspunkt für den Ausschluss der Finanzhilfe für diejenigen Schülerinnen und Schüler im Gesetz eingebracht wird, die bereits aus anderen öffentlichen Quellen gefördert werden. Das soll sozusagen geheilt werden.
Der letzte Punkt. Es wird sicherlich auch eine Diskussion darüber geben, ob man den Paragrafen ausdehnt, der sich mit der Zusammenarbeit von Schulen unterschiedlicher Bildungsgänge unter einem Dach im Falle der Hochbegabtenförderung beschäftigt. Ich habe zwar Verständnis dafür, dass man sozusagen „by the way“ die Grundsatzfrage der Gliederung des Schulsystems dort mit erörtern will.
Hier hatten wir aber eine ganz pragmatische, auf ein konkretes Problem bezogene Lösung vorgeschlagen und im Gesetz verankert, sodass ich Ihnen gern raten würde, diese konkrete Problemlösung, diesen konkreten Anlass nicht mit einer Debatte über Grundsatzfragen der Gliederung des Systems zu belasten. Damit würden wir diese Lösung, die wir unmittelbar brauchen, unendlich erschweren und unter Umständen sogar unmöglich machen.
Deswegen sollte man, denke ich, diese Dinge getrennt erörtern. Das ist ein weiterer Grund dafür, weshalb ich aus der Sicht der Landesregierung diesem Vorstoß nicht zustimmen würde, wenn ich Stimmrecht bei Ihnen hätte. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen jetzt zu der Fünfminutendebatte. Als erster Debattenrednerin erteile ich der Abgeordneten Frau Fiedler von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Tür für Änderungen des Schulgesetzes ist seit Dezember 2007 offen. Durch die beantragte Rücküberweisung der Beschlussempfehlung an den Ausschuss bleibt sie weiter geöffnet.
Unser Änderungsantrag in Drs. 5/1032, den Sie bereits seit der ersten Lesung kennen - Herr Dr. Schellenberger hat ihn erwähnt -, betrifft die Schülerbeförderung. Uns geht es dabei darum, mehr Chancengleichheit beim Bildungszugang durch eine Neuregelung der Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II herzustellen.
Wir haben diesen Änderungsantrag als einzigen schon bei der ersten Lesung eingebracht, weil wir in diesem Punkt großen Handlungsbedarf und Eilbedürftigkeit sahen und auch immer noch sehen. Wir hätten damals natürlich wesentlich mehr Anträge einbringen können - uns wäre da bestimmt eine ganze Reihe eingefallen -, haben aber darauf verzichtet, weil wir glaubten, dass dieser Gesetzentwurf möglichst schnell über die Bühne gebracht werden sollte und um das gesamte Gesetzgebungsverfahren nicht zu erschweren und in die Länge zu ziehen. Unser Schulgesetzentwurf liegt der Öffentlichkeit vor; darin können Sie nachlesen, was noch alles von uns hätte kommen können. Wir denken aber, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung möglichst bald zum Abschluss kommen sollten.
Unsere anderen Änderungsanträge bringen wir heute, einem Rat des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes folgend, in das Plenum ein. In ihnen haben wir lediglich Dinge angefasst, die die Koalition bereits von sich aus ins Gespräch gebracht hatte. Wir bitten, diese Anträge, obwohl jetzt schon einiges zu ihnen gesagt worden ist, gemeinsam mit der Beschlussempfehlung und dem anderen Änderungsantrag in den Ausschuss zurückzuüberweisen.
Bei dem Änderungsantrag in Drs. 5/1286 geht es um einen Sachverhalt, den Sie in der Beschlussempfehlung unter Nr. 9/1 finden, nämlich um die Zusammensetzung der Gesamtkonferenz. Sie wissen, dass die Gesamtkonferenz einer Schule Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe bei der Realisierung aller wesentlichen Angelegenheiten der Schule regelt, die ein Zusammenwirken von Lehrkräften, Eltern und Schülern erfordern.
Zurzeit stellen - das hat der Herr Minister eben schon gesagt - die Lehrkräfte 50 % der Mitglieder mit Stimmrecht, Eltern und Schüler zu gleichen Teilen die andere Hälfte. Diese Zusammensetzung beruht auf der Position, dass die Lehrkräfte aufgrund ihres Anstellungsverhältnisses verantwortlich sind. Das alles ist für uns einleuchtend. Damit sind sie auch verantwortlich für den Erfolg oder Misserfolg von Schule. Das müsste schließlich auch in der Zusammensetzung der Gesamtkonferenz zum Ausdruck kommen.
Unsere Position beruht darauf, dass die demokratische Teilhabe von Eltern und Schülern die so genannte Drittelparität braucht, ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder der Gesamtkonferenz sollte also von den Lehrkräften, ein Drittel von den Schülern und ein Drittel von den Erziehungsberechtigten gestellt werden. Sicher steht und fällt mit dem Lehrer der Erfolg von Schule. Aber es sind doch die Schüler und damit auch ihre Eltern, deren Lebensqualität vom hohen oder minder hohen Bildungserfolg abhängt.
Nun könnte man fragen: Wer ist im Bildungsprozess wichtiger, die Schüler, die Erziehungsberechtigten, die Lehrer?
Es gibt in § 27 des Schulgesetzes einen Satz, den ich gern zitieren möchte: „Die Konferenzen haben dabei“ - bei ihrer Beschlussfassung - „auf die pädagogische Freiheit und Verantwortung der Lehrerin oder des Lehrers … Rücksicht zu nehmen.“ Ich finde, da ist die besondere Rolle der Lehrkräfte schon berücksichtigt.
Das Wesen der Drittelparität liegt unserer Meinung nach gerade darin begründet, dass nicht eine Gruppe der an Schulbildung Beteiligten von vornherein die Mehrheit hat, sondern dass sie die anderen beiden Gruppen überzeugen muss, dass ihre Ziele vernünftig sind. Ich bitte Sie also, diesen Antrag mit in den Ausschuss zu überweisen.
Der Änderungsantrag in Drs. 5/1285 berührt Nr. 4 der Beschlussempfehlung. Da geht es um organisatorische Zusammenschlüsse von Schulen. Hier geht es uns beileibe nicht um eine Grundsatzdebatte zur Schulstruktur, wie Sie, Herr Minister, eben vermuteten, sondern darum, dass diese organisatorischen Zusammenschlüsse nicht nur zwischen Schulen mit musischem oder sportlichem Schwerpunkt, sondern bei allen Schulen möglich sein sollten, zum einen um ein ausgewogenes allgemeines Bildungsangebot vor Ort in guter Qualität und wirtschaftlich vertretbar vorhalten zu können, zum anderen auch für eine erfolgreiche Begabungsförderung, wenn das regional oder inhaltlich erforderlich ist.
Ich bitte Sie deshalb, die beiden Anträge, die ich Ihnen kurz vorgestellt habe, in den Ausschuss zurückzuüberweisen, damit wir sie dort noch einmal besprechen können. - Danke schön.
Vielen Dank. - Als nächste Rednerin erhält die Abgeordnete Frau Mittendorf von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Mittendorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Schellenberger und der Minister haben bereits ausführlich dargestellt, warum die Koalitionsfraktionen es für notwendig erachten, mit dem Schulgesetzentwurf noch einmal in den Landtag zu gehen. Es gibt aktuelle Entwicklungen, die sich im Rahmen der Beratungen herausgestellt haben. Um der Rechtssicherheit willen muss das Zweilesungsprinzip eingehalten werden; die Änderungsanträge müssen hier eingebracht und der Gesetzentwurf an den Ausschuss zurücküberwiesen werden.
Ich will nicht all das wiederholen, was meine Vorredner gesagt haben, aber drei, vier kurze Sätze zu den einzelnen Punkten sagen.
Es ist klar, dass wir aufgrund des Gerichtsurteils von diesem Jahr, das die Finanzierung von Bildungsgängen betrifft, die schon durch andere öffentliche Träger finanziert werden, im Schulgesetz Klarheit schaffen müssen, damit daraus nicht irgendwelche Doppelansprüche entstehen. Das wäre dem Land nicht zuzumuten. Um das zu regeln, muss eine Änderung in § 18 vorgenommen
Zweitens geht es um die Abstimmungen in der Gesamtkonferenz. In § 29 Abs. 1 steht, welche Mitglieder stimmberechtigt sind und welche nicht. Wir greifen jetzt eine Forderung auf, die uns in den Diskussionen über Veränderungen bei der Schulaufsicht immer wieder entgegengebracht wird. Viele Dinge, die in den Schulen in den Gesamtkonferenzen entschieden werden, betreffen auch den Schulträger stark. Der Schulträger sitzt zwar in der Gesamtkonferenz, hat aber nur eine beratende Stimme. Ich finde es mittel- und langfristig, vor allem wenn wir mehr Autonomie der Schulen wollen, durchaus richtig, dass auch der Schulträger dort ein Stimmrecht bekommt. Das wollen wir ihm geben.
Auch beim dritten Punkt geht es um mehr Demokratie und Autonomie in der Schule. Im Rahmen der Verhandlungen über die Schulgesetznovelle haben wir Gespräche mit Schülervertreterinnen und -vertretern geführt und haben festgestellt, dass die bisherige Regelung im Schulgesetz über die Wahl des Schülersprechers nur eine Möglichkeit vorsah. Es war ganz interessant, dass die jungen Leute Möglichkeiten bis hin zur Urwahl einer Schülersprecherin oder eines Schülersprechers gefordert haben. Wir haben das aufgegriffen und werden jetzt mehrere Optionen anbieten, wie eine Schülersprecherin oder ein Schülersprecher gewählt werden kann. Darüber soll dann der Schülerrat der einzelnen Schule entscheiden.
Ich glaube, diese drei Dinge sind wirklich nicht unbedeutend. Deshalb werden sie heute noch einmal ins Plenum eingebracht.
Ich will auf meine Vorrednerin noch einmal kurz eingehen. Natürlich gibt es bei den Änderungsanträgen, die Sie einbringen, aus unserer Sicht durchaus interessante und diskussionswürdige Aspekte, denen man sich an vielen Stellen nicht verschließen kann. Aber wie das im Leben so ist: Nicht alles ist zu einem bestimmten Zeitpunkt machbar. Wir werden aber auf jeden Fall der Überweisung dieser beiden Änderungsanträge in den Ausschuss zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Frau Mittendorf. - Nun erteile ich Herrn Kley von der FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kley.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten bereits zu früheren Zeiten geäußert, dass wir die Verabschiedung dieses Gesetzes als dringend geboten betrachten, und zwar nicht das, worum es jetzt geht. Vielmehr ist im Wesentlichen die Frage der Finanzierung von Ersatzschulen, von Schulen in freier Trägerschaft endlich zu klären. Ich bedauere es außerordentlich, dass bis zum heutigen Tag ein Gesetz, welches rückwirkend bis zur Mitte des vorigen Jahres gelten soll, nicht zur Verabschiedung gelangt ist, weil sich die Koalition offensichtlich noch nicht einigen konnte, wie in diesem Punkt zu verfahren ist.
Ebenso ist vom Ausschussvorsitzenden die Frage der Zweitkorrektur angesprochen worden, die im Rahmen der Anhörung eine wesentliche Rolle einnahm. In diesem Punkt konnte man bisher zwar erste Vorschläge
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass man stattdessen nun über den Schülersprecher diskutiert, mag ein interessantes Thema am Rande sein; aber ob das etwas ist, was eine Gesetzesänderung erforderlich gemacht hat, muss bezweifelt werden. Wie das Problem des Schülersprechers nun gelöst wird, nämlich durch die Möglichkeit der Urwahl, des amerikanischen Wahlkampfes in den Schulen, die wir alle aus diesen beliebten Kindersendungen kennen - - Ob dies das Ziel dieser Landesregierung und dieser Koalition sein sollte, mag bezweifelt werden. Ich glaube, an dieser Stelle ist etwas mehr Seriosität im Schulleben durchaus sinnvoll.
Nichtsdestotrotz werden wir auch an dieser Stelle der Ausschussüberweisung zustimmen. Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass es auch einer Überweisung in den Finanzausschuss bedarf. Laut Geschäftsordnung des Landtages ist dieser mit einzubeziehen, sofern - das erwarte ich - bei der Frage der Finanzierung der Ersatzschulen etwas Bewegung hineinkommt. Im Übrigen ist dieses Thema insgesamt dort durchaus erwähnenswert.
Damit - das bedauere ich außerordentlich - wird es schwierig sein, dieses Gesetz noch bis zur Sommerpause zu verabschieden. Ich glaube, zumal die Vorbesprechungen der Koalition bislang nicht zielführend waren, dass wir - das ist eigentlich ein unhaltbarer Zustand - unsere freien Träger weiterhin werden vertrösten müssen. An dieser Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, empfehle ich Ihnen einen Blick in Ihre Koalitionsvereinbarung, in der Sie von einer besonderen Förderung der Schulen in freier Trägerschaft sprachen. Dieses scheint offensichtlich nur Wortgeklingel gewesen zu sein. Lassen Sie den vielen Beschlüssen endlich auch Taten folgen und sorgen Sie mutig dafür, dass die Schullandschaft in Sachsen-Anhalt mit allen ihren Facetten die Chance hat, unsere Kinder vernünftig auszubilden. - Ich danke Ihnen.
Herr Kley, wir stimmen sicherlich darin überein, dass die Frage der Wahl der Schülersprecher nicht der zentrale Inhalt dieses Gesetzes ist und dass das auch nicht der Grund ist, warum dieses Gesetz eingebracht wird. Aber meinen Sie nicht, dass es, wenn man aus der Bevölkerung, in diesem Fall von Schülerinnen und Schülern, einen Hinweis in Bezug auf Änderungs- oder Verbesserungsbedarf erhält, unsere Aufgabe ist, darauf einzu
gehen, das ernst zu nehmen, es nicht wegzuwischen und zu sagen, das ist unwichtig und interessiert uns nicht?
Es gab Schülerinnen und Schüler, die uns gebeten haben, uns darum zu kümmern, da sie mit der Regelung nicht zufrieden sind. Das haben wir versucht umzusetzen. Wo ist an dieser Stelle Ihr Problem?
Sehr geehrter Herr Graner, wenn Ihnen das Thema wichtig gewesen wäre, dann hätte es sicherlich einer intensiven Beratung im Ausschuss und vielleicht auch in der Anhörung bedurft. Da Sie aber den Antrag einbrachten und gleich verabschieden wollten, weil das sozusagen en passant passierte, zweifele ich an der Ernsthaftigkeit. Außerdem, so glaube ich, muss nicht jeder Vorschlag von 14-Jährigen in diesem Parlament umgesetzt werden. Deswegen sitzen hier erwachsene Männer und Frauen, um intensiv über Politik zu beraten.