Protocol of the Session on December 13, 2007

(Herr Tullner, CDU: Wenn sie sachdienlich ist!)

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen in der Fraktion, wenn Ihre Fachpolitiker dann unsere Vorschläge vorgelegt bekommen. Ich hoffe, Sie halten es dann auch durch.

(Herr Dr. Schellenberger, CDU: Klar!)

- Ja, ja. - Zur Brückensanierung. Das ist ein Projekt, bei dem Fachminister zeigen - das sage ich jetzt mit einem zwinkernden Auge -, wie man trotz des Eindrucks, es sei eigentlich kaum noch Geld vorhanden, und aller Diskussionen, die draußen über 3 Millionen € für die Theater toben, einmal ganz schnell 8 Millionen € unwidersprochen zwischen allen Fraktionen organisiert, sodass selbst der Finanzminister am nächsten Morgen überrascht ist, wenn in der Zeitung steht, wir haben ein neues Brückenbauprogramm.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Herr Felke, SPD, lacht)

Erste Reaktion von uns: Sag einmal, ist das oben draufgelegt worden? Spontane Rückmeldung aus dem Ministerium: Nein, das haben wir aus den Ansätzen mit Unterstützung aller selbst erwirtschaftet. Anfrage zurück: Wäre es nicht eigentlich gut, wenn der Gesamthaushalt auch etwas davon hätte? Bemerkung des MLV: Wir werden trotzdem noch zusätzliche Einsparungen für den Gesamthaushalt erbringen. - So läuft es auch. Am Ende waren alle zufrieden.

Wir sanieren jetzt Brücken in einem Umfang, in dem der Landesrechnungshof aufgezeigt hat, dass es enorme Bedarfe gibt. Ich muss schon sagen: Das war unheimlich clever, aber in der Sache gut. Deswegen stehen auch alle dazu.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungs- bank)

Ich komme zum Schluss. Das Thema Altlastensanierung ist angesprochen worden. Wie gesagt, Frau Dr. Klein, der ich noch einmal Dank sage, war sehr kleinteilig an dieser Stelle. Ich habe versucht, Ihnen den roten Faden aufzuzeigen. Ich habe gesagt: Das ist ein erster Schritt.

Ich habe es Ihnen schmackhaft gemacht, unserer Strategiediskussion im nächsten Jahr ganz angespannt und an den Feiertagen in Erwartung entgegenzusehen. Wir haben Folgendes vor: Im Januar/Februar 2007 werden wir uns erstmals im Kabinett - die ersten Anmeldungen aus den Häusern kommen jetzt auch - einen Überblick verschaffen. Wir wollen uns dann im Kabinett fast jede Woche ein Schwerpunktthema vornehmen und wollen dieses auf der Zeitachse von 2010 bis 2020 beleuchten. Dazwischen gibt es die Steuerschätzung im Mai 2008 und es gibt das neue Personalkonzept im Mai 2008.

Wir wollen spätestens bis zum Juli 2008 die Eckwerte, die Grundlagen für den Doppelhaushalt 2010/2011, für die neue Mittelfristplanung 2012 und für die strategische Ausrichtung bis 2020 geschaffen haben, und zwar nicht ohne - mit dem nötigen Respekt vor der nächsten Regierung - zu wissen, dass es manches zu ändern gilt. Wir glauben aber schon, dass bestimmte grundsätzliche Entscheidungen jetzt getroffen werden müssen. Das Geld wird nämlich knapper.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Dank noch einmal allen im Ausschuss. Ich bitte alle vier Fraktionen, diesem Haushalt zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Ich möchte mich bei dem Herrn Finanzminister für seine Ausführungen herzlich bedanken. - Wir kommen jetzt zum nächsten Höhepunkt der Generaldebatte, zu den Diskussionsbeiträgen.

(Heiterkeit)

Als erstem Debattenredner erteile ich jetzt Herrn Gallert von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Gallert, bitte schön.

Bevor Herr Gallert an das Mikrofon getreten ist, möchte ich noch sagen, dass wir uns darüber freuen, dass Herr Dr. Köck wieder bei uns im Hause ist. Herr Dr. Köck, schön, dass Sie wieder da sind.

(Beifall im ganzen Hause)

Werte interessierte Kolleginnen und Kollegen!

(Heiterkeit - Oh! bei der CDU)

Herr Präsident! Werte Gäste des Landtages!

(Herr Tullner, CDU: Das waren alle, ja?)

Die letzten Wochen waren im Landtag durch eine Vielzahl von kontroversen Gesetzesberatungen geprägt. Für diese Kontroversen sorgten vor allem die Koalitionsfraktionen selbst, sodass bei uns schon manchmal Zweifel daran bestand, wie viele Oppositionsfraktionen es im Landtag eigentlich gibt, formal zwei, ansonsten hatten wir aber meist drei, je nachdem, welcher Minister gerade den vorliegenden Gesetzentwurf zu verantworten hatte.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu sage ich: Vor dieser beeindruckenden Geräuschkulisse der Auseinandersetzungen um die Gemeindegebietsreform, das Finanzausgleichsgesetz, das Gesetz zum Nichtraucherschutz und das bei dieser Landtagssitzung auch einmal wieder zur Sprache kommende Kampfhundegesetz überrascht es zum einen kaum, dass die Koalition andere Gesetze, wie zum Beispiel das Gesetz zur Landesentwicklungsplanung, lieber gar nicht beraten wollte und gleich durchwinkt.

Zum anderen ist es wohl nur mit diesen Begleitumständen zu erklären, dass die Beratung zum Doppelhaushalt für das Haushaltsjahr 2008 und 2009, also zu dem Haushalt, der die entsprechenden zentralen neuen Weichenstellungen der Koalition abbilden soll, fast unbemerkt vonstatten ging.

Allerdings hat dieser Umstand auch noch einen anderen, einen inhaltlichen Aspekt. Über neue Weichenstellungen konnte nicht diskutiert werden, weil es sie nicht gibt. Dies ist umso bedauerlicher, weil auch nach der November-Steuerschätzung das insgesamt positive Bild auf der Einnahmenseite bestätigt worden ist und es damit umso leichter gefallen wäre, solche Projekte und Weichenstellungen anzugehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Rahmenbedingung wird unter anderem dadurch illustriert, dass sich die Ausgaben für das Jahr 2008 noch in den Haushaltsberatungen um 36 Millionen € erhöht haben.

Ich habe zu Beginn der Haushaltsberatungen im September 2007 unsere inhaltlichen Schwerpunkte dargelegt. Es sind auch jetzt, im Dezember 2007, zentrale Bewertungskriterien für die LINKE zu der vorgelegten Beschlussempfehlung. Im Zentrum steht dabei für uns nach wie vor, die zentrale soziale Aufgabe in Landeskompetenz anzugehen. Das ist das Herstellen eines gerechten Bildungszuganges für alle, und zwar unabhängig von ihrer sozialen Herkunft.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade in diesem Bereich war die Erwartungshaltung durchaus größer als in den Jahren zuvor. Die Punkte, die wir für die Beratungen über den Haushaltsplan 2008 und 2009 ins Zentrum gerückt haben, waren dabei die Ganztagsbetreuung für Kinder in den Kindertagesstätten und die kostenfreie Schülerbeförderung für den Bereich der Sekundarstufe II.

In beiden Fällen bestreitet fast niemand mehr die Legitimität dieser Forderungen und ihre Zweckdienlichkeit. Nach wie vor geht es darum, den gerechten Zugang zur Bildungseinrichtung Kindertagesstätte, zur Gymnasialstufe sowie zur Berufsausbildung zu ermöglichen.

Viele der bestimmenden Schlagzeilen der letzten Wochen dienten förmlich der Untermalung dieser Forderungen. Die Bildungsstudien Iglu und Pisa bestätigten noch einmal eindrucksvoll das zentrale Defizit des deutschen Bildungssystems: die Abhängigkeit der Bildungschancen von der sozialen Herkunft, also die Anhängigkeit fast der gesamten Lebensperspektive vom familiären Umfeld.

Bundespräsident Köhler spricht von einer nicht zu rechtfertigenden Ungerechtigkeit. Die Krokodilstränen über diesen Missstand fließen in Sonntagsreden literweise. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Befund ist nicht neu. Die Glaubwürdigkeit von Politik hängt ganz wesentlich davon ab, ob wir den Menschen Problemlösungskompetenz unter Beweis stellen. Und diese fiel gerade im Bereich der Bildungsgerechtigkeit bisher aus.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun gab es in dieser Frage berechtigte Hoffnung. Die beiden genannten Themen, Ganztagsbetreuungsangebot in der Kindertagesstätte für alle sowie die kostenfreie Schülerbeförderung für die Sekundarstufe II, waren im September dieses Jahres nicht nur für die LINKE, sondern auch für die SPD Beschlussgegenstand von Landesparteitagen.

Schon im Sommer hat die Sozialministerin in einem großen Interview auf das Problem von Kinderarmut, das den Alltag von etwa einem Drittel aller Kinder in Sachsen-Anhalt bestimmt, aufmerksam gemacht, übrigens ist dies ein Anteil mit steigender und nicht mit sinkender Tendenz. Sie forderte massive qualitative und quantitative Verbesserungen des steuerfinanzierten Angebotes für diese Kinder.

Nun hat das erwartungsgemäß bei dem Koalitionspartner alles andere als Freude ausgelöst. Dies war auch nicht zu erwarten. Aber auch ich fand die SPD an dieser Stelle ausgesprochen mutig, so in diese Auseinandersetzung zu gehen. Für die Betroffenen ist es ohnehin das Allerbeste, wenn dieses Thema auf die Agenda

kommt. Deswegen habe ich im Namen meiner Fraktion im September ausdrücklich betont, dass wir der Koalition bis zum Jahresende Zeit geben wollen, hier eine Position zu finden.

Was jetzt vorliegt, ist jedoch ein Desaster, und zwar zuallererst für diejenigen, deren Zugang zur Bildung weiter eingeschränkt bleibt. Man hat sich darauf geeinigt, im Bereich Kindertagesstätten die ehemaligen Leiterstunden wieder zu finanzieren und ab dem Jahr 2009 vielleicht auch noch ein bisschen mehr für Bildungsangebote im letzten Kita-Jahr bereitzustellen.

(Herr Gürth, CDU: Das ist kein Desaster! Das ist das beste Angebot in ganz Deutschland!)

So wie das dort verankert worden ist, geht es nur dann, wenn man bei dem Kind ein individuelles Defizit feststellt.

Für den Bereich der Schülerbeförderung nach der 10. Klasse wurde nicht ein einziger Cent eingestellt. Man hilft sich hier mit einem völlig nichtssagenden Entschließungsantrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man das will, muss man dem Gesetzentwurf, den wir dazu eingebracht haben, zustimmen und die Mittel dafür im Haushalt einplanen. Es wird diese kostenlose Schülerbeförderung nur dann geben, wenn wir sie bezahlen. Dieser nun wahrlich simple Zusammenhang muss von mir deshalb erwähnt werden, weil wir ansonsten den Eindruck erwecken könnten, dieser Landtag wäre für die Lösung dieses Problems nicht zuständig. Das ist er aber. Wir sind diejenigen, die dieses Problem lösen wollen, und wir können es. Sie können es übrigens auch. Sie müssen heute nur an zwei Stellen richtig die Hand heben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie das nicht tun, dann sagen Sie bitte der Öffentlichkeit auch, dass Sie es nicht tun wollen und erwecken Sie nicht den Eindruck, Sie hätten das Problem erkannt und wollten es lösen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie kann man sich erklären, dass gerade diese Forderungen, die noch vor drei Monaten groß in der Diskussion standen, nun in der Versenkung verschwunden sind, obwohl sich die Situation finanziell nicht zugespitzt hat? Wie kann man erklären, dass sich ein Koalitionspartner, hier die SPD, sang- und klanglos von dieser Forderung verabschiedet hat, obwohl sie weiß, dass es dafür sowohl in der Bevölkerung als auch hier im Haus eine Mehrheit gibt?

Diese Frage, werte Kollegen der SPD, können Sie nur selbst beantworten. Für mich bleibt Ihr Verhalten rätselhaft. Die Begründung, die ich heute auch wieder gehört habe, man wolle all diese Probleme irgendwann einmal in einem großen Paket zusammen lösen, hört sich für uns bald so an wie das Warten auf die Weltrevolution und hat ungefähr genauso viel Rationalität.