Protocol of the Session on November 16, 2006

Ich gehöre wie auch andere zu denjenigen im Kabinett, die sagen: Solche Dinge muss man einmal entscheiden. Dass an dieser Stelle einige Bauchschmerzen haben, kann ich mir vorstellen. Es geht einem selbst so, weil man sich die reflexartigen Diskussionen vorstellt. Aber es ist ein Angebot. Das Parlament muss jetzt sehen, wie es damit umgeht. Klar ist, dass wir - deswegen spreche ich das an - bei den Baumaßnahmen auch Vorsorge treffen müssen.

Meine Damen und Herren! Zusammen mit den beiden Ergänzungsvorlagen haben wir auch eine Neufassung des Haushaltsbegleitgesetzes vorgelegt. Den Ursprungsgesetzentwurf hat die Landesregierung damit zurückgezogen. Die Landesregierung bittet Sie, Ihre Beratungen auf der Basis des neuen Gesetzentwurfes fortzusetzen.

Wesentlicher Unterschied im neuen Haushaltsbegleitgesetz ist der Verzicht auf die anteilige Mitfinanzierung der überörtlichen Sozialhilfe durch die Kommunen. Dadurch werden die Landkreise und die kreisfreien Städte im nächsten Jahr um 37 Millionen € entlastet. Aus haushaltswirtschaftlichen Gründen mussten wir im Gegenzug die Verbundquote moderat um 0,4 Prozentpunkte absenken. Insgesamt werden die Kommunen dadurch - im Gegensatz zu der bisherigen Vorlage - um einen Betrag in

Höhe von 8 Millionen € entlastet, wobei es - das muss man klar sagen - zu einer Belastung kommt.

Der Verzicht auf den alten Artikel 2 des Haushaltsbegleitgesetzes bedeutet nicht, dass eine Reform der überörtlichen Sozialhilfe in Sachsen-Anhalt überflüssig ist. Die Landesregierung beabsichtigt, im Dialog mit den Kommunen eine Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf die Landkreise und die kreisfreien Städte vorzunehmen.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

Damit muss eine auskömmliche Finanzierung durch das Land einhergehen. Wir haben durch unsere Entscheidung die Tür zu zügigen Beratungen über die Kommunalisierung weit aufgestoßen und hoffen, dass die Kommunen dieses Angebot aufnehmen und diese nicht einfache Diskussion offen annehmen. Prinzipiell steht unsere Richtung aber fest.

Durch die neue Änderung des Finanzausgleichsgesetzes werden die Kommunen finanziell nicht schlechter als in 2005 oder 2006 gestellt. Die Höhe der Zuweisungen wird - das will ich noch einmal hervorheben - im nächsten Jahr nicht sinken. Natürlich ist mir klar, dass die Städte, Gemeinden und Landkreise nach den alten Verbundquoten mehr Geld als nach den neuen Quoten erhalten würden. So weit kann ich auch rechnen.

Dabei bitte ich Sie aber zu bedenken, dass die hohen Zuweisungen bisher nur möglich waren, weil auch das Land Schulden aufgenommen hat. Eine getrennte Betrachtung, nämlich das Gute nur bei den einen und das Schlechte nur bei den anderen zu sehen, hilft, glaube ich, keiner Ebene weiter. Ich denke, im Vergleich der Länder untereinander kann sich Sachsen-Anhalt sehen lassen - nicht bei den Schulden, aber bei der Verteilung des Geldes auch an die Kommunen.

Ich will noch einmal sagen: Das, was in diesem Gesamtpaket steht, zum Beispiel die 100 Millionen € für den Talsperrenkredit, muss man dann auch in die öffentliche Betrachtung einschließen. Wer also zu einer Halbierung der aufgenommenen Schulden beim Land Ja sagt, muss auch zu einer Reduzierung der Verbundquoten in diesem Bereich Ja sagen.

Ich wiederhole das, was ich in der letzten Sitzung schon gesagt habe: Wir sind jetzt darüber im Gespräch, wie wir die Quoten auf das zurückführen, was im Durchschnitt in Deutschland normal ist. Dabei liegen wir um 3 bis 4 Prozentpunkte über dem, was andere zur Verfügung haben. Sie werden insbesondere nach dem Berliner Urteil in verstärktem Maße merken, dass Vergleiche untereinander ein politisch vernünftiges Mittel sind, um zu Schwertpunktsetzungen zu kommen. Ich glaube, in Kenntnis der Zahlen diese Diskussion führen zu können.

Ich wiederhole: Die Kommunen bekommen nicht weniger Geld. Dies ist auch den dynamisch steigenden Steuereinnahmen des Landes geschuldet. Zusätzlich nehmen aber auch die Steuereinnahmen der Kommunen zu. Im nächsten Jahr können sie rund 100 Millionen € oder 10 % mehr an eigenen Steuereinnahmen erwarten als im letzten Jahr. Damit steigt auch die Selbstfinanzierungskraft der Kommunen - übrigens auch ein Ziel des Landes.

Bevor Sie mir jetzt gleich aus der Sicht der Opposition erzählen, dass das nicht überall gleichermaßen geschieht, will ich sagen:

Erstens weiß ich auch das.

Zweitens wird die Verteilung dieser Gelder eine Grundlage für die Änderung des FAG sein müssen.

Drittens. Dann sind wir sofort bei Strukturdiskussionen. Das ist aber ein anderer Punkt. Den will ich jetzt nicht weiter aufgreifen.

Ich möchte Sie nicht mit weiteren Zahlen langweilen. Lassen Sie mich aber zwei Daten nennen: Im nächsten Jahr werden die Kommunen aus dem Haushalt FAG-Zuweisungen in Höhe von 1,68 Milliarden € erhalten. Darin sind die Nachzahlungen aus dem Jahr 2006 enthalten. Im letzten Jahr haben wir nur 1,57 Milliarden € überwiesen. Dies bedeutet, dass die Kommunen rund 110 Millionen € an zusätzlichen Einnahmen kassenwirksam vom Land erhalten werden.

Von einem Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung oder davon, dass - so sagte es der Finanzbeigeordnete der Stadt Magdeburg - die Städte zusammenbrechen, wenn es das Land so macht, kann keine Rede sein. Darauf kann ich nur erwidern: Wenn das Zusammenbrechen der Städte so aussieht, dann - das sage ich ganz bewusst - kann ich damit umgehen.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

- Bei diesen Diskussionen ist es übrigens egal, welches Parteibuch die Diskutanten in der Tasche haben. Es ist auch egal, wer hier vorn steht. Die Diskussionen ähneln sich.

Ich will aber dem Eindruck entgegentreten, dass aufgrund der Änderungen und der aktuell zur Verfügung stehenden Zahlen die kommunale Substanz geschwächt wird. Ich glaube, beide Seiten können - auch aufgrund der Mehreinnahmen - damit umgehen und auch in Zukunft das verkraften, was andere Ebenen - zum Beispiel der Bund in Bezug auf die Unternehmenssteuerreform für das Land Sachsen-Anhalt - aus den bekannten Zwängen oder aus guter Absicht beschließen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die bisherigen Ausschussberatungen sind nach meiner Meinung durch eine sehr konstruktive Vorgehensweise von allen Seiten geprägt gewesen. Das sage ich auch aus der Erfahrung in mehr als zehn Jahren. Ich habe schon andere Diskussionen erlebt.

Ich wiederhole: Wir machen es Ihnen nicht einfach. Laden Sie die Schuld dafür aber bitte nicht bei mir persönlich ab; es ist nun einmal so, wie es ist.

Ich bin mir sicher, dass wir auch in den letzten drei Finanzausschusssitzungen gut zusammenarbeiten werden. Die Bereinigungssitzung wird ihrem Namen wieder gerecht werden. Ich glaube, die Anzahl der Diskussionen wird nicht wesentlich geringer sein als im letzten Jahr. Vielleicht werden es auch ein paar mehr werden. Wir leben von der Hoffnung, dass die Bereinigungssitzung irgendwann einmal etwas kürzer wird.

Mit den beiden Ergänzungsvorlagen beschreiten wir weiter den Pfad einer verantwortlichen Finanzpolitik. Wir nehmen darin das auf, was uns bestimmte Entwicklungen derzeit ermöglichen. Auch das möchte ich ganz offen zugeben.

Ich möchte Sie bitten, durch Ihre Beschlüsse die Konsolidierung weiter zu unterstützen, damit wir diesen Weg gemeinsam beschreiten. Es ist wichtig, die Drittmittel, die wir bekommen, gegenzufinanzieren, damit wir beim

Städtebau, bei der Städteförderung, bei der GA Landwirtschaft, aber auch im wirtschaftlichen Bereich vorwärts kommen. Ferner ist es wichtig, Vorsorge zu betreiben, damit künftige Generationen von Politikern noch etwas zu verteilen haben.

Ich denke, das ist ein vernünftiger Ansatz, und hoffe, dass Sie diesen Weg unterstützen können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister, es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Kosmehl. - Herr Kosmehl, Sie haben das Wort. Bitte.

Herr Minister, Sie können sich sicherlich denken, welche Nachfrage ich stelle.

Sie haben immer mehrere Nachfragen.

Ja. Aber eine Frage stelle ich meist zuerst. Es geht um die Verbundquote. Sie haben heute eine Zahl genannt, während Sie im Rahmen der letzten Debatte, als ich danach fragte, noch keine Zahlen nennen konnten.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gehen Sie davon aus, dass die Verbundquote in Sachsen-Anhalt um 3 bis 4 Prozentpunkte höher als in vergleichbaren westdeutschen Ländern ist. Werden Sie deshalb eine Absenkung um 3 bis 4 Prozentpunkte in den nächsten Jahren vorschlagen?

Herr Kosmehl, wir werden im Finanzausschuss noch ausführlich darüber sprechen. Ich will das gern auch hier tun, aber nicht in der Länge der Zeit.

Erstens konnte ich beim letzten Mal die genauen Zahlen noch nicht nennen, weil die Steuerschätzung noch nicht vorlag.

Zweitens haben wir die Steuerkraft der Kommunen noch nicht gekannt. Sie wissen, dass die eigene Steuerkraft der Kommunen für die Bemessung und für die Verteilung des Geldes bei den Landkreisen und den Kommunen nicht unerheblich ist.

Drittens. Ich habe diese Quoten nicht erfunden, ich schätze sie auch nicht und ich hebe auch nicht den Daumen gegen den Wind. Vielmehr haben wir die Verbundquoten von ähnlich strukturierten Ländern analysiert. Dort kommt man im Durchschnitt auf 18 %.

Nun fällt es auch einem Finanzminister nicht so schwer, von 22,7 % auf 18 % zurückzurechnen. Ich habe schon beim letzten Mal - ohne die Zahlen zu kennen oder die letzte Gewissheit darüber zu haben - gesagt, dass wir auf dem Weg bis zum Ende des Solidarpaktes im Jahr 2020 darüber sprechen müssen.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Sie mir die Frage gestellt haben, ob das auch den nächsten Doppelhaushalt betreffe. Ich höre schon zu, wenn Sie mich etwas fragen. Ich hatte damals gesagt, das es nicht um die Einzelbetrachtung eines Haushaltes geht, son

dern dass es um die strategische Ausrichtung geht, wie wir auf diesem Weg gemeinsam mit den Kommunen zu einer solchen Quote - wenn das Kabinett und das Parlament dies beschließen - kommen.

Ich kann dabei zwei bzw. drei Wege beschreiten: Entweder lasse ich es relativ stabil und gehe pro Jahr bzw. Doppelhaushalt vor - das wäre aber, glaube ich, nicht der beste Weg - oder ich sage, ich nehme bestimmte Zeiten heraus, oder ich sage, sie haben in diesem Jahr so viel erbracht, dass man im nächsten Jahr über etwas anderes sprechen muss oder es vielleicht auslässt.

Das alles wird Teil der Diskussion der Landesregierung im März 2007 sein. Wir werden bis zu der Vorlage des Haushaltsplanes 2008/2009 auch dazu eine Antwort finden und Ihnen das vorlegen.

Wenn Sie die Zahlen in Quoten umrechnen, die Verbreiterung des Aufkommens auf allen Ebenen - Bund, Land und Gemeinden; wir sprechen dabei über Null-Kommaund-Prozent -, dann können Sie sogar davon ausgehen, dass, wenn das so weiter ginge, der Betrag nicht kleiner wird. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass das Steueraufkommen über zehn bis 15 Jahre konstant bleibt. Wir können den Rest der Debatte bei einem Kaffee weiter führen, weil diese Diskussion in Variationen hineingeht, die spekulativ sind.

Alle ostdeutschen Finanzminister stehen bei diesem Thema vor der Grundsatzentscheidung: Entweder man muss sich rechtfertigen, warum man wesentlich über dem Durchschnitt bleibt - nach der Sitzung des Finanzplanungsrats glaube ich diesbezüglich nicht weiterzukommen -, oder man muss sich schon jetzt Gedanken darüber machen, wie man auf diesem Weg in den nächsten Jahren zu dem kommt, was bei anderen ausreicht bzw. ausreichen muss. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Bevor wir in die Zehnminutendebatte einsteigen, begrüße ich die Damen und Herren des Bildungszentrums des Einzelhandels Sachsen-Anhalt, Außenstelle Naumburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Ich eröffne jetzt die Zehnminutendebatte. Als erste Debattenrednerin hat für die Linkspartei.PDS Frau Dr. Klein das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute gewissermaßen eine Premiere. Mitten in den Haushaltsberatungen erhalten wir - zwar seit langem angekündigt - Ergänzungsvorlagen sowohl für den Nachtragshaushalt 2006 als auch für den Haushaltsplanentwurf 2007 und ein neues Haushaltsbegleitgesetz. Der Anlass ist erfreulich: Über das Land Sachsen-Anhalt ist ein Steuerregen gekommen, von dem die Steuerschätzer im Mai 2006 nichts ahnten.

Es liegt im Interesse der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit, dass die Ergänzungsvorlagen nicht, wie bisher üblich, nur den Weg in den Finanzausschuss finden, sondern dass auch das Parlament in seiner Gänze an diesem Ergebnis beteiligt wird.