Allerdings wagen sich bisher nur vergleichsweise wenige deutsche Serviceunternehmen mit ihrem Angebot über die Landesgrenzen hinaus. So hat die Dienstleistungswirtschaft mit mehr als 70 % zwar einen gewaltigen Anteil an der gesamten binnenwirtschaftlichen Wertschöpfung, ihre Leistungen machen aber nur 13 % bis 14 % der deutschen Exporte aus.
Wir sind Exportweltmeister, doch bei den Dienstleistungen müssen wir feststellen, dass der Wert der Dienstleistungen, die wir jährlich einkaufen, um ca. 50 Milliarden € über dem Wert der Dienstleistungen liegt, die Deutsche im europäischen Ausland anbieten.
Die EU-Richtlinie ist eine Chance. Ihre Umsetzung, für die wir drei Jahre Zeit haben, wird dann besonders vorteilhaft sein, wenn wir die zu schaffende zentrale Anlaufstelle vernünftig organisieren. In dieser sollen künftig alle Informationen erhältlich und alle Behördengänge erledigt werden können. Genau dies ist vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen eine wichtige Verbesserung und ein Schritt hin zu einem faireren Wettbewerb.
Wir werden hier im Land Sachsen-Anhalt entscheiden müssen, ob diese zentrale Anlaufstelle, bei der man alle Informationen bekommt und alle Behördengänge erledigen kann, zum Beispiel beim Landesverwaltungsamt, bei den Landkreisen oder bei den Kammern andockt. Das ist eine nicht unerhebliche Entscheidung, über die wir noch zu beraten haben werden.
Ich hoffe, dass die EU-Richtlinie europaweit gleiche Bedingungen schafft und dass deutsche Dienstleister im europäischen Ausland künftig bessere Wettbewerbschancen bekommen. Wir sollten die Umsetzung in den Fachausschüssen des Landtags begleiten.
Ich stimme Herrn Tögel darin zu, dass wir beide Anträge, die heute vorliegen, an den Wirtschaftsausschuss
überweisen sollten, der dann das weitere Verfahren regelt, zum Beispiel im Hinblick auf die Fragen, die bei einer Anhörung oder bei den Beratungen mit der Landesregierung vielleicht noch zu stellen sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Gürth. - Wir haben die Freude, weitere Schülerinnen und Schüler der Francke-Sekundarschule Magdeburg auf der Südtribüne begrüßen zu können.
Die Debatte ist beendet. Wir stimmen nun ab. Ich muss allerdings sagen, dass wir ein solches Verfahren, glaube ich, bisher noch nicht hatten. Es handelt sich in beiden Fällen um Anträge, über die eigentlich direkt abgestimmt werden müsste.
Wenn wir die beiden Anträge zusammen an einen Ausschuss überweisen, dann muss der Ausschuss nichts weiter tun als zu versuchen, neue Fragestellungen zu finden, damit die Regierung, die bis dahin untätig bleiben kann, über die Beantwortung nachdenken kann.
Wenn dass das Ziel ist, dann stimmen wir über die Überweisung der Anträge an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit ab, der sich dann nicht berichten lässt, sondern nichts weiter tut, also neue Formulierungen zu finden. Wünschen Sie das?
- Dann stimmen wir darüber ab. Wer stimmt dem zu? - Die Koalitionsfraktionen und Teile der FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Die PDS-Fraktion. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung. Damit ist das mehrheitlich so beschlossen worden. Die Anträge sind damit an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zur weiteren Beratung über den Text überwiesen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 19 beendet.
Einbringerin für die Linkspartei.PDS ist die Abgeordnete Frau Fiedler. Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! In der vergangenen Woche habe ich wie einige andere Mitglieder
dieses Hauses auch an einer Konferenz zur Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft teilgenommen. Auf dieser Konferenz schilderte ein Unternehmer, wie bei ihm Gespräche mit Ausbildungsbewerbern aus der Sekundarschule ablaufen. Er fragt sie unter anderem, wie viel 13 mal 13 sei.
Er bekommt oft die richtige Antwort, aber sehr oft auch die Antwort 109 und manchmal auch die Antwort 1 009.
Sie können sich sicherlich denken, wie dieses falsche Ergebnis zustande kommt. Dabei wird wirklich gerechnet und nicht etwa nur geraten. Bei 13 x 13 wird gerechnet: 10 x 10 + 3 x 3 = 109. Oder es wird gerechnet: 10 x 10 = 100 und 3 x 3 = 9, dann wird die Neun an die Hundert angehängt; das ergibt 1 009.
13 mal 13 ist das große Einmaleins, Grundlagenwissen. Das steht so auch in der Rahmenrichtlinie, die in der nun bereits dritten Fassung seit dem Jahr 1990 das siebente Jahr für die Klassen 7 bis 10 gültig ist. Die Schüler hätten das also ohne Taschenrechner wissen müssen. Aber nach wie vor klagt die Wirtschaft über mangelhaft ausgeprägte Grundkompetenzen und unsicheres Grundwissen bei den künftigen Auszubildenden. Nach wie vor herrscht an mancher Sekundarschule keine sonderlich lernfördernde Atmosphäre.
Nicht zum ersten Mal ist aus dem Kultusministerium zu hören, dass die Sekundarschulen in das Zentrum bildungspolitischer Aufmerksamkeit gerückt werden müssen. Bisher ist aber nicht viel passiert. Deshalb haben wir aufgehorcht, als das Kultusministerium am Anfang dieses Schuljahres per Pressemitteilung verlauten ließ, dass an eine grundsätzliche Neuordnung der Lerninhalte als d a s Mittel zur Stärkung der Sekundarschule gedacht wird.
- Es stand d a s Mittel darin. - Sie sprachen sich natürlich außerdem für mehr Zeit für praktische Aspekte des Lernens, für eine deutliche Berufsorientierung und für längeres Verweilen bei wichtigen Unterrichtsinhalten aus. Damit soll der Sekundarschulbildungsgang eigenständig und gleichwertig neben dem gymnasialen Bildungsgang sichtbar werden.
Eine erneute Pressemitteilung des Kultusministeriums vom vergangenen Montag ging in eine ähnliche Richtung. Wir sagen nun: Uns sind Pressemitteilungen zu diesem Thema einfach zu wenig.
Wenn schon, um Ruhe in die Schulen zu bringen, nur so genannte innere Reformen geplant sind und dabei nicht an Strukturveränderungen zugunsten eines längeren gemeinsamen Lernens gedacht wird, dann müssen uns diese inneren Reformen doch wenigstens alle interessieren - allein um zu sehen, ob die angekündigte curriculare Reform wirklich nur eine Blase bleibt, wie zu hören war, ob durch Aktionismus von der eigentlich viel dringlicheren grundlegenden Reform des Schulwesens abgelenkt werden soll oder ob die derzeitigen Jubelschreie der Wirtschaft berechtigt sind.
Uns - insbesondere dem Bildungsausschuss, um den es hierbei geht - darf nicht nur das Ergebnis im Schuljahr 2009/2010 wichtig sein; wir müssen auch den Weg dorthin im Blick haben. Man hat ja bereits damit begonnen, ihn zu beschreiten.
Im Jahr 2005 hat das Landesinstitut für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung von Sachsen-Anhalt die bereits erfolgte Evaluation der jetzigen Rahmenrichtlinien für die Sekundarschule veröffentlicht. Die guten Ansätze darin müssen aufgegriffen werden.
Uns bewegen in diesem Zusammenhang Fragen wie: Welche Lerninhalte sollen wie neu geordnet werden? Wie werden die bisher genannten Schwerpunkte - ich nenne sie einmal: praktisches Lernen, Berufsorientierung und Verweilen an wichtigen Inhalten - umgesetzt?
In der Grundschule gibt es - dies ist dort seit zwei Jahren in der Erprobungsphase - kompetenzorientierte Lehrpläne. Wie soll das für die Sekundarschule umgesetzt werden? Wie werden die angekündigten Freiräume für die Schule aussehen? Gibt es vielleicht sogar Überlegungen für individuelle Lernpläne, wie das erfolgreiche Schulen praktizieren?
Wie ist die Ankündigung des Herrn Kultusministers zu verstehen, dass sich die Lehrpläne an den Bildungsstandards des mittleren Schulabschlusses und des Hauptschulabschlusses orientieren sollen? Wie ist die Entwicklung des auf den Hauptschulabschluss bezogenen Unterrichts gedacht? Ist etwa zu vermuten, dass Lehrpläne auf zwei Niveaustufen entstehen? Dagegen wenden wir uns entschieden;
(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Herr Tullner, CDU: Warum? - Frau Feußner, CDU: Warum? Ich denke, Sie reden nicht über Veränderungen im Rahmen der curricularen Reform! Das ist jetzt aber komisch! Das verstehe ich nicht!)
denn das stünde im Widerspruch zu der Ankündigung, dass der Sekundarschulbildungsgang insgesamt gleichwertig neben dem gymnasialen Bildungsgang stehen soll. Wir sehen in einem verstärkten Ausbau der Verflechtungsmöglichkeiten mit der Praxis für alle Schüler einen erfolgreicheren Weg. Die bisher praktizierten Angebote sind ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich habe mit so genannten Schulverweigerern gesprochen, die sich schon aufgegeben hatten und die im Modellprojekt des produktiven Lernens ihr Selbstwertgefühl wiedergefunden haben. Dies führte sogar so weit, dass sie den Realschulabschluss in Angriff nehmen wollen.
Wir stellen uns die Verbindung zur Praxis flächendeckend und als kontinuierliche Möglichkeit vor. Laut Erlass sind zurzeit neben dem Modellprojekt „Produktives Lernen“ auch Praxistage möglich.
Wir sagen: Polytechnische Bildung tut Not. Wir meinen damit: Unterrichtsinhalte verschiedener Fächer sollten mit der Praxis verbunden werden, Aufgabenstellungen aus dem Fachunterricht sollen durch praktische Arbeit im Betrieb gelöst werden, und zwar ohne didaktischmethodische Gängelei, aber auf der Grundlage sicherer Kompetenzen. Das verschafft dem Schüler Erfolge und damit Stolz auf sich selbst; das baut Versagensängste ab und die Leistungsbereitschaft auf.
Meine Erfahrungen zeigen mir, dass ein durchgängig praxisverbundener Ansatz eine positive Einstellung zum
Lernen befördert und dass sich dadurch die Anzahl der Schulabbrecher verringert. Schulabbrecher sind Schulabgänger ohne Abschlusszeugnis. Im vergangenen Schuljahr betrug ihr Anteil immerhin noch 11,1 %.
Ein solcher Ansatz hätte auch wissenssichernde und berufsorientierende Wirkung. Wenn nämlich ein Anteil von etwa 20 % aller Auszubildenden seine Ausbildung abbricht, und das bei der derzeitigen Situation auf dem Ausbildungsmarkt, dann ist das ein Alarmsignal, das zeigt, dass in der Schule und beim Übergang von der Schule in die Ausbildung so manches nicht stimmt. Auch Schule und Wirtschaft sind sich darin einig, dass hier einiges wesentlich anders als bisher gedacht und gemacht werden muss.
Eines möchte auch ganz deutlich sagen: All die Fragen, die ich hier heute stelle, und all das, was ich an Vorschlägen unterbreite, bewegt sich nur auf dem Boden dessen, was zurzeit rechtlich möglich ist. Unser eigentliches Ziel richtet sich auf das längere gemeinsame Lernen. Das wissen Sie alle.