Protocol of the Session on October 12, 2007

Aus meiner Sicht ist es sehr schade und geradezu bestürzend, dass die FDP zum wiederholten Mal ein wichtiges Thema für parteipolitische Zwecke benutzt.

(Lachen bei der FDP)

Ich frage mich, ob dieser Antrag von Amnesie oder Populismus geprägt ist.

(Zustimmung bei der SPD)

Erinnern wir uns: Vor genau drei Jahren unterstützte die Partei von Herrn Paqué - er ist leider nicht Raum - und Herrn Kley im Rahmen der Beratung über den Haushaltsplan 2005/2006 eine Kürzung der Theaterförderung um 10 %; das entsprach mehr als 3 Millionen €.

(Zustimmung von Frau Schindler, SPD)

Während Herr Professor Paqué zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes im Jahr 2004 von einem notwendigen und vernünftigen Konsolidierungskurs sprach, redet er nun im Hinblick auf den Doppelhaushalt für die Jahre 2008 und 2009 von einem Kahlschlag in SachsenAnhalts Kultur. Das Wort „Kahlschlag“ ist aus meiner Sicht ein Kampfbegriff, den man schon sehr differenziert verwenden sollte. Meiner Ansicht nach ist er im Kulturbereich unangemessen.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Ebenfalls scheint er vergessen zu haben, dass sich die Kulturförderung in seiner Amtszeit als Finanzminister von einem Ansatz in Höhe von ca. 100 Millionen € im Jahr 2002 auf ca. 94 Millionen € im Jahr 2006 verringert hat.

Herr Professor Paqué - in dem Moment spreche ich auch Sie an, Herr Kley; denn Sie waren zu der Zeit in der Regierung ebenfalls in verantwortlicher Position -, nun mögen Verwandlungen in Flora und Fauna lebensnotwendig sein - wenn wir schon in dem Bereich agieren, bringe ich dieses Beispiel auch -, aber in der Politik führen sie zu Unglaubwürdigkeit und Politikverdruss.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Über diesen Aspekt haben wir wohl auch gestern sehr oft gesprochen. Wir haben ein solches Verhalten festgestellt und beklagt. So etwas bringt uns in der Tat leider nicht weiter.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Scharf, CDU, und von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Im Übrigen befinden wir uns in den Ausschüssen mitten in den Haushaltsberatungen. Dort müssen wir über die Höhe der künftigen Kultur- und Theaterförderung entscheiden. Insofern gehört Ihr Antrag in den Ausschuss, wohin wir ihn auch überweisen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Haushaltsplanentwurf der Landesregierung sieht für das Jahr 2009 eine Absenkung der Kulturausgaben um 4 Millionen € vor. Besonders betroffen ist die vertragsgebundene Theaterförderung. Hierbei ist für den neuen Vertragszeitraum eine Reduzierung um 3 Millionen € geplant. Sie haben es eben gehört.

Betroffen sind aber auch weiterhin die Denkmalpflege und die Museumsförderung. Für andere Bereiche, zum Beispiel für die Neuanschaffung von Medien in den Bibliotheken, stehen entweder nur geringe Beträge oder, wie in der Soziokultur, gar keine Landesmittel zur Verfügung. Das sind Tatsachen, vor denen wir auch hier die Augen nicht verschließen können.

Von unserer Zielmarke, die sicherlich nirgendwo festgeschrieben war, nämlich einen Anteil von 1 % des Landeshaushalts für die Kultur zu verwenden, entfernen wir uns immer mehr. Sollte der Haushalt in der vorliegenden Form beschlossen werden, wären wir bei 0,88 % angelangt, und das bei einem sinkenden Gesamthaushaltsvolumen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Parlament steht im Kulturbereich vor einer wichtigen Weichenstellung für die Zukunft. Wir müssen uns fragen, was uns die Kultur in Zukunft wert ist. Schon heute müssen wir feststellen, dass sich Kultureinrichtungen aus der Fläche bzw. schon aus den Mittelzentren zurückziehen. Eine Verknappung der Mittel würde diesen Prozess noch verstärken.

Selbstverständlich stehen alle Politikbereiche unter einem enormen Konsolidierungsdruck. Schließlich sollen im Jahr 2008 erstmals keine neuen Schulden aufgenommen werden. Allerdings verfügt Sachsen-Anhalt im Vergleich zu vielen alten Bundesländern leider nicht über finanzstarke Förderer der Kultur aus der Wirtschaft oder auch über Einzelperson, die große Summen in die Kulturprojekte investieren.

Was können wir also tun? - Bei der Entscheidung über den künftigen Landesanteil an der bisherigen vertragsgebundenen Theaterförderung müssen Konsolidierungs- und Umstrukturierungsanstrengungen einzelner Spielstätten bzw. Träger berücksichtigt werden. Gleichzeitig muss geschaut werden: Wo bestehen noch Umstrukturierungs- bzw. Konsolidierungsmöglichkeiten?

Bisherige Gespräche mit Vertretern von Theatern und Trägern lassen jedoch den Schluss zu, dass eine neuerliche Absenkung der Landesmittel erhebliche Auswirkungen auf die inhaltlichen Konzeptionen der Bühnen hätte. Das geht von qualitativen und quantitativen Einbußen beim Spielplan und bei den Gruppenstärken in den einzelnen Sparten bis hin zur Schließung von Spielstätten.

Das Parlament muss sich darüber im Klaren sein, dass der Beschluss der vorgesehenen Absenkung eine Strukturdebatte zur Folge haben wird.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Kultusminister die Vertragsverhandlungen mit den Trägerkommunen noch gar nicht begonnen hat und dass keinerlei Kenntnisse über deren Möglichkeiten und Ambitionen vorliegen. Ebenso fehlt uns eine fundierte inhaltliche Untersetzung einschließlich möglicher Szenarien der Folgen der dargestellten Kürzungen.

Aus meiner Sicht handelt es sich hierbei um den Konflikt: Wer steuert die Theaterlandschaft und wer soll sie steuern? Wir können Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, diese Aufgabe der Untersetzung nicht abnehmen. Das haben wir Ihnen am Dienstag auch verdeutlicht. Wir wissen auch, dass Sie ursprünglich einen höheren Beitrag zur Einsparung erbringen sollten. Auch von diesem Wissen gehen wir aus.

Frau Reinecke, würden Sie bitte langsam zum Schluss kommen?

Ja. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns ist klar, dass die Haushaltskonsolidierung bei gleichzeitiger Bewahrung aller Leistungen nicht möglich ist. Sicher kann man über den Kulturbereich nicht eine Glocke stülpen. Es geht darum, die Kulturförderung in der Balance zwischen der Konsolidierung und den Ausgaben zu ermöglichen. Allerdings gehört es auch zu den Aufgaben verantwortungsvoller und vorausschauender Politik, die Auswirkungen bestimmter Entscheidungen zu bedenken.

Wie viele von uns nutzen ganz selbstverständlich kulturelle Angebote in ihrem Umfeld, ohne zu fragen, mit wie viel Mühe diese überhaupt noch existieren? Vor diesem Hintergrund ist die Diskussion zur künftigen Kulturförderung nicht nur ein Thema im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur, sondern ebenfalls im Ausschuss für Finanzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Alternativantrag der LINKEN werden wir ebenso an den Kulturausschuss überweisen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank. Ich habe Ihnen zwei Minuten mehr gegeben, weil das wichtig war. Es gibt noch eine Nachfrage von Frau Dr. Hüskens. Wollen Sie diese beantworten?

Ja, gern.

Dann bitte, Frau Dr. Hüskens.

Frau Reinecke, Sie haben jetzt im Widerspruch zum Minister gesagt, dass die SPD-Fraktion der Auffassung sei, dass es zu Schließungen von Einrichtungen kommen werde. Sie haben dann aber - ein bisschen nach dem Motto „Pudel, wasch mich, aber mach mich nicht nass“ - nicht gesagt, welche Einrichtung zukünftig keine Mittel vom Land mehr erhalten soll - der Minister hat darauf hingewiesen, dass er die Einrichtungen nicht schließen könne -, sondern im Grunde gesagt, das solle der Minister machen.

Können Sie uns darstellen - denn als Parlamentarier hat man die Verantwortung sicherlich -, wie viele Verträge die SPD-Fraktion nach Ihren Vorstellungen künftig nicht mehr schließen will und welches Konzept jetzt bei Ihnen dahinter steht? Wollen Sie in dem Bereich künftig die Oberzentren ausfinanzieren und den kleinen die Verträge nicht mehr verlängern? Oder welche Vorstellungen hat die SPD-Fraktion hierzu, die sie dem Minister am Dienstag ganz offensichtlich mit auf den Weg gegeben hat? Oder haben Sie einfach nur gesagt: Spare, ansonsten wollen wir hinter dem Baum stehen und nicht nass werden?

(Frau Budde, SPD: Hinter dem Baum wird man immer nass!)

Frau Dr. Hüskens, uns geht es darum, dass die Budgetverhandlungen jetzt laufen und dass die Kommunen noch gar nicht ihren vollen Betrag genannt haben. Momentan läuft dieses Spiel auf einer anderen Ebene.

Über die Frage, wie viel an Einsparungen es tatsächlich geben wird, verhandeln wir nicht nur in der Fraktion - dabei gehen wir auch kritisch miteinander um; ich sagte, nicht nur die Kulturpolitiker, sondern auch die Finanzpolitiker sind hierzu im Gespräch -, sondern diese Diskussion nehmen wir auch mit in den Ausschuss, um dann

letztlich zu schauen, welche Beiträge wir innerhalb der Ressorts erbringen können und inwieweit dann strukturelle Maßnahmen vorgenommen werden. Aber das Wie muss auch vom Fachministerium kommen.

Es gibt noch eine Nachfrage. - Bitte.

Ich habe noch eine kurze Nachfrage, um das glattzuziehen. In dem Moment, in dem das Land einen Theatervertrag mit irgendeiner Einrichtung in einer Kommune nicht verlängern würde, sondern sagt, dass Schluss ist, dann - da brauchen wir uns nichts vorzumachen - ist dieses Theater zu. Das würde sogar für Halle und Magdeburg gelten, die im Augenblick bei den derzeit tollen Haushaltslagen, die die Kommunen anders als das Land immer noch haben, die Theater nicht mehr finanzieren können.

Das heißt, wenn Sie jetzt in den Ausschüssen über irgendetwas diskutieren wollen, wobei Sie ja für die Einzelverträge gar nicht zuständig sind, sondern nur für das Geld, dann müssen Sie doch im Endeffekt, wenn die Mittel reduziert werden, dem Minister zumindest irgendeine Richtlinie mitgeben, was er machen soll.

Sie können doch nicht sagen: Wir geben dir jetzt 3 Millionen € weniger; kündige irgendeinen Vertrag, aber wir wollen nicht die Bösen sein. Darum geht es Ihnen ja wohl, dass Sie nicht das Übel machen wollen. Das soll vielmehr das Ressort machen.

Die Frage haben wir verstanden. - Bitte.

Ich denke, an dieser Stelle, Frau Dr. Hüskens, gehe ich davon aus, dass wir diese Fragen auch im Ausschuss klären werden. Dieses Spiel, den Ball hin und her zu werfen, nichts anderes läuft ja hier - - Ich kann das einfach nur mitnehmen.

Vielen Dank. - Frau Dr. Hüskens kann auch in den Ausschuss gehen, das steht ihr frei. - Ich rufe jetzt den Beitrag der Fraktion DIE LINKE auf. Herr Gebhardt, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man ist schon manchmal etwas amüsiert beim Lesen mancher Anträge, obwohl es eigentlich überhaupt nicht lustig ist.

Im Juli dieses Jahres wollte die FDP mit einem Gesetzentwurf erreichen, dass - wie gesagt: per Gesetz - die Neuverschuldung des Landes verboten wird. Dann wurde in der letzten Landtagssitzung ebenfalls von der FDP gefordert, dass keinesfalls die Mittel für die Biotechnologie reduziert werden dürften.

Im Anschluss an diese Debatte zur Kultursituation kommt es noch zu einem Antrag, ebenfalls von der FDP, der in seiner Konsequenz, wenn man das Steinbeis-Gutachten künftig als Grundlage für freie Schulen nehmen soll, auch höhere Ausgaben des Landes zur Folge hat.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob die FDP einen Goldesel hat, der irgendwo im Keller versteckt ist. Wenn dem so sein sollte, hätten wir daran gern einen Anteil.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich verstehe logisch nicht, wie man solche Anträge hintereinander stellen kann. Denn es wird allzu deutlich, dass sich hierbei die berühmte Katze in den noch berühmteren Schwanz beißt.