Letztlich geht es um ein stabiles Schulnetz. Einige unserer Vorschläge dazu haben wir bereits in den Landtag eingebracht.
Kurz gesagt: Wir wollen eine Schule für alle Kinder, eine Schule, die sich jedem Kind zuwendet und ihm Raum und Hilfe gibt zum Lernen, zum Ausprobieren und auch zum Fehler machen. Wir wollen längeres gemeinsames Lernen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um Bewegung im bildungspolitischen Bereich zumindest anzudeuten, wird heute der Bildungskonvent ins Leben gerufen. Wir werden diesem Antrag zustimmen. Ich will allerdings davor warnen, Wunder zu erwarten. Aber wir sollten gemeinsam den Erkenntnisgewinn und den Austausch über unterschiedliche Lösungswege suchen.
Rita Süssmuth - uns allen bekannt, denke ich - hat auf der von mir vorhin angesprochenen Konferenz in Hannover die ungeheure Beratungsresistenz in Bildungsfragen in der Bundesrepublik bitter beklagt und gefragt: Warum haben wir eigentlich in Deutschland eine solche Angst vor der Gemeinschaftsschule?
Vielleicht sind der Bildungskonvent und die öffentliche Aufmerksamkeit, die sich auf ihn richten wird, eine Chance, von dieser Angst etwas abzubauen. Einen gesellschaftlichen Konsens über die Bildungspolitik halte ich für eine Illusion. Dazu sind die gesellschaftlichen Interessen zu verschieden. Aber - darin stimme ich Ihnen zu - es muss gelingen, eine möglichst breite gesellschaftliche Akzeptanz im Interesse unserer Kinder zu erzielen.
Darum sage ich an dieser Stelle auch sehr deutlich: Sollte es am Ende im Konvent zu Lösungsvorschlägen - wie auch immer sie ausfallen - eine breite Übereinstimmung geben, sollte die Politik auch den Mut haben, darauf zu reagieren.
Das heißt allerdings nicht - Frau Budde, darin will ich Ihnen widersprechen -, dass wir heute schon festlegen sollten, mit welchen Themen wir uns im Wahlkampf 2011 befassen. Dazu ist das Thema wiederum zu wichtig. Wir, die Linkspartei.PDS, werden uns aktiv und konstruktiv in diesen Prozess einbringen. Das sei Ihnen versprochen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt. Ich werbe um Ihre Zustimmung. Ich möchte zu den drei Punkten des Antrages kurz etwas sagen.
Erstens. Ich halte die Einbeziehung der beiden großen Kirchen in den Konvent für angebracht. Aber gerade wenn es um gesellschaftlich breite Akzeptanz und um die Frage, welche Bildungsinhalte und welche Werte die Schule vermitteln soll, gehen soll, halten wir auch eine Vertretung konfessionell nicht gebundener Gruppen für angemessen.
Zweitens. Wir, die Fraktion der Linkspartei.PDS, beantragen die Vertretung des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Bildungskonvent. Die Arbeitgeberverbände sind - völlig zu Recht - im Konvent berücksichtigt; deshalb sollte auch die Arbeitnehmerseite in gleicher Weise präsent sein,
zumal der DGB auch im „Podium Bildung“ vertreten war, was, wie ich glaube, nicht zu dessen Schaden war.
Drittens. Wir möchten Sie bitten, den Themenkatalog um den Punkt der frühkindlichen Bildung zu ergänzen. Wir sind uns sicherlich darin einig: Auf den Anfang kommt es an. Dies sollte auch in den Schwerpunkten für die zwei- bzw. dreijährige Arbeit des Konvents deutlich werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zurück zu Rita Süssmuth. Sie forderte in Hannover - ich zitiere - „revolutionäre“ Veränderungen in der Schulstruktur in der Bundesrepublik, und das nicht erst in zehn Jahren.
Eine Revolution im Bildungsbereich steht in SachsenAnhalt nicht bevor. Aber vielleicht gelingt es mit dem Bildungskonvent, zumindest eine vorrevolutionäre Situation in Sachsen-Anhalt zu erreichen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Den Bildungskonvent als Chance begreifen und nutzen“ - so überschrieb die Linkspartei.PDS ihre Pressemitteilung am 1. Dezember 2006. Ich bin mir nach Ihrem Redebeitrag nicht mehr ganz sicher, ob Sie das wirklich so gemeint haben.
Denn genau so verstehen wir, die Koalitionsfraktionen der CDU und der SPD, die Einrichtung des Bildungskonvents. Aufgrund Ihres Redebeitrags, Herr Höhn, glaube ich, dass Sie das nicht ganz so verstehen.
Die Einrichtung des Bildungskonvents haben wir in unserer Koalitionsvereinbarung beschlossen. Wir werden den Bildungskonvent mit dem heutigen Beschluss auf den Weg bringen.
Auch wenn die Linkspartei.PDS kritisch anmerkt, dass dieser Antrag schon eher hätte gestellt werden können,
dass Zeit verschenkt worden sei usw., muss ich feststellen, dass wir uns für diesen Antrag Zeit genommen und ihn mit großer Sorgfalt vorbereitet haben.
Natürlich machen sich auch die Koalitionspartner nicht vor, dass dies einfach gewesen wäre. Es ist allgemein bekannt, dass wir uns im bildungspolitischen Bereich nicht unbedingt sehr nahe stehen. Nun gilt es aber, den ausgehandelten Antrag in die Tat umzusetzen. Die Organisationsfragen und der inhaltliche Fragenkatalog bezüglich der zu behandelnden Themen sind das eine. Die eigentliche Arbeit wird aber Anfang des nächsten Jahres mit der Berufung dieser Institution beginnen.
Natürlich wird an der einen oder anderen Stelle kritisiert - bei Frau Budde ist das auch schon angeklungen -, dass die eine oder andere Institution bzw. der eine oder andere Verband auch eine Legitimation gehabt hätte, im Bildungskonvent mitzuarbeiten. Ähnlich ist es in dem PDS-Antrag bezüglich des Humanistischen Verbandes und des DGB angeklungen.
Dazu möchte ich sagen: Mit dem Vorschlag, 37 Mitglieder fest in den Bildungskonvent zu berufen, steht es dem Konvent frei, weitere Verbände, Institutionen, Praktiker oder Wissenschaftler anzuhören. Dies wird dann in einer Geschäftsordnung des Konvents geregelt sein. Da wir mit 37 Mitgliedern schon einen relativ großen Kreis haben, lehnen wir die Punkte 1 und 2 des Änderungsantrages der PDS-Fraktion ab.
Im Vordergrund wird vielmehr die inhaltliche Debatte dazu stehen, wohin uns der Bildungskonvent mit seinen Vorschlägen führen wird bzw. zu welchen Ergebnissen der Konvent am Ende seiner Tätigkeit kommen wird.
Ich sage ganz bewusst, dass wir dieser Einrichtung positiv gegenüberstehen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auch darauf hinweisen, dass sich meine Erwartungen in Grenzen halten. Sollte es sich am Ende anders darstellen, wäre dies umso vorteilhafter.
Aber wir alle wissen, dass selbst die Mitglieder des Konvents nicht frei von eigenen ideologischen Überzeugungen bzw. auch nicht frei von verbandlichen Vorgaben und Abstimmungen sind.
Allein die unterschiedlichen Deutungen und Auslegungen der Pisa-Ergebnisse haben gezeigt, dass es kein Patentrezept im Bildungsbereich gibt. Einfache Antworten auf die angesprochenen Fragen wird es kaum geben. Nicht nur die verschiedenen politischen Parteien, sondern selbst Wissenschaftler sind sich hierbei in ihrer Argumentation nicht einig. Deshalb wird es unheimlich spannend sein, wie ein Bildungskonvent in Sachsen-Anhalt mit dieser Problematik umgehen wird.
Wir hoffen sehr, dass ideologische Grabenkämpfe weitestgehend außen vor bleiben und wirklich frei und offen um die bestmögliche qualitative Bildung unserer Schülerinnen und Schüler gerungen wird, die auch internationalen Vergleichen standhält.
Die Defizite unseres derzeitigen Systems sind allen weitestgehend bekannt. Das wurde zum Teil schon erwähnt. Sie werden auch ständig benannt und diskutiert. Darüber sind wir uns im Wesentlichen einig.
Einige wenige möchte ich in Kurzform nennen: die veränderte demografische Situation, die Eigenständigkeit von Schulen hinsichtlich der Profilbildung, die Verbesserung der Durchlässigkeit, die individuelle Förderung, die
Qualität unserer Abschlüsse, der Anteil der Schüler ohne Schulabschluss, die Quote der Schüler an Förderschulen. Das könnte man weiter fortsetzen. Einiges ist auch von den Fraktionen der SPD und der Linkspartei.PDS bereits benannt worden. Aus unserem Antrag geht das ebenfalls hervor.
Hinzu kommt aber, dass unsere Schulen in einer schwierigen Situation sind: Sie müssen immer mehr Probleme lösen, für die sie selbst gar nicht verantwortlich sind. Auch dies gilt es aus meiner Sicht stark zu berücksichtigen.
Die Lösungsmöglichkeiten für diese Probleme werden höchst unterschiedlich bewertet und diskutiert. Das müssen wir im Konvent genau behandeln. Wir betonen deshalb ganz besonders, dass über alle Themen, die angesprochen worden sind, bzw. über alle, die wir in unserem Antrag aufgeschrieben haben und über die wir abstimmen werden, ergebnisoffen diskutiert wird, um Empfehlungen an das Parlament weitergeben zu können, die - das wurde auch schon mehrfach angesprochen - in der Gesellschaft eine möglichst breite Akzeptanz erreichen.
Nun möchte die Linkspartei.PDS - dies ist in ihrer Pressemitteilung dokumentiert und wurde auch in der Rede noch einmal deutlich - alle Ergebnisse schon im Vorfeld vorgeben. Aber wenn wir ohnehin alles wissen, Herr Höhn, könnten wir doch auf den Konvent verzichten - und stünden wieder beim Status quo. Das aber wollen die Koalitionsfraktionen nicht.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich das mit einem Zitat aus der Pressemitteilung belegen:
„Es stimmt bedenklich, wenn die Strukturfrage als eine der entscheidenden für zahlreiche Probleme wie Zugang zu Bildung, Studierquote oder Schulgröße als gleichrangige Einzelfrage unter anderen aufgeworfen wird.“
„Zahlreiche internationale Vergleiche belegen sehr deutlich, was in Deutschland zu verändern ist. Das Grundproblem liegt in der frühzeitigen Zuordnung der Kinder zu verschiedenen Laufbahnen.“
Ich habe aber gerade betont, dass selbst Wissenschaftler zu ganz unterschiedlichen Deutungen der Ergebnisse kommen.