Protocol of the Session on February 23, 2007

Das Kabinett wird sich in Kürze zum wiederholten Mal mit dem Klimaschutz befassen, wobei die Anforderungen sowohl zur weiteren CO2-Minderung als auch zur Entwicklung von Klimafolgenanpassungsszenarien beraten werden. Dabei darf natürlich kein Thema ausgespart bleiben. Das betrifft auch die zurzeit heftig diskutierten und dem Grunde nach vernünftigen Maßnahmen, wie die schadstoffabhängige Kraftfahrzeugsteuer oder das Tempolimit auf Autobahnen.

Angesichts der aufgezeigten Herausforderungen sind die in der Mitteilung „Eine Energiepolitik für Europa“ der EU-Kommission genannten Ziele, nämlich den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um 20 % zu vermindern, vernünftig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sagte bereits eingangs: Klimaschutz geht uns alle etwas an. Damit meine ich nicht nur die Politiker dieses Hohen Hauses und nicht nur die Fachleute aller Ressorts. Klimaschutz ist ein Thema, zu dem jeder seinen persönlichen Beitrag leisten kann. Auch das müssen wird deutlich nach außen transportieren; denn am Ende ist es die Entscheidung des Einzelnen, ein Niedrigenergiehaus zu bauen oder beim Kauf eines neuen Kühlschranks auf die Energieklasse zu achten oder den Stand-by-Modus des Fernsehers abzuschalten und letztlich nicht jeden Weg mit dem Auto zu fahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Kürze der Zeit konnte ich nur auf einige Schwerpunkte der landespolitischen Aktivitäten eingehen. Dem Anliegen des Parlamentes, zeitnah über den Fortgang der Arbeiten und über die Ergebnisse dieser Arbeiten zu berichten, will ich gern nachkommen. Ich denke, wir haben in den entsprechenden Ausschüssen genügend Gelegenheit, über die Strategien, über die Ergebnisse und auch über die daraus resultierenden Konsequenzen zu diskutieren. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Frau Ministerin. Es gibt eine Frage. - Abgeordneter Herr Dr. Köck, bitte.

Frau Ministerin, ich kann mir vorstellen, dass in diesen Tagen Ihre Kolleginnen und Kollegen - ich glaube, Sie haben nur Amtskollegen in den anderen Bundesländern - vor ihren Parlamenten genauso, wie Sie es hier gemacht haben, darüber berichten, was in der Vergangenheit getan worden ist. Trotzdem haben wir Probleme mit dem Klimaschutz. Es gibt den Brundtland-Bericht; es gibt das Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1997. Trotzdem liegt eine besorgniserregende Entwicklung vor. Worin sehen Sie die Ursache?

Herr Köck, die Ursachen sind sehr vielfältig. Sie sind vom Einbringer dieses Antrages und von mir angerissen worden. Ich denke, über die Ursachen und die zu erarbeitenden Strategien sollten wir in den Ausschüssen diskutieren.

Ich habe auf die Bandbreite der Ursachen und der zu treffenden Maßnahmen sowie auf die Notwendigkeit, dass viele Ressorts an diesem Thema mitarbeiten, hingewiesen. Das Umweltministerium allein wird die Ursachen für den Klimawandel weder beseitigen noch benennen können. Das Umweltministerium allein wird auch keine Strategie entwickeln. Dabei kommt es auf eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ressorts an. Um diese Gemeinsamkeit, um die ressortübergreifende Verantwortung zu organisieren, haben wir uns auf dieses Strategiegespräch und auf die Dialogetappen verständigt.

Der Startschuss wird durch die Beratung der schon angekündigten Vorlage im Kabinett gegeben. Wir werden also ausreichend Gelegenheit haben, darüber miteinander zu diskutieren.

Danke, Frau Ministerin. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Bergmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Bundeskanzlerin hat vor wenigen Tagen zum Thema Klimaschutz, Klimafolgen festgestellt, dass es fünf vor zwölf ist.

Ich muss dem Ältestenrat oder denjenigen, die die Tagesordnung festlegen, sagen, dass die Behandlung des Themas von der Zeit her gut gewählt ist; denn es ist gleich fünf vor zwölf. Das heißt, wir sind mit dem Thema genau an der richtigen Stelle.

Ich möchte mich weiterhin bei Ihnen, Herr Kley, dafür bedanken, dass Sie das Thema Klimaschutz aufgenommen haben. Die SPD hat vor wenigen Monaten dazu bereits eine Aktuelle Debatte angestoßen. Ich denke, es ist richtig, dass wir nun über Anträge dazu kommen, konkreter zu werden. Wir haben Ihre Anregung, die Klimafolgen mit einzubeziehen - ich gehe darauf gleich noch im Einzelnen ein -, berücksichtigt. Das finden Sie in unserem Antrag wieder, wenn auch vielleicht nicht ganz so, wie Sie es sich vorgestellt haben. Aber ich denke, wir alle können damit leben.

Meine Damen und Herren! Es ist drei Monate her, da titelte die „Bild“-Zeitung „20 Grad im November - Ist das nicht geil?“. Da fanden wir noch lustig, was sich so abspielte. Kaum acht Wochen später, im Januar, hatten wir 15,3 Grad. Die Zeitung titelte „EU warnt vor Dürre und Klimatoten“. Eine Woche später, zum Finale des Witterungsverlaufs in Deutschland, hieß es: „Zwölf Tote bei Horror-Orkan - Fliegt uns die Erde bald um die Ohren?“

Sie wissen, wenn wir leichtsinnig sind und ein Fehlverhalten an den Tag legen, dann wird das häufig umgehend bestraft. Sie alle kennen das folgende Beispiel: Wenn kleine Kinder ihre Hand irgendwann einmal auf die heiße Herdplatte legen, dann war es das erste und das letzte Mal; denn sie haben in dem Moment etwas gelernt. Genau das aber passiert bei unserem Verhalten,

was die Umwelt angeht, nicht. Es gibt keine unmittelbaren Folgen, keine unmittelbare Bestrafung, sodass der Umstand, dass wir ein Fehlverhalten an den Tag legen, erst langsam in das Bewusstsein eindringen muss.

Warum das Thema Klimawandel in Deutschland gerade jetzt an Bedeutung gewonnen hat, verdeutlichen die Schlagzeilen in den Zeitungen; denn sie haben die außergewöhnlich warme Witterung aufgrund ihrer Begleiterscheinungen in Form von extremen Wetterereignissen in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Ich glaube, Sie alle haben die Auswirkungen des Sturms von vor wenigen Wochen noch deutlich im Hinterkopf.

In den vergangenen Wochen konnten wir nicht zuletzt aus diesem Grund erleben, dass Klimaforscher Gehör fanden und ihre Botschaften plötzlich im öffentlichen Interesse standen. Wir haben erfahren, dass nicht erst unsere Generation die Erde erwärmt hat, sondern dass dies ein Prozess ist, der bereits seit 250 Jahren im Gang ist.

Das Fatale an der heutigen Zeit aber ist, dass die Erderwärmung deutlich an Fahrt gewonnen hat. Jedes Jahr werden, global betrachtet, enorme Mengen an CO2Emissionen hinzukommen. Es werden neue Rekorde aufgestellt. Wir nehmen im Moment das Schmelzen der Gletscher in den Alpen, auf Grönland, in der Arktis usw. zur Kenntnis und erleben es als Schauspiel. Wir können darüber diskutieren, ob es ein Schauspiel oder ein Naturschauspiel ist. Es ist mit Sicherheit stark anthropogen beeinflusst.

Weiterhin weisen Klima- und Meeresforscher zu Recht darauf hin, dass die Auswirkungen des globalen Klimawandels gegenüber dem, was langfristig bevorsteht, in den nächsten 100 Jahren noch weitgehend beherrschbar sind. Wir wissen, es gibt unterschiedliche Studien. Mir geht es jetzt auch nicht um genaue Zeiträume.

Alle drängen darauf, zu einer drastischen Reduzierung der CO2-Emissionen zu kommen, um nicht eine Kettenreaktion hervorzurufen, die wir hinterher nicht mehr beeinflussen können.

Ich denke, genau darauf sollte unsere Klimapolitik ausgerichtet sein. In diesem Sinne muss der Schwerpunkt der Klimapolitik - ich glaube, darüber sind wir uns einig - zuerst auf dem Klimaschutz liegen. Das ist der Punkt, der unserer Ansicht nach bei Ihrem Antrag ein bisschen zu kurz kommt. Sicherlich ist es richtig, dass wir die Klimafolgen beachten müssen. Wie gesagt, es ist eine Folge dessen, was zurzeit passiert. Der Klimaschutz kann jedoch dazu führen, dass wir etwas mehr Zeit haben.

Die Bewältigung der Folgen des Klimawandels ist zwar ein wichtiges Thema. Dennoch möchte ich zur Besonnenheit aufrufen. Es nützt nichts, wenn wir jetzt in blinden Aktionismus verfallen. Ich muss auch sagen: Die Diskussion in den letzten Wochen ist - wer sie in den Medien verfolgt hat, weiß das - teilweise etwas schräg geführt worden. Wir brauchen ein wenig Zeit, um große und vernünftige Handlungsspielräume zu bekommen.

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU und der SPD haben zu dem Antrag der FDP einen Alternativantrag eingebracht, den wir nicht nur als weiter gehend empfinden, sondern der auch tatsächlich weiter geht.

Wir wollen mit unserem Alternativantrag den Schwerpunkt der Klimapolitik auf die Umsetzung der Klimaschutzziele legen. Insbesondere die Überarbeitung und

Umsetzung des Landesenergiekonzeptes kann einen entscheidenden Einfluss auf die Umsetzung der Klimaschutzziele in unserem Land haben.

Herr Minister Dr. Daehre hat es im Zusammenhang mit der Debatte über die Kfz-Steuer gegenüber der „Volksstimme“ auf den Punkt gebracht, indem er sagte, im Kampf gegen den Klimawandel sei ein Gesamtkonzept nötig, das über Einzelvorhaben hinausgeht. Wir alle kennen unseren Landesentwicklungs- und Verkehrsminister, der immer für einen flotten Spruch gut ist.

(Frau Budde, SPD: Das haben die Landesver- kehrsminister so an sich!)

- Das haben die Verkehrsminister so an sich; das ist richtig. - Wir nehmen ihn an der Stelle natürlich beim Wort. Dem müssen Taten folgen. Wir erwarten daher von der Landesregierung, dass sie uns ihre Vorstellungen präsentiert, damit wir Gelegenheit haben, darüber in den Ausschüssen und vielleicht auch hier zu diskutieren.

Aber, Herr Kley, ich sage auch: Wenn wir über den Klimaschutz und die Klimafolgen reden, dann müssen wir eingestehen, dass es ohne Einschränkungen nicht gehen wird. Ich sage auch ganz klar: Egal, wen wir ansprechen - ob unsere Mitbürger, die Industrie oder wen auch immer -, es wird nicht alles mit Selbstverantwortung zu lösen sein, sondern es wird zum Teil nur mit Vorschriften gehen. Das sage ich bewusst in Richtung der FDP. Ich hoffe, dass sie uns dabei auch unterstützt.

In diesem Sinne bitte ich um Annahme unseres Alternativantrages und wünsche Ihnen, was das Wetter angeht, einen schönen Frühling ohne Wetterkapriolen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Bergmann. - Für die Linkspartei.PDS spricht die Abgeordnete Frau Hunger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich vermute, dass inzwischen jeder von uns mit einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit Berichte von abbrechenden arktischen Eisbergen oder schmelzenden Alpengletschern gesehen hat. Spätestens aber nach der Veröffentlichung des IPCC-Berichts, der in der Einschätzung der zukünftigen Entwicklung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ, ist wohl allen klar geworden, dass eine Veränderung des Klimas uns allen unabänderlich bevorsteht und eben nicht bei Gletschern und Eisbergen Halt macht, sondern auch Sachsen-Anhalt sehr konkret betreffen wird.

Der Einbringer des Antrages hat die Situation bereits beschrieben. Das geht von der verfrühten Baumblüte bis zu windbelasteten größeren Gebäuden. Es ist also leider, so muss ich sagen, sinnvoll und notwendig, Klimafolgenforschung zu betreiben.

Um im Parlament Kenntnis vom Stand und von der Entwicklung dieser Forschung zu bekommen, hätte es sicherlich keines Antrages im Parlament bedurft; vielmehr hätte ein Antrag auf Selbstbefassung im Ausschuss ausgereicht. Aber auch dies ist ein gangbarer Weg.

Ich habe auch kein Problem mit diesem Antrag und würde ihm natürlich grundsätzlich zustimmen. In der Umset

zung muss dann aber der Schwerpunkt unbedingt auf der Nutzung der Ergebnisse liegen. Es ist nämlich nicht so, dass wir in der Erforschung ein absolutes Defizit hätten.

Allein schon die in der Begründung zu dem Antrag angeführte Wettreg-Studie des Umweltbundesamtes, umfangreiche Arbeiten des Potsdamer Institutes für Klimafolgenforschung und des Helmholtz-Umweltforschungszentrums in Halle/Leipzig oder auch der im vergangenen Jahr durchgeführte Workshop am Landesumweltamt bieten eine Fülle von Erkenntnissen zu Folgen des Klimawandels und Handlungsoptionen. Der Mangel besteht meines Erachtens eher darin, dass diese Studien nicht in Entscheidungen und Handlungen einfließen. Dazu zwei Beispiele.

Das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung untersuchte Probleme des Wasserangebotes im mitteldeutschen Raum und prognostizierte die weitere Häufung von extremem Niedrigwasser in der Elbe. Das hindert die Landesregierung aber keineswegs daran, weiter für den Elbeausbau zu streiten.

Im Rahmen des bereits erwähnten Workshops beim Landesamt für Umweltschutz wurden Untersuchungen zum Wasserhaushalt im Raum des Salzigen Sees vorgestellt. Sie zeigen, dass die Wasserhaushaltssituation im Gebiet Querne/Weida sehr angespannt ist. Trotzdem favorisiert die Landesregierung die Abwasserentsorgung des Gebietes um Querfurt nach Nebra, was uns gestern sogar noch als besonders gelungene Lösung präsentiert wurde.

Ich will es bei diesen Beispielen belassen und noch einmal Folgendes betonen: Die Nutzung solcher Studien ist besonders im Hinblick auf den in der Erarbeitung befindlichen Landesentwicklungsplan wichtig. Dort müssen wirklich nachhaltige raumordnerische Entscheidungen getroffen werden.

Lassen Sie mich noch auf einen anderen, sehr wesentlichen Aspekt verweisen: Klimafolgenforschung hat nichts mit Klimaschutz zu tun. Insofern würde ich den von Ihnen, Herr Kley, angemahnten Paradigmenwechsel auf gar keinen Fall unterstützen wollen.

(Herr Stadelmann, CDU: Stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Wir müssen die Hauptkraft - auch finanziell - und die Hauptaktivitäten nach wie vor auf den Klimaschutz ausrichten. Klimafolgenforschung ist eigentlich nur ein Ausdruck des bisherigen nicht nachhaltigen Wirtschaftens und der auf die Allgemeinheit abgewälzten Kosten.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Insofern wünsche ich mir den Paradigmenwechsel an einer ganz anderen Stelle, nämlich hier im Land. Das Land braucht deutlich mehr Anstrengungen im Klimaschutz. Es muss seine führende Position bei der Nutzung von Windenergie und Biomasse annehmen und ausbauen.

Ich hatte vorgestern Gelegenheit, an einer Tagung der Erneuerbare-Energien-AG in Sachsen-Anhalt teilzunehmen, bei der auch andere Vertreter des Landtages anwesend waren. Dort hat man sich mit der Situation der erneuerbaren Energien im Land beschäftigt. Hierbei war wieder spürbar, dass die Landesregierung die besonders hohe Ausbeute an Windenergie immer noch vorrangig als Problem und nicht als Chance sieht.

Wir müssen die Forschung, zum Beispiel hinsichtlich Speichertechniken und Biomasseverfahren, intensivieren, mehr Anreize für energetisches Gebäudemanagement schaffen, mehr Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen im Verkehr umsetzen, die Beispielwirkung von Land und Kommunen verstärken und diese Beispiele auch kommunizieren. Wir brauchen auf dieser Strecke auch mehr Umweltbildung.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)