Protocol of the Session on April 17, 2008

Im September 2007 gab es wieder eine Handreichung, wie denn das umzusetzen ist, und im Dezember 2007 möge man darüber Bericht erstatten.

(Herr Gürth, CDU: Das ist Unsinn! Das ist falsch!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier wurde viel Zeit verschenkt. Wenn wir im Umweltausschuss Berichte erhalten, dass man jetzt wieder intensiv dabei ist, die Bescheide abzuändern, dann zeigt das, dass eine lange Zeit ins Land gegangen ist und dass man jetzt langsam handelt, aber offensichtlich erst verursacht durch einen Fernsehbericht. Muss das sein? Ist es unbedingt notwendig, dass das Fernsehen hier recherchiert? Oder könnten nicht die Behörden längst tätig sein?

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, neben der Diskussion über die fehlerhaften Bescheide - - Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob das Bodenschutzrecht eingehalten wurde; es geht auch darum, dass Abfallschlüsselnummern genehmigt wurden, die offenkundig dort nicht hingehören. Der Abfall mit der Schlüsselnummer 19 12 12 - Reste aus Siebanlagen - hat nie in eine Ton- oder Kiesgrube gehört. Das sind offenkundig nicht allein mineralische Abfälle. Das sind Abfälle, bei denen ein hoher Organik-Anteil zu erwarten ist, zumal wenn man noch die Definition liest, dass es sich um Abfälle handelt, deren Einzelbestandteile kleiner als 40 mm sind. Also hier hätte man längst handeln müssen.

Dass das bekannt war, ist einem Schreiben der Bundesregierung zu entnehmen. Auf eine Anfrage im Bundestag hat die Bundesregierung geantwortet, dass die Frage der falschen Abfallschlüsselnummern den Ländern schon Anfang 2007 mitgeteilt wurde und der Bundesregierung auch zum damaligen Zeitpunkt Hinweise auf illegale Abfallentsorgung bekannt waren - also hier geht es nicht um fehlerhafte Bescheide, sondern um eine eindeutig illegale Abfallentsorgung - und dies den Ländern im Frühjahr 2007 mitgeteilt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bisher in keinem Bericht, den ich erhalten habe, etwas dazu gehört, dass man dem nachgegangen wäre. Das mag auch nicht erstaunen, wenn man sich die Kontrolltätigkeiten anschaut, zum Beispiel die Bilder in der Zeitung, wo zwei Kontrolleure über die Abdeckschicht der Deponie gehen und feststellen, dass in dieser Bodenschicht offenkundig keine Abfälle sind. Das ist erstaunlich. Oder jüngst dieser Fernsehbericht über die Deponie in Freyburg-Zeuchfeld, wo eine Begehung stattgefunden hatte und nichts festgestellt wurde. Da kommt ein Fernsehteam vorbei, fasst einmal kurz in den Boden und hat Abfall in der Hand, der auch nach Ansicht des Deponiebetreibers ohne jede Beprobung sofort als eine illegale Ablagerung erkannt wurde.

Meine Damen und Herren! Sind denn diese Kontrollen noch ernst zu nehmen und wie wurden sie in letzter Zeit durchgeführt? Schaut man einmal in den Bericht des Landesverwaltungsamtes zur Tätigkeit des Abfallbereiches im vorigen Jahr, so stellt man eine große Anzahl von Überprüfungen von Deponien fest. Aber davon waren nur 20 unangemeldet. Offenkundig bestand also auch kein großes Interesse daran, diesen Abfallströmen nachzugehen. Da muss eine Detektei aus Berlin Wagen verfolgen, um dann durch Fotos usw. Druck auszuüben, damit das Ganze entsprechend kontrolliert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bedenklich, wie langsam auch danach weiter gehandelt wurde. Wir erleben bis zum heutigen Tage, dass mehr über die

Zuständigkeit gestritten wurde, als dass Handlungen vollzogen wurden.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Hier ist die Frage: Muss das sein? Hätte nicht die Landesregierung das Ganze längst klären können? - Nach § 32 Abs. 3 des Abfallgesetzes des Landes SachsenAnhalts ist für die Entsorgung von Abfällen in Anlagen, die dem Bergrecht unterliegen, die Abfallbehörde zuständig. Jetzt kann man sich natürlich spitzfindig darüber streiten, ob es eine Entsorgung, Verwertung oder was auch immer ist. Aber ich bezweifle, dass der Gesetzgeber dieses zum damaligen Zeitpunkt meinte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Abfälle entstehen nicht durch eine bestimmte Art der Verwertung, Beseitigung oder was auch immer, sondern Abfälle entstehen beim Erzeuger. Wenn sich jemand Stoffen oder Dingen entledigen will, dann entsteht damit die Abfalleigenschaft. Ab diesem Zeitpunkt ist immer die Abfallbehörde zuständig. Deshalb ist auch die Frage der Definition der Abfälle und wie ich sie ablagern kann mithilfe von Entsorgungsnachweisen und Ähnlichem, dort zu klären und nicht festzustellen, dass eine Verwertung in einer dem Bergrecht unterliegenden Anlage nicht mehr den eigentlichen Abfallbegriff und die eigentliche Zuständigkeit betrifft.

Meine geehrten Damen und Herren! Hier kann man gerade auch im Interesse des Schutzes zukünftiger Generationen etwas mehr Ernsthaftigkeit erwarten. Wenn eine Anlage gefunden wird wie in Vehlitz, wo offenkundig Ausgasungen von Schwefelwasserstoff stattfinden, und die einzige Handlung ist, da ein bisschen Ton draufzumachen, damit es nicht weiter ausgast,

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

meine sehr geehrten Damen und Herren, dann wird hier eine Zeitbombe für zukünftige Generationen hinterlassen. Hier muss man ähnlich wie bei ordnungsgemäßen Deponien über die Wasser- und Gasfassung nachdenken und damit Gefährdungen ausschließen.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Es bedarf, glaube ich, einer grundlegenden Diskussion in diesem Raume und auch in anderen Gremien, um sich über die wahren langfristigen Gefährdungen der Umwelt klar zu werden. Wie gesagt, wir haben im Deponiebereich viel getan. Schauen Sie nach Magdeburg, wo im Rahmen der Buga aus einer Altdeponie durch eine hervorragende Nacharbeit, Abschluss und Ähnliches, ein begehbares Areal gemacht wurde. Dort hat man sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Aber niemand kann uns heute ernsthaft sagen, wie viel in den 200 Ton- und Kiesgruben in unserem Lande noch lagert. Die Beprobung, die dargestellt wurde, liefert ja auch keine aufschlussreicheren Ergebnisse.

Deshalb, meine sehr geehrte Damen und Herren, tut es dringend Not, auch mit den weiteren Behörden über diese Thematik zu diskutieren; denn es erschreckt schon, wenn der Landkreistag fordert, man möge ihm endlich diese Kontrollarbeit bezahlen, man möge ihm Geld dafür geben, dass diese Kontrollen an den einzelnen Stätten durchgeführt werden können.

(Herr Gürth, CDU: Das ist doch normal!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Aufgabe liegt seit Langem bei den unteren Abfallbehörden. Das

lässt zwei Schlüsse zu: Entweder wurde sie aus den verschiedensten Gründen nicht ernsthaft wahrgenommen oder es ist jetzt plötzlich ein erhöhter Prüfungsaufwand entstanden. Dann sollte man sich auch fragen, wie das kommt und wer der Veranlasser an dieser Stelle ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vollends auf den Kopf gestellt wird der Rechtsstaat wohl durch den Umstand, dass sich das Landesamt für Umweltschutz und die Staatsanwaltschaft gegenseitig vorschlagen, der jeweils andere möge doch die notwendigen 300 Sondierungen durchführen lassen, um eine Beweissicherung der illegalen Abfallentsorgung sicherzustellen.

Wenn das Geld fehlt, um Umweltstraftätern auf die Schliche zu kommen, dann muss eine deutliche Diskussion über den Haushalt und eine deutliche Diskussion über die Verantwortung geführt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es darf nicht am Geld scheitern, dass Gefahren für unsere Nachkommen ausgeschlossen werden.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Summa summarum, meine sehr geehrten Damen und Herren: Hier wird bis zum heutigen Tage noch vieles liegen gelassen. Bisher sind keine Antworten zum Beispiel auf die Frage erteilt worden, wo denn Siebanlagen mit Tongruben verbunden sind, woraus man schließen könnte, dass die Abfallströme aus diesen Anlagen vielleicht einmal kontrolliert werden sollten, um festzustellen, wie sie entsorgt werden, ob die Mengenbilanzen stimmen.

Da ist nichts passiert. Da fehlt bis zum heutigen Tage die notwendige Ernsthaftigkeit, obwohl die FDP-Fraktion bereits im Januar 2008, also bevor irgendwelche Medien dieses Thema aufgegriffen haben, einen Selbstbefassungsantrag im Umweltausschuss gestellt hat, um dazu Auskunft zu erhalten, weil es berechtigte Hinweise der Betreiber von Verbrennungsanlagen gab, auch aus den Ländern Brandenburg und Sachsen, dass die Gefahr besteht, dass dort etwas entsorgt werden könnte. Wir wollten damals nur wissen, wie das Kontrollregime aussieht, wo solche Anlagen miteinander verbunden sind, wo sie aufgrund welcher Bescheide bestehen und Ähnliches. Dort ist offenkundig bisher noch nicht ausreichend recherchiert worden. Sonst hätte ja in der damaligen Sondersitzung des Umweltausschusses Auskunft gegeben werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen immer noch ein wenig Hoffnung in die zukünftige Sitzung des Umweltausschusses, auch diese Fragen noch beantwortet zu bekommen. Wir hoffen, dass die Landesregierung mit den nachgeordneten Behörden und auch die Kommunen zum einen die Ernsthaftigkeit des Ganzen erkennen und zum anderen finanziell und personell so weit ertüchtigt sind, dass sie diese Aufgaben durchführen können.

Wer sagt, meine sehr geehrten Damen und Herren, von diesen Anlagen gehe keine Gefahr aus, der möge vor die Bürgerinnen und Bürger der Umlandgemeinden treten und denen das erklären. Er möge sagen, dass dort zwar Gasaustritte und Wasseraustritte passieren, dies alles aber keine Gefahr sei.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hierzu muss der Landtag eine klare Aussage nach draußen treffen, dass das Wohl unserer Menschen das Wichtigere ist,

dass die Natur zu schützen ist und dass falsch verstandenes Verdecken eindeutig nicht der richtige Weg ist, um den Ruf Sachsen-Anhalts in Deutschland wiederherzustellen.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kley. Herr Gürth möchte eine Nachfrage stellen. Herr Kley, wollen Sie diese beantworten?

Bitte, Herr Gürth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Kley, lieber Gerry, ich glaube, wir müssen aufpassen, auch wenn das Thema dieser heutigen Aktuellen Debatte Müll ist, dass nicht die eine oder andere Rede gleich dazu zu tun ist, nämlich zum Müll.

Du hast zweitens über verschwendete Zeit gesprochen. Das war auch ein Stück weit verschwendete Zeit.

(Widerspruch bei der FDP)

- Ich sage das einmal so, weil ich mich wirklich fürchterlich ärgere. - Drittens hast du von Skandal gesprochen. Wenn 0,01 % der im Entsorgungsgeschäft tätigen Unternehmen in Sachsen-Anhalt außerhalb der Regeln arbeiten - was eine Sauerei ist -, das ganze Land zum Skandalland abzustempeln, ist ein Skandal und all denen gegenüber ungerechtfertigt, die sich anstrengen, dieses Land aufzubauen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Es ärgert mich wirklich. Entschuldigung, Gerry, ich meine das nicht persönlich; aber in der Sache ist das so.

Zum Schluss frage ich mich, warum. Vielleicht ist es mangelnde Sachkenntnis.

Nun meine Frage: Wir haben nach der ersten Sitzung des Umweltausschusses zu diesem Thema das Angebot beider Ministerien erhalten, in die Unterlagen hineinzuschauen, in die Häuser zu gehen, alle Fragen zu stellen, alle Informationen abzurufen. Ich frage dich jetzt, Gerry: Warst du im Wirtschaftsministerium, warst du im Umweltministerium, warst du im Fachamt, warst du einmal in Vehlitz und hast du dich beim Landkreis erkundigt, was die konkrete Sachlage und die Aufklärung in dieser Situation betrifft?

Vielen Dank. - Herr Kley, Sie können dann antworten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Gürth, wir haben umfänglich Fragen an das Ministerium gestellt, die aufgeklärt werden sollen. Ich glaube, es ist auch eine Bringeschuld der Landesregierung, derartige Vorfälle ordnungsgemäß aufzuklären.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn sich die Abgeordneten demnächst selbst in den Ministerien umschauen würden, würde dies der Hausspitze sicherlich sehr schnell lästig fallen, zumal gerade das Umweltministerium dafür bekannt ist, dass bei Befragungen von anderen Behördenleitern immer einer dabei sitzen und mitschreiben muss. Das ist zu viel Aufwand.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Vielen Dank für die Beantwortung. - Jetzt erteile ich der Landesregierung das Wort. Frau Ministerin Wernicke, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ereignisse der letzten Wochen, insbesondere die Diskussion in der Öffentlichkeit, aber auch die heutige Debatte geben eben nicht das wahre Bild der Abfallwirtschaft Sachsen-Anhalts wieder. Herr Kley, wir sollten unser Land tatsächlich nicht selbst schlechtreden.

(Beifall bei der CDU)