Protocol of the Session on April 17, 2008

(Beifall bei der CDU)

Wenn die Medien in ihren Berichterstattungen auf Fehlverhalten der Behörden zum Beispiel bei der rechtswidrigen Entsorgung in Ton- und Kiesgruben und bei nicht der Genehmigung entsprechendem Betrieb von Behandlungsanlagen hinweisen - ich will das gar nicht kritisieren -, so lässt sich aus der zurückliegenden Entwicklung doch insgesamt erkennen, dass es sich um Einzelfälle handelt, dass es aber in Sachsen-Anhalt auf der Grundlage vorhandener Vorschriften einen funktionierenden Vollzug gibt, meine sehr verehrten Damen und Herren. In strafrechtlich relevanten Fällen sind die Ermittlungsbehörden tätig geworden, wobei sie sich wiederum der fachkundigen Unterstützung der Landesämter bedienen.

Wir wissen auch aus anderen Bereichen, dass es in jeder Branche schwarze Schafe gibt. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die eigentliche Ursache für den vermeintlichen Müllskandal nicht bei der Politik und nicht bei der Verwaltung zu suchen, sondern bei den illegal handelnden Unternehmen. Dem ist entschieden entgegenzutreten. Im Übrigen handelt es sich hierbei nicht um ein landesspezifisches Problem, sondern um ein Problem, das bundesweit auftritt und zu ahnden ist.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Frau Bud- de, SPD)

Ich will im Weiteren darzulegen versuchen, dass es nicht erst der Veröffentlichungen bedurfte, um Genehmigungs- oder Überwachungsbehörden zur Umsetzung unserer Konzeption zur Verwertung von Abfällen in Ton- und Kiesgruben anzuhalten. Dass dabei auch Schwierigkeiten auftraten, will ich nicht verschweigen; aber ich denke, wir sollten mit den Problemen konstruktiv und sachlich umgehen. Wie subjektiv die Wahrnehmungen sind, zeigen doch die erheblichen Unterschiede in der Bewertung der aktuellen Ereignisse durch die Presse heute im Vergleich zur Kommentierung noch vor wenigen Wochen.

Wie ich schon in verschiedenen Gesprächen auch mit Pressevertretern dargelegt habe, gibt es eine gemeinsame Vorgehensweise der zuständigen Ministerien. Die

se wird auch konsequent fortgesetzt, und das wie bisher in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium und nicht im wiederholt herbeigeredeten Streit. Das heißt nicht, dass wir immer einer Meinung sind, der Kollege Haseloff und ich; aber das ist nun einmal in der Aufgabe begründet.

Zur Umsetzung der Konzeption im aktuellen Bodenschutzrecht in Sachsen-Anhalt weise ich, wie bereits erwähnt, darauf hin, dass die Konzeption bereits lange vor den jüngsten Ereignissen gemeinsam mit den betroffenen Behörden verfolgt wurde. Im Übrigen ist das in der Sondersitzung des Umweltausschusses sehr detailliert dargelegt worden. Ich will die Chronologie noch einmal darstellen und einiges von der eben durch den Kollegen Kley dargestellten Chronologie korrigieren oder gerade rücken.

Aber, Herr Kollege Kley, in der Sondersitzung des Umweltausschusses ist von Ihnen oder von der FDP-Fraktion nicht eine einzige konkrete Frage gestellt worden. Auch im Nachgang zu dieser Sondersitzung des Umweltausschusses ist keine konkrete Frage an unsere Häuser weitergeleitet worden.

Nun zur Chronologie. Im März 2006 wurde der Erlass zum so genannten Laga M 20 (neu) herausgegeben. Dieses Merkblatt der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall ist eine, wie die Gerichte es nennen, „Empfehlung eines sachkundigen Gremiums“; diese bedarf zur verbindlichen Anwendung der Einführung durch Erlass.

Das ist, wie gesagt, abgestimmt mit dem MLV für den Straßenbau erfolgt und dem Wirtschaftsministerium mit der Empfehlung zur Anwendung übergeben worden. Damit war die verbindliche Einführung des aktuellen Bodenschutzrechtes für diesen Bereich in Sachsen-Anhalt erfolgt. Auch hierbei brauchen wir uns in keinster Weise hinter anderen oder im Vergleich mit anderen Bundesländern zu verstecken, auch nicht im Vergleich mit dem Land Brandenburg.

Im März des Jahres 2007 erfolgte ein Sonderüberwachungsprogramm von Kies- und Sandgruben zum Stand der Umsetzung der aktuellen Rechtslage. Dieses Sonderüberwachungsprogramm ging eben auch auf Hinweise Dritter an den Bund zurück und ging zurück auf Aufforderungen vom Bund, hierbei deutlicher hinzuschauen. Die Verfahrensweise im Sonderüberwachungsprogramm ist durch das Wirtschaftsministerium auch übernommen worden.

Im Juli 2007 ist der Erlass zur Anpassung der Genehmigungen unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit, unter Beachtung des Bestands- und Vertrauensschutzes und selbstverständlich auch unter Beachtung von Schadenersatzfragen - es dauert nun einmal seine Zeit, wenn man dieses Verwaltungshandeln einhalten will - in Kraft gesetzt worden. Auch das Wirtschaftsministerium hat sich zur Übernahme dieser Vorgehensweise bekannt.

So weit zur Chronologie, die die enge Abstimmung zwischen dem Wirtschaftsministerium, dem Umweltministerium und dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr aufzeigt.

Die Überwachung der Anlagen sowohl nach dem Immissionsschutz- als auch nach dem Abfallrecht wird bereits in einem Überwachungserlass vom 16. August 2000 geregelt. Hiernach sind mindestens zweimal jährlich und gegebenenfalls anlassbezogen Kontrollen durchzuführen. Durch die soeben schon erwähnte Sonderüber

wachungsaktion, angeordnet im März 2007, wurde die Regelüberwachung im Februar 2008 um die Überwachung der Gruben und im April 2008 um die Überwachung der Behandlungsanlagen ergänzt.

Im Ergebnis der Kontrollen im Umweltbereich lässt sich Folgendes feststellen: Es sind insgesamt 137 Kies- und Sandgruben kontrolliert worden. Die 137 Sand- und Kiesgruben unterstehen der Fachaufsicht des MLU. Die Zuständigkeit liegt, was das Abfallrecht, was das Immissionsrecht und was das Bodenschutzrecht anbelangt, bei den Landkreisen, um dies noch einmal hervorzuheben.

Diese 137 Kies- und Sandgruben sind kontrolliert worden. In zwei Gruben wurden problematische Abfälle, also Kunststoffe, vorgefunden. Aber dies ist nicht vergleichbar mit der Situation in Vehlitz. In wenigen Einzelfällen wurden geringe Mengen nicht genehmigter Abfälle, zum Beispiel Bauschutt, vorgefunden. Dazu wurden die erforderlichen behördlichen Anordnungen getroffen. So weit notwendig, sind auch Tiefenprüfungen vorgesehen. - So weit zur Überprüfung.

Die Genehmigungslage, also die Lage bei den Betriebsgenehmigungen zeigt aktuell folgendes Bild: Es sind insgesamt 128 Genehmigungen überprüft worden. Die Differenz erklärt sich daraus, dass neun Anlagen praktisch schon außer Betrieb genommen worden sind. 128 Anlagen wurden überprüft.

Das Ergebnis per 11. April 2008 sagt aus, dass 40 Genehmigungen bereits den Anforderungen entsprechen, dass 39 Bescheide ergangen sind - davon sind bereits 24 Bescheide bestandskräftig - und noch 49 Bescheide zu erteilen sind, zu denen die Anhörungsverfahren aber bereits abgeschlossen sind.

Die Grundlage dieser Überprüfungen war die aktuelle Rechts- und die stringente Erlasslage in Sachsen-Anhalt zur Anpassung an das geltende Bodenschutzrecht.

Um es an dieser Stelle deutlich hervorzuheben: Nicht erst die Anpassung der Genehmigungen ist Voraussetzung für das konsequente Einschreiten gegen die aufgedeckten Fälle der Vermischung kunststoffreicher Abfälle mit anderen Abfällen und deren Einlagerung in Gruben; denn Betreiber, die ihre Gruben mit Abfällen verfüllen, die in hohem Maße Kunststoffabfälle enthalten, oder Unternehmen, die solche Gemische herstellen und an Gruben liefern, verstoßen eklatant auch gegen die bisherigen Genehmigungen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die zuständigen Behörden sind angewiesen, gegen derartige Praktiken konsequent einzuschreiten, die notwendigen Anordnungen zu treffen und, soweit erforderlich, auch durch Zwangsmittel wie die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld durchzusetzen.

Über den Bereich der Gruben hinaus werden in 400 Abfallbehandlungsanlagen die Kontrollen derzeit abgeschlossen und deren Ergebnisse selbstverständlich anschließend ausgewertet. Ich habe ja in der nächsten Woche die Gelegenheit, Herr Kollege Kley, diesen aktuellen Stand auszuwerten und mit den Abgeordneten zu besprechen.

Zu den fünf Behandlungsanlagen, die jetzt auffällig oder bekannt geworden sind - zweimal Vehlitz, einmal Rietzel, einmal Riestedt und einmal Krumpa -: Hier wird weiter ermittelt und werden erforderliche behördliche Anordnungen vorbereitet und getroffen.

Ich denke, die Ergebnisse zeigen doch sehr deutlich, dass sich das Konzept als grundsätzlich richtig erweist, wobei aber auch Verbesserungsbedarf deutlich wird. Das zeigt sich insbesondere in einer Verbesserung der Abstimmung zwischen Berg- und Umweltbehörden im Vollzug. Dem soll unter anderem durch die Bildung einer interministeriellen Arbeitsgruppe „Verfüllungen“ von MLU und MW unter Beteiligung der nachgeordneten Behörden Rechnung getragen werden.

Wesentliche Inhalte der Arbeit dieser Arbeitsgruppe werden zum Ersten die Klärung des akuten Handlungsbedarfes und die Koordinierung des Behördenhandelns, zum Zweiten die Fortentwicklung der gemeinsamen Konzeption und zum Dritten die Überprüfung der gegenwärtigen Verwaltungsstrukturen sowie die Vorlage von Änderungsvorschlägen sein. Das Kabinett hat sich ja in dieser Woche damit befasst und hat beschlossen, dass wir Änderungsvorschläge unterbreiten werden.

Zu verbessern ist der Vollzug durch die unteren Behörden. Hierzu will ich nur einige Stichworte nennen. Die adäquate Sach- und Personalausstattung ist schon angemahnt worden. Die Fachaufsicht durch das Landesverwaltungsamt ist zu verstärken. Vollzugshilfen sind zukünftig noch konkreter und noch verbindlicher auszugestalten. Ich denke dabei an Anforderungen an Vor-OrtKontrollen, an die Anwendung der spezialrechtlichen Instrumente. Ganz aktuell ist der Erlass zur Verschärfung von Nachweispflichten zu erwähnen. Das heißt, meine sehr verehrten Damen und Herren: mehr Bürokratie und mehr Geld für dieses Verwaltungshandeln. Es scheint tatsächlich notwendig zu sein.

Einen dringenden Bedarf sehen wir auch in der notwendigen Änderung von Bundesrecht. Stichworte sind: Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zur Verbesserung der Transparenz der Abfallströme durch die Verknüpfung abfallrechtlicher Anforderungen mit der Anlagengenehmigung und Beschleunigung des Rechtsetzungsprozesses für eine Verordnung zur Regelung des Einbaus von mineralischen Ersatzbaustoffen in technischen Bauwerken unter Änderung der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, wie es der Kollege Gürth bereits getan hat, noch auf Folgendes hinweisen: Bei dieser Gesamtlage von einem Müllskandal in Sachsen-Anhalt zu sprechen, ist doch sehr überzogen.

Ich will Ihnen die Dimension dessen einmal aufzeigen. Den etwa 1 200 derartigen Anlagen - das heißt Gruben, Deponien und Behandlungsanlagen -, unserer bundesweit vorbildlichen Entsorgungsstruktur zur thermischen Behandlung von Abfällen, also dieser hohen Anzahl von Anlagen und dieser gut aufgestellten Entsorgungsstruktur stehen einige Einzelfälle gegenüber, in denen man sich rechtswidrig und ich will auch sagen: kriminell verhalten hat.

Diese Fälle dürfen keineswegs bagatellisiert werden; darin sind wir uns sicher einig. Diese Fälle sind mit aller Konsequenz zu ahnden; denn der eigentliche Skandal ist herbeigeführt worden durch dieses unverantwortliche Handeln Einzelner. Diese Einzelnen haben damit eine ganze Branche und - ich will vielleicht hinzufügen - auch das Land Sachsen-Anhalt in Misskredit gebracht.

Ich will auch festhalten, dass sich die Umwelt- und die Bergbehörden dieser nicht einfachen Aufgabe der Über

wachung sehr engagiert gestellt haben. Fehler, die dabei gemacht wurden, werden gründlich analysiert und - das will ich Ihnen zusichern - sind abgestellt worden oder werden umgehend abgestellt.

Den Weg dahin habe ich skizziert. Ich will dem aber noch hinzufügen: Wir haben auch den Mitarbeitern in den Behörden den Rücken zu stärken; denn in den Auseinandersetzungen mit den häufig anwaltlich sehr prominent vertretenen Unternehmen ist das Rückenstärken, die Unterstützung der Behörden vor Ort unerlässlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, dass die Linie des Landes in diesem Bereich bisher doch sehr konsequent vollzogen worden ist und dass wir konsequenterweise diese Verfahrensweise auch gemeinsam umsetzen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Es gibt Nachfragen von dem Abgeordneten Herrn Krause und dem Abgeordneten Herrn Dr. Köck. Zuerst aber hatte Herr Kley um die Möglichkeit zur Abgabe einer persönlichen Bemerkung gebeten. Bitte schön. Dann kommt Herr Krause und dann Herr Dr. Köck, wenn Sie die Fragen beantworten wollen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin Wernicke behauptete hier, ich hätte weder im Ausschuss noch später Fragen gestellt oder um Beantwortung gebeten. Das Protokoll der Sitzung des Umweltausschusses vom 19. März 2008 weist - dies nur beispielhaft - einen Satz aus:

„Auf die Frage des Vorsitzenden Herrn Kley, wie viele Sortieranlagen im Land Sachsen-Anhalt mit einem zu verfüllenden Tagebau verbunden seien, sagt Ministerin Frau Wernicke zu, diese Information nachzureichen.“

(Herr Kosmehl, FDP: Hört, hört!)

Mit derartigen offensichtlichen Unwahrheiten sollte auch eine in die Enge getriebene Landesregierung nicht arbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Das war die persönliche Erklärung. - Jetzt hat der Abgeordnete Herr Krause das Wort.

Frau Ministerin, es ist ohne Zweifel richtig, man muss bei allen öffentlichen impulsiven Vorwürfen sachlich die Verantwortlichkeit klären. Was mich aber in den zurückliegenden Monaten richtig aufgeregt und - ich sage einmal - richtig wuschig gemacht hat: Wir wissen von bestimmten Problemstellungen, die so formuliert wurden: Man wisse nicht genau, was dort alles verkippt werde und woher. Man müsse Tiefenbohrungen machen - das stand alles in der Zeitung -, um genau prüfen zu können. Man hat ja nur verdachtsbezogen oder anlassbezogen Proben genommen.

Diese Aussage hat mich in dem Wissen aufgeregt - Sie wissen vielleicht, wohin ich will -, dass es in Ihrem Verantwortungsbereich, der Landwirtschaft, ganz klare Regelungen gibt. Wenn ich zum Beispiel einen Tetrapack Milch aus dem Kühlschrank nehme, ist der Nachweis zurück bis zu dem Stall oder der Kuh zu erkennen, die die Milch produziert hat. Wie ist es eigentlich mit der Rückverfolgbarkeit, mit der lückenlosen Dokumentation in dem Bereich der Müllwirtschaft?

Ich frage: Wenn es so wäre, dass es das auch gibt, dann stelle ich dieses Problem in den Raum; denn dann dürfte es doch diese Unwissenheit, diese - ich sage mal - Lähmung bei der Prüfung der Verantwortlichkeit nicht geben. Im Bereich der Landwirtschaft hat man innerhalb von acht Tagen die Verantwortlichen. Ich stelle die Frage: Wie ist das konkret im Bereich der Müllwirtschaft? Gibt es diese Rückverfolgbarkeit?

Wenn es das gibt, frage ich auch: Warum dauert es Wochen oder Monate, bis die Staatsanwaltschaft etwas geprüft oder ein Ergebnis hat? Warum ist die Staatsanwaltschaft so gelähmt?

Frage erkannt. Frau Ministerin, wollen Sie antworten?

Zunächst eine Reverenz an den Kollegen Kley. Es war in meinem Gedächtnis nicht haften geblieben, dass wir eine Information nachreichen wollten. Ich denke, sie ist auf dem Weg zu Ihnen. Gegebenenfalls kann sie nächste Woche in der Umweltausschusssitzung nachgereicht werden.

Zu Herrn Krause: Herr Krause, zunächst muss man ja Verstöße gegen Betriebspläne und Betriebsgenehmigungen feststellen.

(Herr Krause, DIE LINKE: Das stellt man doch fest! - Unruhe)