Protocol of the Session on November 17, 2006

(Herr Gürth, CDU: Das ist unsinniger Populismus! - Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

Noch einmal zum Grundgedanken der Aktuellen Debatte. Wenn damit heute erreicht wurde, dass in der Landesregierung ein Umdenken und ein anderes Herangehen an den Gedanken des Klimaschutzes erfolgt, dann würden wir uns freuen und würden das auch unterstützen. Das ist vor allem ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und zukünftige Generationen würden uns das gewiss danken. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Lüderitz, es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Schulz von der CDU. Es gibt eine weitere Nachfrage von Herrn Püchel. - Bitte schön.

Herr Lüderitz, Sie kritisieren die Landesregierung, weil sie angeblich zu wenig für den Klimaschutz tut. Unter anderem führen Sie auf, dass die Dächer nicht mit Solaranlagen ausgestattet sind, dass nicht mit Erdwärmeheizungen geheizt wird und dass keine Energiesparlampen installiert sind. Ich frage Sie: Wie sieht es in Ihrem Haus aus?

(Herr Gürth, CDU: Er macht nachts den Fern- seher aus! - Heiterkeit bei der CDU)

Ich kann zumindest sagen, dass ich die Energiesparlampen nutze und dass ich sehr viel für Wärmedämmung gemacht habe, da ich baufachlich auf diesem Gebiet tätig war. Einen Feststoffkessel habe ich auch.

(Oh! bei der CDU - Minister Herr Dr. Daehre: Oh, oh, oh!)

Herzlichen Dank. Es gibt es weitere Frage des Abgeordneten Herrn Püchel. Sind Sie bereit, diese zu beantworten, Herr Lüderitz? - Bitte.

Herr Kollege, ich habe Energiesparlampen, ich habe eine Wärmedämmung angebracht und ich habe eine Fotovoltaikanlage, also liege ich vollkommen richtig.

(Zustimmung bei der SPD - Minister Herr Dr. Daeh- re: Prima! - Herr Lüderitz, Linkspartei.PDS: Sehr gut!)

- Danke für den Beifall. - Aber jetzt zu meiner Frage. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie sich gegen die Ausbaggerung der Egelner Mulde ausgesprochen. Haben Sie Ihre Rede mit Ihrem parlamentarischen Geschäftsführer, mit Ihrer Fraktionsspitze, mit Herrn Gallert abgestimmt? - Es gibt nämlich eine Pressemitteilung von Herrn Thiel, in der er sich klar für den Tagebau in der Egelner Mulde ausgesprochen hat.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Das ist aber interessant! - Weitere Zurufe von der CDU)

Herr Püchel, das ist durchaus eine sehr interessante Frage. Aber ich kann Ihnen mitteilen: Herr Thiel und auch Herr Gallert kennen den Inhalt meiner Rede.

(Herr Gürth, CDU: Na und? - Weitere Zurufe von der CDU - Frau Bull, Linkspartei.PDS: Der Vor- gang ist Ihnen völlig unbekannt!)

Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Abgeordneter Lüderitz. - Als letztem Debattenredner erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Stadelmann von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Stadelmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich habe eigentlich gedacht, es würde irgendwie langweilig sein, als letzter Debattenredner zu sprechen, weil sich alle einig sind und das Gleiche sagen. So ist es aber zum Glück doch nicht. Herr Lüderitz hat mir mehr oder weniger eine Steilvorlage geliefert, die sehr nach sozialistischer Planwirtschaft klingt.

Ich glaube nicht, dass Sie damit auf der Höhe der Zeit sind und die richtigen Informationen haben. Sie können gern einmal bei den Firmen Enercon oder Q-Cells nachfragen, wie sie vom Land Sachsen-Anhalt unterstützt worden sind, um zukunftsweisende Investitionen in das Land zu holen.

(Beifall bei der CDU)

Was die Dächer der Landesimmobilien betrifft, kann ich Ihnen nur sagen: Warten Sie einmal ab; wenn die Kosten-Nutzen-Relation bei den Solarzellen stimmt, dann werden wir in dieser Richtung sicherlich etwas tun. Davon bin ich fest überzeugt.

(Zuruf von Herrn Lüderitz, Linkspartei.PDS)

Wenn es sich rechnet, dann wird Sachsen-Anhalt hierbei wie in anderen Bereichen auch eine Vorreiterrolle übernehmen. Ich komme darauf nachher noch einmal im Einzelnen zu sprechen.

(Ministerin Frau Wernicke: Sie wissen aber auch, dass sich der Staat nicht selbst fördern darf!)

- Danke für den Hinweis.

Von den Vorrednern ist es schon gesagt worden. Im Grunde genommen ist es unbestritten, dass ein Klimawandel stattfindet, dass eine globale Temperaturerhöhung stattfindet. Nun kann man sich natürlich darüber streiten, ob das in einem 300 000-Jahres-Zyklus oder in einem 30 000-Jahres-Zyklus stattfindet.

Jedenfalls gibt es für die momentane Temperaturerhöhung zu einem erheblichen Anteil anthropogene Ursachen. Damit bezeichnet man das, was wir Menschen dazu beitragen. Das ist eindeutig nachzuweisen. Für uns muss aber natürlich auch klar sein, dass wir die Klimaveränderung nur in dem Bereich, in dem wir selber dazu beitragen, auch wieder rückgängig machen oder anhalten können.

Ein Potsdamer Klimaschützer sagte vor Kurzem: Es geht darum, das Unbeherrschbare zu vermeiden und das Unvermeidbare zu beherrschen. Das sind eigentlich die Punkte, die in dieser Klimadebatte für uns wichtig sind. So schön, wie warme Sommernächte sind - es gibt etliche Probleme, die aus diesem Klimawandel resultieren.

Der Klimawandel vollzieht sich schleichend. Ich will es an einem Beispiel für jeden einmal deutlich machen. Viele können sich sicherlich noch an den November 1989 erinnern. Damals waren wir auf der Straße und sind zu Demonstrationen und in Kirchen gegangen. Damals war kein schlechtes Wetter, aber es war kälter.

Heute, am 17. November 2006, wurden um 8 Uhr morgens 10° C gemessen. Der eine oder andere, der schon ein paar Jahre mehr „auf dem Buckel“ hat, kann noch weitere zehn Jahre zurückdenken und sich an Schneeballschlachten im November auf dem Schulweg erinnern. Es geht schleichend voran. Man kann einmal für sich selbst rekapitulieren, wie das ganze Problem mit der Zeit wächst.

Es gibt ganz konkrete Probleme, die uns mit Blick auf den Landeshaushalt noch beschäftigen werden. Einmal haben wir es schon erlebt mit dem Elbehochwasser. Es gibt Studien des Umweltbundesamtes - sie sind heute schon zitiert worden -, in denen unter anderem vorgeschlagen wird, zu dem Bemessungswert des Hochwassers von HQ 100 noch einmal 15 % hinzuzurechnen als Vorsorge für den Klimawandel. Das kostet mehr Geld; das muss uns ganz klar sein.

Es gibt auch eine Studie des Umweltbundesamtes bezüglich der Schifffahrt auf der Elbe, in der festgestellt wird, dass es problematisch werden wird, die Elbeschifffahrt mit den festgelegten Unterhaltungsmaßnahmen aufrechtzuerhalten, wie es auch in einem Landtagsbeschluss steht. Ich sage es einmal so: Das ist ein Gutachten. Das heißt, man muss gut darauf achten, wer der Auftraggeber ist. Aber trotzdem sollte man die Hinweise der Spezialisten berücksichtigen.

Wir haben uns in Sachsen-Anhalt schon verschiedentlich mit dem Thema Klimawandel beschäftigt. Es geht nun darum, eine konzertierte Aktion in unserem Land am Laufen zu halten, wobei die Maßnahmen mit den Kommunen, mit anderen Ländern, mit dem Bund und mit Europa abgestimmt werden müssen. Diese konzertierte Aktion sollte zielführend dazu beitragen, erstens mit den bereits vorhandenen Klimaveränderungen umzugehen und zweitens dafür zu sorgen, dass der Temperaturanstieg um 2° Celsius, der uns in den nächsten Jahrzehnten droht, aufgehalten wird.

Es liegt eine Energierichtlinie der EU vor, die wir auch in unserem Bundesland umsetzen werden. Dort ist von einem Energiemix die Rede, mit dem diese Probleme gelöst werden sollen. Ein ganz wesentlicher Bestandteil bei diesem Energiemix sind die erneuerbaren Energien. Diese werden für die Energieversorgung zukünftig immer wichtiger werden, auch unter einem Aspekt, der heute noch gar nicht angesprochen wurde, nämlich der Sicherheit der Versorgung mit Energie.

Jeder kennt die Diskussionen über die Pipeline durch die Ostsee und über die unsichere Ölversorgung aus dem Nahen Osten. Auch unter diesem Gesichtspunkt müssen wir aus dem Klimawandel Schlussfolgerungen ziehen und für uns eine sichere Energieversorgung gewährleisten.

Zum Thema Kohleeinsatz sage ich: Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir das CO2-freie Kohlekraftwerk haben werden. Vattenfall hat es bereits angekündigt. In der Lausitz soll es möglicherweise gebaut werden. Ich denke, das wäre für die gesamte Technologie in diesem Bereich ein riesiger Schritt nach vorn. Das würde wieder einmal zeigen, dass Deutschland Spitze ist, wenn es um diese Energietechnologien geht.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Frau Wernicke hat darauf hingewiesen, dass die neue EU-Förderperiode vor der Tür steht. Von 2007 bis 2013 wird auch die Entwicklung des ländlichen Raums gefördert. Wir haben dazu mit der EU-Kommission in Brüssel, insbesondere mit der Generaldirektion Regio, Gespräche darüber geführt, was wir in Bezug auf Energiemaßnahmen im ländlichen Raum machen können.

Unter anderem deswegen haben wir vorgesehen, Kindertagesstätten und Schulen im ländlichen Raum über diese Strukturfonds zu sanieren. Wir müssen dabei ganz besonders darauf achten, dass wir in diesen Gebäuden Maßnahmen vornehmen, die unter dem Ziel stehen, das

Kyoto-Protokoll zu erfüllen; denn wir können keine Fördermittel einsetzen, um Pflichtaufgaben zu erledigen,

(Zustimmung bei der CDU und von Ministerin Frau Wernicke)

sondern wir müssen zeigen, dass wir diese Gebäude nach einem Gesamtkonzept sanieren, das sowohl inhaltlich für die Schulen und die Kindertagesstätten wichtig ist, als auch - das ist in der Schuldebatte mehrfach angeklungen - für die Schüler, Eltern und Lehrer ein Schulumfeld schafft, in dem es sich lohnt zu lernen und zu leben, sodass sie gern in die Schule oder in die Kindertagesstätte gehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir haben auch für die Internationale Bauausstellung Projekte in Sachsen-Anhalt entworfen, bei denen ausdrücklich Klimaschutzmaßnahmen an und in Gebäuden durchgeführt werden. Es gibt Beispiele in Gräfenhainichen und in Wanzleben. Wir sind also auch hierbei Vorreiter und werden das Ganze noch ausweiten.

Wir haben in Sachsen-Anhalt im Bereich der Windkraft mit dem Unternehmen Enercon einen der Weltmarktführer. Sicherlich gibt es bezüglich der Windparks, die wir haben, Akzeptanzprobleme. Aber man muss auch sagen: Mittlerweile haben 40 Länder in der Welt das deutsche Energieeinspeisegesetz bzw. ähnliche Regelungen übernommen.

Zu der Führungsposition, die wir in diesem Bereich innehaben, gehört natürlich, dass wir zuerst die negativen Erfahrungen machen; die machen wir auch für alle anderen mit. Es ist aber der Vorteil, den wir dabei haben, dass wir für diese negativen Erfahrungen auch als Erste eine Lösung finden können und somit beispielgebend für andere sind. Ich nenne nur das Repowering in den Windparks, das dazu führen wird, dass wir nicht mehr so viele, dafür aber größere Anlagen haben werden und dass die Ausbeute an den einzelnen Standorten sogar noch besser wird.

Zum Thema Solarstrom ist schon einiges gesagt worden. Wer in der vergangenen Woche an der Zukunftskonferenz des MLU in Magdeburg teilgenommen hat, konnte dort den Beitrag der Geschäftsführung der Firma Q-Cells hören. Darin hieß es: Solarstrom ist die alternative Energieform mit dem höchsten Wachstumspotenzial, mit den größten Zukunftschancen.

Wenn es gelingen sollte, diese Solarzellen aus nicht hochreinem Silizium zu produzieren, dann wäre das ein riesiger Durchbruch. Es würde auch einen Preisrutsch bedeuten, der den Solarstrom in einen Bereich rückt, in dem er gegenüber anderen Energiearten konkurrenzfähig wird. Ich denke, dann werden wir auch noch einmal darüber nachdenken, wie das Land Solarzellen einsetzen kann.

Ganz wichtig ist - das wurde auch schon von meinen Vorrednern erwähnt - die Nutzung von Biomasse im ländlichen Raum. Ich denke, darüber müssen wir uns in diesem Hause nicht streiten. Alle sind sich darüber einig, dass das ein ganz wichtiger Punkt der regionalen Wertschöpfungskette für unser Land ist.

Ich möchte an dieser Stelle gleich Folgendes anregen: Wenn das Energiekonzept des Landes erneuert wird, sollten wir auch darüber nachdenken, wie wir die Studie des Landes zu dem Biomassepotenzial auf einen aktuellen Stand bringen, um die Energien in das richtige Verhältnis zueinander zu setzen.

Meine Redezeit geht zu Ende. Lassen Sie mich deshalb zum Schluss vielleicht noch zwei, drei Sätze zur Zusammenfassung sagen.

Der Klimawandel ist dramatisch, aber Sachsen-Anhalt wird, so wie es im Moment aussieht - auch wenn es etwas seltsam klingt -, von diesem Klimawandel wirtschaftlich sogar profitieren, wenn wir es richtig machen und die entsprechenden Wirtschaftsstrukturen und Technologien unterstützen und fördern. Damit soll der Klimawandel nicht schöngeredet werden: Es kommen enorme Kosten auf uns zu - ich sagte es bereits -, wenn man nur das Beispiel Elbe nimmt. Aber um diese Kosten zu schultern, ist auch eine florierende Wirtschaft in Sachsen-Anhalt notwendig. Und wie es an der Wall Street jetzt so schön heißt und neu entdeckt wurde: Der Dollar ist grün. - Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.