gleich qualifizierte Frauen bei Einstellung und Beförderung den Männern sogar vorzuziehen. Hierbei stellt sich die Frage, ob dagegen nach dem neuen allgemeinen Gleichstellungsgesetz künftig Männer erfolgreich zu Felde ziehen können. Haben wir da etwas gewonnen?
Die Frage ist auch: Hat die bisherige gesetzliche Norm etwas gebracht? - Laut § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuches dürfen Frauen am Arbeitsplatz nicht benachteiligt werden. Dies ist völlig korrekt, macht jedoch deutlich, dass ein Gesetz allein nichts ändert. Allein zum Schutz von Behinderten finden sich in deutschen Gesetzen 86 Einzelvorschriften.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage abschließend ganz klar: Was uns vorliegt, ist ein Kompromiss. Wie sinnhaft dieser Kompromiss ist, wird die Praxis erst noch beweisen müssen. Es stellt sich auch die Frage, ob er angesichts der angestrebten Ziele, wie der Bekämpfung von Diskriminierung, praxistauglich ist, ob er diese wirklich fördert oder ob er wegen obskurer praktischer Erfahrungen in der Anwendung des neuen Rechts eher das Gegenteil befördert. Ich hoffe sehr, dass die befürchteten Beschäftigungshemmnisse nicht tatsächlich in dem Ausmaß eintreffen. Das Gesetz muss dies in der Praxis beweisen.
Es tut sich, wenn man den Gesetzentwurf liest, eine Reihe von Fragen auf: Wird die neue Kirchenklausel vielleicht ein Einfallstor für Sekten werden? Werden die vielen unbestimmten Rechtsbegriffe zu einer Klageflut führen? Wir können froh sein, dass wir den Code Napoléon und nicht das amerikanische oder angelsächsische Rechtssystem als Grundlage haben. Dort ist eine ganze Klageindustrie entstanden, 80 000 Fälle in einem überschaubaren Zeitraum. Ich denke, all das würde nur Arbeitsplätze in Rechtsanwaltskanzleien schaffen, aber viele Arbeitsplätze für Menschen, die jahrelang vergeblich nach einem Arbeitsplatz suchen, verhindern.
Insofern bin ich froh, dass zumindest ein Kompromiss den Ursprungsentwurf nachhaltig verbessert hat. Aus meiner persönlichen Sicht ist das nicht ausreichend; aber wir müssen jetzt das umsetzen, was dort auf den Weg gebracht worden ist, und dann wird sich das Ganze in der Praxis beweisen müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfehle dem Hohen Hause, alle zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegenden Anträge zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Recht und Verfassung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer in dieser Woche aufmerksam die „Mitteldeutsche Zeitung“ gelesen hat, der konnte dort einen Bericht über einen Schwarzafrikaner, über Benachteiligungen, die er im Alltag erfährt, lesen, unter anderem, dass er von einer Diskothek abgewiesen worden ist. Ich denke, es gibt mehr solcher Beispiele in unserer Gesellschaft, und dem müssen wir auch mit rechtlichen Möglichkeiten vorbeugen.
Das Thema, um das es heute geht, ist ja nicht neu. Das Hohe Hause hat sich - es ist heute schon gesagt worden - am 15. April 2005 mit dem Thema befasst. Hintergrund der damaligen Debatte war ein Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung, zu dem Herr Gürth in der letzten Debatte - er hört nicht zu - gesagt hat, dass es dieses Gesetz als „bürokratisches Monster“ zu verhindern gilt.
Das hat die SPD dann erst einmal durch die vorgezogenen Neuwahlen allein geschafft, weil der Gesetzentwurf der Diskontinuität unterfallen ist.
Aber seither haben sich die politischen Koordinaten verändert, im Bund und auch hier im Land. Die Koalition - das ist heute schon mehrfach gesagt worden - musste sich des Themas erneut annehmen, um die EU-Richtlinien umzusetzen.
Nun hat die große Koalition in Berlin am 1. Mai einen politischen Kompromiss gefunden, im Übrigen nicht nur einen Kompromiss mit der SPD, sondern auch mit der Seniorenunion. Frau Merkel, wenn ich sie zitieren darf, sagte vor einigen Tagen vor dem CDU-Wirtschaftsrat:
Streitpunkt damals wie heute war, dass der Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt, mehr will, als die EU-Richtlinien aufgeben.
Dr. Eckert hat das im Einzelnen dargelegt. Ich muss das hier nicht näher ausführen, die Zeit ist vorangeschritten. Aber ich will an dieser Stelle schon sagen, dass die SPD sich immer dafür eingesetzt hat, dass ein umfassender Schutz aller Menschen vor Diskriminierung gewährleistet wird; denn die sexuelle Identität darf selbstverständlich ebenso wenig ein Grund zur Diskriminierung sein wie Alter, Geschlecht, Religion oder eine Behinderung. Und das ist gut so.
Anliegen meiner Fraktion ist es, dass dieser Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung ohne substanzielle Abstriche Gesetz wird. Ich kann die Landesregierung deshalb nur ermuntern, am 16. Juni im Bundesrat für dieses Gesetz zu stimmen.
Denn es ist - Frau Ministerin hat das im Einzelnen dargelegt - ein sachgerechter Kompromiss, der einerseits erreichen will, den Schutzbelangen der von Diskriminierung Betroffenen Rechnung zu tragen, der andererseits aber auch bürokratische Auswüchse verhindern will.
Insoweit sind wir gern bereit, einer Ausschussüberweisung zuzustimmen. Wir sind natürlich auch gern bereit, in den Ausschüssen über die Sinnhaftigkeit und über die Folgen des Ganzen noch einmal zu reden. Dass da einige Fragezeichen bleiben, das wissen wir auch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine kurze Vorbemerkung: Frau Ministerin sagte: die Kritiker. Sie betonte, dass die Kritik vor allen Dingen darin zu sehen sei, dass man als Bundesregierung über das Programm hinausgegangen ist. Das ist interessant für mich, weil es auch Kritiker von der anderen Seite gibt. Diese sagen, das Antidiskriminierungs- oder Gleichbehandlungsgesetz erfüllt bestimmte Vorgaben überhaupt nicht. Das heißt, es gibt auch eine Kritik von der anderen Seite, die besagt: Das ist noch nicht ausreichend.
Ich komme zum zweiten Punkt: Warum muss die Bundesregierung über das, was die EU-Richtlinie vorgibt, hinausgehen? - Weil Deutschland einen richtigen Nachholbedarf in dieser Frage hat, und zwar einen Nachholbedarf in Bezug auf die rechtliche Gleichstellung, die Sanktionierung von Diskriminierung. Das sehen wir überall.
In einem stimme ich Ihnen ausnahmsweise zu: Toleranz und Weltoffenheit kann man nicht verordnen. Aber wir sind gefordert, Bedingungen dafür zu schaffen, dass Toleranz wachsen kann, dass Weltoffenheit auch gelebt
Diesbezüglich bin ich der Auffassung, dass das eben ein erster Schritt ist, der für viele, insbesondere für die Behindertenverbände, noch nicht ausreichend ist. Das sollte man dann wenigstens erwähnen, wenn man sagt: „die Kritiker“.
Dann wird behauptet, dass die Umsetzung dieses Gesetzentwurfs mit einem immensen Aufwuchs an Bürokratie einhergeht und damit zu Wettbewerbsnachteilen für die deutsche und die sachsen-anhaltische Wirtschaft führt. Das ist ein Standardargument und überhaupt nicht belegbar. Für mich sind Wirtschaftsentwicklung und Schutz vor Diskriminierung eben keine Gegensätze. Die befürchtete Lähmung der Wirtschaft hat weder - das möchte ich einmal betonen - in Großbritannien - in den Jahren 1995 bis 1996 ging es dort um Antidiskriminierung - noch in Schweden, Frankreich oder in den Niederlanden stattgefunden. Es ist schlicht und ergreifend eine Behauptung. In diesen Ländern gibt es aber im Unterschied zu Deutschland eine Antidiskriminierungskultur.
Herr Gürth, viele gerade in der Antidiskriminierungsgesetzgebung orientieren sich eben an den USA. Ich sage Ihnen ganz offen: Die haben einen Aufwuchs in der Wirtschaft und auch bei Arbeitsplätzen, weil sie eben nicht diskriminieren und weil da eine Kultur gewachsen ist, in der man dafür sorgt, dass so etwas nicht mehr passiert. Ich habe das Beispiel schon einmal vorgestellt, wie dort in der Tourismuswirtschaft gearbeitet wurde und Zugänglichkeit und damit Chancengleichheit realisiert werden konnte.
(Zurufe von der CDU - Herr Scharf, CDU: Das ist das erste Mal, dass Sie Amerika loben! - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Das stimmt nicht, Herr Scharf! Dann haben Sie nicht zugehört!)
Wir gehen davon aus, dass von dem Antidiskriminierungs- oder Gleichbehandlungsgesetz nicht nur Negatives, sondern vor allen Dingen auch positive Wirkungen ausgehen werden. Deshalb haben wir auch im Änderungsantrag gesagt, nicht nur die wirtschaftlichen Aspekt sollen betrachtet werden, sondern es sollen weitere Aspekte in die Berichterstattung und in die Stellungnahme der Landesregierung aufgenommen werden. Falls das so passiert, würden wir dieser Berichterstattung auch zustimmen.
Interessant ist auch noch ein anderer Aspekt, und damit komme ich zum Schluss. Es wurde beantragt, den Antrag in den Ausschuss für Recht und Verfassung und in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu überweisen. Wir haben aber noch einen Ausschuss für Soziales. Da kommt dann auch die Gleichstellung zur Sprache. Das spielt aber scheinbar keine Rolle mehr in diesem Landtag bzw. bei einigen Fraktionen.
Deshalb schlage ich, wenn wir schon eine Überweisung beschließen, auch noch den Ausschuss für Soziales vor, wobei ich zunächst einmal die Direktabstimmung über unseren Antrag beantrage. - Danke.
Frau Präsidentin, ich muss mich etwas beeilen, weil ich das ansonsten in den fünf Minuten nicht schaffe.
- Herr Dr. Eckert, nur noch ein Hinweis: In unserem Antrag ist der Sozialausschuss mit aufgeführt worden. Wir haben also auch an die soziale Komponente gedacht.